"Kein Volk bedarf mehr als das deutsche einer Neubelebung, einer vollständigen Wiedergeburt aller seiner Kräfte."1
Im Rahmen des Proseminars "Die Revolution von 1848 in Sachsen" ist in dieser Hausarbeit die Frage nach der Bedeutung der Bürgerbewaffnung während dieser Zeit als Untersuchungsgegenstand anzusehen. Die Bürgerbewaffnung stellte eine der vier Haupt- Märzforderungen dar2, deren Bedeutung jedoch in der Forschung bisher nicht in dem Maße diskutiert wurde, wie das bei der Thematik des Frankfurter Paulskirchenparlaments beispielsweise der Fall war. Daher soll diese Hausarbeit einen Beitrag dazu leisten, die Revolution von 1848/49 unter dem Gesichtspunkt der Volksbewaffnung zu beurteilen.
Dazu soll in den folgenden Kapiteln das Augenmerk auf eine Quelle von 1848 gerichtet werden. Dabei handelt es sich um eine Denkschrift, welche aus den Beratungen des Deutschen Vaterlandsvereins während einer Commission in Dresden hervorgegangen ist3.
Die Quelle auszuwerten und den aktuellen Forschungsstand zu berücksichtigen, ist Hauptanliegen dieser Hausarbeit. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: Wie weit wollte man mit der Bürgerbewaffnung in Deutschland und in Sachsen gehen? Welche zentrale politische Bedeutung besaß die Vorstellung einer gesamtdeutschen Volksarmee für große Teile der Bevölkerung? Erhält die Revolution durch die Forderungen des Deutschen Vaterlandsvereins eine weitere, den gesamten Prozess komplexer machende Dimension?
Um nun die Beantwortung dieser Fragen durchzuführen, soll es zunächst Aufgabe sein, den Inhalt der Quelle "Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland" wiederzugeben und zu erläutern. Daraufhin wird der Bezug zum Forschungsstand hergestellt werden.
1 Röckel, August, Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland. mit besonderem Bezuge auf Sachsen, Dresden 1848, S.15.
2 Siemann, Wolfram, Vom Staatenbund zum Nationalstaat. Deutschland 1806 – 1871, München 1995, S.365.
3 Röckel, Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland, S.1.
Gliederung
1. Einleitung
2. Die Quelle des Deutschen Vaterlandsvereins Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland
3. Bezug zur Forschungsliteratur
4. Zusammenfassung
5. Quellen- und Literaturverzeichnis 10
1. Einleitung
"Kein Volk bedarf mehr als das deutsche einer Neubelebung, einer vollständigen Wiedergeburt aller seiner Kräfte."1
Im Rahmen des Proseminars "Die Revolution von 1848 in Sachsen" ist in dieser Hausarbeit die Frage nach der Bedeutung der Bürgerbewaffnung während dieser Zeit als Untersuchungsgegenstand anzusehen. Die Bürgerbewaffnung stellte eine der vier HauptMärzforderungen dar2, deren Bedeutung jedoch in der Forschung bisher nicht in dem Maße diskutiert wurde, wie das bei der Thematik des Frankfurter Paulskirchenparlaments beispielsweise der Fall war. Daher soll diese Hausarbeit einen Beitrag dazu leisten, die Revolution von 1848/49 unter dem Gesichtspunkt der Volksbewaffnung zu beurteilen.
Dazu soll in den folgenden Kapiteln das Augenmerk auf eine Quelle von 1848 gerichtet werden. Dabei handelt es sich um eine Denkschrift, welche aus den Beratungen des Deutschen Vaterlandsvereins während einer Commission in Dresden hervorgegangen ist3.
Die Quelle auszuwerten und den aktuellen Forschungsstand zu berücksichtigen, ist Hauptanliegen dieser Hausarbeit. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden: Wie weit wollte man mit der Bürgerbewaffnung in Deutschland und in Sachsen gehen? Welche zentrale politische Bedeutung besaß die Vorstellung einer gesamtdeutschen Volksarmee für große Teile der Bevölkerung? Erhält die Revolution durch die Forderungen des Deutschen Vaterlandsvereins eine weitere, den gesamten Prozess komplexer machende Dimension?
Um nun die Beantwortung dieser Fragen durchzuführen, soll es zunächst Aufgabe sein, den Inhalt der Quelle "Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland" wiederzugeben und zu erläutern. Daraufhin wird der Bezug zum Forschungsstand hergestellt werden.
2. Die Quelle des Deutschen Vaterlandsvereins
Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland Bei der Quelle "Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland, mit besonderem Bezuge auf Sachsen", handelt es sich um eine Denkschrift, die an die Frankfurter Nationalversammlung, sowie an alle deutschen Staaten gerichtet wurde. Diese entstand im Zuge einer Commission des Deutschen Vaterlandsvereins 1848 in Dresden. Näher zu datieren ist sie auf etwa Mitte August4. Sie wurde bearbeitet von August Röckel, einem Abgeordneten der 2. Kammer, der eine stark demokratische Grundhaltung vertrat und einer der führenden Mitstreiter während des Dresdner Maiaufstandes 1849 gewesen ist.
Bereits auf der ersten Seite wird verdeutlicht, welchen Zweck und Nutzen die Volksbewaffnung haben soll. Sie soll das Vaterland neben den stehenden Heeren gegen innere und äußere Feinde verteidigen und vor Gefahren schützen5. Ein erstaunlicher Nebeneffekt soll dabei sein, dass der einsame Einzelne zu einem großen Ganzen verbunden wird, wodurch sein Interesse geweckt wird, dem Staat zu dienen. Erst dadurch werde er zum "richtigen Staatsbürger"6. Von Beginn an wird von einem vereinigten Deutschland gesprochen, jenes, das in Frankfurt ausgearbeitet werden soll. Demnach soll auch das gesamte deutsche Volk an der Volksbewaffnung beteiligt werden und seine sich selbst gegebenen Gesetze verteidigen7. Dieses Konzept der Volksbewaffnung setzt also das Prinzip der Volkssouveränität vorraus. Die freie Wahl der Offiziere ist daher beispielsweise eine unverzichtbare Vorraussetzung8. Genauso soll jeder Bürger - keine Bürgerinnen - von 20 bis 50 Jahren wehrberechtigt und wehrpflichtig sein.
Einen ersten großen Unterschied zu den bisher vorhandenen Bürgerwehren erkennt man darin, dass hier gemeinsam mit dem politisch vereinten Deutschland eine vereinigte Volksarmee gebildet wird, die das gesamte Land verteidigt. Deren Verwaltung ist von einer zu bildenden, zentralen militärischen Organisation zu gewährleisten9. Bisher waren die Bürgerwehren nur auf bestimmte Kreise und Städte beschränkt, es gab keine zentrale Verwaltungseinrichtung, die alle Bürgerwehren erfasste und einsetzte. In Sachsen hatte nahezujede Stadt ihre eigene Bürgerwehr10. Diese unterstanden zudem Prinz Johann, also nicht dem Volk11.
Im Text folgt nun die Beschreibung der näheren Institutionalisierungsschritte der Volksarmee und erzieherischer Maßnahmen12. Daran erkennt man, wie weit die Volksbewaffnung für den Deutschen Vaterlandsverein gehen sollte. Beispielsweise planten diese die Errichtung einer Fakultät für Kriegswissenschaften an allen Universitäten. An allen Elementarschulen sollte beim Turnen ein Infanterie-Exercitum erprobt werden, das als ein wesentlicher Bestandteil des Unterrichts erhoben werden sollte. Mit dieser "kriegerischen Ausbildung" sollte dann ein "nicht nur unbesiegbares Heer, sondern ein unüberwindliches Volk geschaffen werden"13. Weitere patriotische Floskeln in diesem Teil des Textes lassen Zweifel aufkommen, ob es den Demokraten wirklich um die Schaffung einer Armee geht, die Deutschland nur verteidigen würde. Denn ausgehend von etwa 40 Mio. Deutschen aller Territorialstaaten, lässt sich laut den Berechnungen des Vereins eine Armee von sechs Mio. Soldaten ausheben14. Im Vergleich dazu dienen in der Bundesrepublik Deutschland heutzutage etwa 285.000 Soldaten15.
Die weitere Auseinandersetzung im Text folgt jedoch keinen expansiven Motiven, sondern vielmehr der Verteidigung Deutschlands und Sachsens. Daher wäre es unhistorisch, dem Verein Motive zu unterstellen, die einen offensiven Krieg gegen andere europäische Länder beabsichtigen. Es bleibt jedoch unerklärlich, wofür eine so große Armee benötigt wird. An dieser Stelle ist auch die Frage zu stellen, wie das alles hätte finanziert werden sollen - man denke nur an die weiteren Maßnahmen an Schulen und Universitäten. Dazu wird im Anhang eine Anmerkung gemacht. Demnach solle der Staat für alles aufkommen, da es um seine eigene Sicherheit ginge. Im späteren Verlauf der Zeit könne dieser dann wieder Einsparungen vornehmen, wenn das Heer verkleinert werden würde. Weitere genauere Finanzierungsmaßnahmen werden nicht genannt. Indes geht man davon aus, dass der erhoffte kommende deutsche Staat die gesamte Organisation und Finanzierung dieses Projektes im Alleingang gewährleisten wird.
Die weitere Diskussion am Ende des Textes bezieht sich vor allem auf die Situation in Sachsen. Der Deutsche Vaterlandsverein tagte auf einer Commission in Dresden und analysierte die Kräfteverhältnisse in Sachsen. Diese Analyse ergab zuerst, dass bisher 12.0 Soldaten im sächsischen Heer vertreten waren - ohne die Bürgerwehren mit zu zählen16. Diese Armee könne bereits in kurzer Zeit mithilfe der Bürgerbewaffnung auf 150.0 Mann verstärkt werden. Dies sei unbedingt nötig, da von Außen die Gefahr vor Feinden drohe. Diese Gefahr wurde bereits zuvor genannt, doch nun bezeichnet man sie erst genauer. Für Sachsen stelle vor allem Rußland an der Ostgrenze die größte von allen dar. Dieser Feind sei auch der Grund, weshalb die deutsche Einigung durchgeführt werden muss. Denn vor einem russischen Heer, das rund 300.000 Soldaten zählt17, ist man ja erst mit einem Heer von 6 Mio. Männern sicher.
[...]
1 Rockel, August, Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland. mit besonderem Bezuge auf Sachsen, Dresden 1848, S.15.
2 Siemann, Wolfram, Vom Staatenbund zumNationalstaat. Deutschland 1806 - 1871, München 1995, S.365.
3 Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland, S.1.
4 Ebenda, S.17f.: In Frankfurt seien bereits drei Monate vergangen, ohne dass man bisher über die Sicherheit des künftigen Deutschlands debattiert hätte.
5 Ebenda, S.1.
6 Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland, S.1.
7 Ebenda, S.6.; Pröve, Ralf, Bürger, Gemeinde, Volk und Obrigkeit. Bürgerwehren und Kommunalgarden 1848/49, in: Karin Jeschke und Gunda Ulbricht (Hrsg.), Dresden Mai 1849. Tagungsband, Dresden 2000, S.128: hier spielt der Zusammenhang zwischen der Verfassungsfrage und der Beteiligung der Bürger an der Exekutive für den Autor eine besondere Rolle.
8 Ebenda, S.11.
9 Ebenda, S.9.
10 Nostitz-Drzewiecki, Hans C.F. von, Die Communalgarden des Königreichs Sachsen. in ihrer Entstehung, gesetzlichen Begründung, Organisirung und gegenwärtigen gestalt dargestellt, Dresden 1832.
11 Ebenda, S.8f.
12 Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland, S.14f.
13 Ebenda, S.16.
14 Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland, S.25f.: allein auf Sachsen wäre eine Armee von 250.000 Soldaten möglich, mit Einbezug des bisher vorhandenen Heeres (12.000 Soldaten).
15 Albrecht, Birgit u.a., Der Fischer Weltalmanach 2007, Frankfurt/Main 2006.
16 Die Organisation der Volksbewaffnung in Deutschland, S.17f.
17 Ebenda, S.18.
- Quote paper
- Philipp Werner (Author), 2010, Zur Denkschrift des Deutschen Vaterlandsvereins, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160851
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