In der Gegenwart erfährt sowohl die Thematik des Traumas bei Kindern, als auch die Posttraumatische Belastungsstörung erhöhte Aufmerksamkeit und eine Reihe von Befunden zeigt, dass ein erheblicher Teil von Kindern nach einem Trauma eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, was eine genauere und detaillierte Betrachtung des Störungsbildes und seiner Behandlungsmöglichkeiten erfordert. Besonders die Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie und die Methode des Eye Movement Desensitization and Reprocessing finden neben anderen Interventionsverfahren in der Fachliteratur vermehrt Beachtung.
Auf der Grundlage dieser Aspekte habe ich die folgende Fragestellung entwickelt, die ich in meiner Arbeit untersuche:
Durch welche Merkmale sind die Traumafokussierte kognitiv-behaviorale Verhaltenstherapie nach Cohen und das Eye Movement Desensitization and Reprocessing nach Shapiro als mögliche Interventionsformen der Posttraumatischen Belastungsstörung gekennzeichnet, in welchen Aspekten bestehen Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Therapieformen und welche Therapieform ist aus welchen Gründen wirksam(er)?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Symptomatik der Posttraumatischen Belastungsstörung
3. Klassifikation und Diagnostik
4. Verlauf der Posttraumatischen Belastungsstörung
5. Ätiologie und Erklärungskonzepte
6. Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung
6.1. Grundlegende Aspekte der Traumatherapie
6.2. Traumafokussierte kognitiv-behaviorale Verhaltenstherapie (TF-KBT) nach Cohen
6.3. Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) nach Shapiro
7. Fazit
8. Diskussion und Ausblick
9. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der psychologischen Fachliteratur lassen sich gegenwärtig gehäuft Artikel und Fachbücher finden, welche sich mit dem Begriff des „Traumas“ auseinander setzen. Als einer der ersten psychiatrischen Vertreter definierte Sigmund Freud (1920) ein Erlebnis als traumatisch, „[…] welches dem Seelenleben innerhalb kurzer Zeit einen so starken Reizzuwachs bringt, dass die Erledigung oder Aufarbeitung desselbigen in normalgewohnter Weise missglückt, woraus dauernde Störungen im Energiebetrieb resultieren müssen.“ (zitiert nach Hofmann, 1999, S. 29). Freud fokussiert auf die Überforderung des Organismus, einströmende Reize zu verarbeiten und formuliert einen recht weiten Trauma-Begriff, bei dem weder Auslöser, noch Reaktion näher spezifiziert werden.
Gegenwärtig wird der Begriff des Traumas enger gefasst und sowohl mögliche Auslöser, als auch Reaktionen sind bekannt. Generell wird als Trauma ein außergewöhnliches Stressereignis bezeichnet, welches die Bewältigungsmöglichkeiten einer Person übersteigt und erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit eines Menschen haben kann. Anders als in der fortgeschrittenen Forschung über Traumafolgestörungen bei Erwachsenen, herrschte bei Fachleuten bis in die 1980er Jahre die Meinung vor, dass Kinder auf psychisch traumatisierende Ereignisse nur mit milden und vorübergehenden Störungen reagieren würden (vgl. Garmezy & Rutter, 1985). Das Ausmaß kindlicher Reaktionen auf psychische Traumata wurde durch unangepasste Untersuchungsmethoden und unklare diagnostische Konzepte lange Zeit massiv unterschätzt, was unter anderem anhand der Klassifikationssysteme psychischer Störungen deutlich wird. Erst im Jahr 1987 wurde im DSM-III das Auftreten dieser Störung bei Kindern anerkannt und es wurden erstmals kindspezifische Symptome wie das traumatische Spiel beschrieben. Im Klassifikationssystem ICD-10 wurde die Diagnosekategorie „Posttraumatische Belastungsstörung“ erst einige Zeit später aufgeführt, jedoch bis heute ohne spezifische Nennung kindlicher Symptome.
In der Gegenwart erfährt sowohl die Thematik des Traumas bei Kindern, als auch die Posttraumatische Belastungsstörung erhöhte Aufmerksamkeit und eine Reihe von Befunden zeigt, dass ein erheblicher Teil von Kindern nach einem Trauma eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt, was eine genauere und detaillierte Betrachtung des Störungsbildes und seiner Behandlungsmöglichkeiten erfordert. Besonders die Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie und die Methode des Eye Movement Desensitization and Reprocessing finden neben anderen Interventionsverfahren in der Fachliteratur vermehrt Beachtung.
Auf der Grundlage dieser Aspekte habe ich die folgende Fragestellung entwickelt, die ich in meiner Arbeit untersuche:
Durch welche Merkmale sind die Traumafokussierte kognitiv-behaviorale Verhaltenstherapie nach Cohen und das Eye Movement Desensitization and Reprocessing nach Shapiro als mögliche Interventionsformen der Posttraumatischen Belastungsstörung gekennzeichnet, in welchen Aspekten bestehen Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Therapieformen und welche Therapieform ist aus welchen Gründen wirksam(er)?
Um zu einem umfassenderen Verständnis der Störung beizutragen und um die Grundlagen auf denen die Therapieformen aufbauen zu verdeutlichen, werde ich anfänglich sowohl die Symptomatik, als auch die Diagnostik und Ätiologie der Posttraumatischen Belastungsstörung kurz erläutern.
2. Symptomatik der Posttraumatischen Belastungsstörung
Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) zählt zu den wenigen Störungen, für die im Rahmen der Kriterien der Diagnosesysteme DSM-IV und ICD-10 eine Annahme zur Entstehung formuliert wird. Demnach muss ein traumatisches Erlebnis vorliegen, in dessen Folge bestimmte Symptome auftreten. Die traumatischen Ereignisse werden in die Kategorien Typ 1 und Typ 2 eingeteilt. Zum Typ 1-Traumata zählen akute traumatische Ereignisse wie z.B. Erdbeben. Zum Typ 2-Traumata zählen langandauernde, sich wiederholende traumatische Ereignisse, wie z.B. Kriegserfahrungen.
Des Weiteren wird zwischen von Menschen verursachten Ereignissen, Naturkatastrophen oder technischen Katastrophen unterschieden. Die langandauernden, von Menschen verursachten traumatischen Ereignisse, wie beispielsweise sexueller Missbrauch oder Vernachlässigung, haben besonders schwerwiegende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und können eine Symptomatik verursachen, die über die im Folgenden beschriebene hinausgeht. Aktuell wird diese Form unter dem Begriff der „komplexen Traumafolgestörung“ diskutiert (vgl. Rosner, 2008).
Kinder und Jugendliche entwickeln ähnliche und andauernde Symptome wie Erwachsene. Während und kurz nach einem traumatischen Ereignis können sie nicht nur ängstlich und entsetzt reagieren, sondern auch aufgelöst und agitiert. Bei Vorhandensein einer PTBS müssen im Anschluss an das Ereignis Symptome des Wiedererlebens vorliegen. Dies können unausweichliche Erinnerungen, aber auch Wiederinszenierungen des Ereignisses in (Tag)-Träumen sein. Bei Kindern kann sich dies auch in unspezifischen Albträumen oder im sogenannten traumatischen Spiel äußern, in dem das Kind die traumatische Situation nachspielt. Das traumatische Spiel wirkt meist lustlos, quälend und lässt sich häufig wiederholt beobachten. Auch symbolische Neuinszenierungen sind möglich.
Ein weiteres Kriterium ist die Vermeidung. Betroffene Kinder und Jugendliche versuchen, Aktivitäten und Situationen, die eine Erinnerung an das Trauma wachrufen könnten, zu vermeiden. Hinzu kommt, dass sie sich häufig in ihrer Umgebung fremd fühlen und es kann eine Verminderung der Fähigkeit, Gefühle zu empfinden, beobachtet werden. Zudem ist ein Verlust bereits vorliegender Fähigkeiten möglich. Ein betroffenes Kind kann beispielsweise anfangen einzunässen, obwohl es bereits sauber war (vgl. Schneider & Margraf, 2009).
Ein weiteres Symptom stellt eine psychogene Amnesie dar, die sich durch Erinnerungsstörungen äußert. Teile des Ereignisses oder das gesamte Ereignis können scheinbar vergessen sein und es lassen sich häufig generelle Schwierigkeiten der Affektregulation feststellen. Weitere mögliche Symptome, die als Zeichen erhöhter Erregbarkeit angesehen werden können, sind Schlafstörungen, motorische Unruhe, erhöhte Reizbarkeit, aggressives Verhalten, Trennungsangst, Konzentrationsschwierigkeiten, sowie eine erhöhte Schreckhaftigkeit und Wachsamkeit. Generell lassen sich drei unterschiedliche Faktoren und grundlegende Dimensionen der Symptomatik der PTBS unterscheiden. Hierzu zählt das Wiedererleben, was sich durch Intrusionen und Flashbacks äußern kann, Vermeidung und emotionale Taubheit, sowie eine autonome Übererregung, der sogenannte Hyperarousal.
Sowohl in der Kindheit, als auch in der Jugend zeigen sich in vielen Funktionsbereichen entwicklungsbedingte Veränderungen, was zur Folge hat, dass sich PTBS-Symptome altersspezifisch zeigen. Jüngere Kinder bilden häufig eher diffuse Angst- und Vermeidungssymptome aus. Jugendliche reagieren und verbalisieren hingegen ähnlich wie Erwachsene (vgl. Rosner, 2008).
3. Klassifikation und Diagnostik
Das Erleben eines traumatischen Ereignisses bildet einen Risikofaktor für eine Reihe von psychischen Störungen. Sowohl im amerikanischen Klassifikationssystem DSM-IV, als auch im ICD-10 stehen mehrere Diagnosen in direktem Zusammenhang mit dem Erleben eines traumatischen Ereignisses, die im Folgenden dargestellt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Posttraumatische Belastungsstörung, auf deren Darstellung sich im Folgenden beschränk wird, zählt zu den besonders bedeutsamen Traumafolgestörungen, da sie auch bei Kindern und Jugendlichen gehäuft vorkommt.
Generell haben sich die Kriterien des DSM-IV durchgesetzt, da sie deutlich strenger als die ICD-10 Kriterien sind. Im Folgenden werde ich mich in dieser Arbeit auf die Darstellung der Kriterien des DSM-IV beschränken, da hier zu den genannten Vorteilen auch kindspezifische Kriterien formuliert werden, welche im ICD-10 keine Beachtung finden (vgl. Dilling et al., 2009).
Laut des Klassifikationssystems DSM-IV zählen die folgenden Diagnosekriterien zu der Posttraumatischen Belastungsstörung, die auch hinsichtlich des Kindes- und Jugendalters gewertet werden (vgl. Sass et al., 2003):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Zur Erfassung einer PTBS wird eine breitangelegte Diagnostik vorausgesetzt. Die Traumaanamnese bildet hierbei einen Balanceakt zwischen dem Erfragen der Informationen und dem Risiko einer möglichen Destabilisierung des Traumatisierten, was im schlimmsten Fall zu einer Verschlechterung des Befindens führen kann. Besonders bei Kindern bis zur Pubertät müssen zusätzlich auch die Eltern oder Bezugspersonen befragt werden. Zu den häufig eingesetzten Instrumenten im Bereich der PTBS-Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen zählen beispielweise die CRIES (Children Revised Impact of Event Scale, Dyregrov et al., 1996) oder das IBS-KJ (Interview zu Belastungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen, Steil & Füchsel, 2006).
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- Corinna Walte (Autor), 2010, Posttraumatische Belastungsstörung bei Kindern und Jugendlichen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/160236
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