Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung der sog. „Due Diligence" beim Unternehmenskauf und untersucht, wie sich dieses Verfahren in das kaufrechtliche System des BGB einfügt und welche Konsequenzen aus der Durchführung einer Due Diligence für die Gewährleistung folgen. Zunächst gibt die Arbeit einem Überblick über den Ablauf und die Funktionen einer Due Diligence. Weiter werden die Grundlagen des Unternehmenskaufs (asset deal – share deal) und der die verschiedenen Ansatzpunkte für eine Gewährleistung beim Unternehmenskauf (Sachmängelhaftung, culpa in contrahendo etc.) dargestellt, die in der Rechtsprechung des BGH und in der Literatur entwickelt wurden.
Anschließend wird verdeutlicht, dass die Due Diligence ihren Ursprung im Gewährleistungssystem des anglo-amerikanischen Rechts hat, dessen „caveat-emptor“-Prinzip vom Ausgangspunkt her dem deutschen Gewährleistungssystem diametral entgegensteht.
Im Folgenden untersucht der Autor ausführlich, wie dieser Widerspruch aufzulösen ist, und welche Auswirkungen eine Due Diligence auf die Gewährleistung nach dem deutschen Kaufrecht hat. Er analysiert, welche Folgen es für den Käufer haben kann, dass er durch die Due Diligence möglicherweise Kenntnis von „Mängeln“ des Unternehmens erlangt und setzt sich mit der Frage auseinander, ob das Unterlassen einer Due Diligence bereits eine grobe Fahrlässigkeit begründen kann.
Schließlich werden die Folgen einer Due Diligence für die Haftung nach dem Rechtsinstitut der „culpa in contrahendo“ untersucht. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, ob der Verkäufer sich seiner Aufklärungspflichten schlicht dadurch entledigen kann, dass er dem Käufer die Durchführung einer Due Diligence gestattet. Der weit verbreiteten These, dass die Durchführung einer Due Diligence pauschal die Aufklärungspflicht des Verkäufers verringert, setzt der Autor ein Lösungsmodell gegenüber, bei dem die Rechtsfolge danach differenziert, ob bestimmte Informationen in Daten enthalten waren, die (a) trotz Nachfrage des Käufers vom Verkäufer nicht vorgelegt werden, (b) wie nachgefragt zur Verfügung gestellt werden und (c) mit der Due-Diligence-Frageliste des Käufers gar nicht angefordert wurden.
Insgesamt enthält die Arbeit einen kompakten Überblick das Gewährleistungssystem beim Unternehmenskauf und dessen Modifizierung durch das in der Praxis überaus weit verbreitete Verfahren der Due Diligence.
GLIEDERUNG
Teil 1 Einführung
A. Bedeutung von Unternehmenskauf und Due Diligence
B. Aufbau der Seminararbeit
Teil 2 Grundlagen der Due Diligence
A. Definition – Herkunft des Begriffs
B. Überblick über den Ablauf einer Due Diligence
C. Funktionen der Due Diligence – Überblick
Teil 3 Der Unternehmenskauf – Grundlagen
A. Das Unternehmen als Kaufgegenstand
B. Formen des Unternehmenskaufs
I. Sachkauf – asset deal
II. Anteilskauf – share deal
Teil 4 Gewährleistung beim Unternehmenskauf
A. Sachkauf
I. Rechtsprechung
1. Sachmängelhaftung nach §§ 459 ff.
a) Anwendbarkeit der §§ 459 ff. – Unternehmen als Sache
b) Mangel – Zugesicherte Eigenschaft
aa) Mangel des Unternehmens
bb) Mangel einer zum Unternehmen gehörenden Sache
c) Rechtsfolgen: Wandlung – Minderung – Schadensersatz
d) Verjährung, § 477
2. culpa in contrahendo
aa) Anwendbarkeit neben §§ 459 ff.
bb) Aufklärungspflicht
cc) Verschulden
dd) Rechtsfolgen
ee) Verjährung
II. Literatur
1. Grundsätzliche Zustimmung
a) Abgrenzung § 459 ff. – c.i.c.
b) Rechtsfolgen
c) Verjährung
2. culpa in contrahendo
3. Wegfall der Geschäftsgrundlage
B. Rechtskauf
I. Haftung bei Rechtskauf aus § 437
II. Der Rechtskauf als Unternehmenskauf
Teil 5 Gewährleistung nach anglo-amerikanischem Recht - Abriß
Teil 6 Auswirkungen einer Due Diligence auf die Gewährleistung
A. Sachmängelhaftung nach §§ 459 ff.
I. § 460, 1 – Kenntnis des Käufers
II. § 460, 2 – grobe Fahrlässigkeit
1. Grobe Fahrlässigkeit durch Unterlassen einer Due Diligence
a) Untersuchungspflicht nach § 377 HGB
b) Untersuchungspflicht wegen Verkehrssitte
2. Grobe Fahrlässigkeit bei Durchführung einer Due Diligence
B. Culpa in contrahendo
I. Verletzung der Aufklärungspflicht durch unrichtige Angaben
II. Verletzung der Aufklärungspflichten durch Unterlassen
1. Verringerung, bzw. Ausschluss der Aufklärungspflichten
2. Pflichterfüllung durch Zur-Verfügung-Stellung von Unterlagen
3. Mitverschulden nach § 254 I
Teil 1 Einführung
A. Bedeutung von Unternehmenskauf und Due Diligence
Die Zahl der Unternehmenskäufe nimmt stetig zu. Fast täglich berichten die Wirtschaftsnachrichten von neuen Kaufprojekten (oder aber Fusionen), wobei dort naturgemäß nur von den großen Transaktionen zu lesen ist.
Die "Mergers and Acquisitions"-Branche floriert[1], der Markt gilt als einer der zukunftsträchtigen Bereiche für Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer.
Bei der Abwicklung eines solchen Unternehmenskaufs kommt in den letzten Jahren immer häufiger das Instrument der "Due Diligence" zum Einsatz. Das Zielunternehmen wird schon vor Abschluss des Kaufvertrages auf "Herz und Nieren" geprüft. Anfangs auf internationale Unternehmenskäufe beschränkt fand das Instrument mehr und mehr Einsatz auch bei nationalen Transaktionen. Heute gehört die Durchführung einer Due Diligence bei größeren, auch rein innerdeutschen Akquisitionen zum Standard[2].
B. Aufbau der Seminararbeit
Parallel zur stärkeren Verbreitung der Due Diligence wuchs auch die Zahl der Veröffentlichungen zu diesem Thema. Die Menge der angebotenen Checklisten, "guidelines" und praktischen Ratgeber ist kaum noch überschaubar. Die rechtliche Bedeutung dieses Vorgangs ist dagegen noch weitgehend ungeklärt[3].
Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit soll die Frage sein, welche Konsequenzen sich aus einer Due Diligence für die Gewährleistung ergeben. Dabei werden zunächst die Grundlagen der Due Diligence vorgestellt. Außerdem werden die Grundzüge der Regeln zur Gewährleistung beim Unternehmenskauf dargestellt. Anschließend soll untersucht werden, welche Auswirkungen die Durchführung einer Due Diligence auf die Gewährleistung hat.
Teil 2 Grundlagen der Due Diligence
A. Definition – Herkunft des Begriffs
Der Begriff "Due Diligence" kommt aus dem US-amerikanischen Recht und bezeichnet dort den Sorgfaltsmaßstab, den die Entscheidungsträger einer Gesellschaft sowie deren Berater bei einem Unternehmenskauf erfüllen müssen[4].
In der weiteren Entwicklung wurde diese Bezeichnung auf das Verfahren der sorgfältigen vorherigen Unternehmensprüfung angewendet.
Unter Due Diligence versteht man demnach eine weitgehende Überprüfung einer Gesellschaft oder eines Unternehmens, die im Rahmen eines Unternehmenskaufs oder einer anderen Transaktion erfolgt[5].
B. Überblick über den Ablauf einer Due Diligence
Nach der ersten Kontaktaufnahme zwischen potentiellem Käufer und Management oder Eigentümern der Zielgesellschaft wird in der Regel eine rechtlich unverbindliche Absichtserklärung[6] (meist "letter of intent" oder auch "memorandum of understanding" genannt) unterzeichnet.
Neben allgemeinen Angaben und einer Exklusivitätsvereinbarung ist darin meist eine Geheimhaltungsverpflichtung enthalten[7]: Der Kaufinteressent verpflichtet sich, interne Informationen über das Unternehmen, die er im Wege der weiteren Vertragsverhandlungen erhalten wird, auch im Falle eines Abbruchs der Verhandlungen nicht weiter zu verwenden.
Damit ist der Weg frei für die Due Diligence, die umfassende Untersuchung des Zielunternehmens. Der potentielle Käufer erstellt einen Fragenkatalog ("due diligence list") mit denjenigen Auskünften und Dokumenten, die er gerne untersuchen und überprüfen möchte. Das Unternehmen soll umfassend, also insbesondere in den Bereichen Bilanzen und Rechnungslegung, Finanzen und Steuern, Umweltschutz, Personal und Recht überprüft werden[8].
Zur legal due diligence gehören vor allem die Überprüfung der gesellschaftsrechtlichen Grundlagen, der Arbeitsverträge, der Verträge mit Kunden und Lieferanten sowie der offenen Rechtsstreitigkeiten[9]. Daneben gewinnen auch umweltrechtliche Fragen und die Intellectual Property–Due Diligence (Patente, Marken, Urheberrechte, Lizenzverträge) an Bedeutung.
Der Verkäufer entscheidet daraufhin, in welche Unterlagen er Einblick gewähren läßt. Dabei kommt es in der Praxis häufig vor, dass dem Käufer nicht alle von ihm erbetenen Akten und Unterlagen zur Einsicht zu Verfügung gestellt werden, sondern nur eine begrenzte Auswahl[10].
Die Dokumente und Informationsquellen können dem Käufer übersandt werden. Häufig wird der Käufer jedoch auf eine Einsichtnahme in einem "Datenraum" beschränkt. Dort werden alle freigegebenen Unterlagen zusammengestellt und der Kaufinteressent, bzw. die von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, erhlten die Gelegenheit die Dokumente zu inspizieren. Ergebnis dieser Prozedur ist eine ausführliche Dokumentation, eine übersichtliche und detaillierte Aufbereitung der gewonnenen Erkenntnisse[11], der Due Diligence Report.
C. Funktionen der Due Diligence – Überblick
Die Due Diligence erfüllt bei einem Unternehmenskauf vier Funktionen:
1. Informationsbeschaffung
Ausgangspunkt jeder Due Diligence ist ein Informationsdefizit des
potentiellen Käufers gegenüber dem Verkäufer. Die Angaben, zu deren Veröffentlichung das Unternehmen nach handelsrechtlichen Vorschriften verpflichtet sind, reichen meist nicht aus, um ein Unternehmen angemessen zu bewerten[12], es soll nicht die "Katze im Sack" gekauft werden.
Erst nach der Due Diligence kann der Interessent auf angemessener Grundlage eine Entscheidung darüber fällen, ob das Unternehmen tatsächlich seinen Vorstellungen entspricht und ein Kauf in Betracht kommt.
Die Due Diligence dient daher in erster Linie der Informationsbeschaffung über den Kaufgegenstand.
2. Kaufpreisfindung
Außerdem spielen die Ergebnisse der Due Diligence bei der Aushandlung des Kaufpreises eine wesentliche Rolle[13].
Eine substantiierte Bewertung des Unternehmens ist für den Kaufinteressenten nur aufgrund der Daten und Erkenntnisse möglich, die die Due Diligence ihm verschafft hat.
3. Gewährleistung/ Garantien
Darüber hinaus ist die Due Diligence wichtig für die Ausgestaltung der vertraglichen Gewährleistungsregeln[14]. Der Käufer kennt nun Risiken und Schwachstellen des Unternehmens. Er weiß auch, was er nicht weiß, weil detailliertere Informationen nicht erhältlich waren. Danach richtet sich die Entscheidung, auf welche Zusicherungen er besonderen Wert legen muss und in welchen Bereichen er selbständige Garantien verlangen sollte[15]. Die Due Diligence ist damit Grundlage für die Ausarbeitung einer individual-vertraglichen Gewährleistungsregelung, zu deren Vereinbarung auch der BGH ausdrücklich geraten hat[16].
4. Beweissicherung
Schließlich wird das Resultat der Due Diligence zur Beweisführung verwendet werden, soweit es später zu Reklamationen oder gar gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt[17]. Der Ist-Zustand des Unternehmens und das Prüfungsverfahren werden dokumentiert[18].
Teil 3 Der Unternehmenskauf – Grundlagen
A. Das Unternehmen als Kaufgegenstand
Der Begriff des Unternehmens ist im deutschen Recht nicht abschließend und einheitlich definiert. Das Unternehmen besteht zunächst aus einer Vielzahl von Sachen und Rechten. Es ist aber mehr als eine einfache Sachgesamtheit nach
§ 469[19]. Das rein gegenständliche Substrat könnte – mehr oder weniger – auch neu zusammengekauft werden. Seinen eigentlichen Wert enthält das Unternehmen erst durch vorhandene technische und kaufmännische Kenntnisse, organisatorische Gestaltungen, Kunden- und Lieferantenbeziehungen, Geschäftsgeheimnisse und den "good will".
Dies kommt zum Ausdruck, wenn das Unternehmen als ein "lebendiger sozialer Organismus in ständiger Veränderung"[20] oder als "lebender Organismus mit all seinen Außenbeziehungen"[21] bezeichnet wird.
Etwas nüchterner formuliert kann man unter einem Unternehmen eine Gesamtheit von Sachen und Rechten, tatsächlichen Beziehungen und unternehmerischen Handlungen verstehen, die zu einem einheitlichen Zweck in einer Organisation zusammengefaßt sind[22].
B. Formen des Unternehmenskaufs
I. Sachkauf – asset deal
Beim Unternehmenskauf i.e.S. ("asset deal") ist Kaufgegenstand das Unternehmen als rechtliche Einheit[23]. Allerdings verpflichtet sich der Käufer nicht nur zur Übergabe und Eigentumsverschaffung. Weitere Primärpflicht ist die Einweisung des Käufers in das Unternehmen[24], beispielsweise die Einführung in die Organisation und das Offenlegen von Geschäftsgeheimnissen[25].
Während eine Betrachtung des Unternehmens als Einheit schuldrechtlich möglich ist, kann ein Unternehmen aufgrund des sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatzes nicht uno actu übereignet werden. Jede Sache, jedes Recht muss im Wege der Singularsukzession gesondert übereignet oder abgetreten werden. Da das Unternehmen keine Sache nach § 90, und damit auch keine Hauptsache nach § 97 I 1 ist, gibt es kein Unternehmenszubehör[26].
II. Anteilskauf – share deal
Vom Unternehmenskauf im engeren Sinne zu trennen ist der Anteilskauf. Dabei werden Gesellschaftsanteile des Rechtsträgers veräußert. Dieser Beteiligungskauf ist Rechtskauf i.S. von § 433 I 2. Es werden nur die Mitgliedsschaftsrechte übertragen, Träger des Unternehmens bleibt die Gesellschaft.
Am Beispiel eines Grundstücks, das zu dem Unternehmen gehört:
Beim Unternehmenskauf überträgt der Verkäufer das Grundstück nach
§§ 873, 925 auf den Käufer. Beim Beteiligungskauf bleibt das Grundstück im Eigentum der Gesellschaft, etwa einer GmbH, und es werden die Geschäftsanteile nach § 15 GmbHG abgetreten.
So wichtig es auch ist sich die rechtstechnische Unterscheidung zwischen Anteilskauf und eigentlichem Unternehmenskauf zu verdeutlichen, so darf man dabei nicht vergessen, dass das wirtschaftliche Ergebnis bei beiden Formen dasselbe sein kann. Darauf wird bei der Frage nach der passenden Gewährleistungsregelung noch einmal zurückzukommen sein.
Teil 4 Gewährleistung beim Unternehmenskauf
A. Sachkauf
I. Rechtsprechung
Nach der Rechtsprechung haben sich vor allem zwei Anspruchsgrundlagen für die Haftung beim Unternehmenskauf herausgebildet, die §§ 459 ff. sowie die culpa in contrahendo (c.i.c.).
1. Sachmängelhaftung nach §§ 459 ff.
a) Anwendbarkeit der §§ 459 ff. – Unternehmen als Sache
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 459 ff. ist der Verkauf einer Sache. Wie oben[27] dargelegt ist das Unternehmen keine Sache.
Allerdings hat das Reichsgericht schon 1906 in seiner "Fischladen"-Entscheidung[28] festgestellt, dass die Sachmängelvorschriften der §§ 459 ff. entsprechend auf den Unternehmenskauf anzuwenden sind. Dieser grundsätzlichen Anwendbarkeit hat sich der BGH angeschlossen[29].
b) Mangel – Zugesicherte Eigenschaft
aa) Mangel des Unternehmens
(1) Fehler i.S. des § 459 I
Nach gefestigter Rechtsprechung zählen Abschlussangaben über Umsätze oder Erträge nicht zur Beschaffenheit eines Unternehmens. Diese Angaben haften einem Unternehmen nämlich nicht als Sacheigenschaft an, die Gebrauchs- tauglichkeit wird nicht unmittelbar beeinträchtigt[30]. Daher wird auch abgelehnt, es als Fehler nach § 459 I zu qualifizieren, wenn die Angaben sich im nachhinein als falsch erweisen[31]. Auch eine unrichtige Bilanz[32] des verkauften Unternehmens oder das Verschweigen von Verbindlichkeiten[33] fällt nicht unter den Fehlerbegriff. Ein Fehler kann aber der Ruf eines Unternehmens begründen.
(2) Zugesicherte Eigenschaft i.S. des § 459 II
Ertrags- und Umsatzangaben stellen grundsätzlich auch keine zusicherungs-fähigen Eigenschaften im Sinne des § 459 II dar[34]. Bei einer ausdrücklichen Zusicherung können sie jedoch einer Eigenschaft i.S. von § 459 II "gleichgestellt" werden.
Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich die Zahlenangaben auf mehrere Jahre beziehen, da aus ihnen dann Rückschlüsse auf die Ertrags fähigkeit gezogen werden können[35].
Die Rechtsprechung legt sowohl den Begriff des Fehlers, als auch den der zusicherungsfähigen Eigenschaft beim Unternehmenskauf sehr eng aus. Dies geschieht jedoch weniger aufgrund einer dogmatisch stringenten Definition des Sachmangels oder der Eigenschaft, als vielmehr mit einer bestimmten Zwecksetzung[36]: Die Sachmängelhaftung wird als nicht sachgerecht angesehen, beispielsweise wegen der kurzen Verjährung des § 477 I. Durch die restriktive Auslegung des Sachmangelbegriffs soll der Weg zur Anwendung der Haftung aus c.i.c. eröffnet werden, die ansonsten ausgeschlossen wäre[37].
bb) Mangel einer zum Unternehmen gehörenden Sache
Neben Mängeln des Unternehmens als solchem ist auch an die Mangelhaftigkeit einzelner Gegenstände des Unternehmens zu denken. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Kaufgegenstand nicht die einzelnen Sachen sind, die zum Unternehmen gehören, sondern das Unternehmen als Funktionseinheit[38]. Daher kann nicht jeder Mangel eines Gegenstandes, der zum Vermögen des Unternehmens gehört, einen Mangel des Unternehmens begründen. Fehler einzelner Gegenstände lösen die Gewährleistung nur dann aus, wenn wegen ihnen die Tauglichkeit des Unternehmens als Ganzes nicht mehr gegeben ist, so dass die wirtschaftliche Grundlage des Unternehmens durch den Mangel erschüttert ist[39].
c) Rechtsfolgen: Wandlung – Minderung – Schadensersatz
Rechtsfolge der Sachmängelgewährleistung sind Wandelung und Minderung nach § 462, sowie unter weiteren Voraussetzungen Schadensersatz nach § 463.
Die Wandlungsbefugnis wird auch beim Unternehmenskauf nicht näher eingeschränkt. Durch einschränkende Auslegung des Mangelbegriffs werden die Voraussetzungen für die Wandlung jedoch eingeengt.
d) Verjährung, § 477
Die gewährleistungsrechtlichen Ansprüche sollen beim Unternehmenskauf in der sechs-monatigen Frist des § 477 I 1 für bewegliche Sachen verjähren[40]. Diese kurze Frist wird sogar dann zugrunde gelegt, wenn zum Unternehmen ein Grundstück gehört[41].
2. culpa in contrahendo
aa) Anwendbarkeit neben §§ 459 ff.
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Haftung des Verkäufers aus fahrlässiger[42] c.i.c. grundsätzlich durch die Spezialregelung der §§ 459 ff. ausgeschlossen, wenn sich das Verschulden auf eine Eigenschaft der Kaufsache bezieht[43].
Wie gesehen wird aber etwa der bisherige Umsatz nicht als Eigenschaft angesehen, so dass falsche Angaben darüber auch keinen Fehler nach § 459 begründen. Damit schafft die Rechtsprechung – "und zwar ganz bewußt"[44] –
einen weiten Raum für die Anwendung der c.i.c., die ihr geeigneter erscheint.
bb) Aufklärungspflicht
Eine generelle Aufklärungspflicht besteht nicht, jeder Vertragspartner muss selber prüfen, ob das Geschäft für ihn vorteilhaft ist oder nicht[45].
Der Verkäufer ist aber dazu verpflichtet, alle Tatsachen zu offenbaren, die für den Willensentschluss des Käufers von wesentlicher Bedeutung sind und deren Mitteilung er nach Treu und Glauben erwarten kann[46].
Außerdem müssen die Auskünfte, die er dem Käufer erteilt richtig sein. Falsche Angaben über bisherige Umsätze[47] und Erträge[48] oder den Stand der Verbindlichkeiten und Rückstellungen[49] sind eine Pflichtverletzung.
cc) Verschulden
Im Gegensatz zur Garantiehaftung der §§ 459 ff. setzt die Haftung aus c.i.c. ein Verschulden des Verkäufers voraus. Eine wesentliche Vereinfachung bedeutet für den Käufer der Umstand, dass das Verschulden der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, die die Bilanzen aufstellen, nach § 278 dem Verkäufer zugerechnet wird[50]. Darüber hinaus wird ein sehr niedriger Sorgfaltsmaßstab angelegt, der dazu führt, dass die Verschuldenskomponente in der Praxis kaum eine haftungsbegrenzende Bedeutung erlangt[51].
dd) Rechtsfolgen
Aus c.i.c. folgt grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses[52]. Der Käufer kann also so gestellt werden, wie er stünde, wenn der Verkäufer ihn korrekt informiert hätte, aber nicht so, wie er stünde, wenn die vom Käufer fehlerhaft erteilten Informationen richtig gewesen wären (das wäre das positive Interesse). Hätte er bei richtiger Aufklärung auf den Kauf verzichtet, hat er demnach einen Anspruch auf Befreiung vom Kaufvertrag[53] als Naturalrestitution nach § 249 S.1.
Dem Käufer bleibt es aber auch belassen am Kaufvertrag festhalten zu wollen, ihm wird hier ein Wahlrecht zugestanden[54]. In diesen Fällen erhält er deshalb einen Schadensersatz, weil er auf die Richtigkeit der Angaben vertraut hat und unterstellt wird, dass der Kaufpreis bei Kenntnis der tatsächlichen Situation niedriger ausgefallen wäre. Der Käufer wird von dem Nachweis befreit, dass der Verkäufer sich auf einen niedrigeren Preis eingelassen hätte[55]. Die Parallele zur Kaufpreisminderung nach § 462 ist offensichtlich[56].
ee) Verjährung
Der Schadensersatzanspruch aus c.i.c. verjährt gemäß § 195 grundsätzlich nach 30 Jahren[57]. Die kurze Frist des § 477 I 1 wird jedoch in den Fällen angewandt, in denen die c.i.c. auf Sachmängeln beruht[58]. Wegen der restriktiven Auslegung des Begriffs Sachmangel bleibt es bei der c.i.c. beim Unternehmenskauf jedoch fast immer bei der Regelverjährung.
II. Literatur
1. Grundsätzliche Zustimmung
In der Literatur überwiegen die Stimmen, die der Rechtsprechung im Großen und Ganzen zustimmen. Die analoge Anwendung der §§ 459 ff. wird nicht abgelehnt[59]. Allerdings wird vielfältig Kritik daran vorgebracht, wie die Rechtsprechung die Gewährleistung beim Unternehmenskauf im Einzelnen ausgestaltet hat. Aus der kaum überschaubaren Anzahl der Vorschläge – es wird von "Meinungschaos" gesprochen – sollen hier einige Kritikpunkte vorgestellt werden.
a) Abgrenzung § 459 ff. – c.i.c.
Die Eigenschaftsdefinition des § 459 und die daraus folgende Abschichtung zur Haftungsgrundlage der c.i.c. so wie der BGH sie vornimmt wird beanstandet. Die Angabe von Erträgen und Umsätzen soll auch dann eine Eigenschaft darstellen, wenn sie sich lediglich auf ein Jahr bezieht. Nach der – außerhalb des Unternehmenskauf verwendeten – Definition des BGH ist eine Eigenschaft jedes dem Kaufgegenstand auf gewisse Dauer anhaftende Merkmal, das für den Wert erheblich ist[60], und auch die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die infolge ihrer Beschaffenheit und Dauer auf den Wert von Einfluß sind[61]. Darunter lässt sich auch ein einzelner Jahresabschluß subsumieren. Es ist kein überzeugender Grund ersichtlich, warum Umsatzangaben sich auf mehrere Jahre beziehen müssen, um eine Eigenschaft darzustellen[62].
Nach dieser Auffassung wird der Anwendungsbereich der §§ 459 ff. gegenüber dem der c.i.c. also deutlich ausgeweitet[63].
[...]
[1] Götze, ZGR 1998, 202.
[2] Mävers, Handelsblatt vom 27.04.2000; Kiethe, NZG 1999, 976.
[3] Godefroid, FLF 2000, 46; Picot, S. 35; Wegen, WiB 1994, 291; Loges, DB 1997, 967.
[4] Wegen, WiB 1994, 291; Picot, S. 34; nach Merkt, WiB 1996, 145f ist der Begriff darüber hinaus ein allgemeiner Haftungsmaßstab der auch im Recht der Stellvertretung oder der bei der Leitung einer Gesellschaft Anwendung findet.
[5] Harrer, DStR 1993, 1673; Berens/Brauner, S. 12.
[6] Siehe dazu ausführlich Lutter, Der Letter of Intent 1998.
[7] Godefroid, FLF 2000, 47.
[8] Wegen, WiB 1994, 291.
[9] Godefroid, FLF 2000, 92.
[10] Harrer, DStR 1993, 1673.
[11] Harrer, DStR 1993, 1675.
[12] Götze, ZGR 1998, 204.
[13] Godefroid, FLF 2000, 46; Merkt WiB 1996, 147.
[14] Picot, S. 35.
[15] Harrer, DStR 1993, 1673; Kiethe, NZG 1999, 977.
[16] BGHZ 65, 246.
[17] Schroeder, DB 1997, 2161.
[18] Merkt, WiB 1996, 147.
[19] Hopt/Mössle, JuS 1985, 213.
[20] Canaris, ZGR 1982, 399; Beisel/Klumpp S. 4.
[21] Hommelhoff/Schwab, FS Zimmerer S. 266.
[22] Hölters/Semler, S. 375.
[23] K. Schmidt, S. 146.
[24] K. Schmidt, S. 148.
[25] Berens/Brauner, S. 27.
[26] K. Schmidt, S. 139.
[27] siehe
[28] RGZ 63, 57.
[29] BGH NJW 1977, 1538; BGH NJW 1990, 1658.
[30] Hiddemann, ZGR 1982, 435, 445, 446.
[31] BGH NJW 1970, 653; BGH WM 1988, 1700.
[32] BGHZ 69, 51; BGH NJW 1977, 1538.
[33] BGHZ 65, 246.
[34] BGH NJW 1970, 653.
[35] BGH NJW 1970, 653, 655; NJW-RR 1989, 306.
[36] Hiddemann, ZGR 1982, 437 (Hiddemann war Vors. BGH-Richter, so dass seine Ausführungen hier der Rechtsprechung zugeordnet und nicht als Literaturmeinung dargestellt werden).
[37] Siehe dazu unter ...
[38] K. Schmidt, S. 151.
[39] BGH NJW 1970, 556.
[40] BGH NJW 1969, 184.
[41] RGZ 138, 354, 357.
[42] BGH NJW-RR 1988, 10-
[43] RGZ 135, 339, 345; BGHZ 60, 319 (Seegrundstück).
[44] Hiddemann, ZGR 1982, 437.
[45] BGH NJW 1989, 763, 764.
[46] BGH NJW 1970, 653, 655.
[47] BGH DB 1996, 2123.
[48] BGH NJW-RR 1989, 306.
[49] BGH DB 1988, 2401.
[50] BGH BB 1974, 152.
[51] MünchKommHGB/Lieb, Anh § 25, Rz. 67.
[52] BGHZ 114, 94.
[53] BGHZ 65, 246, 253.
[54] MünchKomm/Emmerich, vor § 275, Rz. 203.
[55] BGHZ 99, 101, 108; Klein-Blenkers, NZG 1999, 185.
[56] Hiddemann, ZGR 1982, 449.
[57] BGHZ 49, 80; BGH NJW 92, 1616.
[58] BGHZ 77, 215
[59] etwa K. Schmidt, S. 153; Staub/Hüffer, vor § 22 Rz. 43; Soergel/Huber, § 459 Rz. 258 ff.; MünchKommHGB/Lieb, Anh § 25 Rz. 77.
[60] BGHZ 87, 302, 307.
[61] BGHZ 34, 32, 41.
[62] Zimmer, NJW 1997, 2348. à MüKOWestmann
[63] MünchKommHGB/Lieb, Anh. § 25, Rz. 89.
- Quote paper
- Thomas Traub (Author), 2001, Due Diligence beim Unternehmenskauf und das Kaufrecht des BGB, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15759
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