Die exzessive Erhebung von Daten im Rahmen von Kundenkarten- und Bonusprogrammen im Einzelhandel geht einher mit einer Reduktion der Privatsphäre. Der "gläserne Konsument" gibt mit jedem Einkauf mehr Daten preis, als er möglicherweise will. Die Arbeit geht auf diese datenschutzrechtliche und grundrechtliche Problemstellung im Zusammenhang mit der Nutzung von Kundenkarten ein und stellt die wichtigesten österreichischen Leitentscheidungen des OGH vor.
1. Ausgangssituation und Problemstellung
Kundenkarten sind aus dem Alltag der meisten Menschen nicht wegzudenken. Ihr Gebrauch ist so selbstverständlich geworden, dass er gar nicht mehr aktiv ins Bewusstsein tritt. Gleichzeitig ist es absolut nicht ungewöhnlich, dass die meisten Kaufhäuser und Supermärkte über eigene Kundenbindungsprogramme verfügen. Man müsste wahrscheinlich sogar sagen, das Ungewöhnliche ist, wenn ein Unternehmen keine Kundenkarten oder Bonusprogramme anbietet.
Aus der Sicht des Unternehmens überwiegen die Vorteile eindeutig gegenüber den oft nicht ins wirtschaftliche Gewicht fallenden Kosten für die Herstellung, Aussendung und Verwaltung von Kundenkarten. Auf der Kundenseite wiederum zeigt die Praxis, dass Konsumenten mehr an den Benefits dieser Systeme, denn an der Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Daten interessiert sind.
Aus dieser Situation ergibt sich ein zu hinterfragender Interessenskonflikt zwischen den Konsumenten einerseits, die ein Interesse am Schutz ihrer personenbezogenen Daten und ihrer Privatsphäre haben – beide sind verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte in der österreichischen Rechtsordnung –, und den Unternehmen andererseits, die an einem möglichst konkretisierten Profil ihrer Käufer interessiert sind. Dieses Spannungsverhältnis wirft also grundrechtliche Fragen auf, zumal dem Grundrecht auf Datenschutz[1] kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in § 1 Abs 5 DSG 2000 eine unmittelbare Drittwirkung zukommt und somit auch private Rechtsträger an dieses Grundrecht gebunden sind.[2]
2. Definition von Kundenkarten
Einer im September 2009 im Auftrag eines Schweizer Unternehmens selbst durchgeführten statistischen Erhebung zufolge besitzt jeder Österreicher durchschnittlich 12,5 Plastikkarten. Diese Zahl enthält einerseits Ausweise und öffentlich-rechtlich ausgestellte Karten wie den Führerschein im Scheckkartenformat oder die Sozialversicherungskarte e-card, Girokontokarten bzw. Bankomatkarten und Kreditkarten, aber andererseits auch Kundenkarten, die eine physische Legitimation der Teilnahme an einem Bonusprogramm darstellen. Doch gibt es auch schon im Bereich von Kreditkarten durchaus Tendenzen, die dieses unbare Zahlungsmittel[3] mit Bonussystemfunktion ausstatten. Das ist schon dann der Fall, wenn für den Einkauf mit der Kreditkarte eine Vergünstigung gewährt wird. Eine derartige Aktion gibt es bereits seit längerer Zeit für Mitglieder des Österreichischen Auto, Motor und Touringclubs (ÖAMTC), die ihre Mitgliedskarte mit Kreditkartenfunktion ausstatten lassen. Tankt der Kreditkarteninhaber mit der ÖAMTC Kunden-Kreditkarte bei einer Tankstelle der Kette Avanti, erhält er eine Vergünstigung von € 0,03 pro Liter Treibstoff.[4] Die Gewährung dieses Vorteils ist jedenfalls umsatzsteigernd, und zwar einerseits beim Tankstellenbetreiber, bei dem der Kunde möglicherweise nur deswegen tankt, weil er hier eine Vergünstigung bekommt, andererseits aber auch für das Kreditkartenunternehmen, weil der Kunde ohne den Bonus möglicherweise bar oder mit seiner Bankomatkarte bezahlen würde.
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[1] § 1 Datenschutzgesetz 2000, BGBl 165/1999 idgF.
[2] Öhlinger, Verfassungsrecht6, Rz 833.
[3] Zur strafrechtlichen Relevanz vgl. § 74 Abs 1 Z 10 iVm §§ 241a ff StGB.
[4] http://www.oeamtc.at/a1048042/ (Stand: 21.06.2010).
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- Mag. Balazs Esztegar (Autor), 2010, Erfassung von Informationen über Konsumverhalten für kommerzielle Zwecke, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/161349