Die folgende vergleichende Policy-Analyse stellt die Bildungspolitik von Deutschland und Schweden gegenüber. Der Vergleich als Schlüsselmerkmal aller Wissenschaften hat das Ziel, verallgemeinerbare Erkenntnisse zu erzielen.
In der vergleichenden Politikwissenschaft existieren zwei Vorgehensweisen: der Konkordanzansatz, bei dem Gemeinsamkeiten von grundverschiedenen Ländern gesucht werden, und der Differenzansatz, der Unterschiede zwischen grundsätzlich ähnlichen Ländern aufdecken will. In der vorliegenden Arbeit soll nach dem Differenzansatz vorgegangen werden, bei dem zuvor entschieden werden muss, welche Länder ähnlich sind und warum. Die Ähnlichkeits-kriterien, zu denen nicht nur politische Aspekte gehören, sind nicht einheitlich festgelegt. Bei Deutschland und Schweden kann von Ähnlichkeit gesprochen werden, weil sie z.B. beide demokratisch geführt werden, dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft folgen und zur Europäischen Union, d.h. damit auch zur abendländischen Kultur gehören (Hartmann 1995:30).
Da Politikwissenschaft vom Grund her eklektizistisch ist, also gerne fremde Ideen übernimmt, solange sie der Lösung politikwissenschaftlicher Probleme dienen, sind Vergleiche unabdingbar (Hartmann 1995:25). Somit hat der Vergleich in der Politikwissenschaft primär eine melioristische Funktion (Hörner 14). Aber auch die ideographische Funktion ist nicht unbedeutend, besonders im Hinblick auf die europäische Integration, für die es wichtig ist, die tieferen Gemeinsamkeiten der Länder kennenzulernen (Hörner 24).
Die vorliegende Arbeit stellt eine Verbindung der ideographischen und der melioristischen Funktion dar: das schwedische Bildungssystem wurde aus wissenschaftlichem Interesse, geweckt vor allem durch aktuelle Debatten, untersucht, aber gleichzeitig sollen anhand schwedischer Erfahrungen Lösungsansätze für deutsche Probleme der Bildungspolitik gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Was ist Bildungspolitik?
Bildungspolitik in Deutschland und Schweden: Geschichtliches, Inhalte und Ziele
Verwaltung des Bildungswesens
Allgemeinbildendes Schulwesen und Berufsausbildung
Hochschulwesen (Tertiärer Bereich)
Perspektiven und Herausforderungen der Bildungspolitik in Schweden und Deutschland
Literaturverzeichnis
Vergleich der Bildungspolitik in Schweden und Deutschland
Einleitung
Die folgende vergleichende Policy-Analyse stellt die Bildungspolitik von Deutschland und Schweden gegenüber. Der Vergleich als Schlüsselmerkmal aller Wissenschaften hat das Ziel, verallgemeinerbare Erkenntnisse zu erzielen.
In der vergleichenden Politikwissenschaft existieren zwei Vorgehensweisen: der Konkordanzansatz, bei dem Gemeinsamkeiten von grundverschiedenen Ländern gesucht werden, und der Differenzansatz, der Unterschiede zwischen grundsätzlich ähnlichen Ländern aufdecken will. In der vorliegenden Arbeit soll nach dem Differenzansatz vorgegangen werden, bei dem zuvor entschieden werden muss, welche Länder ähnlich sind und warum. Die Ähnlichkeits-kriterien, zu denen nicht nur politische Aspekte gehören, sind nicht einheitlich festgelegt. Bei Deutschland und Schweden kann von Ähnlichkeit gesprochen werden, weil sie z.B. beide demokratisch geführt werden, dem Prinzip der sozialen Marktwirtschaft folgen und zur Europäischen Union, d.h. damit auch zur abendländischen Kultur gehören (Hartmann 1995:30).
Da Politikwissenschaft vom Grund her eklektizistisch ist, also gerne fremde Ideen übernimmt, solange sie der Lösung politikwissenschaftlicher Probleme dienen, sind Vergleiche unabdingbar (Hartmann 1995:25). Somit hat der Vergleich in der Politikwissenschaft primär eine melioristische Funktion (Hörner 14). Aber auch die ideographische Funktion ist nicht unbedeutend, besonders im Hinblick auf die europäische Integration, für die es wichtig ist, die tieferen Gemeinsamkeiten der Länder kennenzulernen (Hörner 24).
Die vorliegende Arbeit stellt eine Verbindung der ideographischen und der melioristischen Funktion dar: das schwedische Bildungssystem wurde aus wissenschaftlichem Interesse, geweckt vor allem durch aktuelle Debatten, untersucht, aber gleichzeitig sollen anhand schwedischer Erfahrungen Lösungsansätze für deutsche Probleme der Bildungspolitik gegeben werden.
Was ist Bildungspolitik?
Eine einheitliche Definition des Begriffes Bildungspolitik existiert nicht, zumal der Begriff in Deutschland erst in den 60er Jahren im Zuge von Reform-bewegungen auftrat. Unbestritten ist jedoch, dass Bildungspolitik zur Kultur- und auch zur Gesellschaftspolitik gehört; erstere bezieht sich auf das geistige Leben eines Volkes, letztere bemüht sich um den Erhalt und die Entwicklung von Gesellschaft überhaupt (Bahro 1986:36). Die Bildung der Bürger bestimmt diese zwei Aspekte wesentlich, denn Bildung ist die Kultur des Individuums (Hörner 1996:24). Des weiteren wird Bildungspolitik von der Sozial-, Familien- und Jugendpolitik beeinflusst.
Alle auf das Bildungswesen, zu dem die Allgemeinbildung, die Berufsausbildung und die außerschulische Qualifizierung gehören, gerichteten Aktivitäten sind Bestandteil des eigenständigen Politikfeldes Bildungspolitik (Kral 1999:85). Es beschäftigt sich mit der Gestaltung des Bildungssystems, den Lehr- und Lerninhalten und der Verteilung der Zuständigkeiten.
Gesellschaft, Wirtschaft und Bildung bestimmen sich wechselseitig; Bildungs-politik steht also immer im Spannungsfeld verschiedener Instanzen und Gesellschaftsgruppen. So wurden bildungspolitische Reformen oft durch wirt-schaftliche Argumente ausgelöst: z. B. ist ein Bildungsrückstand eine Gefahr für das Wirtschaftswachstum, besonders im heutigen Informationszeitalter. Ein weiteres Paradoxon liegt in der Tatsache, dass Bildung einerseits auf die Entfaltung des Individuums und seine Entwicklung zu einem mündigen Bürger gerichtet ist, sie andererseits den Menschen zu einem gesellschaftlichen Wesen erziehen soll und in den Dienst von Gemeinschaft und Staat stellen soll (Bahro 1986:36).
Bildungspolitik in Deutschland und Schweden: Geschichtliches, Inhalte und Ziele
Deutschland
Die Geschichte des deutschen Bildungswesen wurde maßgeblich durch die politisch-gesellschaftlichen Umbrüche 1918, 1933, 1945 und 1990 geprägt. Von 1949 bis 1990 hat man es sogar mit zwei deutschen Bildungssystemen zu tun: eine föderalistische Ordnung des Bildungssystems in der Bundesrepublik Deutschland und eine zentralistische Bildungsverfassung in der Deutschen Demokratischen Republik. Im Zuge der deutschen Einheit ging das föderalistische Prinzip auf die neuen Länder über, und innerhalb eines Jahres wich das einheitliche Schulsystem schrittweise dem gegliederten System nach westdeutschem Vorbild (Anweiler 1996: 31f.).
Die deutsche Bildungspolitik hat drei Hauptziele:
1. Chancengleichheit
2. Steigerung des Wirtschaftswachstums
3. Einheitlichkeit des Bildungssystems
Davon sind die Bildungs- und Erziehungsziele zu unterscheiden, die von den Bundesländern festgelegt werden (Bahro 1986:36).
Das Ziel der Chancengleichheit bestimmte die in den 60er Jahren eingeleiteten Bildungsreformen der Bundesrepublik. Dabei wurde die Gesamtschule von den sozialdemokratisch regierten Ländern als Schule der Zukunft erklärt. Unab-hängig davon wird die Bildungspolitik seit diesem Zeitpunkt von einer massiven Bildungsexpansion beeinflusst. Ein veränderte Bildungsverhalten der Bürger hat zu einer vermehrten Inanspruchnahme von weiterführenden Bildungsangeboten geführt.
Gegenwärtig muss die deutsche Bildungspolitik überlegen, wie es den Herausforderungen der europäischen und globalen Integration gerecht werden kann, aber auch wie es im internationalen Vergleich wieder ins Spitzenfeld gelangen kann. Die europäische Integration stellt die Politik besonders vor die Aufgabe, die weiterführenden Bildungsabschlüsse, d.h. Hochschul- und Berufs-ausbildung zu vereinheitlichen, um ihren Bürgern berufliche Mobilität zu gewähren. Da das Bildungssystem jedoch Bestandteil der Identität eines jeden Landes ist, würde ein einheitliches europäisches Bildungssystem einen großen Verlust für die einzelnen Nationen bedeuten. Aber auch die Ausweitung der Bildungsinhalte auf die europäische und globale Dimension gehört zu den Aufgaben der Zukunft. (Anweiler 1996:49).
Aufgrund der unbefriedigenden deutschen Ergebnisse in den internationalen Vergleichsstudien TIMSS (Third International Mathematics and Science Study) und PISA (Programme for International Student Assessment) fordern Politiker, Pädagogen und Arbeitgeber eine umfassende Reform des Bildungssystems samt einer Neukonzeption der Lehrpläne und Lernziele. Die Kleinstaaterei des Bildungssystems stört die Wirtschaftsverbände, die ein Zentralabitur fordern, um die Voraussetzungen für Berufsausbildung zu vereinheitlichen. Auch wurde die Diskussion um die Gesamt- und die Ganztagsschule wieder aufgefrischt, da Staaten mit einem undifferenzierten Schulsystem und flächendeckender Ganz-tagsbetreuung bei PISA und TIMSS am besten abgeschnitten haben.
Schweden
Das schwedische Bildungssystem zieht schon lange das Interesse deutscher und internationaler Bildungsforscher und –planer auf sich. Die großangelegten Bildungsreformen im Zuge des gesellschaftlichen Umbaus Schwedens - war es bis in die 30er Jahre eines der ärmsten und am dünnsten besiedelten Länder Europas, hat der wirtschaftliche Aufschwung Schwedens seit dem Zweiten Weltkrieg nicht abgenommen - halten Experten für vorbildlich, und auch inter-nationale Vergleiche wie z.B. die PISA-Studie bescheinigen dem schwedischen Bildungswesen eine hohe Qualität und Effizienz (Schäfer 1996:193; OECD 1995:181).
Chancengleichheit ist oberstes Ziel der schwedischen Bildungspolitik. Alle Bürger müssen den gleichen Zugang zu Ausbildung haben, unabhängig von ethnischen oder sozialen Hintergründen oder dem Wohnort, weil es ein Recht darauf gibt, die staatlich gesetzten Lernziele zu erreichen. Die Struktur des schwedischen Bildungssystems ist von der Grundschuldstufe bis zur Gymnasialschule und zur Erwachsenenbildung, der traditionell ein hoher Rang zukommt, zentral gesteuert und nicht leistungsdifferenziert, also einheitlich im doppelten Sinne.
Grundlage des schwedischen Bildungswesens ist heute das mehrfach geänderte Bildungsgesetz von 1962, das eine neunjährige Schulpflicht auf einer neunjährigen grundskolan (Gesamtschule) vorschreibt. In den 70er Jahren wurde die gymnasialskolan (Gymnasialschule) umgebaut mit dem Ziel, der allgemeinen, akademisch orientierten und beruflich-technischen Bildung den gleichen Wert zu geben. Durch die Hochschulreform ab 1977 wurde das Hochschulwesen analog zur Primar- und Sekundarstufe in ein integriertes Gesamthochschulsystem umgewandelt. Gleichzeitig wurde im Sinne der recurrent education die Erwachsenenbildung eng mit der Hochschulbildung verbunden. Möglich war die Durchführung all dieser Reformen durch die unkomplizierte Verfassungs- und Verwaltungsstruktur Schwedens (Schäfer 1996:195).
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- Maria Schnurr (Author), 2002, Bildungspolitik in Deutschland und Schweden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/16041
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