Analyse des Romans "Die Ausgewanderten" von W.G. Sebald unter dem Aspekt "literarische Verarbeitung von Erinnerungen und Geschichte", Literaturseminar Universität.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Autor
3. Inhaltlicher Zusammenhang
3.1 Dr. Henry Selwyn
3.2 Paul Bereyter
3.3 Ambros Adelwarth
3.4 Max Aurach
4. Die Verarbeitung von Erinnerungen und Geschichte
4.1 Die Aufmachung des Romans
4.2 Sprachliche Aspekte
4.3 Die Erzählperspektive
4.4 Die Chronologie
5. Resümee
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In dieser Arbeit versuche ich anhand des Romans „Die Ausgewanderten“ von W.G. Sebald eine Möglichkeit der literarischen Verarbeitung von Erinnerungen und Geschichte zu beschreiben.
Zunächst wird der Autor vorgestellt und sein Lebensweg beschrieben, um eine Beziehung zwischen ihm und seinem Roman herzustellen. Dann wird der Inhalt der vier Erzählungen des Romans zusammengefasst, um dem Leser bzw. der Leserin eine Transparenz bezüglich der Erinnerungen und Geschichte zu schaffen, deren Verarbeitung als nächstes genauer betrachtet wird. Bei dieser Betrachtung wird zunächst die Aufmachung des Romans beschrieben, da diese meiner Ansicht nach einen wichtigen Aspekt der Verarbeitungsmethode von Erinnerungen und Geschichte darstellt. Ebenso von Bedeutung sind für mich die Erzählperspektive, die sprachlichen Aspekte und die Chronologie der Erzählungen. Das Resümee beschäftigt sich mit dem Versuch, die zuvor beschriebenen Aspekte in einen Gesamtkontext zu bringen und das Wichtigste in bezug auf das Thema der Arbeit zusammenfassend zu erläutern.
2. Der Autor
W.G. Sebald ist 1944 in Wertach, im Allgäu, geboren. Er besuchte das Gymnasium in Obersdorf und studierte nach seinem Abitur von 1963 bis 1966 Germanistik und Allgemeine Literaturwissenschaft in Freiburg. 1966 erwarb Sebald in der französischen Schweiz eine Licence in Literaturwissenschaft und arbeitete für zwei Jahre als Lektor an der Universität in Manchester, wo er 1968 seinen Magister machte. Zunächst arbeitete Sebald als Schullehrer in St. Gallen, 1969 wieder als Lektor in Manchester. Seit 1970 war er Dozent an der East Anglia Univerity in Norwich. Sebald habilitierte 1986 und gründete 1989 das British Centre for Literary Translation an der University of East Anglia Norwich. Parallel zur Universitätslaufbahn veröffentlichte er zahlreiche literarische Monographien und Aufsätze. W.G. Sebald kam am 14.12. 2001 bei einem Autounfall ums Leben.[1]
3. Inhaltlicher Zusammenhang des Romans
Sebalds Roman „Die Ausgewanderten“ handelt von den Leidensgeschichten von vier Juden, die aus ihrer Heimat vertrieben wurden und im Alter an ihrem Kummer zerbrechen.
3.1 Dr. Henry Selwyn
Das erste Kapitel erzählt von den Erlebnissen des Dr. Selwyn, welche er als jüdischer Auswanderer in der Zeit ab 1899 machte.[2]
Der Erzähler und seine Frau Clara sind aufgrund seiner neuen Anstellung 1970 auf Wohnungssuche im ostenglischen Norwich. Bei der Besichtigung von Prior´s Gate treffen sie Mr. Selwyn und da es dem Ehepaar dort gefällt, beschließen sie, dort einzuziehen.
Das Paar wird von Mr. Selwyn zum Essen eingeladen, wo dieser beginnt von seinen Erlebnissen vor dem Ersten Weltkrieg zu erzählen.
Mit 21 schließt Selwyn das medizinische Grundstudium in Cambridge ab. Er möchte in Bern seine Ausbildung fortsetzen, trifft aber beim Bergsteigen im Oberland den Bergführer Naegli und freundet sich mit ihm an. Bis zum Kriegsausbruch reisen die beiden sehr viel. Dann kehrt Selwyn nach England zurück und wird in den Kriegsdienst berufen. Ihm fällt der Abschied von seinem Freund sehr schwer, er sollt Naegli niemals wieder sehen. Während seines Kriegsdienstes erfährt er, dass Naegli verschollen ist, welches bei ihm starke Depressionen hervorruft und fast zu seiner Dienstentlassung führen. In Bern triff Selwyn Heidi und heiratet sie nach dem Krieg.
Immer wieder besucht Selwyn das Ehepaar, um weitere Dinge aus seinem Leben zu erzählen.
Selwyn wandert 1899 im Alter von sieben Jahren aus einem Dorf in Litauen aus. Seine Familie möchte nach New York übersiedeln. Die einwöchige Schiffsreise ist für ihn mit negativen Erinnerungen verbunden. Sie kommen in London an und bleiben dort. S. wächst in einer Kellerwohnung in Whitechapel auf, sein Vater ist Linsenschleifer und kauft sich in ein Brillengeschäft ein. In der Schule lernt er wegen seiner Lehrerin sehr schnell Englisch. Sie meldet ihn zur Aufnahmeprüfung an der Merchant Taylor´s School an. S. ist einer der Besten des Jahrgangs und erhält ein Stipendium. Er ändert seinen Namen Hersch Seweryn in Henry Selwyn. Nach Ausbruch des Krieges geht er für ein Dienstjahr nach Indien. Als er wieder in England ist, heiratet er Heidi. In der folgenden Zeit leben sie im Luxus. Als Chirurg und Hausarzt verdient er sehr viel Geld, weil S. aber sehr verschwenderisch ist, besteht keine Möglichkeit zur Rentenvorsorge. Hedi hingegen bewirtschaftet ihr Vermögen. Das Geheimnis um Selwyns Abstammung ist auch ein Grund dafür, warum sich die beiden auseinander leben. Er gibt seine Patienten auf und schließt seine Praxis, um alle Kontakte zu dieser Welt abzubrechen und entschließt sich deshalb, als Einsiedler zu leben.
Dr. Selwyns Besuche nehmen nach und nach ab. Während das Ehepaar in Frankreich im Urlaub ist, erschießt Selwyn sich. Der Erzähler erinnert sich immer wieder an ihn. 1986 findet er in einem Zug nach Lausanne einen Zeitungsbericht über Naegli, in dem dessen Tod bestätigt wird.
3.2 Paul Bereyter
Das zweite Kapitel handelt von den Ereignissen im Leben von Paul Bereyter, über die der Erzähler Nachforschungen betreibt, um Beweggründe für den Selbstmord seines ehemaligen Lehrers herauszufinden.[3]
Nachdem der Erzähler die Nachricht von dem Selbstmord seines ehemaligen Lehrers Paul Bereyter bekommt, der sich im Alter von 74 vor einen Zug warf, erinnert er sich daran, dass ihn niemand wirklich kannte und möchte mehr über Paul B. herausfinden. Er denkt an seine Schulzeit in den 50er Jahren zurück.
Da Paul eine Abneigung gegen die katholische Kirche besitzt, mag er die Kapläne nicht, die seine Klasse in Religion unterrichten. Sonntags ist er entweder in den Bergen oder bei seinem Freund Colo. Paul legt viel Wert auf praxisorientierten und anschaulichen Unterricht, führt deshalb regelmäßig Exkursionen durch oder genießt mit seiner Klasse die Natur. Er wird als ein ausgezeichneter Rechner, guter Musiker und als gefühlsorientierte, verschlossene Person von den Schülern wahrgenommen.
Zwei Jahre nach Pauls Tod besucht der Erzähler Lucy Landau, um mehr über seinen Lehrer zu erfahren, da sie mit ihm eng befreundet war und die Beerdigung organisiert hat.
Lucy lernt Paul B. in Salins-les-Bains Anfang der 30er Jahre kennen. Für sie ist er ein unterhaltsamer Begleiter, der einsam zu sein scheint. Beide unternehmen viel, dabei erfährt sie, dass sich Paul um die Natur sorgt. Von 1935 bis 1939 arbeitet er als Hauslehrer in Besanςon. Er setzt sich der Ausbildung, zu der auch der Katholizismus zählt, nur aus, um Lehrer werden zu können. 1935 besucht Helen Hollaender mit ihrer Mutter den Ort. Sie wohnt bei Paul und sie verstehen sich gut. Es ist der schönste Sommer in seinem Leben. Sie kehrt im Herbst nach Wien zurück und ist kurz darauf wahrscheinlich mit ihrer Mutter nach Theresienstadt deportiert worden. Bereyter tritt eine Stelle im Dorf S. an, aus der er kurze Zeit später wegen seiner jüdischen Abstammung entlassen wird.
[...]
[1] Vgl. Dr. Schneider, Christian (Hrsg.): Großes Lexikon. A-Z. ISIS. Schweiz, S. 755
[2] Vgl. Sebald, W.G.. Die Ausgewanderten. Vier lange Erzählungen. März 2002. 8. Auflage. Fischer Taschenbuchverlag. Frankfurt am Main. S. 5-37
[3] Vgl. Ebd. S. 39-93
- Quote paper
- Melanie Lappe (Author), 2002, Beschreibung einer Möglichkeit der literarischen Verarbeitung von Erinnerungen und Geschichte am Beispiel "Die Ausgewanderten" von W.G. Sebald, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16174
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