In der deutschsprachigen Soziologie bzw. Sozialstrukturanalyse ist seit Beginn der achtziger Jahre eine bemerkenswerte Aktualität des Lebensstilbegriffes zu registrieren. Das liegt nicht zuletzt an dem im Jahr 1979 erschienenen Buch „La distinction. Critique sociale du jugement“ von Pierre Bourdieu, das 1982 mit dem Titel „Die feinen Unterschiede - Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft“ ins Deutsche übersetzt wurde.
Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht der Versuch, Bourdieus Lebensstilkonzept nachzuzeichnen und verständlich zu machen. Dabei berücksichtige ich das oben genannte Buch, welches eine große Anzahl empirischen Materials zur Thematik enthält.
Im folgenden zweiten Kapitel werde ich Bourdieus Methode der Untersuchung erläutern, indem ich u. a. seinen dazu verwendeten Fragebogen inhaltlich darstelle.
Bourdieus allgemeine Erklärung gesellschaftlicher Wirklichkeit geht von zwei analytisch zu trennenden, tatsächlich aber ineinander verschachtelten „Räumen“ aus, nämlich dem Raum der sozialen Positionen und dem durch symbolische Praktiken repräsentierten Raum der Lebensstile. Diese beiden „Räume" werde ich im dritten und vierten Kapitel ausführlich vorstellen. In den Abschnitten des vierten Kapitels erfolgt die Darstellung der Lebensstile der herrschenden, mittleren und unteren Klasse der Pariser Bevölkerung in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Methode der Untersuchung
2.1. Der Fragebogen
2.2. Die Korrespondenzanalyse
3. Der Raum der sozialen Positionen
4. Der Raum der Lebensstile
4.1. Klassengeschmack der herrschenden Klasse : Sinn für Distinktion
4.2. Klassengeschmack der mittleren Klasse : Bildungsbeflissenheit
4.3. Klassengeschmack der unteren Klasse : Entscheidung für das Notwendige
5. Der Habitus
6. Schlussbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der deutschsprachigen Soziologie bzw. Sozialstrukturanalyse ist seit Beginn der achtziger Jahre eine bemerkenswerte Aktualität des Lebensstilbegriffes zu registrieren.[1] Das liegt nicht zuletzt an dem im Jahr 1979 erschienenen Buch „La distinction. Critique sociale du jugement“ von Pierre Bourdieu, das 1982 mit dem Titel „Die feinen Unter-schiede - Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft“ ins Deutsche übersetzt wurde.
Im Mittelpunkt dieser Hausarbeit steht der Versuch, Bourdieus Lebensstilkonzept nach-zuzeichnen und verständlich zu machen. Dabei berücksichtige ich das oben genannte Buch, welches eine große Anzahl empirischen Materials zur Thematik enthält.
Im folgenden zweiten Kapitel werde ich Bourdieus Methode der Untersuchung erläutern, indem ich u. a. seinen dazu verwendeten Fragebogen inhaltlich darstelle.
Bourdieus allgemeine Erklärung gesellschaftlicher Wirklichkeit geht von zwei analytisch zu trennenden, tatsächlich aber ineinander verschachtelten „Räumen“ aus, nämlich dem Raum der sozialen Positionen und dem durch symbolische Praktiken repräsentierten Raum der Lebensstile. Diese beiden „Räume" werde ich im dritten und vierten Kapitel ausführlich vorstellen. In den Abschnitten des vierten Kapitels erfolgt die Darstellung der Lebensstile der herrschenden, mittleren und unteren Klasse der Pariser Bevölkerung in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts.
2. Die Methode der Untersuchung
Von Anbeginn lag der empirischen Untersuchung folgende Arbeitshypothese zugrunde: Klassenzugehörigkeit kommt am deutlichsten in differentiellen Lebensstilen zum Ausdruck. Geschmack bietet sich deshalb als bevorzugtes Merkmal von Klasse an.
Den Nachweis bildet eine Untersuchung aus dem Jahr 1963, die „nach einer Vor-erhebung mittels Intensivinterviews und ethnographischer Beobachtung bei einer Stichprobe von 692 Befragten (Männer und Frauen) aus Paris, Lille und einer Klein-stadt“ durchgeführt wurde (Bourdieu 1987: 784). 1967/68 nahm Bourdieu eine Zusatzerhebung vor. Die Zahl der Befragten stieg so auf 1217.
Bourdieu hat sich sowohl theoretisch als auch empirisch in anspruchsvoller und inspirierender Weise dem Phänomen Lebensstil genähert.
2.1. Der Fragebogen
Der von Bourdieu verwendete Fragebogen war folgendermaßen aufgebaut. Einleitend wurde nach dem Geschlecht, Geburtsdatum, Familienstand, Zahl und Alter der Kinder, Wohnsitz, Schulabschluss, Berufsabschluss, ausgeübter Beruf sowie nach dem Schul-abschluss und Beruf des Vaters und Großvaters gefragt. Danach sollten 26 Fragen den Einrichtungsstil der Wohnung, die Freizeitaktivitäten, Lieblingssänger, Modestil, Essverhalten, Kenntnisse über Regisseure und Darsteller von Filmen, Lieblingsmusik, Lieblingsmaler, etc. erfragen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Auszug aus dem Fragebogen (Bourdieu 1987: 804)
2.2. Die Korrespondenzanalyse
Die Korrespondenzanalyse ist eine Visualisierungstechnik für mehrdimensionale Kontingenztabellen. Ein mehrdimensionaler Zusammenhang von kategorialen Variab-len soll dimensionenreduziert die Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten von Kategorien (Merkmalen, Eigenschaften usw.) ausweisen. Dabei werden Achsen herangezogen, die den dimensionenreduzierten Raum aufspannen.
Bourdieu wählte die Korrespondenzanalyse für „die Beschreibung der verschiedenen Lebensstile“ der herrschenden und mittleren Klasse, da diese Methode am besten geeignet scheint, „die Gesamtheit der Beobachtungen in den Griff zu bekommen und ihre Strukturen offenzulegen“ (Bourdieu 1987: 403).
Erst Bourdieu hat der Korrespondenzanalyse zu sozialwissenschaftlichen Ruhm verholfen.
3. Der Raum der sozialen Positionen
Bourdieu versteht die soziale Welt als mehrdimensionalen Raum. Die Konstruktion eines Modells des sozialen Raumes erfolgt „entlang einer vertikalen und einer horizontalen Achse, gemäß den Kriterien Kapitalvolumen, Kapitalstruktur und soziale Laufbahn“ (Schwingel 2000: 104). Anhand dieser Kriterien konstruiert Bourdieu einen Raum sozialer Positionen, die sich wechselseitig durch Nähe, Nachbarschaft oder Ferne definieren.
Das Kapitalvolumen meint den Umfang an ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital, über das eine Klasse typischerweise verfügt. Kapital bestimmt die soziale Position einer Person oder einer Gruppe im Gesellschaftsgefüge. Kapital ist eine machtverleihende Ressource, die im gesellschaftlichen Kampf, um die sozialen Positionen, strategisch wichtig ist.
Das ökonomische Kapital ist wohl die bedeutendste Form des Kapitals. Dabei handelt es sich um Geld, Einkommen, Vermögen, um den Besitz an Produktionsmitteln, Grund und Boden etc. Diese Art von Kapital ist nicht nur unmittelbar und direkt in Geld transformierbar, sondern auch vererbbar.
[...]
[1] Vgl. Beck (1983,1986), Müller (1989)
- Arbeit zitieren
- Tina Dutschmann (Autor:in), 2003, Pierre Bourdieu - Klassengeschmack und Lebensstil der Französischen Bevölkerung in den 60ern des 20. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15657
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