Einleitung
Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (GASP) ist ein kontrovers diskutiertes Politikfeld. Dies gilt auch für ihren erst jungen militärischen Arm, der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Sehen Befürworter einer von NATO und den USA unabhängige gesamteuropäische Militärstruktur als notwendig an, um auf die eingetretenen (geo-)politischen Veränderungen der Vergangenheit sowie auf jene der Zukunft reagieren zu können, halten Gegner ihr Versagen und Konzeptionslosigkeit auf Grund unterschiedlicher Zielvorstellungen der beteiligten Akteure entgegen.
Das Ziel dieser Arbeit ist ein Vergleich zwischen der Hanse mit ihrer mehr als 400- jährigen Geschichte als multilaterales Bündnis und der heutigen europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Hierbei wird den Fragen nachgegangen, welche Gründe es für die Schaffung eines Militärbündnisses geben kann (Teil 3) sowie vor welchen Herausforderungen GASP und ESVP stehen, wollen sie nicht dem Schicksal der Hanse folgen (Teil 4).
Um diese Fragen umfassend beantworten zu können werde ich im ersten Teil dieser Arbeit zunächst einen Überblick über die Hanse geben, wobei ich mich auf einen historischen Abriss sowie einer Beschreibung der damals angewandten Konfliktlösungsmethoden beschränken werde. Hieran anschließend folgt eine analoge Darstellung zur europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Im zweiten Abschnitt stelle ich die von der Hanse und der Europäischen Union angewandten zivilen und militärischen Interventionsmaßnahmen einander gegenüber. Teil drei und vier widmen sich dann den bereits eingangs erwähnten Fragen. Jeder Abschnitt wird mit einem kurzen Fazit abgeschlossen, welcher die gewonnen Erkenntnisse zusammenfassend darstellt.
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
1. TEIL: DIE URSPRÜNGE
A. I. GESCHICHTLICHER HINTERGRUND DER HANSE
A. II. DIE ORGANISATIONSFORM DER HANSE: DER HANSETAG
B.I. GESCHICHTLICHER HINTERGRUND GASP UND ESVP
B. II. INSTITUTIONELLER AUFBAU GASP UND ESVP
2. TEIL: INTERVENTIONSMAßNAHMEN
A. DIE MACHT DES WORTES
B. WAREN ALS DRUCKMITTEL
C. AN DIE WAFFEN!
3. TEIL: MIT MILITÄR ZUR EINHEIT - OHNE EINHEIT KEIN MILITÄR?
4. TEIL: HERAUSFORDERUNGEN DER ZUKUNFT
BIBLIOGRAFIE
Einleitung
Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (GASP) ist ein kontrovers diskutiertes Politikfeld. Dies gilt auch für ihren erst jungen militärischen Arm, der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP). Sehen Befürworter einer von NATO und den USA unabhängige gesamteuropäische Militärstruktur als notwendig an, um auf die eingetretenen (geo-)politischen Veränderungen der Vergangenheit sowie auf jene der Zukunft reagieren zu können, halten Gegner ihr Versagen und Konzeptionslosigkeit auf Grund unterschiedlicher Zielvorstellungen der beteiligten Akteure entgegen.
Das Ziel dieser Arbeit ist ein Vergleich zwischen der Hanse mit ihrer mehr als 400- jährigen Geschichte als multilaterales Bündnis und der heutigen europäischen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Hierbei wird den Fragen nachgegangen, welche Gründe es für die Schaffung eines Militärbündnisses geben kann (Teil 3) sowie vor welchen Herausforderungen GASP und ESVP stehen, wollen sie nicht dem Schicksal der Hanse folgen (Teil 4).
Um diese Fragen umfassend beantworten zu können werde ich im ersten Teil dieser Arbeit zunächst einen Überblick über die Hanse geben, wobei ich mich auf einen historischen Abriss sowie einer Beschreibung der damals angewandten Konfliktlösungsmethoden beschränken werde. Hieran anschließend folgt eine analoge Darstellung zur europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Im zweiten Abschnitt stelle ich die von der Hanse und der Europäischen Union angewandten zivilen und militärischen Interventionsmaßnahmen einander gegenüber. Teil drei und vier widmen sich dann den bereits eingangs erwähnten Fragen. Jeder Abschnitt wird mit einem kurzen Fazit abgeschlossen, welcher die gewonnen Erkenntnisse zusammenfassend darstellt.
1. Teil: Die Ursprünge
A. I. Geschichtlicher Hintergrund der Hanse
Die „bewaffnete Schar“, wie die Hanse gemäß ihrer althochdeutschen Ursprungsform Hansa heißt, verdankt ihren Namen König Heinrich III. von England. Dieser erlaubte per Dekret 1267 den Zusammenschluss deutscher Kaufleute zu Hansen, welcher umfangreiche Handelsprivilegien mit sich brachte.1 Doch auch schon vorher bestanden Zusammenschlüsse deutscher Kaufleute.2 Laut Dollinger kann man die Ursprünge der Hanse mit der Gründung Lübecks 1159 verbinden.3 Die Wendischen Städte Lübeck, Wismar, Rostock und Hamburg sowie Stralsund, Lüneburg und Kiel im geringeren Umfang bildeten den Kern der Hanse4, der jedoch mehr als 200 Städte über ganz Europa angehörten, so dass hansisches Wirken in 25 von den in heutiger Sicht 45 europäischer Staaten zu beobachten war. Aus damaliger Sicht betrachtet lagen fast alle Hansestädte auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches und im Territorium des Deutschen Ordens.5
Hansische Kaufleute vereinigten sich je nach Interessenlage unter anderem gezielt zum Zweck von Fahrgemeinschaften, um Risiken und Kosten bei Handelsfahrten zu minimieren sowie gemeinsam Handelsvorteile zu genießen.6 Diese Zusammenschlüsse verfolgten ebenso den Zweck, die eigenen Handelsplätze fern der Heimat vor allem gegen ausländische Konkurrenz zu schützen.7 Wie diese Gemeinschaften - zunächst von Kaufleuten, dann ab Mitte des 14. Jahrhunderts von Städten - es schafften, mit und ohne militärischem Einsatz Konflikte zu beenden, soll nun näher betrachtet werden.
A. II. Die Organisationsform der Hanse: der Hansetag
Der Hansetag, auch Tagfahrt genannt, stellte die einzige hansische Institution dar.8 Ab 1356, dem ersten allgemeinen Hansetag, war sie deren leitendes Organ. Weder fand er häufig und regelmäßig noch in Vollständigkeit ihrer Mitglieder statt. In der Regel kamen weniger als die Hälfte der Mitglieder der Gemeinschaft zum Hansetag, der über ein großes Tätigkeitsfeld verfügte. So beschäftigte er sich in vielfältiger Weise mit wirtschaftlichen Vorschriften, beriet und beschloss Verträge und Handelsprivilegien, entschied über wirtschaftliche oder militärische Sanktionen ebenso wie auch über die Abordnung von Gesandten. Daneben wurde die Aufnahme beziehungsweise der Ausschluss von Mitgliedern vereinbart und versucht, Konflikte zwischen Hansestädten zu schlichten.9
Die Beschlüsse, die auf den Hansetagen gefällt wurden, mussten einstimmig10 erfolgen, um anschließend nach Transformation in einzelstädtisches Recht Rechtswirksamkeit erlangen zu können. Niemand konnte die an den Zusammenkünften beteiligten Parteien zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten zwingen, es gab keine den Städten übergeordnete Macht oder gar ein Eid, welcher ein bestimmtes Verhalten einfordern konnte.11 Dieses multilaterale Bündnis hatte keine „Hauptstadt“, auch wenn man Lübeck wohl als eine solche bezeichnen könnte, rief sie doch die Versammlungen ein und war auch diejenige Stadt, deren Willen die anderen Städte meist bei den Abstimmungen folgten. Im Rezess, also dem Protokoll eines Hansetages, wurden die Beschlüsse festgehalten. Seit dem Rezess von 1417 galt die Regel, dass auch die nicht anwesenden Städte den gefassten Beschlüssen zu folgen hätten.12
B.I. Geschichtlicher Hintergrund GASP und ESVP
Unter dem Eindruck des vorherigen Krieges war bereits in den Anfängen der heutigen Europäischen Union die Schaffung einer gemeinsamen Außenpolitik im Gespräch. Neben einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit sollte eine solche in diesem Feld nachhaltig friedenssichernd sein. Doch dauerte es bis 1970, bis sich die Akteure auf eine Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) verständigen konnten, nachdem 1954 weitreichende Pläne für eine Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) und mit ihr die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) gescheitert waren.13 Man könnte meinen, dass eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet aus mehreren Gründen überflüssig gewesen sei: so waren und sind die Akteure von damals im überwiegenden Maße Mitglieder der NATO und damit sicherheitspolitisch bereits verbunden. Unter einem bipolaren Weltbild und unter dem Schutz der Amerikaner war die Schaffung eines eigenständigen europäischen Sicherheitsbündnisses möglicherweise überflüssig. Diese Sichtweise änderte sich spätestens nach Ende des Kalten Krieges und des sich abzeichnenden Verfalls der Weltmacht UdSSR und dem damit verbundenen Beginn einer unipolaren Ära, mit den USA als alleinige Weltmacht.14 Auch die Geschehnisse auf dem Balkan taten ihr Übriges dazu.
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) wurde erstmals im Vertrag von Maastricht 1993 als ein Bestandteil der Europäischen Union institutionell verankert15, der Vertrag von Amsterdam 1999 konkretisierte seine Ziele und Strategien. Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) als operativer Arm von GASP besteht seit der Sitzung des Europäischen Rats in Köln im Juni 1999. Ermöglicht wurde die Gründung durch einen Paradigmenwechsel sowohl Frankreichs, aber vor allem Großbritanniens, hinsichtlich einer eigenständigen EU-Verteidigungspolitik. In der in Köln von den Staats- und Regierungschefs der EU abgegebenen „Erklärung zur Stärkung der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“16 legten sie die zentralen Ziele von ESVP fest: Konfliktverhütung und Krisenbewältigung.
Gemäß der Petersberger Aufgaben17 hat sich die EU zum Ziel gesetzt, ihren Platz als global player nicht nur unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten in einer veränderten und sich beständig verändernden Welt einzunehmen. Hierbei entsteht ein, im Vergleich zur Zeit des Kalten Krieges, neuer und weiter gefasster Sicherheitsbegriff. In einer globalisierten Welt gibt es nicht mehr „den“ geografisch festen Raum, in dem Konflikte entstehen und behoben werden. Heute enthalten nahezu alle Politikbereiche sicherheitsrelevante Aspekte, da auf ökonomische, ökologische und soziale Probleme ebenso von der Staatengemeinschaft reagiert werden muss wie auf organisierte Kriminalität, religiöser Fundamentalismus, ethnische Konflikte, Drogenhandel etc.18 All diese potentiellen Krisenherde sollen mittels humanitärer Einsätze oder Rettungsmaßnahmen in Katastrophenfällen, aber auch durch friedenserhaltende Einsätze, Kampfeinsätze zur Bewältigung von Krisen sowie an Hand von friedensschaffenden Maßnahmen entgegen getreten werden.
[...]
1 Dollinger, Philippe: Die Hanse, S. 12.
2 Zu nennen wären hier die Hanse der Kölner Kaufleute in London und die „Gemeinschaft der Gotland besuchenden Kaufleute des Römischen Reiches“.
3 Dollinger, Philippe, a.a.O. (Fn.1), S. 10.
4 Dollinger, Philippe, a.a.O. (Fn.1), S. 156.
5 Hammel-Kiesow, Rolf: Europäische Union, Globalisierung und Hanse S. 9f.
6 Fritze, Konrad/ Krause, Günter: Seekriege der Hanse, S. 10.
7 Fritze, Konrad/ Krause, Günter, a.a.O. (Fn.6), S. 12.
8 Daneben gab es auch noch Regionaltage sowie die Räte der Städte, die sich jedoch nicht ausschließlich mit Fragen der Hanse beschäftigten.
9 Dollinger, Philippe, a.a.O. (Fn.1), S. 124f.
10 Rein faktisch waren es eher Mehrheitsentscheidungen, da Minoritäten den Majoritäten im Beschluss folgen mussten. Siehe hierzu: Landwehr, Götz: Das Seerecht der Hanse (1365-1614), S. 27, m.w.N.
11 Hammel-Kiesow, Rolf, a.a.O. (Fn. 5), S. 32f.
12 Landwehr, Götz, a.a.O. (Fn.10), S. 28.
13 Varwick, Johannes: Die ESVP- Eine folgerichtige Weiterentwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)?, S. 97.
14 Renne, Barbara: Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zwischen Anspruch und Wirklichkeit, S. 12f; Jones, Seth G.: The rise of European security cooperartion, S.21f.
15 Die GASP löst mit dem Inkrafttreten des Maastrichter Vertrages 1993 die Europäische Politische Zusammenarbeit (EPZ) ab, die 1970 durch den Luxemburger Bericht begründet wurde.
16 Anlage III der Ratssitzung vom 3. -4. Juni 1999 in Köln, online abrufbar unter: http://www.europarl.europa.eu/summits/kol2_de.htm#an3 (Stand 14.03.2009).
17 Seit dem Vertrag von Nizza (2000) in Art. 17 (2) EUV festgeschrieben handelt es sich hierbei um die Bewältigung humanitärer Aufgaben, Rettungseinsätzen, friedenserhaltenden Aufgaben sowie Kampfeinsätzen bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen.
18 Renne, Barbara, a.a.O. (Fn.14), S. 14.
- Quote paper
- Marion Carstens (Author), 2009, Die Europäische Außen- und Sicherheitspolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162133
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