Zellpenetrierende Peptide (CPPs) stellen ein innovatives Konzept zur Transfektion von Oligonukleotiden in Säugerzellen dar. Die amphipatischen Peptide der sogenannten MPG-Familie bestehen aus einer hydrophoben und einer positiv geladenen Domäne und komplexieren Oligonukleotide spontan über nicht-kovalente Bindungen. Durch den Austausch der hydrophoben
Domäne gegen andere hydrophobe, virale Fusionssequenzen, wurden im Vorfeld dieser Arbeit weitere CPPs entwickelt, die ebenfalls Komplexe mit Oligonukleotiden ueber nicht-kovalente
Bindungen bilden. Um die biologische Anwendung der CPPs verbessern zu können, ist zunächst ein fundiertes biophysikalisches Verständnis der Komplexeigenschaften notwendig.
Deshalb lag der Fokus dieser Arbeit in der transientenkinetischen Analyse der Peptid/Oligonukleotid-Komplexbildung. Mittels Stopped-Flow Experimenten konnte gezeigt werden, dass die Komplexbildung
in mindestens drei Schritten abläuft, dass elektrostatische sowie hydrophobe Wechselwirkungen daran beteiligt sind, und dass die Dissoziationskonstanten von Initialkomplexen
im nanomolaren Bereich liegen. Durch zeitabhängige DLS Messungen konnte die Hypothese bestätigt werden, dass die hydrophobe Peptiddomaene für die Ausbildung von hochmolekularen
Sekundär- und Tertiaerkomplexen verantwortlich ist. Weiterhin lieferten die im DLS ermittelten Komplexradien zusätzlich Hinweise auf die postulierte endosomale Komplexaufnahme.
Da die Komplexstabilität einen wichtigen Parameter der Transfektionseffzienz darstellt, wurde diese über Heparin induzierte Komplexdissoziationsexperimente sowie electrophoretic mobility shift assay (EMSA) untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass die hydrophobe Domäne essentiell für
die Ausbildung stabiler Komplexe ist und dass die Transfektionseffzienz mit der Komplexstabilität korreliert.
INHALTSVERZEICHNIS
1 Zusammenfassung
2 Einleitung
2.1 Oligomere Nukleinsäure-Wirkstoffe .
2.1.1 Aptamere
2.1.2 Steric block Oligonukleotide
2.1.3 short interfering RNA
2.2 Nukleinsäuretransport in die Zelle . .
2.3 Zellpenetrierende Peptide
2.4 Vorarbeiten
2.5 Zielsetzung
3 Material und Methoden
3.1 Materialien
3.1.1 Chemikalien
3.1.2 Puffer
3.1.3 Verbrauchsmaterialien
3.1.4 Geräte
3.1.5 Verwendete Peptid-Carrier .
3.1.6 Verwendete Oligonukleotid-Cargos
3.1.7 Verwendete Fluorophore
3.2 Methoden
3.2.1 Peptid- und Nukleinsäure-Konzentrationsbestimmung
3.2.2 Lagerung und Behandlung der CPPs
3.2.3 Stopped-Flow Messungen
3.2.3.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
3.2.3.2 Bestimmung der Komplexstöchiometrien
3.2.3.3 Heparin induzierte Komplexdissoziation
3.2.4 Dynamische Lichtstreuung (DLS)
3.2.5 Radioaktive Markierung von Nukleinsäuren
3.2.6 EMSA
3.2.7 Autoradiographie
3.2.8 Computer-unterstützte Hydrophobizitätsbestimmungen von Peptiden .
4 Ergebnisse
4.1 MPGα
4.1.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.1.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.1.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.2 MPGβ
4.2.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.2.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.2.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.3 fpEbola-NLS
4.3.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.3.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.3.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.4 fpIVHA-NLS
4.4.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.4.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.4.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.5 fpRSV-NLS
4.5.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.5.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.5.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.6 fpFertilinα-NLS
4.6.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.6.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.6.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.7 MPGα + 6K
4.7.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.7.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.7.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.8 fpBLV-NLS
4.8.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.8.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.8.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.9 fpSV-NLS
4.9.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.9.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.10 fpMVi-NLS und fpMVn-NLS
4.10.1 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.10.2 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.11 (Arginin)7
4.11.1 Transientenkinetische Analyse der Komplexbildung
4.11.2 Komplexgrößenanalyse mittels DLS
4.11.3 Nachweis der Komplexbildung und -stabilität
4.12 Linker-NLS
4.13 Übersicht der kinetischen Parameter der Komplexbildung .
4.14 Zusammenfassung der DLS-Messungen
4.15 Zusammenfassung der EMSA-Versuche
4.16 Korrelation zwischen Komplexgröße und Geschwindigkeit der Komplexassozia- tion
4.17 Heparin induzierte Komplexdissoziation
4.18 Hydrophobizitätsbestimmung von CPPs
5 Diskussion 5.1 Mechanismus der Komplexbildung 5.2 Geschwindigkeit der Komplexbildung in Abhängigkeit von der Peptidkonzentration 5.3 Einfluss der hydrophoben Domäne auf die Komplexgröße und Komplexstabilität 5.4 Einfluß der hydrophoben Domäne auf die Transfektionseffizienz
6 Anhang
6.1 Abkürzungsverzeichnis
6.2 Literatur
6.3 Danksagungen
1 Zusammenfassung
Charakterisierung der Komplexbildung zwischen Zellpenetrierenden Peptiden und Oligonukleotiden - eine transientenkinetische Analyse
Zellpenetrierende Peptide (CPPs) stellen ein innovatives Konzept zur Transfektion von Oligo- nukleotiden in Säugerzellen dar. Die amphipatischen Peptide der sogenannten MPG-Familie bestehen aus einer hydrophoben und einer positiv geladenen Domäne und komplexieren Oligo- nukleotide spontan über nicht-kovalente Bindungen. Durch den Austausch der hydrophoben Domäne gegen andere hydrophobe, virale Fusionssequenzen, wurden im Vorfeld dieser Arbeit weitere CPPs entwickelt, die ebenfalls Komplexe mit Oligonukleotiden über nicht-kovalente Bindungen bilden. Um die biologische Anwendung der CPPs verbessern zu können, ist zunächst ein fundiertes biophysikalisches Verständnis der Komplexeigenschaften notwendig. Deshalb lag der Fokus dieser Arbeit in der transientenkinetischen Analyse der Peptid/Oligonukleotid- Komplexbildung. Mittels Stopped-Flow Experimenten konnte gezeigt werden, dass die Kom- plexbildung in mindestens drei Schritten abläuft, dass elektrostatische sowie hydrophobe Wech- selwirkungen daran beteiligt sind, und dass die Dissoziationskonstanten von Initialkomplexen im nanomolaren Bereich liegen. Durch zeitabhängige DLS Messungen konnte die Hypothese bestätigt werden, dass die hydrophobe Peptiddomäne für die Ausbildung von hochmolekularen Sekundär- und Tertiärkomplexen verantwortlich ist. Weiterhin lieferten die im DLS ermittelten Komplexradien zusätzlich Hinweise auf die postulierte endosomale Komplexaufnahme. Da die Komplexstabilität einen wichtigen Parameter der Transfektionseffizienz darstellt, wurde diese über Heparin induzierte Komplexdissoziationsexperimente sowie electrophoretic mobility shift assay (EMSA) untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass die hydrophobe Domäne essentiell für die Ausbildung stabiler Komplexe ist und dass die Transfektionseffizienz mit der Komplexsta- bilität korreliert.
Abstract
Characterization of complex formation between cell-penetrating peptides and oligonucleotides - a transient kinetic analysis
Cell-penetrating peptides (CPPs) have evolved as a promising tool to deliver oligonucleotides into mammalian cells. The amphipatic peptides of the so called MPG-family contain a hydro- phobic and a positively charged domain and spontaneously form complexes with oligonucleoti- des via non-covalent bonds. The exchange of the hydrophobic domain for other hydrophobic, viral fusion sequences in the forefront of this work led to the development of new CPPs, which likewise form complexes with oligonucleotides. To improve the biological applicability of CPPs, an established understanding about the biophysical properties of CPPs is necessary. Hence, this study focused on a transient kinetic characterization of peptide/oligonucleotide-complex formation. Stopped-flow experiments revealed, that complex formation comits at least of three individual steps, which involve electrostatic and hydrophobic interactions. The dissociation constants of initial complexes are in the nanomolar range. Time-dependent dynamic light scattering (DLS) measurements corroborated the hypothesis whereby the hydrophobic peptide domain is responsible for the formation of high-molecular secondary- and tertiary-complexes. Furthermore the complex-radii, investigated via DLS, confirmed the proposed endosomal cellu- lar up-take of the complexes. Due to the fact that the transfection efficiency is highly dependent on the complex stability, heparin induced complex dissociation experiments as well as electro- phoretic mobility shift assays (EMSA) were used to investigate complex stability. The results showed that the hydrophobic domain is essential for a stable complex formation and that the transfection efficiency is strictly correlated with the complex stability.
2 Einleitung
Die geringe Permeabilität der Plasmamembran eukaryontischer Zellen für Oligonukleotide sowie der ineffiziente Transport dieser Moleküle innerhalb der Zielzellen zu ihrem Wirkungsort, stellen zwei der Hauptprobleme in der Entwicklung therapeutisch wirksamer Nukleinsäure-Moleküle dar [Veldhoen et al., 2008]. Eine Reihe von erfolgreich angewandten Transfektionstechniken wie Mikroinjektion, virale Transfektion, Transfektion über kationische Liposomen oder Elek- troporation induzieren Zellstress und haben zusätzliche Limitationen, die ihre Anwendungen auf präklinischem bzw. klinischem Niveau verhindern [Morris et al., 1997, Morris et al., 2007]. Die Entwicklung von CPPs, die in der Lage sind, hydrophile Moleküle wie Oligonukleotide mit geringer Zytotoxizität in Säugerzellen einzubringen, wird als vielversprechendes Konzept zur Behebung dieser Probleme angesehen. Im Folgenden werden einige Nukleinsäurewirkstoffe kurz eingeführt und die Möglichkeiten des Nukleinsäuretransfers in Zellen angesprochen. Wei- terhin wird das Konzept der CPPs erörtert: CPPs sind in der Lage an membran-impermeable Moleküle zu binden und mit diesen gebundenen Molekülen eine Membranpermeation durch- zuführen. Dabei wird insbesondere die CPP-Familie der MPG-Peptide vorgestellt, welche die Grundlage für die Entwicklung weiterer CPPs in dieser Arbeit bildete.
2.1 Oligomere Nukleinsäure-Wirkstoffe
In den letzten Jahren sind viele auf Oligonukleotiden basierende Ansätze entwickelt worden, die in der Lage sind, die Expression oder Funktion von Proteinen zu manipulieren. Dazu zählen Triplex-bildende Oligonukleotide, antisense Oligonukleotide, siRNAs, mRNA Spaltung durch Ribozyme, Aptamere, steric block Oligonukleotide und andere [Breaker, 2004]. In dieser Arbeit wurde mit einem Aptamer, einem steric block Oligonukleotid und einer siRNA gearbeitet. Diese drei Klassen werden im folgenden kurz vorgestellt.
2.1.1 Aptamere
Aptamere (vom lateinischen aptus = passend) sind einzel- (ss) bzw. partiell doppelsträngige (ds) RNAs, die gewöhnlich weniger als 100 Nukleotide (nt) besitzen. Diese Oligonukleotide besitzen die Fähigkeit an bestimmte Zielmoleküle zu binden und dadurch deren Aktivität zu beeinflussen. Die gegen Peptide gerichteten Aptamere binden oft mit einer hohen Affinität, welche durch die Ausbildung einer spezifischen dreidimensionalen Faltung zustande kommt [Perkins and Missailidis, 2007]. Die Generierung neuer Aptamere erfolgt über das systematic evolution of ligands by exponential enrichment (SELEX) Prinzip, bei dem große Oligonukleotid- Bibliotheken nach geeigneten Aptameren durchsucht werden. Das in der vorliegenden Arbeit verwendete antivirale ssRNA Aptamer besitzt 33nt und ist spezifisch gegen die Reverse Tran- skriptase (RT) des Humanen Immunodefizienz Virus Typ1 (HIV1) gerichtet. Nach Tuerk et al. nimmt es eine Tuerk-Typ Pseudoknoten (TPK) - Faltung ein und wird im folgenden als Pseu- doknot (PS) bezeichnet [Tuerk et al., 1992]. Die Dissoziationskonstante (KD ) dieses Pseudo- knots mit der RT liegt im picomolaren Bereich [Kensch et al., 2000].
2.1.2 Steric block Oligonukleotide
Mutationen, die auf mRNA Ebene zu fehlerhaftem Spleißen führen, sind verantwortlich für eine Reihe von Krankheiten, zum Beispiel β-Thalassämie, zystische Fibrose, Frasier Syn- drom und verschiedene Krebsarten [Novoyatleva et al., 2006]. Steric block Oligonukleotide sind in der Lage, Duplex-Strukturen mit aberranten Spleißstellen der prä-mRNA auszubil- den, und so die spezifische Erkennung dieser Bereiche durch zelluläre Enzyme zu verhindern. Auf diese Weise kann eine Spleiß-Korrektur vermittelt werden. Das 18nt lange Ribonukleo- tid ON-705 ist komplementär zu einer aberranten Spleißstelle in einem firefly Luciferase- Reporter-Konstrukt [Kang et al., 1998]. Erst nach Spleißkorrektur durch Bindung von ON-705 kann aktives Luciferaseprotein gebildet werden. Das in dieser Arbeit untersuchte ON-705 ist 2’O-Methylphosphorothioat modifiziert und weist somit eine erhöhte Nukleaseresistenz auf [Laufer and Restle, 2008].
2.1.3 short interfering RNA
Das Phänomen der RNA interference (RNAi) wird durch die short interfering RNA (siRNA) vermittelte mRNA Degradation vermittelt. Auf zellulärer Ebene erfolgt die Prozessie- rung der kurzen ds siRNAs aus langen ds RNAs über Dicer, einem RNase III-ähnlichen Enzym. Diese siRNAs, von denen ein Strang komplementär zur Ziel-mRNA ist, und die Bezeichnung guide- oder antisense-Strang erhält, werden in einen Multiproteinkomplex namens RISC (RNA- induced silencing complex ) inkorporiert. Im RISC wird die siRNA entwunden, der guide-Strang verbleibt im RISC und die Ziel-mRNA bindet daran über Watson-Crick-Basenpaarungen. Ein
Schlüsselenzym des RISC, das Argonaute2-Protein (Ago2), besitzt eine Endonukleaseaktivität und spaltet die mRNA, welche dadurch inaktiviert wird und den RISC nach der Spaltung verlässt [Grimm and Kay, 2007]. Werden synthetisch hergestellte, über Computer-gestützte Algorithmen ausgewählte, potente siRNAs in die Zellen eingeschleust, können diese mRNA Degradation induzieren [Park et al., 2008]. In dieser Arbeit wurde mit einer 21nt langen siRNA gearbeitet, die keine bekannte mRNA erkennt und deshalb in Zellkulturexperimenten oft als Kontrolle eingesetzt wird. Diese siRNA wird im weiteren Verlauf als siINV bezeichnet.
2.2 Nukleinsäuretransport in die Zelle
Der hydrophile Charakter von Nukleinsäuren verwehrt ihnen die direkte Permeation von hydrophoben biologischen Membranen. Weiterhin sind sie im extrazellulären Raum dem Abbau durch Nukleasen schutzlos ausgeliefert. Zum Transport in eukaryontische Zellen sind Nukleinsäuren somit auf Delivery-Systeme angewiesen. Transfektion durch physikalische Methoden wie Mikroinjektion oder Elektroporation entfällt spätestens bei in-vivo Applikationen aufgrund der hohen Zellschädigung [Veldhoen et al., 2008]. Nukleinsäuretransfer durch CPPs stellt einen innovativen Ansatz in diesem Kontext dar. Weil die Transfektion mittels CPPs sehr wahrscheinlich unter Beteiligung endozytotischer Aufnahmewege abläuft [Veldhoen et al., 2006], werden die verschiedenen Formen der Endozytose kurz angesprochen.
Endozytose
Endozytose bezeichnet einen Vorgang, bei dem Zellen extrazelluläres Material durch Einstülpung eines Teils der Plasmamembran aufnehmen, das sich dadurch in einem kleinen, von einer Membran umgebenen Vesikel (Endosom) befindet. Die meisten der eukaryontischen Zellen führen ständig Endozytosevorgänge durch, welche sich nach den in Abbildung 1 dargestellten Arten unterteilen lassen [Lodish et al., 2001].
Phagozytose wird nur von spezialisierten Zellen wie Makrophagen und Epithelzellen durchgeführt; dabei werden feste Substanzen verdaut. Die Aufnahme der Partikel, die mehrere µm groß sein können, erfolgt durch Umlagerungen des Aktin-Zytoskeletts und spielt bei der Immunabwehr eine wichtige Rolle [Mellman and Steinman, 2001].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die verschiedenen Arten der Endozytose. Phagozytose bzw. Makropinozytose nehmen feste bzw. flüssige Partikel Aktin-abhängig auf. Bei der Caveolin- vermittelten Endozytose werden kleinere Einstülpungen der Zellmembran, die mit Caveolin ausgekleidet sind, aufgenommen. Die häufigste rezeptorvermittelte Endozytose verläuft Clathrin-abhängig, bei der Clathrin-ummantelte Vesikel eingeschleust werden. Nur bestimmte Moleküle werden über Clathrin- oder Caveolin- unabhängige Endozytose aufgenommen. Alle aufgenommenen Vesikel gelangen auf verschiedene Arten zum Endosom. Abbildung übernommen aus [Tatzel and Zerial, 2007].
Makropinozytose verläuft ähnlich wie die Phagozytose. Es werden unter Beteiligung des Aktin-Zytoskeletts flüssige Substanzen in Makropinosomen aufgenommen, die bis zu einem µm groß sein können [Lodish et al., 2001].
Bei der Caveolin- abhängigen Endozytose werden rezeptorabhängig omegaförmige Einstülpungen der Plasmamembran gebildet, die unter anderem zur Aufnahme von Makro- molekülen des Plasmas, von Insulin und von Low-Density Lipoprotein (LDL) dienen. Die Einstülpungen bilden sich an lipidreichen Inseln der Zellmembran, den lipid-rafts [Sverdlov et al., 2007].
Die Clathrin vermittelte Form der Endozytose beinhaltet die rezeptorabhängige Um- mantelung der Vesikel mit dem Protein Clathrin. Diese Vesikel werden durch die GTPase Dynamin intrazellulär abgeschnürt. Transportiert werden ebenfalls Makromoleküle; die Zell-Homöostase wird durch diesen Transportmechanismus bestimmt. Durch Ca2 + kann diese Endozytoseart getriggert werden [MacDonald and Rorsman, 2007].
Die Clathrin- und Caveolin- unabhängige Endozytose ist bislang sehr wenig verstanden. Wahrscheinlich werden nur wenige Proteine über diesen Mechanismus aufgenommen [Tatzel and Zerial, 2007].
2.3 Zellpenetrierende Peptide
Die Entwicklung der CPPs geht auf Entdeckungen Ende der 80er Jahre zurück, in denen erstmals beschrieben wurde, dass das transaktivierende Protein Tat des HIV 1 sowie die An- tennapedia Homeodomäne von Drosophila melanogaster in Säugerzellen translozieren können [Joliot et al., 1991, Frankel and Pabo, 1998]. Diese vielversprechende Fähigkeit wurde in den letzten 15 bis 20 Jahren intensiv untersucht, wobei eine Vielzahl von CPPs entwickelt wurde, die der aktuellen Definition zufolge in der Lage sind, das Zytoplasma und/oder nukleäre Kom- partimente von vitalen Zellen zu erreichen [Joliot and Prochiantz, 2004]. CPPs setzen sich aus einer sehr heterogenen und großen Gruppe an Peptiden zusammen, die sich unter anderem in folgende Klassen einteilen lassen:
1. Polykationische oder Arginin-reiche Peptide (z.B. Tat, Oligoarginine)
2. Amphiphatische Peptide (Transportan, MPG-Peptide)
Ein anderer Ansatz der Unterteilung ist der nach Herkunft. So können CPPs natürlich vorkommende Proteinfragmente sein (Tat, Penetratin), synthetischen Ursprung besitzen (MPGPeptide, Oligoarginine) oder eine Mischung aus beiden sein (Transportan) [Foged and Nielsen, 2008]. Allen CPPs ist gemeinsam, dass sie eine Vielzahl an basischen Aminosäureresten aufweisen, mit denen elektrostatische Wechselwirkungen zu Nukleinsäuren und negativ geladenen Zelloberflächenmolekülen möglich sind.
Prinzipiell unterscheidet man zwischen zwei verschiedenen Verknüpfungen von CPPs mit dem Cargo. Die erste erfordert eine kovalente Verknüpfung des CPPs mit dem zu translozierenden Cargo, bei der zweiten werden stabile Komplexe über nicht-kovalente Bindungen gebildet [Morris et al., 2007]. In der zweiten Gruppe enthalten sind die CPPs der MPG-Familie, die als einige wenige CPPs in der Lage sind, eine nicht-kovalente Cargo-Verknüpfung auszubilden. Die Transfektion von Säugerzellen mit Peptid/Oligonukleotid-Komplexen kann über verschiedene Wege erfolgen. In Abbildung 2 werden diese Möglichkeiten dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Möglichkeiten CPP vermittelter zellulärer Nukleinsäuretransfektion. Die Verknüpfung der Nu- kleinsäure kann entweder kovalent oder nicht-kovalent erfolgen, die Aufnahme entwe- der durch direkte Penetration der Plasmamembran oder über Endozytose. Mittlerweile sind viele Studien vorhanden, die eine endozytotische Aufnahme postulieren. Rot = negative Nukleinsäureladungen; Blau = positive Peptidladungen; Grün = Hydrophobe AS. Abbildung verändert nach [Veldhoen et al., 2008].
Die MPG-Familie
Das ursprüngliche MPGβ-Peptid wurde 1997 von der Arbeitsgruppe um Morris et al. ent- wickelt und nach den Anfangsbuchstaben der Entwickler benannt. Der Zusatz β resultiert aus der Feststellung, dass es in Anwesenheit von Oligonukleotiden oder Phospholipiden eine partielle β-Faltblattstruktur annimmt. Es ist ein amphipatisches, aus 27 Aminosäuren (AS) bestehendes Peptid, aufgebaut aus zwei unabhängigen Domänen. Die N-Terminale hydropho- be Domäne ist abgeleitet von der viralen Fusionssequenz des Glykoprotein 41 (gp 41) vom HIV1. Die C-Terminale Domäne ist abgeleitet von der nukleären Lokalisationssequenz (NLS) des großen SV40 T-Antigens. Diese beiden Domänen sind über eine Linkersequenz von vier AS verbunden, die ein Prolin enthält und den beiden Domänen dadurch eine hohe Flexibi- lität verleiht. 2002 wurde MPGα, ein Derivat des MPGβ, entwickelt, bei dem sechs AS der hydrophoben Domäne ausgetauscht sind und für das eine partielle helikale Struktur vorausge- sagt wird. Beide Peptide sind in der Lage, einen zellulären Nukleinsäuretransfer zu vermitteln [Morris et al., 1997, Veldhoen et al., 2006]. Die Arbeitsgruppe um Prof. Restle hat ein in Ab- bildung 3 vorgestelltes hypothetisches Modell der Komplexbildung zwischen Oligonukleotiden und MPGα entworfen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Hypothetisches Modell der Komplexbildung zwischen CPPs und Oligonukleotiden. A: Hypothetische Reaktionsfolge zur Ausbildung hochmolekularer Peptid/Oligonukleotid-Komplexe. A = Oligonukleotid; B = Peptid; n = natürliche Zahl; I = Initialkomplex; S = Sekundärkomplex; T = Tertiärkomplex. Im ersten Schritt bilden sich Initialkomplexe aus einer Nukleinsäure und mehreren Peptiden über elektrostatische Wechselwirkungen. Durch Aggregation von Initialkomplexen oder wei- tere Peptidanlagerungen entstehen Sekundärkomplexe. Diese können weiter aggregieren und es entste- hen Tertiärkomplexe, die das Oligonukleotid einschließen und somit zusätzlichen physikalischen Schutz vor Nukleasen bilden. Abbildung verändert nach [Laufer, 2008]. B: Modell zur Initialkomplexbildung. Mehrere MPG-Peptide(rot = hydrophobe Domäne; blau = NLS) binden elektrostatisch an ein gelb dargestelltes Oligonukleotid. Zusätzlich sind hydrophobe Wechselwirkungen zwischen zwei hydropho- ben Peptiddomänen dargestellt. Die Abbildung wurde freundlicherweise von T. Restle zur Verfügung gestellt.
2.4 Vorarbeiten
Mit dem Ziel die Transfektionseigenschaften zu verbessern hat Alexander Trampe im Zuge seiner Doktorarbeit weitere CPPs entworfen und synthetisiert [Trampe, 2008]. Hierbei wurde die hydrophobe Domäne von MPG gegen andere virale Fusionssequenzen ausgetauscht und die Transfektionseffizienz sowie der Aufnahmeweg untersucht. Abbildung 4 zeigt die Transfektioneigenschaften dieser CPPs im Vergleich zu der vom MPGα.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Fluoreszenzmikroskopische Analyse der siRNA Transfektion durch verschiedene CPPs. Rot = Cy3 gelabelte siRNA; Grün = Nukleus. Das Fluoreszenz-Signal der siRNA wurde nach Integration auf das Signal von MPGα (= 100%) normiert. Abbildung übernommen aus [Trampe, 2008].
2.5 Zielsetzung
Ziel der vorliegenden Arbeit war eine systematische transientenkinetische Charakterisierung der Komplexbildung von verschiedenen Peptiden mit verschiedenen Oligonukleotiden. Mittels biophysikalischer Messungen sollten der Mechanismus der Komplexbildung, die Größen der Komplexe und die Komplexstabilität im zeitlichen Verlauf analysiert werden. Weiterhin sollte untersucht werden, inwieweit eine hydrophobe Peptiddomäne essentiell für die Ausbildung stabiler Sekundär- und Tertiärkomplexe zwischen CPPs und Oligonukleotiden ist und die Transfektionseigenschaften des CPPs bestimmt.
3 Material und Methoden
3.1 Materialien
3.1.1 Chemikalien
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.1.2 Puffer
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
- Citar trabajo
- Hanno Sjuts (Autor), 2007, Charakterisierung der Komplexbildung zwischen Zellpenetrierenden Peptiden und Oligonukleotiden , Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/162062
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