Die Frage nach dem „wahren“ Wert eines Instrumentes im Vergleich von Historie und Gegenwart lässt sich nicht allein daran messen, wie beliebt es zu verschiedenen Zeiten war, welche berühmten Persönlichkeiten es spielen und gespielt haben oder wieviele Kompositionen dafür geschrieben wurden. Oft genug entscheiden Glück und Schicksal oder der Zeitgeist, wie ein Instrument von der Gesellschaft aufgenommen wird.
Der Arpeggione gehört zu den Kuriositäten in der Geschichte des Instrumentenbaus. Folgende Arbeit will das Wenige wissen, welches zur Beschäftigung mit einem solch unbekannten und wenig verbreiteten Instrument zur Verfügung steht, zusammenfassen und geordnet wiedergeben. Dabei soll der Begriff „Arpeggione“ geklärt, Bau, Stimmung und Klang beschrieben und Herkunft und Entwicklung des Instruments verfolgt werden.
Einleitung
Die Frage nach dem „wahren“ Wert eines Instrumentes im Vergleich von Historie und Gegenwart lasst sich nicht allein daran messen, wie beliebt es zu verschiedenen Zeiten war, welche beruhmten Personlichkeiten es spielen und gespielt haben oder wieviele Kompositionen dafur geschrieben wurden. Oft genug entscheiden Gluck und Schicksal oder der Zeitgeist, wie ein Instrument von der Gesellschaft aufgenommen wird.
Der Arpeggione gehort zu den Kuriositaten in der Geschichte des Instrumentenbaus. Folgende Arbeit will das Wenige wissen, welches zur Beschaftigung mit einem solch unbekannten und wenig verbreiteten Instrument zur Verfugung steht, zusammenfassen und geordnet wiedergeben. Dabei soll der Begriff „Arpeggione“ geklart, Bau, Stimmung und Klang beschrieben und Herkunft und Entwicklung des Instruments verfolgt werden.
Der Begriff „Arpeggione“
Am 19. November 1828 starb der Wiener Komponist Franz Schubert, nachdem im selben Jahr Schuberts einzig offentliches Konzert mit eigenen Werken stattgefunden hatte. Der mit 31 Jahren viel zu fruh Verstorbene hatte gerade in den letzten Jahren seines Lebens noch einen grofien Schaffensdrang vor allem im Bereich der Instrumentalmusik, obwohl er aufgrund einer Syphilisinfektion immer wieder mit standigen Krankheiten zu kampfen hatte.[1]
In seinem Nachlass fand sich auch das Autograph seiner heute noch bekannten a-Moll-Sonate in 3 Satzen (Allegro moderato, Adagio, Allegretto) fur Arpeggione mit Piano-Forte (D 821), deren Arbeit er vermutlich im November 1824 beendet hatte.[2] Schubert komponierte oft rasch und ohne Klavier ganz aus der Vorstellung heraus. Auch das Autograph der Sonate bildet da keine Ausnahme: Es vermittelt einen hastig niedergeschriebenen Eindruck, verwendet haufig Abkurzung und enthalt einige nachtragliche Korrekturen so wie eine grofiere Radierung. Dennoch ist es lesbar und unmissverstandlich zu deuten. Lange Zeit war der Verbleib dieses Autographs ungeklart, heute befindet es sich in der Bibliotheque Nationale in Paris.[3]
Der Begriff Arpeggione war zu Schuberts Lebzeiten und auch noch bis in die zweite Halfte des 19. Jahrhunderts scheinbar vollig unbekannt. Es lassen sich weder Artikel in den verschiedenen Nachschlagewerken der Musik dieser Zeit noch etwaige Erwahnungen von Zeitgenossen zu diesem Instrument finden. So scheint auch Schuberts Biograph Kreissle von Hellborn uber diesen Begriff verwundert gewesen zu sein und stellte 1865 die Theorie auf, der Arpeggione sei wohl eine Art kleine Harfe. Dies wiederum legt die Vermutung nahe, dass von Hellborn selbst das Autograph nie zu Gesicht bekommen haben muss, da sich in ihm klare Beschreibungen und Anweisungen zum Wechsel zwischen pizzicato und arco finden lassen.[4]
Der beginnende Druck der Schubert-Sonate um 1871 scheint der allmahlichen Verbreitung des Namen Arpeggione den notigen Vorschub geleistet zu haben, so dass diese Instrumentenbezeichnung bis heute nicht nur den Musikforschern oder Instrumentenkundlern allein ein Begriff ist.[5] Nach einer Manuskript-Kopie, welche sich im Besitz der in Wien ansassigen Gesellschaft der Musikfreunde befand, publizierte J.P. Gotthard als Erster das Arpeggione-Werk fur die Offentlichkeit. Seine Edition enthielt ein wertvolles Vorwort, das alle wichtigen Informationen zu dem seltsamen Instrument enthielt, dem die Sonate gewidmet war. Diese Einfuhrung wurde spater ein wichtiger Ausgangspunkt fur alle weiteren Beschaftigungen mit dem Thema Arpeggione. Es enthalt neben Angaben zum Erfinder auch die Erwahnung eines bekannten Spielers aus dieser Zeit sowie eine Aufzahlung verschiedener moglicher Namen fur das Instrument.[6]
Dem Instrument selbst jedoch verhalf es nicht dazu, von mehr Leuten gespielt zu werden, denn „nicht einmal der Erstdruck von Schuberts Komposition, [der lediglich] in einer Bearbeitung fur Violine/Violoncello oder Pianoforte zu vier Handen [erfolgte,] weckte ein sonderliches Interesse an dem inzwischen vollig unbekannten Instrument[7] Erstmalige Beachtung schenkte man dem Arpeggione in der ersten Ausgabe des Grove’s Dictionary of Music and Musicians von 1879. In der nur sieben Jahre spater veroffentlichten zweiten Auflage des Dictionnaire pratique et raisonne des instruments de musique anciens et modernes von Albert Jacquote jedoch ignorierte man es schon wieder vollstandig.[8]
In einigen Publikationen wird Schubert die Wortneuschopfung „Arpeggione“ zugesprochen. Dies erscheint jedoch als eher unwahrscheinlich, da Schubert nicht dafur bekannt ist, den Instrumenten, fur die er komponierte, irgendwelche extravaganten Namen zu geben. Moglich ist, dass ein Wiener Instrumentenmacher diesen Begriff zu verantworten hat, der damit seine unabhangige Originalitat im Vergleich mit den anderen Instrumentmachem der Stadt beweisen wollte.[9] Die genaue Wortherkunft ist bisher jedoch ungeklart.
Der osterreichische Musikwissenschaftler Karl Geiringer rechtfertigte die Namenswahl des Instruments, indem er die Schubert-Sonate unter spieltechnischen Aspekten analysierte. Dabei fand er gehauft auftretende und fur das Instrument charakteristische Arpeggios: Vier- und Funftonakkorde, bei denen der Basston vom Rest des gebrochenen Akkordes durch ein oder zwei Saiten getrennt ist sowie diverse Arpeggios unter Einbeziehung von Leersaiten.[10]
Die Sonate wird heutzutage meist von Cellisten oder auch Bratschisten, seltener auf der Violine gespielt. Der Part der Arpeggione des einzig noch vorhandenen Werks fur dieses Instrument muss dabei zwangslaufig auf ein Instrument mit nur 4 Saiten und einer anderen Stimmung angepasst werden,[11] wobei ein zu fruhes Absetzen der einzelnen Tone der diversen Akkordbrechungen unumganglich ist und damit der wahre Charakter der Schubert-Sonate kaum gewahrt werden kann.[12]
Das Instrument „Arpeggione“
Nachdem im letzten Kapitel die Wortherkunft des Arpeggione-Begriffs untersucht worden ist, soll nun das Instrument selbst erklart werden.
Die Literatur der Entstehungszeit halt eine grofie Zahl verschiedenartiger Namen fur das damals neue Instrument bereit, die sich zumeist sehr deutlich auf den Bau, die Spielweise oder den Klang beziehen: Knie-Guitarre, Guitarre-violoncell oder Violoncell-guitarre, Chitarra con (bzw. col) arco oder Bogen-Guitarre und auch guitarre d’amour oder Sentimental- bzw. Liebesguitarre.[13] Die Wahl der Namen lasst bereits erahnen, dass es sich bei dem Arpeggione um eine Mischform der beiden Saiteninstrumente Gitarre und Violoncello handelt.
Das Erscheinungsbild erinnert zuerst an das einer Bafiviole[14] oder eben eines Violoncellos, von welchem die Arpeggione die gewolbte Decke und die Steghohe erhalten hat.[15] Von der Gitarre stammen der 8-formige Korpus ohne Randuberstehungen und der flache Boden.[16] Die Akustik des hohlen Korpers wird durch C-Locher (anstatt F-Locher) auf Hohe der Zargen begunstigt.
[...]
[1] Worner, Karl H.: Geschichte der Musik. Ein Studien- undNachschlagebuch. Gottingen 1993, Vandenhoeck & Ruprecht, S. 655-656.
[2] Kinsky, G: Musikhistorisches Museum von Wilhelm Heyer in Coin, Katalog Bd. 2. Koln 1912, S. 175.
[3] Geiringer, Karl: Schubert’s Arpeggione Sonata and the „Super Arpeggio“. In: The Musical Quarterly 65 (1979) S. 513.
[4] Geiringer S. 514
[5] Drescher, Thomas: Guitare-violoncell / Arpeggione. In: MGG2, Sp. 1691.
[6] Geiringer S. 514
[7] Valder-Knechtges, Claudia: Kuriosium der Musikgeschichte. Gerhart Darmstadt und sein Arpeggione. In: Musikforum 3 (2005),S. 44.
[8] Geiringer S. 514
[9] Ebd. S. 521
[10] Geiringer S. 521
[11] Valder-Knechtges, Kuriosium, S. 43-44
[12] Valder-Knechtges, Kuriosium, S. 44; vgl. dazu auch Geiringer S. 521
[13] Valder-Knechtges, Kuriosium, S. 44
[14] Kinsky S. 175
[15] Valder-Knechtges, Kuriosium, S. 44
[16] Drescher Sp. 1691
- Citation du texte
- Sebastian Bluschke (Auteur), 2009, Instrumentenkunde: Der Arpeggione, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/157466
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