1. Einleitung
Jedem Kind muss – ohne Rücksicht auf Stand und Vermögen der Eltern – der Bildungsweg offen
stehen, der seiner Bildungsfähigkeit entspricht.1
Bildung und schulischer Erfolg sind mitunter abhängig von dem Geschlecht des Schülers,
der Nationalität und sozialen Herkunft. Besonders in Bezug auf die soziale Herkunft und deren
Einfluss auf den Bildungserfolg eines Einzelnen hat Deutschland in internationalen Studien
unterdurchschnittlich abgeschnitten.2 Auch in Anbetracht der regionalen Disparitäten
weist Deutschland deutliche Unterschiede bei den Lebensbedingungen auf, sei es in Bezug
auf Infrastruktureinrichtungen3 oder auch Bildungsangebote4. Es herrscht somit eine gravierende
Ungleichheit zwischen den einzelnen sozialen Gruppen und Regionen in Anbetracht
der erreichten Bildungsergebnisse.5 Eine Rechtfertigung wird vor allem bei der Gesellschaft
gesucht, da biologische beziehungsweise naturgegebene Ursachen außen vorgelassen werden.
Deutlich entscheidender ist jedoch nicht die Analogie des Ergebnisses, sondern die Chancengleichheit,
um überhaupt die Möglichkeit zu haben, ein zufriedenstellendes Resultat zu erzielen
und später eine gute soziale Position zu erreichen. Diese Positionen stehen prinzipiell
jedem Menschen offen, doch muss über gewisse Fähig- und Fertigkeiten verfügt werden, um
die erwarteten Leistungen bringen zu können.6
1. Einleitung
Jedem Kind muss - ohne Rücksicht auf Stand und Vermögen der Eltern - der Bildungsweg offen stehen, der seiner Bildungsfähigkeit entspricht.[1]
Bildung und schulischer Erfolg sind mitunter abhängig von dem Geschlecht des Schülers, der Nationalität und sozialen Herkunft. Besonders in Bezug auf die soziale Herkunft und deren Einfluss auf den Bildungserfolg eines Einzelnen hat Deutschland in internationalen Studien unterdurchschnittlich abgeschnitten.[2] Auch in Anbetracht der regionalen Disparitäten weist Deutschland deutliche Unterschiede bei den Lebensbedingungen auf, sei es in Bezug auf Infrastruktureinrichtungen[3] oder auch Bildungsangebote[4]. Es herrscht somit eine gravierende Ungleichheit zwischen den einzelnen sozialen Gruppen und Regionen in Anbetracht der erreichten Bildungsergebnisse.[5] Eine Rechtfertigung wird vor allem bei der Gesellschaft gesucht, da biologische beziehungsweise naturgegebene Ursachen außen vorgelassen werden.
Deutlich entscheidender istjedoch nicht die Analogie des Ergebnisses, sondern die Chancengleichheit, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, ein zufriedenstellendes Resultat zu erzielen und später eine gute soziale Position zu erreichen. Diese Positionen stehen prinzipiell jedem Menschen offen, doch muss über gewisse Fähig- und Fertigkeiten verfügt werden, um die erwarteten Leistungen bringen zu können.[6] Die Entscheidung, ob eine Person für die entsprechende Position geeignet ist, wird anhand von Kriterien wie Leistung, Können und Anstrengung festgemacht. Sozialer Auf- und Abstieg ist also möglich. Die Eingangsvoraussetzungen sind gute schulische Leistungen in Form von entsprechenden Schulabschlüssen und können theoretisch in einem offenen Wettbewerb, der Schule, barrierefrei erreicht werden. Doch genau diese Barrierefreiheit ist nicht gewährleistet. Die Kultusministerkonferenz (KMK) spricht in ihrer Schrift aus dem Jahr 2003 von der Möglichkeit, dassjedem Kind, unabhängig seiner sozialen Herkunft, der Bildungsweg entsprechend seiner Bildungsfähigkeit offen steht. Doch genau die Aspekte der Herkunft und der Bildungsfähigkeit gelten nicht nur unabhängig voneinander, sondern sind auch dependent. Fraglich ist auch, ob die Schule der verantwortliche Faktor zur Kompensation von ungleicher Bildungsfähigkeit ist. Die Vorstellung der KMK ist eher eine ideologisierte „Pseudo-Legitimation der sozial selektiven Mechanismen“[7], da die Herkunftsfaktoren bei der schulischen Leistung nicht außen vor gelassen werden können. Bestehende Strukturen werden durch die Aussage nur legitimiert und gefestigt.
Die ungleichen Bildungserfolge und die damit einhergehenden späteren (beruflichen) Chancen haben verschiedene Ursachen. Ausschlaggebende sind hierbei individuelle, familiäre, schulische und Kontextbedingungen. Diese Bedingungen entsprechen den primären[8] beziehungsweise kulturellen und den sekundären[9] oder positionsspezifischen Herkunftseffekten, die 1974 von dem französischen Soziologen Raymond Boudon erstmalig als solche benannt wurden.
In dieser Ausarbeitung liegt das Hauptaugenmerk auf dem schulischen Aspekt inklusive der Thematik der Übergangsempfehlung durch den Lehrer.
Die Arbeit basiert auf dem [...] Beitrag von Schule und Lehrern zur Reproduktion von Bil- dungsungleichhe.it von Hartmut Ditton aus dem Jahr 2007 und wird durch neuere einschlägige Fachliteratur in Bezug auf soziologische Untersuchungen in den Bereichen Bildungspolitik und Chancenungleichheit ergänzt. Die PISA- und IGLU-Studien aus den Jahren 2001, 2003 und 2006 werden ebenfalls berücksichtigt und miteinbezogen.
Anfänglich werden im Kapitel 2 die gegenwärtigen Missstände in Bezug auf soziale Herkunft aufgezeigt. Der Rational-Choice-Ansatz[10] bietet hier eine hinreichende Erklärung, wieso sich Eltern für oder gegen eine gewisse Schulform entscheiden (müssen).
In dieser Ausarbeitung wird sich auf das soziale Umfeld und dem damit verbundenen Status bezogen. Mögliche Unterschiede und damit verbundene Diskriminierungen in Bezug auf Geschlecht, Rasse, Religion und Politik werden außen vorgelassen und somit nicht thematisiert.
Kapitel 3 bezieht sich auf die Lehrerempfehlungen und beinhaltet zur Verdeutlichung die aktuellen Forschungsstände aus den IGLU- und PISA-Studien.
Abschließend werden im vierten Kapitel die hier genannten Fakten zusammengefasst und daraus ein Fazit zur möglichen Verbesserung und Egalität der Laufbahnempfehlungen gezogen.
2. Rational-Choice
Durch die Wahl der weiterföhrenden Schule wird eine wichtige Entscheidung für das weitere Leben des Kindes getroffen.[11] Spätere Korrekturen sind schwierig und wenn eher von Kindern aus höheren Schichten zu bewerkstelligen.[12] Grundlegende Kompetenzen werden auf den jeweiligen Schulformen erworben und entsprechend den gegenwärtigen Leistungen und dem späteren Berufswunsch wird gewählt.[13] Meist steht die weiterführende Schule bereits bei der Einschulung, spätestens nach der zweiten oder dritten Klasse fest.[14] Eine wichtige Vermittlungsgröße in Bezug auf Bildungsungleichheit ist also die schulische Leistung, die wiederum stark mit der sozialen Herkunft verknüpft ist. Je höher die Bildungsaspiration der Eltern, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind später das Gymnasium besucht.[15]
Soziale Schichtunterschiede führen zu ungleich verteilten Bildungschancen. Das Elternhaus, das mit einem hohen Bildungsniveau versehen ist, fördert sein Kind im erheblich höheren Maße als dies Menschen aus niedrigem Stand tun. Kinder wachsen bei höherer sozialer Herkunft mit vielen Büchern auf, besuchen Konzerte und bekommen bei möglichem Förderbedarf passende Hilfestellungen. Musikalische Früherziehung gehört hier genauso zum Alltag wie der Besuch beim Ballettunterricht
Bei einem geringen, vielleicht nur für den Lebensstandard möglichen Einkommen, ist individuelle Förderung des Kindes aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln seltener möglich. Durch die sozio-ökonomische Lage der Eltern wird die bildungsspezifische Entwicklung des Kindes also immens geprägt. Je höher die Sozialschicht, desto mehr wird in die Bildung des Kindes und auch der gesamten Familie investiert. Entsprechend werden Kinder mit unterschiedlichen Fertig- und Fähigkeiten eingeschult.
[...]
[1] KMK - Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesre-publik Deutschland, 2003: Übergang von der Grundschule in die Schulen des Sekundarbereichs I. Informationsunterlage. Bonn: (IIA1/Fu-2411). S. 4.
[2] Vgl. Baumert, Jürgen: PISA 2000. Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich. Opladen:. Leske + Budrich. 2000. S. 567.
[3] Vgl. Korczack, Dieter: Lebensqualität-Atlas. Opladen: Westdeutscher Verlag. 1995. S.112.
[4] Vgl. Bargel, Tino und Manfred Kuthe: Regionale Disparitäten und Ungleichheiten im Schulwesen. In: Peter Zedler (Hrsg.): Strukturprobleme, Disparitäten, Grundbildung in der Sekundarstufe I. Weinheim: Deutscher Studien Verlag. 1992. S. 103.
[5] Vgl. Ditton, Hartmut: Der Beitrag von Schule und Lehrern zur Reproduktion von Bildungsungleichheit. In: Becker, R./Lauterbach, W. (Hrsg.): Bildung als Privileg. Erklärungen und Befunde zu den Ursachen der Bildungsungleichheit. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. 2. aktualiserte Ausgabe 2007. S. 251.
[6] Vgl. Koller, Peter: Soziale Gleichheit und Gerechtigkeit. In: Hans-Peter Müller und Bernd Wegener (Hrsg.): Soziale Ungleichheitund soziale Gerechtigkeit. Opladen: Leske + Budrich. 1995. S. 62
[7] Ditton 2007 S.252.
[8] Die primären Herkunftseffekte (Primary effects of Stratification) beinhaltet die schichtenspezifische schulischen Leistungsverhalten, das sich aus dem familiären Status (Kulturelles Kapital) und der damit verbundenen Sozialisation des Kindes zusammensetzt. Zu diesen Effekten gehören Aspekte wie beispielsweise die eigene Persönlichkeit, kognitive Leistungen, Motivation, das Arbeits- und Sozialverhalten. Je intensiver das Kind in den ersten Jahren gefördert wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es später erfolgreich sein wird. Ungleichheiten zum Anfang der Schullaufbahn verstärken sich im Laufe der Jahre eher als das sie schrumpfen. (Quelle: Boudon 1974, S.29f)
[9] Bei den sekundären Herkunftseffekten handelt es sich um die Abwägung der Eltern, durch eine KostenNutzen-Kalkulation (Benefit-cost-utility) sich für einen bestimmten Bildungsweg zu entscheiden. Die Bildungsrendite wird hierbei mit den Kosten der Ausbildung abgewogen. Zu tragen kommen hierbei Aspekte wie die elterliche Bildung, ebenfalls wie Geld und Prestige des Elternhauses und generell der sozialen Herkunft des Kindes. (Quelle: Boudon 1974, S. 30f)
[10] Mit einem geringstmöglichen Einsatz (Kosten) soll der maximale Gewinn (Nutzen) erlangt werden. Die Nutzenmaximierung steht hierbei im Vordergrund.
[11] Vgl. Blossfeld, Hans Peter: Sensible Phasen im Bildungsverlauf. Zeitschrift für Pädagogik 34 2008. S. 57.
[12] Vgl. Henz, Ursula: Der Beitrag von Schulformwechslern zur Offenheit des allgemeinbildenden Schulsystems. Zeitschrift für Soziologie 26 1997. S. 59.
[13] Vgl. Ditton 2007 254ff.
[14] Vgl. Kob, Jan Peter: Erziehung in Elternhaus und Schule. Stuttgart: 1963. Enke Verlag. S. 67.
[15] Vgl. Merkens, Hans und Anne Wesel: Zur Genese von Bildungsentscheidungen. Eine empirische Studie in BerlinundBrandenburg. Hohengehren: Schneider. 2002. S. 285.
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