„Ein Assassine ist jemand, der andere für Geld tötet,“ erläutert Francesco da Buti in einem Kommentar zu Dantes Inferno im 14. Jahrhundert. Ebenso wie da Buti sahen einige zeitgenössische Autoren die Gruppierung aus dem Orient. So schreibt der Kleriker Brocardus an König Phillip den VI. von Frankreich, die Assassinen „dürsten nach Menschenblut, töten Unschuldige gegen Bezahlung, scheren sich weder um das Leben noch um die Erlösung.“ Arnold von Lübeck nennt die Assassinen weiterhin eine gottlose Sekte, die Schweinefleisch esse, den Islam missachte und von ihrem Führer verhext wurde. Aus vielen morgenländischen Quellen liest man, die Assassinen seien haschischabhängig gewesen. Es stellt sich die Frage, was es nun genau mit dieser Gruppierung auf sich hatte. Waren die Assassinen eine Gruppe von Auftragsmördern, eine radikalislamische und haschischkonsumierende Sekte oder doch eine politische motivierte Gruppe? Um diese Frage so gut wie möglich zu beantworten und um die Kultur und Ziele der Sekte besser verstehen zu können, widmet sich diese Arbeit der Vorgeschichte der Assassinen und speziell der Vorgeschichte des Gründers Hasan-i Sabbah. Außerdem gibt sie Einblick in das Zusammentreffen mit den Kreuzfahrern und den Vorgehen bei den sogenannten Meuchelmorden.
Da die Quellenlage sehr vage und die Literatur über Assassinen rar gesät ist, stützt sich diese Arbeit hauptsächlich auf das Werk von Bernard Lewis, sowie den Aufsatz von Heinz Helm und das Kapitel über die Assassinen in dem Werk von Alfons Gabriel .
I. Einleitung
„Ein Assassine ist jemand, der andere für Geld tötet,“[1] erläutert Francesco da Buti in einem Kommentar zu Dantes[2] Inferno im 14. Jahrhundert. Ebenso wie da Buti sahen einige zeitgenössische Autoren die Gruppierung aus dem Orient. So schreibt der Kleriker Brocardus an König Phillip den VI. von Frankreich, die Assassinen „dürsten nach Menschenblut, töten Unschuldige gegen Bezahlung, scheren sich weder um das Leben noch um die Erlösung.“[3] Arnold von Lübeck nennt die Assassinen weiterhin eine gottlose Sekte, die Schweinefleisch esse, den Islam missachte und von ihrem Führer verhext wurde.[4] Aus vielen morgenländischen Quellen liest man, die Assassinen seien haschischabhängig gewesen. Es stellt sich die Frage, was es nun genau mit dieser Gruppierung auf sich hatte. Waren die Assassinen eine Gruppe von Auftragsmördern, eine radikalislamische und haschischkonsumierende Sekte oder doch eine politische motivierte Gruppe? Um diese Frage so gut wie möglich zu beantworten und um die Kultur und Ziele der Sekte besser verstehen zu können, widmet sich diese Arbeit der Vorgeschichte der Assassinen und speziell der Vorgeschichte des Gründers Hasan-i Sabbah. Außerdem gibt sie Einblick in das Zusammentreffen mit den Kreuzfahrern und den Vorgehen bei den sogenannten Meuchelmorden.
Da die Quellenlage sehr vage und die Literatur über Assassinen rar gesät ist, stützt sich diese Arbeit hauptsächlich auf das Werk von Bernard Lewis, sowie den Aufsatz von Heinz Helm und das Kapitel über die Assassinen in dem Werk von Alfons Gabriel[5].
II. Die Vorgeschichte der Assassinen
II. 1. Begriffserläuterung
Der Begriff Assassine leitet sich im Arabischen von den Wörtern haschīsch und haschīschī (Plural: haschīschijjīn) ab.[6] Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes haschīsch ist trockenes Kraut, Gras oder Trockenfutter.[7] Regional gibt es noch weitere Begriffsunterschiede. Die Assassinen werden in den syrisch-ägyptischen Chroniken meist fidâ’iyyûn (auch Fedayin) bzw. fida‘i genannt, was so viel wie Selsbtaufopferer bedeutet. Der Begriff haschīschī war wahrscheinlich ein Schimpfwort (etwa Haschischfresser oder „nicht ganz klar im Kopf“), das als Ausdruck der Verachtung für das extravagante Benehmen der Assassinen galt. Ab dem 14. Jahrhundert bedeutet der Begriff Assassine in Europa nur noch „Mörder“, da die Kreuzfahrer die Gruppierung nur als solche wahrnahmen.
Man muss bei den verschiedenen Schreibweisen allerdings beachten, dass es in unterschiedlichen Werken diverse Schreibarten der fremdsprachigen Begriffe gibt, die zum Teil voneinander abweichen. So heißen beispielsweise die (heutigen) Fedayin im Aufsatz von Heinz Halm fidâ’iyyûn[8], während sie in der Monographie von Bernard Lewis fidāwījja[9] geschrieben werden.
II. 2. Die Ismailisten und Fatimiden
Nach dem Tode des Propheten Mohammeds 632 kam es zu schweren Spannungen und Auseinandersetzungen unter den Muslimen, wer seine Nachfolge antreten sollte. Nach kurzer Zeit wurde Abu Bakr zum Chalifa (Stellvertreter) Mohammeds ernannt und die historische Institution des Kalifats[10] wurde geschaffen. Später kam es aufgrund dessen, sehr kurz gesagt, zur Spaltung der Muslime in Schiiten und Sunniten. Innerhalb der Schiitensekte bildeten sich die Ismailiten. 765 starb der Imam[11] Dscha´far und gleichzeitig wurde sein Sohn Isma´il aus ungeklärter Ursache enterbt. An seiner Stelle wurde sein Bruder als nächster Imam vom Großteil der Schiiten anerkannt, aus denen später die sogenannten Zwölfer-Schiiten[12] wurden. Sie bildeten den gemäßigten Anteil der Schiiten und ihre Differenzen mit den Sunniten beschränkten sich auf wenige Punkte. Die restliche Minderheit folgte der Linie Isma´ils und bildete die Ismailiten, welche lange Zeit im Verborgenen arbeiteten und ein dogmatisches System auf hohem philosophischen Niveau und eine philosophische Erklärung des Universums vorweisen konnten. Der Mittelpunkt ihres Systems ist der Imam, der aus der Linie Isma´ils stammt. Erstmals öffentlich nachweisbar sind die Ismailiten in der Mitte des 9. Jahrhunderts,[13] als das abbasidische Kalifat in Bagdad Schwächen zeigte und sich die Zerrüttung der islamischen Gesellschaft andeutete. Die Schiiten konnten in dieser schwierigen Zeit die Aufmerksamkeit mit ihrer Botschaft auf sich ziehen. Diese besagte, dass die islamische Gesellschaft vom richtigen Weg abgekommen sei und auf diesen zurückgeführt werden müsse.
Am Ende des 9. Jahrhunderts gab es eine Mission in den Jemen, die sehr erfolgreich verlief, da viele neue Mitglieder geworben werden konnten. In Indien und Nordafrika konnten diese Erfolge wiederholt werden. Im Nordafrika entstand ein neues Reich und die Dynastie der Fatimiden[14], die 969 das Niltal eroberten und die Stadt Kairo gründeten, wo sie gut 200 Jahre mit einem eigenen Kalifat herrschen sollten. Der Kalif von Ägypten war dabei das neue Oberhaupt der Sekte.
Allen Bemühen und guten dogmatischen Erklärungen zum Trotz scheiterte der lange Kampf gegen das abbasidische Kalifat, da der Vormarsch der orthodoxen türkischen Völker der sunnitischen Bevölkerung den Zusammenhalt und die Stabilität zurückgab. Die fatimidischen Kalifen verloren Einfluss und Territorium. Als 1074 der Militärkommandeur Badr al-Dschamali nach einer Einladung des Kalifen mit seiner Armee in Ägypten einmarschierte, verlor dieser die Kontrolle über die Landesregierung. Dies war das Ende der Dynastie, da von nun an militärische Autokraten über das Gebiet herrschten und die Kalifen bestenfalls noch Marionetten waren.[15] Es wuchs Unzufriedenheit und zwischen den verschiedenen Ismailistenzweigen kam es zu Streitigkeiten, während die Sunniten durch ihre militärische Übermacht nahezu unangreifbar wurden. Eine neue Denkweise, die von Hasan-i Sabbah ersonnen wurde, wurde erforderlich.
[...]
[1] Vgl. Lewis, Bernard: Die Assassinen. Frankfurt am Main, 1989, S. 16.
[2] Dante Alighieri, italienischer Dichter 1265 - 1321
[3] Vgl. Brocardus: Directorium ad passagium faciendum. In: Recuiel des historiens des croisades. E (Documents arméniens II). Prais, 1906, S.496.
[4] Vgl. Lewis 1989, S. 18.
[5] Gabriel, Alfons: Die religiöse Welt des Iran – Entstehung und Schicksal von Glaubensformeln auf persischem Boden. Wien, Köln, Graz, 1974.
[6] Vgl. Lewis 1989, S. 28.
[7] Ebd., S.28 f.
[8] Halm 1996, S. 71 f.
[9] Lewis 1989, S. 24.
[10] Ein Kalif galt gleichzeitig als das Oberhaupt für Kirche und Staat. Vgl. Lewis 1989, S. 41.
[11] Imam gilt es Begriff für den legitimen Nachfolger des Propheten Mohammeds und damit des Oberhaupt des Islams. Vgl. hierzu Halm 1996, S. 64 und Lewis 1989, S.43.
[12] Der Name kommt daher, dass der 12. Imam nach Ali im Jahr 873 verschwand und als der „Erwartete Imam“ gilt, ähnlich seinem Messias. Er hatte keinen Nachfolger und war damit der letzte lebende Imam. Vgl. Lewis 1989, S.47 f.
[13] Vgl. Halm 1996, S. 64.
[14] Die Fatimiden sind nach der Abkunft von Fatima benannt. Fatima war die Tochter des Propheten Mohammed. Vgl. Lewis 1989, S. 53.
[15] Vgl. Ebd. S. 59.
- Citation du texte
- Marco Engelien (Auteur), 2010, Die Assassinen. Religiöse Fanatiker, Auftragsmörder oder radikale politische Aktivisten?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161543
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.