Nach der Welle massiver fremdenfeindlicher Gewalt Anfang der 1990er Jahre hat sich die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten im Vergleich zu den Jahren vor 1990 verdreifacht (siehe Diagramm 1 ). Da laut Bundeskriminalamt fast 45% der Gewaltstraftaten 2000 und 2001 von Jugendlichen unter 21 Jahren verübt wurden 2 , ist die als Folge der Anschläge z. B. in Hoyerswerda (´91), Mölln (´92) und Solingen (´93) entfachte Debatte um „Jugend und Rechtsextremismus“ insbesondere angesichts der heute fast alltäglichen fremdenfeindlichen Gewaltaktionen noch genauso dringend und notwendig. Es gilt nicht nur, juristisch und politisch zu intervenieren, sondern m. E. vor allem, präventiv Einfluss zu nehmen. Im Bereich der Prävention spielt die pädagogische Arbeit mit
Jugendlichen eine herausragende Rolle. Präventive Strategien umzusetzen, braucht es aber Langfristigkeit und Kontinuität, denn es sollen ja persönliche Entwicklungsprozesse in Gang gesetzt werden. Dazu bedarf nicht nur guter Pädagogen mit einem hohen Maß an sozialer (Selbst-) Kompetenz, sondern auch gesellschaftlicher und finanzieller Unterstützung. Wie in den meisten sozialen Arbeitsfeldern fehlt es auch im Bereich der Prävention gegen Rechtsextremismus an finanziellen und personellen Ressourcen - nicht aber an Strategien. In der pädagogischen Arbeit mit Jugendlichen wurden in den letzten Jahren, mit Blick auf wissenschaftliche Erklärungsansätze, Strategien entwickelt, die fremdenfeindliche Gewaltreaktionen Jugendlicher verhindern sollen.
Dieses Referat gibt auf der Grundlage des Artikels von W. Schubarth „Pädagogische Strategien gegen Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Gewalt - Möglichkeiten und Grenzen schulischer und außerschulischer Prävention“ (in: R. Stöss (Hg.). Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz. Opladen: 2001, S. 249-270) einen Überblick über verschiedene Erklärungsansätze für Rechtsextremismus und ihre Folgerungen für die Prävention, denn „wenn Strategien gegen Rechtsextremismus erfolgreich sein wollen, dann müssen sie dort ansetzen, wo Rechtsextremismus entsteht“. (Schubarth in: Stöss, S. 251) Grundlegend für die Prävention von Rechtsextremismus und Gewalt ist deshalb die Ursachenforschung.
Inhaltsverzeichnis
Erklärungsansätze für Rechtsextremismus
Verschiedene Ebenen der Gesellschaft
Verschiedene Zielgruppen
Persönliche Auswertung der Ansätze
Literatur
Anhang:
1. Beate Hock, Gerda Holz, Werner Wüstendörfer: Armut und Benachteiligung im Vorschulalter
2. Berufsbildungsbericht
3. Tabelle: Anteil der ausländischen Bevölkerung am 31.12.2001 in den Bundesländern an der Gesamtbevölkerung
Nach der Welle massiver fremdenfeindlicher Gewalt Anfang der 1990er Jahre hat sich die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten im Vergleich zu den Jahren vor 1990 verdreifacht (siehe Diagramm[1]). Da laut Bundeskriminalamt fast 45% der Gewaltstraftaten 2000 und 2001 von Jugendlichen unter 21 Jahren verübt wurden[2], ist die als Folge der Anschläge z. B. in Hoyerswerda (´91), Mölln (´92) und Solingen (´93) entfachte Debatte um „Jugend und Rechtsextremismus“ insbesondere
angesichts der heute fast alltäglichen fremdenfeindlichen Gewaltaktionen noch genauso
dringend und notwendig. Es gilt nicht nur, juristisch und politisch
zu intervenieren, sondern m. E.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entwicklung der rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten
vor allem, präventiv Einfluss zu nehmen. Im Bereich der Prävention spielt die pädagogische Arbeit mit
Jugendlichen eine herausragende Rolle. Präventive Strategien umzusetzen, braucht es aber Langfristigkeit und Kontinuität, denn es sollen ja persönliche Entwicklungsprozesse in Gang gesetzt werden. Dazu bedarf nicht nur guter Pädagogen mit einem hohen Maß an sozialer (Selbst-) Kompetenz, sondern auch gesellschaftlicher und finanzieller Unterstützung. Wie in den meisten sozialen Arbeitsfeldern fehlt es auch im Bereich der Prävention gegen Rechtsextremismus an finanziellen und personellen Ressourcen – nicht aber an Strategien. In der pädagogischen Arbeit mit Jugendlichen wurden in den letzten Jahren, mit Blick auf wissenschaftliche Erklärungsansätze, Strategien entwickelt, die fremdenfeindliche Gewaltreaktionen Jugendlicher verhindern sollen.
Dieses Referat gibt auf der Grundlage des Artikels von W. Schubarth „Pädagogische Strategien gegen Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Gewalt – Möglichkeiten und Grenzen schulischer und außerschulischer Prävention“ (in: R. Stöss (Hg.). Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Bilanz. Opladen: 2001, S. 249-270) einen Überblick über verschiedene Erklärungsansätze für Rechtsextremismus und ihre Folgerungen für die Prävention, denn „wenn Strategien gegen Rechtsextremismus erfolgreich sein wollen, dann müssen sie dort ansetzen, wo Rechtsextremismus entsteht“. (Schubarth in: Stöss, S. 251) Grundlegend für die Prävention von Rechtsextremismus und Gewalt ist deshalb die Ursachenforschung.
Da in den 90er –Jahren eine intensive wissenschaftliche Diskussion geführt wurde, gibt es inzwischen zahlreiche theoretische Erklärungsmodelle. Größere Verbreitung finden dabei nach Schubarth besonders der Individualisierungsansatz, der Konflikttheoretische Erklärungsansatz, der Autoritarismus - Erklärungsansatz, der Politische Kultur-Ansatz und der Sozialisationstheoretische Ansatz. (Schubarth in Stöss, S. 251)
Rechtsextremismus ist nicht geschlechtsgebunden, Gewalt dagegen – so zeigen die Kriminalstatistiken des BKA der letzten Jahre – ist vor allem ein Jungenproblem[3], weshalb die Jungenarbeit allgemein besondere Beachtung in den verschiedenen Ansätzen der Gewaltprävention finden muss. Den von Schubarth ebenfalls genannten geschlechtsspezifischen Ansatz führe ich deshalb nicht gesondert auf.
Erklärungsansätze für Rechtsextremismus
Der soziologische Individualisierungsansatz nimmt die zunehmende Vereinzelung des Individuums zum Ausgangspunkt. Der „historische Prozess des Verlustes von Bindungen an Konventionen und Orientierungsmuster traditioneller Lebenswelten, Sozialmilieus und Organisationen bzw. Institutionen“ (Jaschke, S. 110) verweist den Einzelnen, besonders den Jugendlichen, der sich ja mitten in der Identitätsfindung befindet, auf sein eigenes, individuelles Schicksal. Ein nach Halt suchender Jugendlicher findet diesen nicht mehr in den an Überzeugungskraft verlierenden traditionellen Bindungen wie Familie, Kirche, Parteien. Es gibt keine wegweisenden Schablonen mehr für die eigene Identitätsfindung, keine gesellschaftlichen Verhaltensmuster - die eigene Biographie muss selbstverantwortlich gestaltet werden.
Diese Situation ist eine große Chance für die menschliche Freiheit – und gleichzeitig ein „Sicherheitsrisiko“. Mit Freiheit umzugehen muss man lernen. Wer keinen inneren Halt hat und im Zuge der Individualisierung auch keinen äußeren findet, verliert das Gefühl der Sicherheit, ist orientierungslos und überfordert. Alles, was Halt verspricht, wird dann attraktiv. Zugehörigkeit und vermeintliche Selbstwertstabilisierung können dann z. B. über „naturvermittelte“ Merkmale (Hautfarbe, Nation etc.) hergestellt werden.
In dieser Situation sind nach Wilhelm Heitmeyer drei Merkmale charakteristisch:
- Vereinzelungserfahrungen können zur Flucht in übersteigerten Nationalstolz und die Ablehnung alles Fremden führen.
- Handlungsunsicherheiten werden mit Glaube an „natürliche Hierarchien“ (Recht des Stärkeren, Autorität, „Führer“-Ideale) kompensiert
- Ohnmachtserfahrungen schlagen in Gewaltbereitschaft um. (Jaschke, S. 114)
[...]
[1] Quelle: Jaschke, S.77 und Verfassungsschutzberichte 1999 bis 2001 hrsg. vom Bundesminister des Innern, Berlin 2000 ff..
[2] Polizeiliche Kriminalstatistik 2000, Tabelle 20 und PKS 2001, S.234
[3] Polizeiliche Kriminalstatistiken 2000 und 2001 (siehe Fußnote 2): 88% der Gewaltstraftäter sind männlich.
- Citation du texte
- Imke Kannenberg (Auteur), 2003, Erklärungsansätze für Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Gewalt und Folgerungen für die Prävention, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15753
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