Das seit dem 1. Januar 1995 geltende Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) verpflichtet Banken
und andere zum Wertpapierhandel zugelassene Unternehmen, Kunden bei Wertpapiergeschäften
zu beraten. Bei der Beratung und dem Verkauf von Finanzdienstleistungen sind eine
Vielzahl von Merkmalen, bezogen auf den jeweiligen Kunden, zu berücksichtigen. Anlageberater
müssen sich im Rahmen der Beratung über die Kenntnisse oder Erfahrungen, die mit der
Anlage verfolgten Ziele und die finanziellen Rahmenbedingungen des Kunden informieren.
Aber nicht nur für die rechtliche Absicherung ist es wichtig sich über die Merkmale der
Kunden zu informieren. Für die Beratung und die Zusammenstellung eines kundenspezifischen,
optimalen Portfolios ist die Bereitschaft des Kunden, Risiko zu tragen, entscheidend.
Je größer seine Risikobereitschaft ist, desto stärker können Assetklassen mit höheren Risiko
(z.B. Aktien) im Vergleich zu weniger riskanten Klassen (z.B. Renten) in das Portfolio aufgenommen
werden. Die Asset Allokation bestimmt somit im Wesentlichen, welche Renditen ein
Anleger erwarten kann und mit welchen Risiken gerechnet werden muss.1
Das zuständige Bundesaufsichtsamt hat vom §35 WpHG Gebrauch gemacht und in der
Richtlinie vom 23. August 2001 festgelegt, dass die Risikobereitschaft des Kunden zu erfragen
sei.2
Was sich in der Richtlinie so leicht formulieren lässt, stellt die Finanzdienstleister jedoch
vor erhebliche Probleme. In der Praxis wird die Risikobereitschaft und Risikotragfähigkeit der
Kunden oftmals mittels sogenannter Risk Ruler gemessen. Das Konzept der Risk Ruler wird
im Rahmen dieser Seminararbeit vorgestellt und auf Schwächen untersucht.
Im Folgenden werden zunächst die wichtigsten Begrifflichkeiten definiert und erläutert.
Anschließend werden die Begriffe in einen theoretischen Zusammenhang gestellt und die
Konzepte der Risikobereitschaft und Risikotragfähigkeit vorgestellt. In Kapitel 4 wird die
praktische Umsetzung zur Ermittlung der Risikobereitschaft und Risikotragfähigkeit mittels
Risk Ruler behandelt und abschließend in Kapitel 5 werden diese kritisch untersucht.
1 von Nitzsch, Rouette (2002) S. 1.
2 BAWe (2001), S. 5f.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffliche Grundlagen
2.1 Risiko
2.2 Risikoverhalten
2.3 Risikobereitschaft und Risikoeinstellung
2.4 Risikotragfähigkeit
3. Vorstellung der theoretischen Zusammenhänge
3.1 Ermittlung der Risikotragfähigkeit
3.2 Ermittlung der Risikobereitschaft
3.3 Risikoaversion
4. Praktische Umsetzung mittels Risk Ruler
4.1 Verschiedene Vorgehensweisen
4.2 Wie Risk Ruler wirken
4.3 Beispiel eines Risk Rulers aus der Praxis
5. Kritische Auseinandersetzung
6. Schlussbetrachtung und Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Versicherung
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Ermittlung des investorspezifischen Risikos in der Asset Allocation
Abb. 2: Simulation der Wertentwicklung
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zusammenfassung wichtiger Aspekte der Einteilung des Vermögens in einen reservierten und in einen freien Teil
Tabelle 2: Risk Ruler in Form eines Katalogs von 10 Fragen
1. Einleitung
Das seit dem 1. Januar 1995 geltende Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) verpflichtet Banken und andere zum Wertpapierhandel zugelassene Unternehmen, Kunden bei Wertpapiergeschäften zu beraten. Bei der Beratung und dem Verkauf von Finanzdienstleistungen sind eine Vielzahl von Merkmalen, bezogen auf den jeweiligen Kunden, zu berücksichtigen. Anlageberater müssen sich im Rahmen der Beratung über die Kenntnisse oder Erfahrungen, die mit der Anlage verfolgten Ziele und die finanziellen Rahmenbedingungen des Kunden informieren.
Aber nicht nur für die rechtliche Absicherung ist es wichtig sich über die Merkmale der Kunden zu informieren. Für die Beratung und die Zusammenstellung eines kundenspezifischen, optimalen Portfolios ist die Bereitschaft des Kunden, Risiko zu tragen, entscheidend. Je größer seine Risikobereitschaft ist, desto stärker können Assetklassen mit höheren Risiko (z.B. Aktien) im Vergleich zu weniger riskanten Klassen (z.B. Renten) in das Portfolio aufgenommen werden. Die Asset Allokation bestimmt somit im Wesentlichen, welche Renditen ein Anleger erwarten kann und mit welchen Risiken gerechnet werden muss.[1]
Das zuständige Bundesaufsichtsamt hat vom §35 WpHG Gebrauch gemacht und in der Richtlinie vom 23. August 2001 festgelegt, dass die Risikobereitschaft des Kunden zu erfragen sei.[2]
Was sich in der Richtlinie so leicht formulieren lässt, stellt die Finanzdienstleister jedoch vor erhebliche Probleme. In der Praxis wird die Risikobereitschaft und Risikotragfähigkeit der Kunden oftmals mittels sogenannter Risk Ruler gemessen. Das Konzept der Risk Ruler wird im Rahmen dieser Seminararbeit vorgestellt und auf Schwächen untersucht.
Im Folgenden werden zunächst die wichtigsten Begrifflichkeiten definiert und erläutert. Anschließend werden die Begriffe in einen theoretischen Zusammenhang gestellt und die Konzepte der Risikobereitschaft und Risikotragfähigkeit vorgestellt. In Kapitel 4 wird die praktische Umsetzung zur Ermittlung der Risikobereitschaft und Risikotragfähigkeit mittels Risk Ruler behandelt und abschließend in Kapitel 5 werden diese kritisch untersucht.
2. Begriffliche Grundlagen
In diesem Kapitel werden zunächst die für die weiteren Ausführungen relevanten Begriffe des Risikos, des Risikoverhaltens, der Risikobereitschaft, der Risikoeinstellung und der Risikotragfähigkeit definiert und näher erläutert.
2.1 Risiko
Es gibt in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur und Diskussion keine einheitliche Definition des Risikos. Einen Überblick über unterschiedliche Begriffsauffassungen gibt
Imboden, indem er eine Klassifizierung zwischen extensiven, entscheidungsbezogenen und informationsorientierten Begriffsauffassungen vorschlägt. Innerhalb der extensiven Begriffsauffassung wird Risiko definiert als Gefahr eines Misserfolgs der Leistung, wobei er den Misserfolg spezifiziert als Kapital- oder Vermögensverlust. Risiko ist hierbei zu verstehen als Begleiterscheinung jeder Leistungserbringung. Die informationsorientierte Fassung stellt auf das Risiko als unsichere Informationsstruktur ab. Bei der entscheidungsbezogenen Fassung wird Risiko als Gefahr einer Fehlentscheidung verstanden.[3]
Trotz einer großen Anzahl unterschiedlicher Risikobegriffe, lassen sich diese letztlich auf zwei Grundelemente zurückführen. Diese beiden Elemente sind: 1. die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines bestimmten Ereignisses und 2. dessen Bedeutung für den Entscheider. Beides sind Größen, die immer nur aus der Sicht des Entscheiders selbst beurteilt werden können, weshalb man auch von einer subjektiven Risikodefinition spricht.[4]
2.2 Risikoverhalten
Risikoverhalten ist das beobachtbare Verhalten von Menschen in Bezug auf Risiko. Es beschreibt also, wie sich Menschen in Risikosituationen verhalten.
In der entscheidungstheoretischen Literatur wird dabei zwischen risikoscheuen, risikoneutralen und risikofreudigen Verhalten unterschieden. Orientiert sich ein Individuum bei seinen Entscheidungen am Erwartungswert, verhält es sich risikoneutral. Von risikoscheuem Verhalten spricht man, wenn der Entscheider eine riskante Alternative schlechter als einen sicheren Betrag in Höhe des Erwartungswertes bewertet. Stuft er die riskante Alternative besser ein, so liegt risikofreudiges Verhalten vor.
Um festzustellen, ob ein risikoscheues, risikoneutrales oder risikofreudiges Entscheidungsverhalten vorliegt, kann man sich der Risikoprämie bedienen. Die Risikoprämie ist wie folgt definiert:
Risikoprämie = Erwartungswert – Sicherheitsäquivalent.
Anders formuliert ist die Risikoprämie der Preis, der dem Entscheider für die Übernahme des Risikos gezahlt werden muss. Das Sicherheitsäquivalent ist genau der sichere Betrag, der den Entscheider davon abhält, das Risiko einzugehen und den er als gleichwertig zur Lotterie betrachtet. Anhand der Risikoprämie lässt sich das Risikoverhalten eindeutig ableiten. Ist die Risikoprämie gleich Null, verhält sich das Individuum risikoneutral. Bei einer Risikoprämie größer Null spricht man von risikoscheuen und bei kleiner Null von einem risikofreudigem Verhalten.[5]
An Kapitalmärkten werden Anleger für die Übernahme von Risiken durch Risikoprämien belohnt. Die Renditeerwartungen von unsicheren Assetklassen (z.B. Aktien) liegen dabei in der Regel höher als die von sicheren Assetklassen. Anleger, die sich risikoneutral verhielten, würden nach der obigen Definition das Risiko nicht in ihren Entscheidungsprozess mit einfließen lassen. Sie würden somit stets in die Anlagen mit den höchsten Renditeerwartungen investieren. Diese Anlagen sind aber auch mit dem höchsten Risiko behaftet. Investoren verhalten sich aber in aller Regel nicht so. Vielmehr orientieren sie sich bei ihren Entscheidungen an der Risikoprämie und investieren in Anlagen mit einer positiven Risikoprämie. Sie verhalten sich demnach risikoscheu. Für die Aufgabe des Anlagebraters bedeutet dies, nicht festzustellen, ob sich der Kunde risikoneutral, risikofreudig oder risikoscheu verhält, sondern wie stark die Risikoscheu seines Kunden ausgeprägt ist.[6]
2.3 Risikobereitschaft und Risikoeinstellung
Der zuvor behandelte Begriff des Risikoverhaltens ist von dem Begriff der Risikobereitschaft zu trennen. In der psychologischen und wirtschaftswissenschaftlichen Forschung ist der Begriff der Risikobereitschaft wenig verbreitet. Wie er im WpHG benutzt wird, entspricht er dem Konzept der Risikoeinstellung[7]. Im Gegensatz zur Risikobereitschaft ist das Risikoverhalten beobachtbar und macht keine Aussage über die tatsächliche Einstellung des Entscheiders zum Risiko. Die Risikobereitschaft dagegen bezieht sich auf die Einstellung des Entscheiders zum Risiko selbst. Man unterscheidet eine risikoscheue, risikoneutrale und risikofreudige Einstellung. Steht der Entscheider dem Risiko indifferent gegenüber, spricht man von einer risikoneutralen Einstellung. Bewertet das Individuum Risiko positiv, ist seine Einstellung risikofreudig und bei negativer Bewertung ist sie risikoscheu.[8]
[...]
[1] von Nitzsch, Rouette (2002) S. 1.
[2] BAWe (2001), S. 5f.
[3] Imboden (1984), S.40ff.
[4] Unser (1999), S. 59.
[5] von Nitzsch (2002a) S. 128.
[6] von Nitzsch, Rouette (2002) S. 2.
[7] von Nitzsch, Rouette (2002) S. 2. Beide Begriffe werden im Folgenden synonym verwendet.
[8] von Nitzsch (2002a) S. 129.
- Arbeit zitieren
- Oliver Benner (Autor:in), 2002, Konzepte zur Ermittlung der Risikoeinstellung und Risikotragfähigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15951
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