Beschäftigt man sich mit der Frauenbildung im Mittelalter, so stößt man zunächst auf das Problem, dass dieses Thema sehr weit gefasst ist. Im Allgemeinen meint man mit dem Mittelalter einen Zeitabschnitt von rund 1.000 Jahren, nämlich ungefähr vom Jahr 500 bis zum Jahr 1500 n.Chr. Hinzu kommt, dass es in dieser Zeit nicht nur einen großen „Staat“, wie etwa in der Antike das Römische Reich, sondern mehrere große und viele kleine Herrschaftsgebiete gab, die in ihrer politischen, geographischen und religiösen Struktur oft sehr verschieden waren. Außerdem war die mittelalterliche Gesellschaft stark hierarchisch geprägt und in Stände unterteilt, die einen sozialen Aufstieg erheblich schwieriger machen als etwa im Römischen Reich.
Dies alles hat zur Folge, dass es die typische Frau des Mittelalters nicht gab, sondern auch hier verschiedene Gruppen zu betrachten sind. Zusammen mit der sehr unterschiedlichen Quellenlage zu den Gruppen wird deutlich, dass in der vorliegenden Arbeit kein detaillierter Blick auf sämtliche Formen der Frauenbildung im Mittelalter, sondern lediglich auf einzelne Aspekte geworfen werden kann. Ich gehe daher vor allem auf den deutschen Sprachraum, Frauen an den Höfen und die Zeit des Spätmittelalters1 ein, werde aber natürlich die übrigen Bereiche nicht gänzlich außer Acht lassen.
Das Ziel dieser Arbeit ist zu zeigen, dass anhand der behandelten Beispiele trotz aller Probleme doch eine gemeinsame Grundtendenz innerhalb der Frauenbildung des Mittelalters erkennbar ist. Insbesondere wird geklärt werden, ob der Frauenbildung des Mittelalters die Erziehung hin zu einem gebildeten Menschen im Sinne des boethianischen Personenbegriffs oder der viktorinischen Personenbeschreibung zugrunde liegt.
Die wesentlichen Eigenschaften einer boethianischen Person sind „Substantialität“ (in-sich und- aus-sich existieren) und „Vernunft“. Eine viktorinische Person besitzt darüber hinaus noch die Eigenschaft „Relationalität“ (sich vom anderen her erkennen und anzuerkennen). Die viktorinischen Personenbeschreibung stellt aber nicht nur eine Erweiterung des boethianischen Personenbegriffs dar, sondern hier werden „Substantialität“ und „Vernunft“ und das ist das entscheidende von der „Relationalität“ her betrachtet. [...]
I n h a l t s v e r z e i c h n i s
1. E i n l e i t u n g
2. D i e a n t i k e n G r u n d l a g e n
2.1. Die soziale Stellung der antiken Frauen
2.2. Die rechtliche Stellung der antiken Frauen
2.3. Die Frauen bei den antiken Autoren
2.4. Religiöse Grundlagen
3. D i e L a g e d e r F r a u e n i m M i t t e l a l t e r
3.1. Einführung
3.2. Aurelius Augustinus
3.3. Der Beitrag der Scholastik
3.4. Das Frauenbild des Mittelalters
3.5. Gleichberechtigung der Frauen
3.6. Unterordnung der Frauen
3.7. Rechtliche Stellung der Frauen
3.8. Frauen in der Arbeitswelt
3.9. Zusammenfassung
4. E r z i e h u n g u n d B i l d u n g d e r F r a u e n i m M i t t e l a l t e r
4.1. Frauen bei Hofe
4.2. Frauen im Kloster
4.3. Frauen im städtischen Handel
4.4. Frauen im städtischen Handwerk
4.5. Frauen auf dem Land
5. S c h l u s s b e m e r k u n g
L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s
Q u e l l e n v e r z e i c h n i s
Q u e l l e n a n g a b e z u m T i t e l b l a t t
1. E i n l e i t u n g
Beschäftigt man sich mit der Frauenbildung im Mittelalter, so stößt man zunächst auf das Problem, dass dieses Thema sehr weit gefasst ist. Im Allgemeinen meint man mit dem Mittelalter einen Zeitabschnitt von rund 1.000 Jahren, nämlich ungefähr vom Jahr 500 bis zum Jahr 1500 n.Chr. Hinzu kommt, dass es in dieser Zeit nicht nur einen großen „Staat“, wie etwa in der Antike das Römische Reich, sondern mehrere große und viele kleine Herrschaftsgebiete gab, die in ihrer politischen, geographischen und religiösen Struktur oft sehr verschieden waren. Außerdem war die mittelalterliche Gesellschaft stark hierarchisch geprägt und in Stände unterteilt, die einen sozialen Aufstieg erheblich schwieriger machen als etwa im Römischen Reich.
Dies alles hat zur Folge, dass es die typische Frau des Mittelalters nicht gab, sondern auch hier verschiedene Gruppen zu betrachten sind. Zusammen mit der sehr unterschiedlichen Quellenlage zu den Gruppen wird deutlich, dass in der vorliegenden Arbeit kein detaillierter Blick auf sämtliche Formen der Frauenbildung im Mittelalter, sondern lediglich auf einzelne Aspekte geworfen werden kann. Ich gehe daher vor allem auf den deutschen Sprachraum, Frauen an den Höfen und die Zeit des Spätmittelalters[1] ein, werde aber natürlich die übrigen Bereiche nicht gänzlich außer Acht lassen.
Das Ziel dieser Arbeit ist zu zeigen, dass anhand der behandelten Beispiele trotz aller Probleme doch eine gemeinsame Grundtendenz innerhalb der Frauenbildung des Mittelalters erkennbar ist. Insbesondere wird geklärt werden, ob der Frauenbildung des Mittelalters die Erziehung hin zu einem gebildeten Menschen im Sinne des boethianischen Personenbegriffs oder der viktorinischen Personenbeschreibung zugrunde liegt.
Die wesentlichen Eigenschaften einer boethianischen Person sind „Substantialität“ (in-sich-und-aus-sich existieren) und „Vernunft“. Eine viktorinische Person besitzt darüber hinaus noch die Eigenschaft „Relationalität“ (sich vom anderen her erkennen und anzuerkennen). Die viktorinischen Personenbeschreibung stellt aber nicht nur eine Erweiterung des boethianischen Personenbegriffs dar, sondern hier werden „Substantialität“ und „Vernunft“ und das ist das entscheidende von der „Relationalität“ her betrachtet. Kurz und vereinfacht gesagt, könnte man wohl sagen, dass also ein boethianischer Erzieher letztendlich seinen Zögling in der Art und Weise erzieht, von der er für sich selbst Vorteile erhofft, während ein viktorinischer Erzieher darauf bedacht ist, dass sowohl Erzieher als auch Zögling die größtmöglichen Vorteile haben.
Am Anfang der Beschäftigung mit dem Thema dachte ich, dass der Frauenbildung die viktorinischen Personenbeschreibung zugrunde liegt, schließlich ist das Mittelalter gerade für die Wichtigkeit der personalen Beziehungen zu anderen auf allen Ebenen bekannt (Personenverbandstaat). Ein weiteres Anliegen dieser Hausarbeit ist aus diesem Grund zu belegen, dass für die mittelalterliche Frauenbildung tatsächlich jedoch der boethianische Personenbegriff kennzeichnend ist.
Im zweiten Kapitel werden daher zunächst die Grundlagen zum Thema erarbeitet. Es wird also auf Erziehung, Bildung und Rolle der Frau in der Antike eingegangen. Im dritten Kapitel wird dann das Mittelalter betrachtet. Hierbei wird nach einer Einführung ein kurzer Blick auf Leben und Lehren des Aurelius Augustinus geworfen, weil vor allem er das Mittelalter maßgeblich beeinflusste. Daran anschließend wird auf die mittelalterliche Frauenerziehung und –bildung, sowie allgemein das Frauenbild und die gesellschaftliche Stellung der Frau im Mittelalter eingegangen. Ziel hierbei ist vor allem zu zeigen, welche Wertvorstellungen im Mittelalter in bezug auf Frauen herrschten, damit man verstehen kann, wieso Erziehung und Bildung der mittelalterlichen Frauen so gestaltet wurden wie sie gestaltet wurden. Gerade die Beschäftigung mit den Hintergründen war für mich reizvoller als die pure Darstellung der Frauenbildung im Mittelalter. Im vierten Kapitel werden dann die von den mittelalterlichen Frauen erwarteten Rollen und die sich hieraus ergebende Erziehung und Bildung dargestellt. Im letzten Kapitel trage ich schließlich die Ergebnisse zusammen und kommentiere diese.
2. D i e a n t i k e n G r u n d l a g e n
2.1. Die soziale Stellung der antiken Frauen
Die Autorität und die Macht antiker Frauen waren an ihren Status und ihr Alter gebunden und differierten entsprechend dem politischen System der einzelnen Städte.[2] In den oligarchisch geprägten Poleis des archaischen und klassischen Griechenlands konnten Frauen zwar keine politischen Ämter übernehmen, aber alte und ranghohe Frauen konnten hohes Ansehen erlangen, wodurch es ihnen beispielsweise möglich war Schutzflehende aufzunehmen.[3]
Diese Frauen konnten auch hohe Priesterämter übernehmen und so den Tempelschatz verwalten und Kulthandlungen leiten.[4] Frauen und Männer traten in den Kulten der griechischen Poleis getrennt voneinander auf: Während die Männergruppen öffentlich als Speise- und Kampfgemeinschaft agierten, waren die Kulthandlungen der Frauen eher privater Natur und bestanden vor allem in deren Verantwortung für die Kontinuität der Hausgemeinschaft (oi koV) und für die Stabilität des Gemeinwesens.[5] Frauen sorgten daher für den Totenkult und die Veranstaltung von Festen, die ebenso die menschliche wie die agrarische Fruchtbarkeit betrafen.[6] In Rom gab es dagegen auch gemischte Kulthandlungen.[7]
Innerhalb des Hauses hatten Frauen wichtige organisatorische Funktionen und Autoritätspositionen inne.[8] In Rom nahmen Frauen anders als in Griechenland auch an Gastmählern und Empfängen teil.[9] Arbeit die für den eigenen Bedarf geleistet wurde, war anders als eine abhängige Tätigkeit angesehen, insbesondere die häusliche Textilherstellung wurde geschätzt.[10] „Die in zeitaufwendiger Musterweberei hergestellten Tuche gehörten zu den Gütern, die im archa[ischen] und klass[ischen] Griechenland den Reichtum eines Hauses ausmachten.“[11] In einer Notlage gingen Frauen auch einer Erwerbsarbeit nach, z. B. als Amme, und aus der Landwirtschaft sind Frauen ohnehin kaum wegzudenken, obwohl diese Tätigkeit nur selten in Quellen belegt ist, vielleicht gerade deshalb, weil sie normal war.[12]
2.2. Die rechtliche Stellung der antiken Frauen
An der Volksversammlung durften Frauen in den antiken Gemeinden jedoch nicht teilnehmen und vor Gericht mussten sie sich fast überall durch einen männlichen Verwandten vertreten lassen.[13] Nur dort, wo die politische Macht von ganz wenigen Familien gehalten wurde, erlangten auch Frauen politische Ämter und wurden durch Statuen geehrt.[14] In Rom fand sich eine Statue zu Ehren einer Frau erst in der Spätphase der Republik, und zwar für Cornelia, die Mutter der Gracchen.[15] Mit der Kaiserzeit trat wie zuvor in den hellenistischen „Staaten“ das dynastische Element in den Vordergrund, wodurch zumindest die Frauen der Herrscherfamilien durch repräsentative Aufgaben an Einfluss gewannen.[16] Obwohl Frauen nicht für andere Personen vor Gericht auftreten konnten, keine öffentlichen Ämter bekleiden durften und nicht in den Militärdienst eintreten konnten, hat dies einzelne Kaiser, z. B. Justinian I., nicht gehindert, ihre Ehefrauen an der Regierung zu beteiligen.[17] Nach meiner Ansicht waren die Gründe hierfür vor allem dynastische Überlegungen und erst in zweiter Linie besondere Wertschätzungen ihrer Ehefrauen.
Nach dem römischen Recht der Spätantike hatte die Frau in bezug auf ihre Person und ihr Vermögen im wesentlichen die gleichen Rechte wie der Mann, aber in bezug auf ihre Kinder und wie erwähnt im öffentlichen Leben war sie benachteiligt.[18] Sie verwaltet aber ihr Geld selbstständig, konnte frei darüber verfügen und beerbte den Vater gleichberechtigt.[19] Die Ehe war für Frauen nicht mit besonderen Pflichten verbunden und Frauen konnten sich ebenso scheiden lassen wie Männer, allerdings gab es für sie weniger Möglichkeiten dies ohne harte Rechtsnachteile durchzuführen.[20]
2.3. Die Frauen bei den antiken Autoren
Grabinschriften, Vasenbilder, Dichtung und philosophische Schriften lassen erkennen, welche Tugenden man von Frauen in der Antike erwartete. Besonnenheit (sojrosu nh) und Einfachheit (a je leia) waren wichtige Tugenden griechischer Frauen, während in Rom mehr Wert auf Keuschheit (castitas) und die Treue der Ehefrauen zu ihren Männern (pudicita) gelegt wurde.[21] Das Ideal der verschwiegenen Frau ist darauf zurückzuführen, dass das Ansehen der Frauen stark von dem kontrollierenden Blick der Öffentlichkeit abhängig war.[22] Daher legten die Frauen auch besonderen Wert darauf ihren in Status in der Gesellschaft zu zeigen.[23]
Die antiken Autoren vermitteln ein lebhaftes Bild davon, dass die griechisch-römische Welt frauenfeindlich eingestellt war. Vergil behauptete, dass Frauen immer schillernd und wankelmütig seien.[24] Juvenal nannte folgende Eigenschaften der Frauen: Stolz, Hochmut, Zanksucht, List, Herrschlust, Heuchelei und vor allem unbezähmbare Sinnlichkeit und Lüsternheit.[25] Besonders sprach er sich auch gegen einen Bildungsanspruch von Frauen aus: „Lästiger noch ist jene, die eben zum Mahle gekommen, gleich Vergil preist und Didos Freitod verteidigt, Dichter paart und vergleicht, in die eine Schale Vergil legt und Homer in die andere. Grammatiker räumen das Feld gleich, Redner strecken die Waffen, es schweigt die ganze Gesellschaft.“[26] Gleichzeitig räumte er damit aber auch ein, dass es sehr wohl in der Literatur bewanderte Frauen gab. Cicero und Plinius hoben daher auch das Ideal der rhetorisch gewandten und gebildeten Frau hervor.[27] Ovid dagegen gab sogar Ratschläge, wie man sich vor dem schädlichen Einfluss der Frauen schützen konnte: „Wo du es kannst, verkehre die Vorzüge des Mädchens in Nachteile und verfälsche dein Urteil ein wenig. Aufgeschwollen nenne sie, wenn sie üppig ist; ist sie dunkel, nenne sie schwarz. Ist sie schlank, so kannst du ihr Magerkeit zum Vorwurf machen.“[28]
Auch in medizinischen Texten wird die gesellschaftliche Rolle der Frau sehr gut deutlich. „Bes[onders] bei hippokratischen Autoren g[a]lt Gesundheit bei einer F[rau] als unmittelbares Zeichen dafür, daß sie ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter im Sinne ges[ellschaftlicher] Vorgaben gerecht geworden [war].“[29] Die Vorstellungen vom menschlichen Körper waren vom Modell des Mannes geprägt, so dass teilweise sogar der Gebärmutter ein fester Platz im ,normalen’ Körper abgesprochen wurde.[30] Ehelicher Sexualverkehr zum Zweck der Fortpflanzung war oft nicht nur das Ziel der Behandlung erkrankter Frauen, sondern stellte bisweilen auch die Therapie dar.[31] „Die galenische Medizin verlieh der hippokratischen Auffassung Nachdruck, indem sie darauf hinwies, daß mangelnder Geschlechtsverkehr zu einem Stau des weiblichen Samens führen könne, einer Substanz die weit giftiger sei als unausgeschiedenes Menstrualblut.“[32]
2.4. Religiöse Grundlagen
Entscheidend wurde die Stellung der Frauen auch von religiösen Einstellungen geprägt. Nach dem Verständnis des Judentums hatte Gott den Menschen nach seinem Ebenbild männlich und weiblich erschaffen.[33] Im ersten Buch Mose heißt es: „Es ist nicht gut, daß der Mensch alleine sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei.“[34] Obwohl Mann und Frau somit von einander abhängig und damit auch fast ebenbürtig charakterisiert wurden, setzte sich in altisraelitischer Zeit die Vorstellung durch, dass die Frau das Eigentum ihres Mannes sei.[35] Die Frau wurde zwar vom Mann bei der Heirat erworben, erhielt dafür aber auch eine finanzielle Absicherung.[36] Vor allem als Ehefrau und Mutter genoss die Frau im Judentum höchstes Ansehen: Obwohl Frauen vom Synagogenbesuch befreit waren, hatten sie nämlich für die rituelle Einleitung des Sabbats, die Führung eines koscheren Haushalts und die jüdische Erziehung der Kinder Sorge zu tragen.[37] In talmudischer Zeit entwickelte sich dann sogar das Gesetz, dass nur eine jüdische Mutter, nicht aber ein Vater, das Judentum an die Kinder weitergeben kann.[38]
Auch im Christentum belegte man die Zweitrangigkeit der Frau mit den Bibelstellen des alten Testaments, leitete daraus aber insbesondere eine Bestimmung zur Dienstbarkeit und Untertänigkeit der Frauen ab.[39] „Die n[eu]t[estamentlichen] Schriften zeichnen ein widersprüchliches Bild im Hinblick auf die Bedeutung und Aktivität christlicher F[rauen].“[40] Prägend wurden die folgenden Verse aus dem ersten Brief des Paulus an die Korinther, obwohl es sich hierbei lediglich um einen Aspekt der frühchristlichen Schriften handelte:[41] „Wie in allen Gemeinden der Heiligen lasset die Frauen schweigen in der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie aber etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es steht der Frau übel an, in der Gemeinde zu reden.“[42] Hieraus geht hervor, dass die Männer bestimmen können sollten, welche Bildung Frauen zuteil wurde. Im ersten Brief des Paulus an Timotheus wurde dies noch verschärft: „Einer Frau gestatte ich nicht, daß sie lehre, auch nicht, daß sie sich über ihren Mann erhebe, sondern sie sei stille. Denn Adam ist am ersten gemacht, danach Eva. Und Adam ward nicht verführt; das Weib aber ward verführt und ist der Übertretung verfallen. Sie wird aber selig werden dadurch, daß sie Kinder zur Welt bringt, wenn sie bleiben im Glauben und in der Liebe und in der Heiligung samt der Zucht.“[43]
Die wichtigsten Aufgabe der christlichen Frauen waren demnach das Kinderkriegen und die Unterordnung unter den Mann.[44] „Nur in der Gestalt unberührter Jungfräulichkeit war die Frau im Schmuck ihrer Keuschheit und Reinheit, für die Christen ein Gegenstand der Verehrung. Als Geschlechtswesen dagegen wurde sie verdächtigt, den sündhaften Begierden des Fleisches leichter zu erliegen als der Mann.“[45] Der Kirchenvater Hieronymus brachte die christliche Einstellung zu Frauen prägnant und einprägsam zu Papier: „Alles Böse kommt von den Frauen.“[46]
Erst feministisch-theologische Ansätze des ausgehenden 20. Jahrhunderts zeigten aber, dass es „ein breites Spektrum weiblicher Aktivitäten in den frühchristl[ichen] Gemeinden“[47] gab. Auch Frauen gehörten zur Gruppe der Apostel und Missionare und nahmen gemeindeleitende Stellungen ein, wie sich ebenfalls anhand der Bibel und den Apokryphen belegen lässt.[48] Erst „im Zuge der Ausdifferenzierung und Institutionalisierung der männlichen Ämterhierarchie verloren die bis dahin von F[rauen] wahrgenommenen Ämter der Jungfrauen, Witwen und Diakone an gesamtkirchlicher Bedeutung.“[49] Die einsetzende Heiligenverehrung bewahrte jedoch auch die Erinnerung an die Frauen. Besonders die Predigten der Kirchenväter, die sich auf die heiligen Frauen bezogen, zeigen, dass Männer und Frauen im Hinblick auf Tugendhaftigkeit und Frömmigkeit offenbar doch gleich waren oder die Frauen sogar tugendhafter waren als Männer.[50]
[...]
[1] Eine sehr schöne Darstellung zur Frauenbildung aus der Zeit des Frühmittelalters findet sich in dem historischen Roman „Die Päpstin“ von Donna W. Cross. Die Autorin schreibt im Nachwort, dass sie eigentlich eine wissenschaftliche Arbeit verfassen wollte, aber aufgrund nicht ausreichender Belege für einen weiblichen Papst von ihrem Vorhaben Abstand nehmen musste. Neben dem Genannten besteht ein Mangel in der etwas verfälschten Chronologie der im Buch enthaltenen Ereignisse, aber nicht in Bezug auf die Beschreibung der Lebensverhältnisse, so dass das Buch zumindest mir als angehendem Lehrer für meinen Unterricht als geeignet erscheint, auch wenn ich es hier nicht verwenden kann.
[2] Wagner-Hasel, Beate (1998): Frau. II. Griechenland und Rom. A. Die Frau im System symbolischer Ordnungen. B. Politische und soziale Stellung der Frau. C.Frauenarbeit. D. Verhaltensnormen, in: Cancik, Hubert; Schneider, Helmuth (Hg.) (1998): Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Band 4. Epo bis Gro, Stuttgart / Weimar: J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Spalten 634-636, hier Spalte 635
[3] ebd.: Spalte 635
[4] ebd.: Spalte 635
[5] ebd.: Spalte 634
[6] ebd.: Spalte 634
[7] ebd.: Spalte 634
[8] ebd.: Spalte 635
[9] ebd.: Spalte 635
[10] ebd.: Spalte 636
[11] ebd.: Spalte 636
[12] ebd.: Spalte 636
[13] ebd.: Spalte 635
[14] ebd.: Spalte 635
[15] ebd.: Spalte 635
[16] ebd.: Spalte 635
[17] Weimar, Peter (1989): Frau. A.- C. lateinischer Westen (B. Recht I. Römisches Recht), in: Lexikon des Mittelalters. Band 4. Erzkanzler bis Hiddensee, München / Zürich: Artemis Verlags GmbH, Spalten 854-855, hier Spalte 855
[18] ebd.: Spalte 854
[19] ebd.: Spalte 854
[20] ebd.: Spalte 855
[21] Wagner-Hasel, Beate (1998): Spalte 636
[22] ebd.: Spalte 636
[23] ebd.: Spalte 636
[24] Bumke, Joachim (1999): Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter (9. Auflage), München: Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, Seite 457
[25] ebd.: Seite 457
[26] zitiert nach ebd.: Seite 457
[27] Wagner-Hasel, Beate (1998): Spalte 636
[28] zitiert nach Bumke, Joachim (1999): Seite 457
[29] King, Helen (1998): Frau. II. Griechenland und Rom. F. Medizin, in: Cancik, Hubert; Schneider, Helmuth (Hg.) (1998): Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Band 4. Epo bis Gro, Stuttgart / Weimar: J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Spalten 637-638, hier Spalte 637
[30] ebd.: Spalte 637
[31] ebd.: Spalte 638
[32] ebd.: Spalte 638
[33] Domhardt, Yvonne (1998): Frau. III. Judentum, in: Cancik, Hubert; Schneider, Helmuth (Hg.) (1998): Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Band 4. Epo bis Gro, Stuttgart / Weimar: J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Spalten 639-640, hier Spalte 639
[34] Genesis 2, 18
[35] Domhardt, Yvonne (1998): Spalte 639
[36] ebd.: Spalte 639
[37] ebd.: Spalte 639
[38] ebd.: Spalte 639, vgl. Deuteronomium 7, 4
[39] Bumke, Joachim (1999): Seite 455
[40] Albrecht, Ruth (1998): Frau. IV. Christentum, in: Cancik, Hubert; Schneider, Helmuth (Hg.) (1998): Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Band 4. Epo bis Gro, Stuttgart / Weimar: J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, Spalten 640-641, hier Spalte 640
[41] ebd.: Spalte 640
[42] 1. Korinther 14, 34-35
[43] 1. Timotheus 2, 12-15
[44] Albrecht, Ruth (1998): Spalte 640
[45] Bumke, Joachim (1999): Seite 454
[46] zitiert nach Bumke, Joachim (1999): Seite 455
[47] Albrecht, Ruth (1998): Spalte 640
[48] ebd.: Spalte 640, vgl. Apostelgeschichte 18, 2.18.26 und Römer 16, 7
[49] ebd.: Spalte 641
[50] ebd.: Spalte 641
- Quote paper
- Thorsten Dollmetsch (Author), 2002, Frauenbildung im Mittelalter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15614
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