Beschäftigt man sich etwas intensiver mit Südostasien, hauptsächlich mit den dortigen Entwicklungen während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, werfen sich zwangsläufig einige Fragen auf. Vor allem aus westlich, liberal- demokratischer Sicht sind die Fragen nach der Rolle der Regierung in der wirtschaftlichen Entwicklung eines Staates und den Vor- oder Nachteilen autoritärer Regime besonders interessant.
Nun ist die These weit verbreitet, dass in autoritären Systemen der Nährboden für Korruption besonders fruchtbar sei. Gründe hierfür werde ich im zweiten Kapitel nennen. Anschließend muss klargestellt werden, inwieweit Singapur als autoritäres System gelten kann, damit es als Beispiel in diesem Zusammenhang überhaupt Sinn macht. Im vierten Abschnitt werde ich dann die Korruption in Singapur beschreiben, um im darauf folgenden Teil Gründe für diese zu finden. Dieser fünfte Teil wird den Kern meiner Arbeit bilden.
Abschließend werde ich verschiedene Kritikpunkte von verschiedenen Positionen her anbringen, um zu zeigen, dass man auch im Falle Singapurs auf formale Fakten im Gegensatz zu praktischer Realität achten muss. (Siehe hierzu auch den Unterschied zwischen formaler Verfassung und politischer Praxis in Kapitel 3).
Im letzten Kapitel vor den Literaturangaben werde ich das Herausgefundene zusammenfassen und versuchen, einen Ausblick in die Zukunft zu wagen (mit dem Hintergrund interessante Fragen zur weiteren Bearbeitung aufzuwerfen).
Zum besseren Verständnis meiner Aussagen möchte ich an dieser Stelle noch angeben, dass ich die meisten meiner verwendeten Quellen den Internetseiten der Organisation "Transparency International" und deren Partnern – eine weltweit agierende Gruppe, welche sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat1 – und den offiziellen Seiten des "Corrupt Practices Investigation Bureau" – der staatlichen Organisation zur Bekämpfung von Korruption in Singapur2 – entnommen habe. Die verwendeten Printmedien dienten hauptsächlich der Grundlageninformation.
1 Internetpräsenz: http://www.transparency.org, 12.07.01
2 Internetpräsenz: http://www.gov.sg/pmo/cpib/default.htm, 12.07.01
Inhaltsangabe:
1) Einleitung
2) Korruption - Eine Einfuhrung
3) Singapur - Ein autoritares Regime
4) Korruption in Singapur
5) Suche nach Grunden fur den geringen Grad an Korruption in Singapur
6) Kritik
7) Fazit
8) Literaturverzeichnis
a) Printmedien
b) Internet
1) Einleitung
Beschaftigt man sich etwas intensiver mit Sudostasien, hauptsachlich mit den dortigen Entwicklungen wahrend der zweiten Halfte des 20. Jahrhunderts, werfen sich zwangslaufig einige Fragen auf. Vor allem aus westlich, liberal- demokratischer Sicht sind die Fragen nach der Rolle der Regierung in der wirtschaftlichen Entwicklung eines Staates und den Vor- oder Nachteilen autoritarer Regime besonders interessant.
Nun ist die These weit verbreitet, dass in autoritaren Systemen der Nahrboden fur Korruption besonders fruchtbar sei. Grunde hierfur werde ich im zweiten Kapitel nennen. Anschliebend muss klargestellt werden, inwieweit Singapur als autoritares System gelten kann, damit es als Beispiel in diesem Zusammenhang uberhaupt Sinn macht. Im vierten Abschnitt werde ich dann die Korruption in Singapur beschreiben, um im darauf folgenden Teil Grunde fur diese zu finden. Dieser funfte Teil wird den Kern meiner Arbeit bilden.
Abschliebend werde ich verschiedene Kritikpunkte von verschiedenen Positionen her anbringen, um zu zeigen, dass man auch im Falle Singapurs auf formale Fakten im Gegensatz zu praktischer Realitat achten muss. (Siehe hierzu auch den Unterschied zwischen formaler Verfassung und politischer Praxis in Kapitel 3).
Im letzten Kapitel vor den Literaturangaben werde ich das Herausgefundene zusammenfassen und versuchen, einen Ausblick in die Zukunft zu wagen (mit dem Hintergrund interessante Fragen zur weiteren Bearbeitung aufzuwerfen).
Zum besseren Verstandnis meiner Aussagen mochte ich an dieser Stelle noch angeben, dass ich die meisten meiner verwendeten Quellen den Internetseiten der Organisation "Transparency International" und deren Partnern - eine weltweit agierende Gruppe, welche sich dem Kampf gegen Korruption verschrieben hat[1] - und den offiziellen Seiten des "Corrupt Practices Investigation Bureau" - der staatlichen Organisation zur Bekampfung von Korruption in Singapur[2] - entnommen habe. Die verwendeten Printmedien dienten hauptsachlich der Grundlageninformation.
2) Korruption - Eine Einfuhrung
Korruption besteht schon seit es Staaten gibt (schon Konfuzius beklagte die fehlende Moral korrupter Beamter ...), jedoch macht ohne Markt Korruption keinen Sinn, da nur durch ihn Gewinnorientierung prasent ist.[3]
Doch was ist Korruption uberhaupt, und welche Grunde gibt es fur Korruption in einem Staat?
Manfred Schmidt definiert Korruption (von lat. corruptio = Verderbtheit, Bestechung) allgemein als Bestechung oder Bestechlichkeit. Die politische Korruption beschreibt fur ihn vor allem den Missbrauch des offentlichen Amtes und den Normenverstob unter Inkaufnahme der Schadigung des Kollektivinteresses. Dies geschehe unter Geheimhaltung und zum Zweck der Mehrung des eigenen Nutzens oder der Vorteilserlangung Dritter.[4]
Schwery geht noch weiter und unterteilt die Korruption in drei Bereiche:
1. "Die Korruption der Machtlosen", als Folge eines mangelnden Sozialstaates, wodurch Korruption zur Uberlebensfrage wird;
2. "Die Korruption der Gefalligkeit", als Folge ineffizienter und/ oder ubertriebener Burokratie, wodurch Korruption paradoxerweise die Effizienz steigert (jedoch nur zugunsten der Menschen in Besitz von Bestechungsmitteln);
3. "Die Korruption der Machtigen", als weltweit auftretendes Phanomen, wobei hier das tiefgreifende Problem liegt, dass die Machtigen meist uber den Gesetzen zu stehen scheinen (oder selbst Gesetzgeber sind).
Bei dieser Einteilung wird deutlich, dass die dritte Art von Korruption die grobten negativen Einflusse bewirken kann und auch am schwierigsten zu bekampfen ist.[5]
Dr. Johann Graf Lambsdorff hat in einem 'Working Paper' fur Transparency International Ergebnisse empirischer Studien zu Grunden und Folgen von Korruption gesammelt[6]. Die fur meine Arbeit wichtigsten Punkte werde ich nun kurz darlegen.
Generell zeigen die Auswertungen der Untersuchungen, dass vor allem eine entwickelte Pressefreiheit und ein unabhangiges Justizwesen Korruption eindammen konnten. Es wurden jedoch auch kulturelle Zusammenhange zu Korruption entdeckt. So verringere sich deren Grad durch eine verstarkte Integration von Frauen in die politische Gesellschaft, wohingegen eine moralische Akzeptanz von Hierarchien diese fordere. Weiterhin wurden Eingriffe seitens der Regierung in den privaten Markt, Armut und Ungleichheit innerhalb der Bevolkerung als Grunde fur hohe Korruption genannt.
Jedoch betont Lambsdorff, dass es schwer sei, in diesem Bereich eindeutige kausale Zusammenhange festzustellen.
Korruption ist also ein weiter Begriff und wird von vielen Faktoren beeinflusst. Im Grunde genommen lasst sich an dem hier geschriebenen nicht festlegen, ob nun autoritare Regime verstarkt zu hohen Korruptionsraten neigen oder nicht. Jedoch kann man beobachten, dass sich viele genannte Faktoren in autoritaren Systemen wiederfinden. So zum Beispiel die eingeschrankte Pressefreiheit, eine vorhandene hierarchische Struktur und Beeinflussung der Justiz durch die politischen Machthaber (falls es uberhaupt eine Gewaltenteilung gibt)[7].
3) Singapur - Ein autoritares Regime
Nach auben gibt sich Singapur gerne als parlamentarische Republik. Und in der Tat finden dort in regelmabigen Abstanden Wahlen statt, nach welchen sich sogar mehr als eine Partei im Parlament findet.
Praktisch regiert in Singapur seit seiner Existenz jedoch ein zivil- autoritares Regime[8], die Peoples Action Party (PAP). Belegen lasst sich dies anhand der idealtypischen Definition eines autoritaren Systems von Juan Linz[9]. Diese Partei, von Lee Kuan Yew 1954 gegrundet und seitdem nach seinen Vorstellungen von ihm gefuhrt, bestimmt seitdem die politische und wirtschaftliche Richtung Singapurs und viele Bereiche des privaten Lebens. Es besteht keine wirkliche Opposition (limitedpluralism, J. Linz), Wahlen werden durch negative Sanktionen gegen die oppositionellen Parteien oder
Wahlbezirke beeinflusst [depoliticization, J. Linz) und eine allumfassende Mentalitat wird von der regierenden Partei auf alle Lebensbereiche ubertragen [mentality, J. Linz)[10].
Singapur kann aus politikwissenschaftlicher Sicht also durchaus als autoritares Regime bezeichnet werden und ist somit ein legitimes Beispiel im Rahmen der Ausgangsthese: "Autoritare Regime neigen zu Korruption".
4) Korruption in Singapur
In den Kapiteln 2 und 3 wurde gezeigt, welche Faktoren eine Ausdehnung von Korruption begunstigen konnen und inwiefern Singapur ein autoritares System ist. Auf den ersten Blick scheinen optimale Voraussetzungen fur einen hohen Grad von Korruption gegeben zu sein. Vor allem, wenn man die kulturellen Faktoren und die Bedeutung des Marktes betrachtet.
Von Alten sagt der singapurischen Bevolkerung nach, dass, solange der Staat sie Geld verdienen lasse, ihnen der Rest minder wichtig erscheine[11]. Inwieweit dies allerdings stimmt, kann ich empirisch jedoch nicht belegen[12].
Tatsachlich lasst sich in Singapur zusatzlich noch ein erhebliches Mab an Eingriffen Seitens der Regierung in die Wirtschaft feststellen, was ja in Kapitel 2 als Faktor fur das erhohte Aufkommen von Korruption aufgezahlt wurde.
Die Untersuchung von Florian von Alten[13] hat gezeigt, dass die PAP [also die Regierung) in samtliche Bereiche des Marktes eingreift. In umgekehrter Reihenfolge der festgestellten Gewichtung, sieht das Ergebnis wie folgt aus:
a) Die Regierung tritt als Unternehmer in alien Produktionssektoren auf, was jedoch von den meisten multinationalen Konzernen in Singapur nicht als Problem gesehen wird, da diese Unternehmen erstens zu klein sind, sodass sie keine wirkliche Konkurrenz darstellen konnten und zweitens der lokale Absatzmarkt durch die geringe Grofie sowieso nicht Hauptziel der internationalen Firmen ist.
b) Die Regierung setzte vor allem langfristige Plane auf, um die wirtschaftlichen Entwicklungen in ihrem Sinne zu gestalten.
c) Die Regierung kassiert den grofiten Teil der Staatseinnahmen, investiert diese jedoch nach den Aussagen von Altens in sinnvolle Projekte und wird deswegen ebenfalls nicht als negativ empfunden.
d) Die Regierung fungiert als gezielter Regulator, kontrolliert also die Burokratie, bestimmt Vorschriften und reguliert die Finanzpolitik des Staates.
e) Die Regierung agiert als Vermittler[14] indem sie bestimmte Produktionssektoren fordert und andere hemmt oder in anderen Bereichen Entwicklungen in ihrem Sinne unterstutzt.
f) Die Regierung ist fur die Bereitstellung offentlicher Einrichtungen und die staatliche Infrastruktur verantwortlich.
Besonderes Augenmerk muss in diesem Zusammenhang auf die Rolle als Regulator im Bereich Arbeitsmarkt, Immobilienmarkt, Privatbesitz von Automobilien und Aufienhandel gelegt werden. Scheint es doch verlockend beim Kampf um die beste Produktionsstatte oder die Genehmigung von mehr Firmenwagen oder bessere Aufienhandelsbedingungen etwas nachzuhelfen.
Weiterhin sehr wichtig erscheint mir die Rolle als Vermittler, wobei hier der Regierung die Moglichkeit frei steht eine positive Marktatmosphare zu schaffen. Zur Forderung der wirtschaftlichen Entwicklung hat die PAP in dieser Rolle Singapur graduell von einem Staat mit schwachem primaren, sekundaren und kaum vorhandenen tertiaren Produktionssektoren zu einem, auf High- Technology spezialisiertem, Wirtschaftsstandort mit stark ausgebautem quartarem Sektor gebracht. Dabei vertrauten die politischen Akteure auf Marktmechanismen, indem unerwunschte Sektoren staatlich sanktioniert werden, mit dem Ziel, den Markt in diesen Bereichen grofitenteils unrentabel werden zu lassen.
[...]
[1] Internetprasenz: http://www.transparency.org, 12.07.01
[2] Internetprasenz: http://www.gov.sg/pmo/cpib/default.htm, 12.07.01
[3] Dr. Schwery, Rolf: "Wenn Korrekte zu Korrupten werden - Die Logik von Korruption", Ein Vortrag fur die "Swiss Academy for Development" im Marz 2001; http://www.sad.ch/de/pub/countries/korrupte.html, 12.07.01
[4] Schmidt, Manfred G.: "Korruption", in: ders. "Worterbuch zur Politik", Alfred Kroner Verlag, Stuttgart 1995
[5] Dr. Schwery, Rolf, 2001
[6] Dr. Graf Lambsdorff, Johann: "Corruption in Empirical Research - A Review", "Transparency International Working Paper", November 1999; http://www.gwdg.de/~uwvw/Research_area/lambsdorff_eresearch.html, 15.07.01
[7] Anhand wissenschaftlicher Quellen kann ich diese Aussage z.Zt. nicht bekraftigen. Jedoch meine ich dies aus dem, was ich uber autoritare Regime und die politischen und kulturellen Gegebenheiten in den meisten von ihnen weib, aus gesundem Menschenverstand heraus dies behaupten zu konnen.
[8] Schmidt, Manfred: "Autoritares Regime", 1995 (ausdrucklich die Typologie autoritarer Systeme von D. Nohlen, S. 96)
[9] Buskotte, Nicola (Red.): "Grundwissen Politik", (Bundeszentrale fur politische Bildung, Band 345), 3. Auflage, Bonn 1997, S. 250
[10] Ich interpretiere hier die Ausrichtung auf wirtschaftliches Wachstum, Ordnung und personliche Leistung als "traditionelle, nicht festgefugte Geisteshaltung" welche vornehmlich von Lee K. Yew propagiert wurde [siehe dazu: Neher, Clark D.:" Singapore"; in: ders., "Southeast Asia in the New International Era"; Boulder 1999, S. 140-153)
[11] Von Alten, Florian: "The Role of Government in the Singapore Economy"; Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main, 1995, S. 221- 230
[12] An dieser Stelle konnte man nun die Diskussion beginnen, was wen beeinflusst, die Kultur die Staatsform oder das System die Bevolkerung und welche Rolle konfuzianische Werte in der sudostasiatischen Entwicklung der vergangenen Jahre spielten. Da ich jedoch der Meinung bin, dass eine Bearbeitung dieser Frage den Rahmen dieser Arbeit sprengen wurde, lasse ich die genannte Aussage so stehen und verweise die Interpretation an andere Stelle. Festhalten mochte ich dennoch, dass ich der Meinung bin, dass kulturelle Faktoren sehr wohl eine Rolle in der praktischen Politik spielen, jedoch keineswegs als Begrundung herangezogen werden konnen, sozusagen als eine die 'Theorie unterstutzende Variable' bezeichnet werden konnen.
[13] Von Alten, Florian, 1995
[14] Die beste Ubersetzung von dem englischen Wort "Faciliator" die ich gefunden habe. Bei dem englischen Wort geht es genauer um die Fahigkeit, Dinge zu erleichtern oder zu ermoglichen.
- Arbeit zitieren
- Michael Liebe (Autor:in), 2001, Autoritäre Regime neigen zu Korruption - Ein Versuch der Überprüfung dieser These am Beispiel Singapur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15828
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