panem et circenses - „Brot und Spiele“. Nach dieser Formel regierten die römischen Cäsaren vor mehr als 2000 Jahren. Sie sicherten die politische Stabilität und damit ihre Herrschaft, indem sie das Volk durch Unterhaltung und Zerstreuung ruhig stellten (Weber, 1989, S. 12). Insbesondere die unteren Schichten sollten durch die Spiele in Amphitheatern oder Zirkusbauten von ihrer eigentlich prekären Situation abgelenkt werden. Andernfalls hätten sich die Emotionen dieser Menschen wahrscheinlich gegen die Regierung gerichtet und nicht bei Massenunterhaltungen entladen (Inden, 1993, S. 13). Das gesellschaftliche Verlangen nach Erlebnissen und Vergnügen, das die römischen Kaiser bedienten, ist jedoch keine Erscheinung der Antike. In der Gegenwart bieten Olympische Spiele, Autorennen oder Fußballmeisterschaften Unterhaltung und Zerstreuung für breite Bevölkerungsschichten. Sie sind somit als aktuelle Pendants zu Gladiatorenkämpfen, Jagdfesten oder Mittelalterspielen anzusehen (z.B. Inden, 1993, S. 12f.; Riedmüller, 2001, S. 267; Weber, 1989, S. 11f.). Im Gegensatz zur Vergangenheit haben sich allerdings die Inhalte und die mit den Veranstaltungen verbundenen Intentionen und Akteure verändert. Heute bietet der Sport und die Sportgroßveranstaltungen (SGV), als neuzeitliche Version früherer Spiele, ein attraktives Angebot für die erlebnisorientierte Freizeitgestaltung (Linsinger, 2006, o. S). Im Vergleich zu den Veranstaltungen der Historie kommt Sport gegenwärtig eine größere Bedeutung zu und dient mehr als der bloßen Unterhaltung. Er ist zum gesellschaftlichen Massenphänomen mit einem enorm hohen Stellenwert geworden. „Meinungsforscher behaupten, hierzulande seien mehr Menschen an Sport als an Politik interessiert“ (Pleitgen, 2000, S. 1). Erklärungen und Gründe für diese Entwicklung des Sports - von der reinen Körperertüchtigung zum Gesellschaftsphänomen - sowie seine Bedeutungszunahme lassen sich in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen finden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Darstellung des Zusammenhangs zwischen einer Sportgrogveranstaltung und Erfolg
2.1 SportgroGveranstaltung
2.1.1 Definition
2.1.2 Abgrenzung, Klassifizierung sowie Systematisierung von SportgroGveranstaltungen
2.1.3 Die Bedeutungszunahme von SportgroGveranstaltungen
2.2 Erfolg
2.2.1 Allgemeines und okonomisches Begriffsverstandnis
2.2.2 Erfolgsfaktoren - Definition, Klassifizierung, Forschung und Grenzen
2.3 Zusammenfuhrung: Erfolg bei einer SportgroGveranstaltung
3 Analyse der Erfolgsziele ausgewahlter Anspruchs gruppen bei einer Sportgrogveranstaltung sowie damit verbundene Interessen
3.1 Zuschauer
3.1.1 Struktur und Motive der Zuschauer von SportgroGveranstaltungen
3.1.2 Ziele und Interessen der Zuschauer
3.1.3 Diskussion
3.2 Medien
3.2.1 Sport in den Medien
3.2.2 Ziele und Interessen sportubertragender Medien
3.2.3 Moglichkeiten der Inszenierung des Sports in den Medien und Bedeutung der Fernsehrechte
3.2.4 Diskussion
3.3 Wirtschaftsunternehmen
3.3.1 Sponsoring - Definition, Charakteristik, Bezug zum Sport
3.3.2 Ziele der Unternehmen beim Sportsponsoring
3.3.3 Interessen der Unternehmen beim Sportsponsoring
3.3.4 Diskussion
3.4 Veranstalter
3.4.1 Begriffsklarung Veranstalter
3.4.2 Ziele der Veranstalter von SGV
3.4.3 Interessen der Veranstalter
3.4.4 Diskussion
3.5 Sportier
3.5.1 Auspragungen von Sportlern und deren Ziele
3.5.2 Interessen der Sportler
3.5.3 Diskussion
3.6 Offentlicher Sektor
3.6.1 Die Sportforderung in Deutschland
3.6.2 Ziele des offentlichen Sektors
3.6.3 Interessen des offentlichen Sektors
3.6.4 Diskussion
3.7 Zusammenfuhrung der Erfolgsperspektiven im Organisationsmodell „Sportgroftveranstaltung - Anspruchsgruppen
4 Bewertung des Organisationsmodells
4.1 Bewertung des Organisationsmodells vor dem Hintergrund betriebswirtschaftlicher Erfolgsfaktorenkonzepte
4.2 Bewertung des Organisationsmodells bezuglich bestehender Zielkomplementaritat, Zielkonkurrenz oder Zielneutralitat
4.2.1 Zielkomplementaritat zwischen den (Zielen der) Anspruchsgruppen
4.2.2 Zielkonkurrenz zwischen den Zielen der Anspruchsgruppen
4.2.3 Zielneutralitat zwischen den Zielen der Anspruchsgruppen
5 Empirische Untersuchung des Organisationsmodells „Sportgrogveranstaltung - Anspruchsgruppen"
5.1 Ziel und Fragestellung der Interviews
5.2 Untersuchungsmethodik
5.2.1 Qualitatives, leidfadengestutztes Interview
5.2.2 Interviewpartner und Leitfaden
5.2.3 Interviewdurchfuhrung
5.2.4 Datenaufbereitung und -verarbeitung
5.3 Ergebnisse der Untersuchung - Diskussion und Interpretation
5.3.1 Ergebnisse der Untersuchung bezuglich der Ziele und Interessen der Anspruchsgruppen bei einer Sportgro&veranstaltung
5.3.2 Ergebnisse der Untersuchung bezuglich des Organisationsmodells
6 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang 1: Interviewleitfaden
Anhang 2: Transkription der Interviews
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Begriffsbestimmung Sportveranstaltung - Sportereignis
Abbildung 2: Begriffsbestimmung Event - Sportveranstaltung - Sportereignis
Abbildung 3: Typologie der Sport-Events nach Sinnperspektiven
Abbildung 4: Rahmenbedingungen fur den Trend zum Event im Sport
Abbildung 6: Die Bedeutung der Zuschauer bei einer Sportgro&veranstaltung
Abbildung 8: Durchschnittliche Sportberichterstattung (fur das Jahr 2004) pro Tag in Stunden im deutschen TV
Abbildung 7: Das Sponsoringvolumen in Deutschland im Vergleich
Abbildung 9: Der Weg zum Top-Verdiener im Sport
Abbildung 5: Das „Magische Dreieck“ des Sports
Abbildung 10: Das Organisationsmodell der Anspruchsgruppen bei einer SGV
Abbildung 11: Marktanteile der deutschen TV-Sender
Abbildung 12: Entwicklung des Tausend-Kontakt-Preises je 30 Sekunden in Euro
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die Entwicklung des Arbeitsvolumens
Tabelle 2: Geschatzte Jahreseinkommen der 10 Top-Verdiener im Sport
Tabelle 3: Zusammenfassung der Ziele und Interessen der verschiedenen Interessengruppen einer SGV
Tabelle 4: Veranderung der Anzahl der Urlaubstage
Tabelle 5: Reichweiten allgemeiner Sportzeitschriften
Tabelle 6: Reichweiten spezieller Sportzeitschriften
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
panem et circenses - „Brot und Spiele“. Nach dieser Formel regierten die romischen Casaren vor mehr als 2000 Jahren. Sie sicherten die politische Stabilitat und damit ihre Herrschaft, indem sie das Volk durch Unterhaltung und Zerstreuung ruhig stellten (Weber, 1989, S. 12). Insbesondere die unteren Schichten sollten durch die Spiele in Amphitheatern oder Zirkusbauten von ihrer eigentlich prekaren Situation abgelenkt werden. Andernfalls hatten sich die Emotionen dieser Menschen wahrscheinlich gegen die Regierung gerichtet und nicht bei Massenunterhaltungen entladen (Inden, 1993, S. 13). Das gesellschaftliche Verlangen nach Erlebnissen und Vergnugen, das die romischen Kaiser bedienten, ist jedoch keine Erscheinung der Antike. In der Gegenwart bieten Olympische Spiele, Autorennen oder Fufiballmeisterschaften Unterhaltung und Zerstreuung fur breite Bevolkerungsschichten. Sie sind somit als aktuelle Pendants zu Gladiatorenkampfen, Jagdfesten oder Mittelalterspielen anzusehen (z.B. Inden, 1993, S. 12f.; Riedmuller, 2001, S. 267; Weber, 1989, S. 11f.). Im Gegensatz zur Vergangenheit haben sich allerdings die Inhalte und die mit den Veranstaltungen verbundenen Intentionen und Akteure verandert. Heute bietet der Sport und die Sportgrofiveranstaltungen (SGV), als neuzeitliche Version fruherer Spiele, ein attraktives Angebot fur die erlebnisorientierte Freizeitgestaltung (Linsinger, 2006, o. S). Im Vergleich zu den Veranstaltungen der Historie kommt Sport gegenwartig eine grofiere Bedeutung zu und dient mehr als der blofien Unterhaltung. Er ist zum gesellschaftlichen Massenphanomen mit einem enorm hohen Stellenwert geworden. „Meinungsforscher behaupten, hierzulande seien mehr Menschen an Sport als an Politik interessiert“ (Pleitgen, 2000, S. 1). Erklarungen und Grunde fur diese Entwicklung des Sports - von der reinen Korperertuchtigung zum Gesellschaftsphanomen - sowie seine Bedeutungszunahme lassen sich in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen finden.
Aus soziologischer Sicht beschreibt Opaschowski (1995, S. 6) die aufkommende Erlebnisorientierung in der Gesellschaft als den Weg „vom Versorgungskonsum zum Erlebniskonsum“. Diese Aussage zielt auf die sozialen Veranderungen der letzten Jahrzehnte ab. Dazu zahlen u.a. der Spannungsabbau im Arbeitsalltag,[1] eine insgesamt verringerte Arbeitszeit sowie das stark erhohte Medienaufkommen und die gestiegene Mediennutzung. Das Mehr an Freizeit in Verbindung mit der finanziellen Unabhangigkeit ermoglichen es den Menschen von heute, „in letzte Reservate der Exklusivitat“ (Schulze, 2005, S. 57) vorzudringen. Als Konsequenz dessen wird der Erlebnisnutzen zum hochsten Gut eines jeden Konsumenten. Schulze (2005, S. 59) behauptet in diesem Zusammenhang, dass der Slogan ,,'Erlebe dein Leben!,u der „kategorische Imperativ unserer Zeit“ sei.
Neben soziologischen und historischen Erklarungen finden sich zunehmend auch wirtschaftliche Begrundungen fur die Bedeutung von Grofiveranstaltungen. So kann man die Ziele, die ein Okonom mit der Beteiligung an Veranstaltungen verfolgt, uber die gesamte Wertschopfungskette verfolgen (Porter, 2000, S. 66). Absatzsteigerung, Mitarbeitermotivation sowie Kundengewinnung stehen stellvertretend fur eine Reihe moglicher Intentionen. Die grofite Bedeutung haben SGV jedoch fur das betriebswirtschaftliche Marketing. Da die Werbewirksamkeit von TV-Spots in den letzten Jahren stetig abnimmt, gilt es, andere Formen der Produktprasentation zu entwickeln (z.B. Schmid, 2006, S. 34; Dinkel, 1999, S. 283). Im Rahmen von SGV ist es Unternehmen moglich, ihre potentiellen Kunden in einem nicht-okonomischen Umfeld zu erreichen, in dem sie sich wohl fuhlen. Dort konnen sie in einem positiven Umfeld ihre Werbebotschaft uberbringen oder ihr Image verbessern. Der Sport eignet sich demzufolge, aufgrund seiner Popularitat, besonders gut als Anknupfpunkt fur Events (z.B. Brehm, 2005, S. 97f.; Brehm et al., 2007, S. 7; Schmid, 2006, S. 32f.; Riedmuller, 2001, S. 267f.). Durch das Interesse der Unternehmen und Medien am Sport, vor allem an den faszinierten Zuschauern, wurden SGV insgesamt komplexer und materiell enorm aufgewertet. So ist die Anzahl akkreditierter Journalisten ebenso gestiegen wie die Zahl der Besucher und Teilnehmer einer SGV. Der finanzielle Aufwand uberschreitet zumeist die Milliardengrenze. Dennoch wird es heute, im Gegensatz zu fruher, von kaum einem Veranstalter als wirtschaftliche oder organisatorische Last empfunden, eine SGV auszurichten, denn die Gewinnmoglichkeiten und das zu erreichende Prestige sind ebenfalls sehr hoch. Mittlerweile ist die Vergabe von nationalen, kontinentalen oder globalen Wettkampfen in einer Vielzahl von Sportarten sogar zu einem knallharten Wettbewerb zwischen den Nationen und Veranstaltern geworden (Kurscheidt, 2003, S. 47f.). Aus deutscher Sicht liefen die Bewerbungen in den letzten Jahren aufierst erfolgreich. Exemplarisch aufgefuhrt seien hierbei die FuBball-Weltmeisterschaft 2006, die Weltreiterspiele 2006, die Hockey-Weltmeisterschaft 2006, die Turn-Weltmeisterschaft 2007 sowie die Handball-Weltmeisterschaft 2007.
Festzuhalten bleibt, dass SGV in der Gegenwart eine groBe Bedeutung zukommt. Dazu wurden bereits einige soziologische Erklarungen der Bedeutung von Sportveranstaltungen fur Zuschauer gegeben. Deren Bedurfnis an Erlebnissen und Unterhaltung ist wiederum fur sportubertragende Medien, werbende Wirtschaftsunternehmen, organisierende Veranstalter und aktive Sportler interessant. Dementsprechend sind heutzutage mehr Anspruchsgruppen mit verschiedenen Interessen bei SGV involviert, als je zuvor. Dennoch ist zu konstatieren, dass sich „selbst die in der Praxis hochrelevante Thematik der systematischen organisatorischen Planung sowie Koordination beteiligter Interessengruppen bei SGV (...) noch in einer 'embryonic stage'“ befindet (Kurscheidt, 2002, S. 41). An diesem Punkt setzt die vorliegende Arbeit an. Die heterogenen Anspruchsgruppen sollen auf ihre unterschiedlichen Ziele, Interessen und Beziehungen zueinander untersucht werden. Dass, was alle Anspruchsgruppen eint, ist das Streben nach Erfolg. Die Vorstellung dessen, was sie unter Erfolg verstehen, ist wiederum hochst unterschiedlich. Zu den verschiedenen Auspragungen gehort bspw. die Steigerung der Einschaltquote bzw. Auflage (Medien), Imagegewinn (Wirtschaftsunternehmen), die Forderung bestimmter Regionen in Bezug auf Touristik oder Infrastruktur (Offentlicher Sektor) oder das profane Ziel, Geld zu verdienen (Sportler, Veranstalter). Diese interessante Gemengelage ist der Anknupfpunkt der nachfolgenden Untersuchung, in der das Gesamtsystem SGV, auch uber die Grenzen der einzelnen Anspruchsgruppen hinweg, beleuchtet wird. Folgende Fragestellungen sollen dabei bearbeitet werden:
1. Was bedeutet bei einer SportgroBveranstaltung Erfolg?
2. Welche unterschiedlichen Ziele und Interessen sind mit den verschiedenen Perspektiven auf Erfolg verbunden?
3. Lassen sich die Perspektiven auf Erfolg sowie die damit verbundenen Ziele und Interessen organisatorisch bundeln?
4. Wie sind welche organisationalen Verknupfungen vor dem Hintergrund ausgewahlter Erfolgsfaktorenkonzepte aus der Betriebswirtschaftslehre zu bewerten?
5. Welche Zielbeziehungen (Komplementaritat, Konkurrenz oder Neutralitat) bestehen zwischen den Erfolgszielen der Anspruchsgruppen?
Diese Fragestellungen bilden die strukturelle Grundlage fur die Gliederung der Arbeit. Im Anschluss an die Einleitung dient das zweite Kapitel der Beantwortung der Frage, was Erfolg im Rahmen einer SGV bedeutet. Dies geschieht anhand einer Begriffsbestimmung der Termini SGV und Erfolg sowie einer Klassifizierung, Abgrenzung und Systematisierung fur Sportevents. Uberdies werden Aspekte der Bedeutungszunahme von SGV beleuchtet und betriebswirtschaftliche Erfolgsfaktorenkonzepte sowie deren Grenzen aufgezeigt. Das Ziel dieses Abschnitts ist die Zusammenfuhrung der Begriffe Erfolg und SGV.
Im dritten Kapitel liegt der Fokus auf den Erfolgszielen der ausgewahlten Anspruchsgruppen und den damit verbundenen Interessen und Orientierungen. Dabei sollen die Bereiche Veranstalter, Medien, Wirtschaftsunternehmen, Zuschauer, Sportler und offentlicher Sektor untersucht werden. Aufbauend auf diesen Ergebnissen wird der Frage nachgegangen, ob sich die verschiedenen Perspektiven auf den Erfolg und die damit verbundenen Interessen in einem Anspruchsgruppenmodell organisatorisch bundeln lassen.
Der folgende vierte Abschnitt dient der Bewertung des Modells vor dem Hintergrund betriebswirtschaftlicher Erfolgsfaktorenkonzepte. Aufierdem werden bestehende Zielbeziehungen (Zielkongruenz, Zielkomplementaritat, Zielneutralitat) zwischen den Anspruchsgruppen untersucht.
Das funfte Kapitel beinhaltet einen Praxistest, in dessen Rahmen selektive Interviews mit Entscheidungstragern der verschiedenen Anspruchsgruppen durchgefuhrt werden, um die Erkenntnisse bezuglich des Organisationsmodells und seiner Grundlagen zu hinterfragen und evtl. zu erweitern.
Der sechste, abschliefiende Abschnitt umfasst ein Resumee sowie einen Ausblick in die Zukunft.
2 Darstellung des Zusammenhangs zwischen einer SportgroRveranstaltung und Erfolg
Das spannende Finale der Formel 1 - Saison 2008 sorgte im November bei fast 12 Mio. Zuschauern fur gute Unterhaltung. RTL erzielte als ubertragender Fernsehsender damit einen Marktanteil von uber 30% (Hofmann, 2008, S. 39). Fur das Recht zur Exklusivausstrahlung der Formel 1 in Deutschland zahlt RTL dem Veranstalter ungefahr 65 Mio. Euro jahrlich (Helbig, 2005, S. 17). Lewis Hamilton wird nach diesem Rennen als neuer Weltmeister zukunftig voraussichtlich mehr als die bisher geschatzten 10 - 15 Mio. Euro pro Jahr einnehmen konnen (o. V., 2008b, o. S.). Fur die hier vorgestellten Akteure der Formel 1 - Zuschauer, Medien, Veranstalter und Sportler - bedeuten diese Fakten vermutlich jeweils einen Erfolg. In dieser Arbeit ist es jedoch notwendig, eine vollstandigere Untersuchung des Zusammenhangs zwischen einer SGV und Erfolg vorzunehmen. Insofern dient das zweite Kapitel dazu, folgende zentrale Frage zu klaren: Was bedeutet bei einer Sportgrofiveranstaltung Erfolg?
2.1 SportgroRveranstaltung
Im folgenden Abschnitt wird zunachst das Themenfeld der SGV erlautert. Dabei zeigt sich, dass die unterschiedlichen Perspektiven auf den Begriff - z.B. von Okonomen, Soziologen, Sportwissenschaftler - eine klare Definition erschweren. Deshalb wird eine eigene Begriffsbestimmung (2.1.1) vorgenommen. Daran knupfen die verschiedenen Ansatze zur Klassifizierung, Abgrenzung und Systematisierung von SGV an (2.1.2). Im abschliefienden Unterkapitel (2.1.3) wird ein Erklarungsansatz vorgestellt, der Argumente aus verschiedenen Wissenschaftsbereichen integriert, um die gestiegene Bedeutung von SGV aufzuzeigen.
2.1.1 Definition
In der Literatur existiert keine allgemein anerkannte Definition des Begriffs SGV. Vielmehr finden sich verschiedene Vorschlage zur Begriffsklarung (z.B. Thoni, 1999, S. 346; Schmid, 2006, S. 14; Hovemann et al., 2003, S. 13; Heyne, 2006, S. 5). Die Autoren aus verschiedenen Wissenschaften wahlen dabei unterschiedliche Herangehensweisen, um sich dem Begriff zu nahern.
So orientieren sich z.B. die Mannheimer Geografen Gans, Horn & Zemann (2003, S. 83) an den aufieren Merkmalen einer SGV. Sie beschreiben „Eine Veranstaltung [...] als Sportgrofiveranstaltung [...], wenn es sich um ein geplantes, zeitlich begrenztes Ereignis handelt, das einen Wettkampf in einer oder mehreren olympischen Sportarten zum Inhalt hat, und dieser Wettkampf eine herausragende Bedeutung innerhalb der jeweiligen Sportart besitzt.“ Neben den aufgefuhrten Eigenschaften:
- Planung,
- zeitliche Befristung (mit klar definierten Anfangs- und Endterminen),
- Sportart (z.B. olympisch, nicht olympisch),
- und Bedeutung des Wettbewerbs innerhalb dieser Sportart, sind weitere Kennzeichen anzufugen:
- Medieninteresse,
- Regelmafiigkeit der Austragung,
- Zuschauer- und Teilnehmerzahl,
- Veranstaltungsstatte (z.B. Indoor oder Outdoor),
- Dauer der Veranstaltung (Zemann, 2005; Gans/Horn/Zemann, 2003).
Als definitorische Grundlage dieser Arbeit ist die Begriffsklarung von Gans, Horn & Zemann nicht optimal, da es an einer Berucksichtigung des emotionalen Charakters sportlicher Veranstaltungen mangelt. Weiterhin bleiben wirtschaftliche Zusammenhange zwischen SGV und den beteiligten Interessengruppen aufien vor.
Jedoch kann man die Tatsache, dass Anspruchsgruppen und emotionale Aspekte ungenannt bleiben, kaum kritisieren, da diese fur die Untersuchung der Geografen[2] nicht von zentraler Bedeutung sind.
Der Ansatz des Sportsoziologen Heinemann (1995, S. 177) beinhaltet erste okonomische Aspekte. Er systematisiert die Begriffe Sportereignis und Sportveranstaltung, um daraus eine Unterscheidung der Termini zu entwickeln. Eine „Sportveranstaltung fasst mehrere Sportereignisse zu einer geschlossenen, zeitlich abgrenzbaren, sportlichen Einheit zusammen, die in der Regel unter der wirtschaftlichen und organisatorischen Verantwortung eines Sportveranstalters steht."[3] Im Unterschied dazu ist ein Sportereignis ein „nach den Regeln der jeweiligen Sportart ausgetragener, zeitlich und raumlich begrenzter und unmittelbar zusammenhangender Wettkampf.“[4] (Heinemann, 1995, S. 177). Sportveranstaltungen bestehen folglich aus mindestens einem oder mehreren Sportereignissen, die planmafiig in Szene gesetzt werden. Des Weiteren sind sie mit einem Rahmenprogramm versehen und basieren auf einem Konzept (Riedmuller, 2001, S. 268). Folgende Grafik verdeutlicht den beschriebenen Zusammenhang:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Begriffsbestimmung Sportveranstaltung - Sportereignis (Quelle: Eigene Darstellung)
Problematisch an der Systematik Heinemanns ist die starke Fokussierung auf die Unterscheidung der Begriffe Sportveranstaltung und Sportereignis. Der Begriff SGV wird von ihm nicht weiter beschrieben. Im Gegensatz zur Definition von Gans, Horn & Zemann ist die wirtschaftliche Verantwortung des Veranstalters zwar aufgefuhrt, jedoch bleiben die okonomischen Interessen anderer Anspruchsgruppen unberucksichtigt. Ferner wird der emotionale Charakter von SGV auch hier nicht erfasst, so dass auch diese Begriffsklarung keine optimale Grundlage fur die vorliegende Arbeit darstellt.
Der Sportokonom Ulrich Schmid (2006, S. 11) bezieht in seiner Definition die wirtschaftliche Perspektive von SGV konsequent mit ein: „Als Sport-Event[5] bezeichnet man die Integration von ein oder mehreren sportlichen Ereignissen in eine geplante, einzigartige Gesamtinszenierung, deren hoher emotionaler Erlebniswert zur Aktivierung von Zuschauern und/oder Teilnehmern, sowie zur Vermittlung von Werbebotschaften genutzt wird.“ Diese Begriffsbestimmung gibt den Zusammenhang zwischen Events,[6] Sport, Zuschauern bzw. Teilnehmern sowie den zu vermittelnden Werbebotschaften eindrucklich wieder. Es wird deutlich, dass mit Sport-Events explizit okonomische Zielsetzungen verfolgt werden. Der Begriff „Sport-Event“ steht dabei fur eine mogliche Auspragung von Events. Man differenziert generell zwischen Events mit sportlichem, kulturellem oder politischem Charakter. Unabhangig vom Kontext ist allen Events Folgendes gemeinsam: das Abheben vom Alltag, das Aufiergewohnliche, das damit einhergehende Erlebnis, die planmafiige Erzeugung, und die Schaffung besonderer Situationen und Spannungen[7] (z.B. Brehm, 2005, S. 93; Bruhn, 2007, S. 443ff.; Schmid, 2006, S. 7f.; Opaschowski, 2006, S. 232; Getz, 1991, S. 44; Thein, 2004, S. 22; Nufer, 2006, S. 21). Aufgrund dieser Eigenschaften kommt Events, in Verbindung mit der soziologischen Erkenntnis, dass Menschen „Erlebniskonsumenten“ sind (Opaschowski, 2006, S. 7), eine grofie Bedeutung als Kommunikationsplattform von Unternehmen zu. Mit ihrer Hilfe sollen dem potentiellen Konsumenten Werbebotschaften uberbracht werden (z.B. Brehm, 2005, S. 97f.; Inden, 1993, S.17f.; Schmid, 2006, S. 32f.). Aus Schmids Arbeit und den vorstehenden Feststellungen ergibt sich, dass Event der am weitesten gefasste Begriff ist. Nachfolgende Grafik erganzt die Systematik Heinemanns und verdeutlicht die beschriebenen Zusammenhange:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Begriffsbestimmung Event - Sportveranstaltung - Sportereignis (Quelle: Eigene Darstellung)
Allerdings wird in Schmids Definition das Merkmal der zeitlichen Begrenzung von SGV vernachlassigt. Diese Eigenschaft ist jedoch wichtig, um die Episodenhaftigkeit zur Geltung zu bringen. Aufierdem beinhaltet seine Begriffsbestimmung lediglich die Vermittlung von Werbebotschaften als wirtschaftliches Ziel und lasst andere Interessengruppen, die fur diese Arbeit relevant sind, wie Medien, Veranstalter oder Sportler, unbeachtet. Es lasst sich daher festhalten, dass die drei vorgestellten Definitionen fur die jeweiligen Arbeiten sehr genau passen. Ihnen fehlt jedoch die Fokussierung auf die Anspruchsgruppen einer SGV und deren wirtschaftliche Interessen. Deshalb stellen sie keine ideale begriffliche Grundlage dieser Diplomarbeit dar. Aus diesem Grund wird eine eigene Definition des Terminus SGV vorgenommen. Dieser Definition soll ein eher weites Verstandnis zugrunde gelegt werden, um dem Risiko einer begrifflich bedingten Einengung des Themas zu begegnen. Folgende Definition liegt dieser Arbeit zugrunde:
Als Sportgrofiveranstaltung werden einzigartige, geplante und zeitlich begrenzte Veranstaltungen bezeichnet, die mittels der Inszenierung sportlicher Ereignisse zur emotionalen Aktivierung der Zuschauer und Teilnehmer sowie zur Zielerreichung der Anspruchsgruppen dienen sollen.
2.1.2 Abgrenzung, Klassifizierung sowie Systematisierung von Sportgroftveranstaltungen
Die folgenden Abgrenzungen, Klassifizierungen und Systematisierungen von SGV dienen dazu, dieses komplexe Konstrukt naher zu beschreiben und einzuordnen.
Anhand von Abgrenzungen[8] differenziert man zwischen SGV und anderen Sportveranstaltungen. Die Schweizer Muller & Stettler (1999, S. 19) geben die folgenden funf Kriterien vor, um eine „normale“ Sportveranstaltung als „groB“ einzuordnen:
- Anzahl aktiver Sportler (> 10000)
- Anzahl Betreuer/Helfer/Funktionare (> 1000)
- Anzahl Zuschauer (> 20000)
- Veranstaltungsbudget (> 1 Million Schweizer Franken)
- mediale Attraktivitat und Verbreitung (Direktubertragung bzw. Teilaufzeichnung).
Sind zwei dieser Merkmale in der vorgegebenen Quantitat erfullt, handelt es sich um eine SGV. Hier ist kritisch anzumerken, dass diese Richtwerte auch bei weniger ernstlich gemeinten Sport-Events wie beispielsweise der „Wok-WM“ von Fernsehmoderator Stefan Raab oder den Red Bull Flugtagen erreicht werden. Die „wandelnden Werbetrager“ (Brichzi, 2008, o. S.) solcher Veranstaltungen begeistern eine imposante Zuschauermenge von bis zu 250000 Menschen (Reith, 2004, o. S.). Aufierdem verfugen diese Events uber ein immenses Veranstaltungsbudget sowie eine starke mediale Verbreitung und wurden in der Konsequenz, nach der Abgrenzung Muller & Stettlers, eine SGV darstellen. Fur diese Arbeit sind jedoch insbesondere solche Veranstaltungen mafigeblich, die nicht von Medien oder Wirtschaftsunternehmen initiiert und durchgefuhrt werden.
Anhand von Klassifizierungen ordnet man SGV in verschiedene Kategorien ein. Man unterscheidet zwischen komplexen und einfachen Klassifizierungen. Erstgenannte werden anhand mehrerer Faktoren vorgenommen, Letztgenannte anhand einzelner Grofien. Einfache Klassifizierungen bedienen sich der aufieren Merkmale von SGV. Einige dieser Kennzeichen und ihre Auspragungen werden hier beispielhaft umrissen:
- Regelmafiigkeit: z.B. einmalig durchgefuhrt (d.h. alle 40-50 Jahre in einer Nation, z.B. Olympische Spiele), unregelmafiig wiederkehrend (d.h. alle 5-10 Jahre an verschiedenen Orten innerhalb einer Nation, z.B. kontinentale Meisterschaften) oder regelmafiig wiederkehrend (d.h. jahrlich stattfindende Grofiveranstaltungen, z.B. Ski-Weltcup-Rennen oder Tennisturniere)
- Dauer: eintagig (z.B. Marathon, Radrennen), mehrtagig (z.B. Golfturniere) oder bis zu mehreren Wochen (z.B. Olympische Spiele, Weltmeisterschaften, Tour de France); im Unterschied zu voneinander abhangigen Sportveranstaltungen im Rahmen einer Serie oder Liga (z.B. Fufiball-Bundesliga oder Golden League Meetings in der Leichtathletik)
- Medieninteresse (z.B. national/international/global, Print/TV/Rundfunk, Anzahl Journalisten, erzielte Reichweite, Umfang der Berichterstattung)
Komplexere Klassifizierungen verwenden mehrere Determinanten, um SGV einzuordnen. Man differenziert dabei zwischen sportwissenschaftlichen und okonomischen Faktoren, die in der Literatur zu verschiedenen Ansatzen verarbeitet wurden. Lucerna (1997, S. 12f.) bezieht sich in seiner Klassifizierung auf sportwissenschaftliche Faktoren. Er gibt folgende Grofien vor: Sportart, Leistungsniveau und Beziehungsabhangigkeit. Den Bereich Sportart differenziert Lucerna nach Mannschaftssportarten und Individualsportarten. Das Leistungsniveau charakterisiert sich durch die Auspragungen Spitzen-, Breiten- oder Freizeitsport. Abschliefiend wird die Beziehungsabhangigkeit nach Einzelveranstaltungen (unabhangig) oder Veranstaltungen im Rahmen eines Ligensports (abhangig) definiert.
Eine stringente Systematisierung von SGV liefert Schmid (2006, S. 19f.). Er unterscheidet Veranstaltungen nach dem Antrieb der Aktiven, ihren Sport zu betreiben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Typologie der Sport-Events nach Sinnperspektiven (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schmid, 2006, S. 19).
Die Begriffe Sinnorientierung bzw. Sinnperspektive beschreiben die Verhaltensintention, unter der sportliche Aktivitat ausgeubt wird. Es existieren drei mogliche Auspragungen: Wettkampfsport (weiter differenziert in Spitzensport/Mediensport und Breitensport/Freizeitsport), Fitness- und Gesundheitssport sowie Fun- und Natursport. Jede dieser Sinnperspektiven ist Basis verschiedener Sport-Events, wie z.B. die Bayern 3 Inline Tour im Bereich Fun- und Natursport, Volkslaufe als Fitness- und Gesundheitssport oder Olympische Spiele fur den Spitzen- und Mediensport. Schmids Systematisierung bedient sich sportpsychologischer und sportpadagogischer Ansatze, die den Sporttreibenden in den Mittelpunkt stellen.
Fur die vorliegende Arbeit sollen einzelne, abgrenzbare SGV mafigeblich sein, die innerhalb der Systematik Schmids dem Bereich des Wettkampfsports zuzuordnen sind.[9] Dabei handelt es sich um Auspragungen des Spitzen- und Mediensports, wie sie in Abbildung 3 farblich hervorgehoben sind. Das beinhaltet die Erfullung folgender Kriterien:
- Verbreitung mit hoher Reichweite,
- medial interessante Ausgestaltung,
- hohe Zuschauerzahlen und
- sportliche Hochstleistungen.
Diese Einengung lasst sich damit begrunden, dass nur im Rahmen solcher SGV alle Interessengruppen vertreten sind, die in dieser Arbeit untersucht werden sollen. Kleinere Sportveranstaltungen, rein kommerzielle Werbe-Events oder Ereignisse aus dem Freizeit- oder Breitensport sind nicht unbedingt geeignet, die komplexen Beziehungen zwischen den Anspruchsgruppen darzustellen. Zumeist dominiert in diesem Fall ein einzelner Akteur und die weiteren Interessengruppen mussen sich dessen Zielen unterordnen. Beispiele fur das zu untersuchende Segment sind Olympische Spiele, als weltweit grofite Sportveranstaltung, Fufiball- Weltmeisterschaften oder in gleicher Weise einzelne Fufiballspiele im Rahmen einer professionellen, nationalen Liga sowie einzelne Tennis Grand Slam Turniere, grofie Marathonlaufe oder Formel 1 - Rennen.
2.1.3 Die Bedeutungszunahme von Sportgroftveranstaltungen
In der Literatur begegnet man einer Reihe von Arbeiten, die sich mit der Bedeutungszunahme von Events im Allgemeinen und SGV im Besonderen beschaftigt (z.B. Brehm, 2005; Brehm et al., 2007; Schmid, 2006; Riedmuller, 2001; Opaschowski, 1996; Getz, 1991). Dass sportlichen Veranstaltungen eine grofie Bedeutung zukommt, lasst sich an einigen Daten belegen, z.B. den hohen TV-Einschaltquoten von SGV, den Gesamtubertragungszeiten von Sportveranstaltungen im Fernsehen, den Besucherzahlen in Sportarenen oder der Anzahl an Sponsoren.
Im vorliegenden Abschnitt liegt das Hauptaugenmerk darauf, Erklarungen fur die Bedeutungszunahme von SGV anzufuhren. Zunachst werden historische und soziologische Argumente aufgezeigt und anschliefiend die Komponenten Markt- sowie Kommunikationsbedingungen, vor dem Hintergrund des Erklarungsansatzes von Schmid (2006, S. 46) erganzt.
Gerhard Schulze (2005, S. 55) beschreibt die Entwicklung der Gesellschaft in den letzten 200 Jahren, als den Weg von der „Uberlebensorientierung zur Erlebnisorientierung“.[10] Noch im 19. Jahrhundert gehorten Krankheiten und Tod sowie Not und Armut zum Alltag von mehr als 80% der Menschen in Deutschland. Auch die Jahre nach den Weltkriegen waren durch Hunger und Mittellosigkeit gepragt. In den Folgejahrzehnten entwickelte sich dann, mit Einsetzen des wirtschaftlichen Aufschwungs, eine „Basisorientierung des Erlebens (...) uber die niemand mehr nachdenkt“ (Schulze, 2005, S. 55). Die stetig prosperierende Gesellschaft erfuhr die Expansion ihrer Moglichkeiten. Dies zeigt sich z.B. darin, dass der primare Nutzen konsumierter Guter als selbstverstandlich akzeptiert wird und in den Hintergrund tritt. Im Vordergrund stehen das Erlebnis, das mit dem Konsum verbunden ist sowie die Suche nach dem Schonen. Inden (1993, S. 20) formuliert es bildhaft: „Nicht mehr die Grofie des Schnitzels, sondern das Umfeld, ist das Kriterium fur die Wahl eines Restaurants." Diese Entwicklung bis ins gegenwartige 21. Jahrhundert determiniert sich laut Schulze (2005, S. 56) durch die Faktoren Angebot, Nachfragekapazitat sowie Zuganglichkeit. Unter dem Begriff Angebot subsumiert man, dass heutzutage samtliche Alltagsbereiche als Markt angesehen und infolgedessen mit Produkten bereichert werden. Die Nachfragekapazitat beinhaltet das verfugbare Realeinkommen und die Zeit, die man fur das Konsumieren aufwenden kann (Schulze, 2005, S. 57). Opaschowski (1995, S. 203) fasst diese beiden Faktoren zusammen und bezieht sie auf den Sport: „Sport als Massenbewegung setzt relativen Wohlstand und genugend Freizeit voraus." Insbesondere im Bereich der Lebenszeit offenbaren sich gravierende Verschiebungen. Wahrend der Industriellen Revolution verbrachte ein Mensch zwei Drittel seines Lebens mit Arbeit, heutzutage ist es nur noch die Halfte. Nachstehende Tabelle verdeutlicht die Arbeitszeitentwicklung der letzten 100 Jahre:
Tabelle 1: Die Entwicklung des Arbeitsvolumens (Quelle: Opaschowski, 2006, S. 19f.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dieser Trend hat sich zuletzt aufgrund der schwankenden Konjunktur und dem drohenden Wohlstandsverlust etwas relativiert. Nichtsdestotrotz ist die Lebensarbeitszeit, vor einem historischen Gesamtkontext betrachtet, deutlich kurzer geworden. Mit dieser Entwicklung geht ein steigender Freizeitanteil einher. So nahm die freie Zeit an Werktagen zwischen 1952 und 2006 von 1,5 auf 5,2 Stunden zu (Opaschowski, 2006, S. 25). Auch die Anzahl der zur Verfugung stehenden Urlaubstage hat sich mehr als verdreifacht.[11] Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt aktuell bei 60,7 Jahren (Opaschowski, 2006, S. 18). Gleichzeitig erhoht sich die Lebenserwartung in den Industrielandern immer weiter. Damit bleiben im Gegensatz zur Vergangenheit einige Jahre mehr an aktiver Lebenszeit.
Doch nicht nur das Mehr an Freizeit muss ausgefullt werden. Auch das geanderte Freizeitverhalten, der Wertewandel[12], der sich u.a. in dem Verlangen nach Abwechslung, Selbstentfaltung und erlebnisorientiertem Bewusstsein ausdruckt, verlangt Befriedigung[13]. Eine der beliebtesten Beschaftigungen in der Freizeit, die zugleich eine Befriedigungsmoglichkeit darstellt, ist der Sport. Die Facetten sind dabei vielfaltig: als Fernsehzuschauer, als Live-Zuschauer oder als Aktiver.[14] Der Sport boomt. „Sport ist Massenbewegung und Modeerscheinung, Lebensstil und Lebensgefuhl, Kommunikation und Kommerz." (Opaschowski, 1995, S. 203). Des Weiteren machen der technologische Fortschritt und die Funktionalisierung der Arbeit korperliche Aktivitat entbehrlich. Nach Inden (1993, S. 20) gilt: „Freizeit muss Erlebnis sein, weil die Arbeit keine Erlebnisse mehr bietet.“ Nicht von ungefahr kommt dem Sport in Industrielandern eine wesentlich grofiere Bedeutung zu, als bspw. in Landern der Dritten Welt. Bereits in den 1970er Jahren stellte Graf von Krockow (1974, S. 10) fest, dass Sport eine „Ausgleichsreaktion“ ist. Ungenugende oder einseitige Belastung und das Bedurfnis nach Spannung begrundeten, seiner Meinung nach, schon damals die „Ventilfunktion“ (Krockow, 1974, S. 10) des Sports. Die vorstehenden Ausfuhrungen umreifien historische und soziologische[15] Erklarungen fur die Bedeutungszunahme von SGV. Sowohl Brehm (2005, S. 95) als auch Schmid (2006, S. 46) nehmen diese Aspekte auf und fugen sie anhand wirtschaftlicher und kommunikationswissenschaftlicher Argumente zu einem Erklarungsansatz (in Anlehnung an Woll, 1997, S. 32) zusammen, der den Trend zum Event beschreibt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Rahmenbedingungen fur den Trend zum Event im Sport (Quelle: Schmid, 2006, S. 46)
Die Rahmenbedingungen im Bereich der Kommunikation lassen sich durch die Faktoren Low-Involvement und Informationsuberlastung beschreiben. Die Informationsuberlastung ist vor allem auf eine stark gestiegene Medienzahl zuruckzufuhren. Dies bezog sich in den 1990er Jahren auf Printmedien sowie TV- Angebote und schlieBt die aktuelle Entwicklung im Bereich des Internets mit ein. Im Jahr 1994 wurden in den unterschiedlichen Medien schon mehr als 56000 Marken beworben (Schmid, 2006, S. 34). Infolgedessen steigt der Anteil nicht oder nur fluchtig beachteter Informationen und es kommt zu einer Uberlastung der Rezipienten (Zuschauer).[16] Diese Informationsuberlastung wurde bereits in den 1980er Jahren in Deutschland mit 98,1% beziffert (Dmoch, 1991, S. 19). Der zweite Faktor der Kommunikationsbedingungen, das sog. Low-Involvement, bezeichnet „geringes inneres Engagement, sich gedanklich oder emotional mit einem Sachverhalt auseinanderzusetzen“ (Dmoch, 1991, S. 19). Die Anzeigen in Zeitschriften werden nur uberflogen, in den Werbepausen wird zwischen den TV-Kanalen weiter geschalten und das Fernsehen dient allgemein lediglich als Nebenbeschaftigung, z.B. beim Essen oder Bugeln. Diese beiden Faktoren, Low-Involvement und Informationsuberlastung, fuhren dazu, dass alternative Wege zur Konsumentenbeeinflussung beschritten werden mussen. Und da „Gefallen uber Verstehen geht“, eignen sich SGV und deren positive Umgebungsbedingungen hervorragend dazu, eine Werbebotschaft zu kommunizieren.
Die Rahmenbedingungen im Bereich des Marktes lassen sich durch die Schlagworter gesattigte Markte, Homogenitat von Produkten und Dienstleistungen und Marktfragmentierung beschreiben. Allein die Industrielander produzieren heute mehr Konsumguter als die gesamte Menschheit bis zum Jahr 1945 (Opaschowski, 2006, S. 295). Das spricht fur das Argument gesattigte Markte. Kennzeichen dieses Zustands sind ausgeschopfte Marktpotentiale und hoch ausgepragter Verdrangungswettbewerb. Die Homogenitat von Produkten und Dienstleistungen lasst sich im Alltag gut beobachten und durch Studien belegen (Schmid, 2006, S. 36). Ob man ein flussiges, korniges oder tablettenformiges Waschmittel kauft, mit Glanzeffekt oder ohne, ist unerheblich. Im Ergebnis wird die Wasche sauber. Qualitat ist nicht mehr der einzig „ausschlaggebende Faktor“ (Schmid, 2005, S. 36).
Auf gesattigten Markten mit austauschbaren Produkten und Dienstleistungen entwickelt sich der Produktwettbewerb zu einem Marketingwettbewerb. Ein weiteres Problem fur das Marketing von Unternehmen ist die fortschreitende Marktfragmentierung (Thein, 2004, S. 23). Die Kundenwunsche werden immer heterogener, die Zielgruppen immer kleiner, individueller, flexibler und dynamischer. Infolgedessen ist die gezielte Ansprache, die emotional und aktivierend auf den Kunden einwirkt, das herausragende Marketingziel. In der Konsequenz werden die Unternehmen erfolgreich sein, die sich von der Konkurrenz abheben, z.B. durch ein besonderes Image, das mit dem Unternehmen assoziiert wird oder mit Emotionen, die mit dem Produkt verbunden sind. An diesem Punkt setzen SGV an. In deren Rahmen ist es besonders gut moglich, Emotionen zu wecken oder ein Image zu profilieren.
Zusammenfassend kann man sagen, dass wachsender Wohlstand und steigende Freizeitwerte beinahe jedem Konsumenten die Moglichkeit eroffnen, von ihm praferierte Erlebnisse zu erfahren und dem Wunsch nach Selbstentfaltung nachzukommen (Schulze, 2005, S. 57). Sport, ob aktiv oder passiv, ist eine dieser Moglichkeiten und dient zugleich als Ausgleichsreaktion auf einen bewegungsarmen und spannungsfreien Alltag (Pleitgen, 2000, S. 1). Heutzutage werden mit Sport auch andere Begriffe wie Spafi, Mode und Fitness verbunden. Es zahlt nicht mehr nur die reine Leistung und das Streben nach „schneller, hoher, weiter“ (Freyer, 2002, S. 13; Schauer, 1993, S. 13). Kulturaktivitaten, Feste, Feiern oder vergleichbare Beschaftigungen fanden schon immer ihren Platz in allen Epochen. „Freizeit ist kein Phanomen der Neuzeit“, stellt Opaschowski (2006, S. 283) dazu fest. Jedoch haben sich einige Faktoren grundlegend verandert, weshalb Medien und Wirtschaftsunternehmen zur Umsetzung ihrer Ziele auf Sport setzen: so heifien die Rahmenbedingungen des gegenwartigen Wettbewerbs Informationsuberlastung, niedriges Empfanger- Involvement, gesattigte Markte, hohe Marktdifferenzierung und Trend zur Erlebnisgesellschaft. Diese Determinanten bedingen den Einsatz emotionaler Reize (Woll, 1997, S. 31). Im Rahmen von Sportveranstaltungen lasst sich der Transport emotionaler Botschaften und Informationen besonders gut umsetzen. Angestrebtes Ziel ist dabei der Imagetransfer vom Sport auf das Unternehmen, der die eigene Marke, Firma oder Produkte von der Konkurrenz abhebt (Schmid, 2006, S. 46). Die Schlussfolgerung aus den vorstehend beschriebenen Entwicklungen ist in der gestiegenen Bedeutung von SGV zu sehen (z.B. Schmid, 2006; Kurscheidt, 2002).
2.2 Erfolg
Das Streben nach Erfolg wohnt uns alien inne. Die Auspragung dessen, was unter Erfolg verstanden wird, hangt allerdings von der individuellen Perspektive und Intention ab, z.B. monetarer, ideeller oder sportlicher Erfolg. Der folgende Abschnitt dient dem Auffinden einer geeigneten Begriffsbeschreibung und der Kennzeichnung von Faktoren, die den Erfolg ausmachen.
2.2.1 Allgemeines und okonomisches Begriffsverstandnis
Ganz allgemein bedeutet Erfolg das „positive Ergebnis einer Bemuhung, das Eintreten einer erstrebten Wirkung“ (o. V., 2006, o. S.). Diese generelle Beschreibung lasst sich auf samtliche Lebensbereiche anwenden. Auf die okonomische Perspektive bezogen, wird unter Erfolg vordringlich das erwirtschaftete Ergebnis eines Unternehmens verstanden (z.B. Tereschenko & Kieneke, 2007; Tilebein, 2005). Dieses Ergebnis lasst sich in einer Reihe finanzwirtschaftlicher Kenngrofien darstellen, z.B. Umsatz, Kosten, Gewinn, Ebitda (Unternehmensertrag vor Steuern, Zinsen und Abschreibung), Eigenkapital oder Kapitalquote. Bisher fehlt es jedoch an einer eindeutigen Definition des Erfolgsbegriffs fur die Unternehmensebene. Fest steht, dass der Erfolg einer Vielzahl von Faktoren unterworfen ist und auf unterschiedliche Weise gemessen werden kann. Die ausschliefiliche Betrachtung finanzwirtschaftlicher Erfolgskriterien greift definitiv zu kurz, da sich die Unternehmensrealitat weitaus vielschichtiger darstellt. Aufierdem sind finanzielle Erfolgsmafie, insbesondere buchhalterische, lediglich vergangenheitsbezogen und vernachlassigen die aktuelle Situation (Tilebein, 2005, S. 10; Fritz, 1992, S. 217). So kann bspw. ein kurzfristig hoher Gewinn bei einer Vernachlassigung zukunftsentscheidender Investitionen bis zur Liquidation des Betriebes fuhren. Der Erfolg einer Unternehmung sollte mithin als „Prosperieren“ und „langfristiges Uberleben“ verstanden werden (Tilebein, 2005, S. 1).
Aufierdem konnen Unternehmen ihre Ziele von monetaren Kennzahlen diversifizieren und soziale oder okologische Ergebnisse (z.B. eine Imageverbesserung oder eine Steigerung der Innovationsfahigkeit) als Erfolg anstreben (Schilhaneck, 2004, S. 9). Neue Studien im Bereich der betriebswirtschaftlichen Erfolgsforschung integrieren daher auch nicht-okonomische Grofien. Hier sind z.B. die Angebotsqualitat, die Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit oder die Sicherung der Wettbewerbsfahigkeit zu nennen (Tereschenko & Kieneke, 2007, S. 7). Im Folgenden werden drei Definitionsansatze vorgestellt, die eine differenzierte Betrachtung des Unternehmenserfolgs vornehmen.
Der System-Ansatz beinhaltet das langfristige Uberleben des Unternehmens durch Bundelung knapper Ressourcen. Weiterhin werden eine erfolgreiche Interaktion mit der Umwelt und die Stabilisierung des Unternehmenssystems vorausgesetzt. Erfolg ist hiernach die Mafigrofie fur den Erwerb und die Sicherung der Ressourcen sowie der Anpassung des Unternehmens an die Umwelt verbunden mit einem aktiven Management der Umgebungsbedingungen (Tilebein, 2005, S. 9). Der konstitutive Ansatz bejaht den Unternehmenserfolg dann, wenn das Anreizprogramm fur die Unternehmensmitglieder so ausgestaltet ist, dass die gewunschten Verhaltensweisen und Erfolgsbeitrage eintreten. Die Schwache beider Theorien, System-Ansatz und konstitutiver Ansatz, liegt in den jeweils erheb lichen Operationalisierungsproblemen des Erfolgsbegriffs.
Deshalb wird in der Forschungspraxis dem Zielansatz die grofite Bedeutung beigemessen: der Erreichungsgrad bzw. das Erreichungsausmafi der vom Unternehmen im Vorfeld formulierten Ziele bestimmen nach der Zielansatztheorie den Erfolg (Tereschenko & Kieneke, 2007, S. 7). Die ausgegebenen Ziele konnen vielfaltig und verschieden gewichtet sein. Sie mussen jedoch eindeutig strukturiert und identifizierbar dargestellt werden. Folgende Schritte gliedern den exakten Ablauf zur Feststellung des Erfolges (Tereschenko & Kieneke, 2007, S. 7):
- Festlegung von Zielen (1)
- Entwicklung einer Strategie zur Zielerreichung (2)
- Planung der Zielerreichung (3)
- Starten des Veranderungsprozesses (4)
- Kontrolle (5).
Der Zielansatz stellt das Unternehmen konsequent in den Mittelpunkt und bezieht sich auf die Ebene der Gesamtorganisation. Diese Eigenschaften begrunden seine hohe Praxisrelevanz und Nutzlichkeit fur die empirische Forschung (Fritz, 1992, S. 220).
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich der Erfolg eines Unternehmens an teilweise stark variierenden Zielen bemisst. Er umfasst sowohl die aktuelle Leistungsfahigkeit und Effizienz als auch die Zukunftsfahigkeit (Tilebein, 2005, S. 12). Die Erfolgsmessung hangt demnach entscheidend von den Erfolgszielen und dem entsprechenden ZielerreichungsausmaB ab. Fur die weitere Arbeit soll der vorgestellte Zielansatz aufgrund seiner hohen Relevanz und Anerkennung maBgeblich sein.
2.2.2 Erfolgsfaktoren - Definition, Klassifizierung, Forschung und Grenzen
Unter Erfolgsfaktoren werden solche GroBen verstanden, „von denen man annehmen kann, dass sie den unternehmerischen Erfolg entscheidend beeinflussen“ (Fischer, 1993, S. 18). Sie bilden aus theoretischer Sicht die Ursachen fur die positive Entwicklung eines Unternehmens oder Geschaftsbereichs. Erfolgsfaktoren sollten eine strategische Dimension beinhalten. Das heiBt, sie mussen langfristig wirksam sein und einen Wettbewerbsvorteil gegenuber der Konkurrenz begrunden. AuBerdem sollen sie die Frage beantworten, welche Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf das Erfolgspotential strategischer Geschaftsfelder ausuben (Tereschenko & Kieneke, 2007, S. 4). Jenner (1999, S. 95ff.) stellt drei Anforderungen an Erfolgsfaktoren auf Unternehmensebene:
1. Sie mussen den Aufbau einer Alleinstellung (USP - unique selling position) gegenuber den Wettbewerbern ermoglichen.
2. Sie mussen einen subjektiven Nutzen fur die Zielgruppe erbringen, um die spezifischen Kundenbedurfnisse zu befriedigen.
3. Sie mussen den Aufbau charakteristischer Ressourcen und Fahigkeiten, die moglichst einzigartig und nicht imitierbar sind, gewahrleisten.
Die Begriffe „kritischer“ oder „strategischer“ Erfolgsfaktor - in der Literatur oft synonym verwendet - bezeichnen ein Konzept, nach dem unter der Vielzahl von EinflussgroBen auf den Erfolg eines Unternehmens einige von entscheidender Bedeutung sind. Nach dieser Konzeption ware es ausreichend, „sich auf das Management weniger zentraler StellgroBen im Unternehmen zu konzentrieren“ (Tereschenko & Kieneke, 2007, S. 4). Uber die Identifikation, Anzahl und Gewichtung strategischer Erfolgsfaktoren liegen bisher jedoch nur wenige, widerspruchliche Ergebnisse vor, so dass von einem Konsens keine Rede sein kann.
Die Klassifizierung von Erfolgsfaktoren geschieht anhand ihrer Merkmale. Nach dem Geltungsbereich wird zwischen generellen (branchenubergreifenden), branchenspezifischen, unternehmensspezifischen und geschaftsfeldspezifischen Erfolgsfaktoren unterschieden. Des Weiteren klassifiziert man in unternehmensexterne (in der Umwelt des Unternehmens begrundet) und unternehmensinterne (im Unternehmen selbst begrundet) GroBen. Weiterhin differenziert man zwischen harten (z.B. Organisationsstruktur, Produktionstechnologie) und weichen Faktoren (z.B. Unternehmenskultur, Fuhrungsprinzipien) (Tereschenko & Kieneke, 2007, 5f.).
Ziel der Erfolgsfaktorenforschung ist es, die Determinanten des Erfolgs oder Misserfolgs eines Unternehmens zu ermitteln. Die zentralen Fragestellungen zielen auf die Wirkungsintensitat, Wirkungsinteraktionen, Dynamik, Beeinflussbarkeit sowie Beherrschbarkeit ab. Ausgangspunkt der Forschung sind Variablen zur Quantifizierung des Unternehmenserfolgs, sog. Erfolgsindikatoren (z.B. Umsatz, Gewinn, Rentabilitat). Man unterscheidet zwischen theoretisch bzw. empirisch ausgerichteten Studien oder praxisnahen Ansatzen (Tereschenko & Kieneke, 2007, S. 8).
Folgendes Zitat zeigt die Grenzen der Forschung sehr deutlich auf: „Versuche von Managementforschern, Faktoren des Erfolgs von Unternehmen zu identifizieren, sind bislang erfolglos geblieben.“ (Nicolai & Kieser, 2002, S. 579). Die Kritik an Erfolgsfaktoren und ihrer Erforschung bezieht sich vor allem auf die Heterogenitat in den Untersuchungsansatzen, Analysemethoden und Resultaten. AuBerdem wird kritisiert, dass ein „Erfolgsrezept“ oder ein Mix an absoluten Erfolgsfaktoren jeder Unternehmung die Erfullung aller Ziele garantieren wurde und deshalb utopisch ist (Kieser & Nicolai, 2006; Forsmann et al., 2006). Nicolai und Kieser (2002, S. 584f.) fuhren folgende weitere Kritikpunkte an:
- „key informant bias“ - Verzerrungen in der Datenerhebung, da ein Mitglied des Unternehmens Auskunft erteilt
- Simultaneitat - interdependenter Zusammenhang zwischen Situation, getroffener MaBnahme und Erfolg
- Endogenitat - Beeinflussung unabhangiger Variablen durch nicht erhobene Variablen
- unzureichende Berucksichtigung situationsspezifischer Faktoren
- „survival bias“ - nur Unternehmen, die uberlebt haben, gehen in die Untersuchung ein.
Einzelne Variable konnen nicht entscheidend fur den Unternehmenserfolg sein. Vielmehr gilt das Prinzip der „multiplen Kausalitat“ (Forsmann et al., 2006, o. S.). Darunter versteht man das Zusammenwirken nicht isolierter, interdependenter KenngroBen. Diese Kombinationen mehrerer, komplementarer GroBen, die fur den Erfolg eines Unternehmens verantwortlich sind, sollen bestimmt werden.[17] Aktuelle Studien (z.B. marktorientierte oder ressourcenorientierte Ansatze) integrieren auBerdem die Determinanten der gegenwartigen Wirtschaftslage, wie z.B. komplexe Umweltbedingungen, hohe Dynamik und weit verbreitete Unsicherheit sowie erschwerte Prognostizierbarkeit. Tilebein (2005) kommt zu dem Schluss, dass nur Unternehmen, die „zu permanenter Erneuerung in der Lage sind“ (Tilebein, 2005, S. 7) Erfolg haben konnen. Der dynamische Wettbewerb befordert den stetigen Verfall des Unternehmenserfolgs. Demnach muss das Ziel sein, einen „kontinuierlichen Strom von Wettbewerbsvorteilen zu kreieren, der sich aus immer neuen Erfolgsquellen speisen muss“ (Tilebein, 2005, S. 7). Festzuhalten bleibt, dass die Problemfelder der Erfolgsfaktorenforschung bisher nicht uberzeugend gelost werden konnten. Der umstrittene Charakter des Themengebiets zeigt sich auch in der mitunter hitzig gefuhrten Debatte um die Existenz und Ausgestaltung moglicher Erfolgsfaktoren (z.B. unter http://dialog-erfolgsfaktorenforschung.de/; Kieser & Nicolai, 2006).
Der Bruckenschlag fur die unternehmerische Praxis im Rahmen der Organisation von SGV besteht in der Anerkennung der Tatsache, dass allgemeingultige Erfolgsfaktoren wahrscheinlich eine Utopie bleiben. Jedoch konnen die ermittelten Variablen Indizien fur die Implementierung von Strategien liefern (Forsmann et al., 2006, o. S.). An dieser Stelle lasst sich ein erster Bezug zum Zielansatz herstellen. Die Strategie, die im zweiten Schritt zu entwickeln ist, sollte die Ergebnisse der Erfolgsfaktorenforschung integrieren. AuBerdem sollten die standig wechselnden Umweltbedingungen in allen funf Etappen des Zielansatzes berucksichtigt sein und dementsprechend eine fortwahrende Kontrolle zwischen Ist- und Sollzustand durchgefuhrt werden.
2.3 Zusammenfuhrung: Erfolg bei einer Sportgroftveranstaltung
In den Kapiteln 2.1 und 2.2 wurden die Begriffsfelder SGV und Erfolg detailliert beschrieben. Um beide Termini zusammenfuhren zu konnen, sollen die Definitionen noch einmal in Erinnerung gerufen werden. Fur SGV gilt:
Als Sportgrofiveranstaltung werden einzigartige, geplante und zeitlich begrenzte Veranstaltungen bezeichnet, die mittels der Inszenierung sportlicher Ereignisse zur emotionalen Aktivierung der Zuschauer und Teilnehmer sowie zur Zielerreichung der Anspruchsgruppen dienen sollen.
Der Erfolg bestimmt sich nach dem Zielansatz. Das bedeutet, der Erreichungsgrad bzw. das Erreichungsausmafi der vom Unternehmen ausgegebenen Ziele ist entscheidend fur die Feststellung, ob ein Erfolg vorliegt oder nicht. Die folgenden funf Schritte gliedern den Ablauf zur Beurteilung des Erfolges:
- Festlegung von Zielen
- Entwicklung einer Strategie zur Erreichung
- Planung der Zielerreichung
- Starten des Veranderungsprozesses
- Kontrolle (Tereschenko & Kieneke, 2007, S. 7).
Um von einer erfolgreichen SGV sprechen zu konnen, mussen zunachst die in der Definition aufgezeigten Voraussetzungen (Einzigartigkeit, Planung und zeitliche Begrenzung) erfullt sein. Ferner gibt die Definition vor, dass sportliche Ereignisse inszeniert sein sollen. Diese Inszenierung ist das Mittel, mit dem zwei Ziele angestrebt werden: die emotionale Aktivierung von Zuschauern und Teilnehmern sowie in der Folge die Zielerreichung der beteiligten Anspruchsgruppen.
Wenn die emotionale Aktivierung der Zuschauer und Teilnehmer gegeben ist, kann man nach dem Verstandnis des Zielansatzes von einer ersten Auspragung des Erfolgs sprechen, denn das vorgegebene Ziel bzw. die in der Definition angegebene Voraussetzung ist erfullt.
Die zweite Auspragung des Erfolgs bei einer SGV, die fur diese Arbeit von grofierer Bedeutung ist, umfasst die Zielerreichung der Anspruchsgruppen. Auch hier gilt, dass nach dem Zielansatz der Erreichungsgrad der von den Interessengruppen im Vorhinein festgelegten Ziele fur den Erfolg entscheidend ist. Sofern deren vorgegebene Ziele erfullt sind, kann man von einer erfolgreichen SGV sprechen. Dies bedeutet dementsprechend, dass die Ziele der beteiligten Anspruchsgruppen fur den Erfolg mafigeblich sind. Jedoch fuhrt die Tatsache, dass unterschiedliche Anspruchsgruppen mit ihren jeweils eigenen Zielen und Interessen an SGV mitwirken dazu, dass man den Erfolg bei einer SGV nicht abschliefiend und eindeutig bestimmen kann.
Im nachfolgenden dritten Kapitel werden die speziellen Ziele der Anspruchsgruppen untersucht. Im Mittelpunkt stehen dabei Zuschauer, Medien, Wirtschaftsunternehmen, Sportler, Veranstalter und der Offentliche Sektor. Diese Akteure sind nicht immer eindeutig voneinander abgrenzbar. So ist in der Praxis z.B. zu beobachten, dass auch Unternehmen oder Medien als Organisatoren von Veranstaltungen auftreten.[18] Weiterhin existieren haufig Kooperationen zwischen den Anspruchsgruppen, z.B. zwischen grofien Konzernen und Medienunternehmen, die deren Ziele und Interessen moglicherweise beeinflussen. Die Komplexitat der vorliegenden Arbeit wurde jedoch erheblich steigen, wenn samtliche Interdependenzen beurteilt und einbezogen werden sollten. Aus diesem Grund sind die Anspruchsgruppen in dieser abstrahiert voneinander zu betrachten.
3 Analyse der Erfolgsziele ausgewahlter Anspruchsgruppen bei einer Sportgroftveranstaltung sowie damit verbundene Interessen
Um dieses Kapitel und die Frage der Perspektivitat einzuleiten, sollen Erkenntnisse aus der Philosophie hinzugezogen werden. Friedrich Nietzsche war einer der bedeutendsten Philosophen, die sich mit Fragen zur Wahl der Perspektive, deren Wahrheitsgehalt sowie der Interpretation verschiedener Sichtweisen auseinander gesetzt hat. Er rechnete stets mit einer „Pluralitat von Perspektiven“, die jeden moglichen „Wahrheitsbezug als einen perspektivischen“ (Hofmann, 1994, S. 45) erscheinen lassen. Er kommt zu der Erkenntnis, dass das Perspektivische den Charakter einer grundlegenden Lebensbedingung darstellt bzw. sogar die „Grundbedingung alien Lebens“ ist (Hofmann, 1994, S. 45). Aus der Ungerechtigkeit der verschiedenen Sichtweisen resultiert fur Nietzsche eine enorme Produktivitat. Jeder Einzelne empfindet unterschiedliche Qualitaten und lebt demzufolge in einer anders strukturierten Welt. „Die Qualitat ist eine perspektivische Wahrheit fur uns.“ (Hofmann, 1994, S. 47). Die Erkenntnisse aus der Philosophie sollen verdeutlichen, dass es keine einzelne, generelle Perspektive auf den Erfolg bei SGV gibt, sondern je nach Interessengruppe Unterschiede in der Ansicht dessen bestehen, was Erfolg bedeutet. Dabei macht gerade das Zusammenwirken zielheterogener Anspruchsgruppen viel von der Faszination aus, die mit der Organisation von SGV verbunden ist (Zieschang & Beier, 2006, S. 7).
Im weiteren Verlauf dieses Kapitels geht es um die Untersuchung der Frage, welche unterschiedlichen Ziele und Interessen mit den verschiedenen Perspektiven auf den Erfolg verbunden sind. Dazu werden die Anspruchsgruppen Zuschauer, Wirtschaftsunternehmen, Medien, Veranstalter, Sportler und Offentlicher Sektor beleuchtet (Kap. 3.1 bis 3.6). In Abschnitt 3.7 wird der Frage nachgegangen, ob sich die unterschiedlichen Interessen und Erfolgsziele der an einer SGV beteiligten Anspruchsgruppen organisatorisch bundeln lassen.
3.1 Zuschauer
„Die Fernsehcouch ist langst zur wichtigsten Sporttribune der
Informationsgesellschaft geworden.“ (Pleitgen, 2000, S. 1). Um dieses Zitat zu belegen, finden sich eine ganze Reihe eindrucksvoller Fakten. So war im Jahr 2007 die Fernsehsendung mit den hochsten Einschaltquoten eine SGV: 16,16 Mio. Zuschauern sahen das Finale der Handball-Weltmeisterschaft zwischen Deutschland und Polen. Auf dem zweiten Platz folgte der Boxkampf zwischen Henry Maske und Virgil Hill, dem immer noch 16,07 Mio. Zuschauer am Bildschirm beiwohnten (o. V., 2008c, o. S.).[19] Doch nicht nur die TV-Einschaltquoten sind exorbitant. Auch die Besucherzahlen live vor Ort einer SGV steigen kontinuierlich an. So stromten in der Saison 2006/2007 mehr als 11,5 Mio. Menschen in die Stadien der Deutschen Fufiball-Bundesliga. Diese Zahl stellt einen neuen Hochstwert dar (o. V., 2008d, S. 39). In der Konsequenz stellt sich die Frage, was so viele Menschen dazu bewegt, Sportveranstaltungen anzuschauen?
3.1.1 Struktur und Motive der Zuschauer von Sportgroftveranstaltungen
Caninenberg (1988, S. 33) definiert Zuschauer ganz allgemein als „Personen, die wissentlich einer Sportveranstaltung beiwohnen, ohne gleichzeitig damit berufliche Ziele zu verfolgen.“ Diese Personen stellen eine aufierst heterogene Gruppe dar. Zur ersten Einteilung des Publikums differenziert man zwischen Stadion-Besuchern und TV-Zuschauern (Ferrand et al., 2007, S. 5). Diejenigen, die ein Sport-Event live anschauen bezeichnet man auch als aktive oder unmittelbare Zuschauer („direct audience“). Fernsehzuschauer oder Radiohorer werden im Gegensatz dazu als passiv oder mittelbar („indirect audience“) charakterisiert (z.B. Roy, 2004, S. 7; Lucerna, 1997, S. 5). Weiterhin unterscheidet man das Publikum einer SGV nach den Kriterien Altersgruppe, Geschlecht, Beruf, regionale Herkunft, Bildung und eigene Sportaffinitat (Heinemann, 1998, S. 230f.).[20] Aus dieser Strukturierung der Zuschauer ergeben sich zugleich erste Motivationsansatze. So bevorzugen Manner leistungs- und wettkampfbezogene SGV, z.B. im Fufiball, Boxen oder Motorsport. Frauen praferieren dagegen eher musisch-expressive Sportaktivitaten, wie Eiskunstlauf oder Tanzen (Schmid, 2006, S. 58f.). In der Literatur finden sich unterschiedliche wissenschaftliche Vorgehensweisen, um die Motive der Zuschauer zu erklaren.[21] Die popularsten Methoden beziehen sich auf motivationstheoretische und phanomenologische Ansatze. Wenner & Gantz liefern in ihrer Studie (1998, S. 237ff.) einen Zugang zu motivationstheoretischen Erklarungen. Danach unterscheidet man zwischen den folgenden funf Dimensionen, die den Konsum von Sport begrunden:
- Die „Fanship Dimension “ beinhaltet den Wunsch nach dem Erleben des Triumphs, des Sieges, dem Erleben von Spannung (affektive, gefuhlsbetonte Dimension). Sie beruht auf dem Verlangen nach Identifikation mit dem Sportler und vor allem dem Gewinner. Die „Fanship Dimension44 wird als bedeutendstes Motiv angesehen.
- Die „Learning Dimension “ ist im Gegensatz zur „Fanship Dimension44 eher kognitiv orientiert. Sie befriedigt das Informationsbedurfnis der Zuschauer (Wie hat mein Verein gespielt? Wer ist Meister geworden?).
- Die „Release Dimension “ erfullt das Bedurfnis zur Entspannung („to have a beer or drink“). Diese Dimension beinhaltet soziale Motivationen fur das Anschauen von Sportveranstaltungen.
- Die „Companionship Dimension“ beschreibt das Geselligkeitsbedurfnis der Zuschauer. Die Sportsendung ist der Anlass, sich mit Freunden und Familie zu treffen.
- Die „Filler Dimension “ beschreibt Sportsendungen als Zeitvertreib. Diese Motivation ist losgelost vom Inhalt, dem Sport, zu betrachten („there is nothing else 'to do'“).
Neben diesen motivationstheoretischen Begrundungen existieren auch phanomenologische Erklarungen fur das Zuschauerinteresse an SGV. Schmid (2006, S. 59ff.) bestimmt folgende zehn Motive der Zuschauer:
- Live-Erlebnis (das beinhaltet die Faktoren Spannung, Dramatik, Emotionalitat, Gemeinschaft)
- Spafi und Unterhaltung (Lebensqualitat, Erlebniswert im Event-Umfeld)
- Identifikation (mit Sportlern, Mannschaften als Orientierung)
- Entspannung
- Zusammengehorigkeit und Gemeinschaft
- Prestige Sehr ausfuhrlich zur Motivation von Zuschauern z.B. Riedl (2006), Roy (2004) und Pfaff (2002).
- Spannung und Erregung (Gegensatz zur Routine und Burokratie im Alltag, Ungewissheit im Ausgang des Sport-Events)
- Biografische Fixierung
- Emotionsmanagement (Sportveranstaltungen bieten den Rahmen fur Stimmungen und Emotionen [z.B. Brehm, 2005, S. 106])
- Korperhandeln und Asthetik (Gegensatz zur automatisierten und computerisierten Arbeitswelt, in der der Korper keine Rolle mehr spielt)
Die beiden vorgestellten Erklarungsansatze machen deutlich, dass affektive Beweggrunde das Zuschauen bei einer SGV starker beeinflussen als Nicht-Affektive. Unterhaltung, Erlebnisorientierung und Identifikation stehen gegenuber kognitiven Motiven, z.B. Informationsbeschaffung oder Prestige, im Vordergrund. Ferrand et al. (2007, S. 5) geben dementsprechend diese Reihenfolge an: „The most important expectations of the audience relate to the sports event: (1) entertainment, (2) excitement, (3) search of information.”
3.1.2 Ziele und Interessen der Zuschauer
Die Ziele und Interessen der Zuschauer orientieren sich stark an ihren Motiven beim aktiven oder passiven Konsum von SGV. Die primaren Ziele, die verwirklicht werden sollen, sind Spafi, Unterhaltung, Spannung, Gemeinschaftsgefuhl und Erlebnis (z.B. Kruger, 2004, S. 9; Opaschowski, 2006, S. 232; Heinemann, 1995, S. 178; Kesenne, 2007, S. 11; Riedl, 2006, 83ff.).
Die auf den Zielen aufbauenden Interessen liegen demzufolge vorwiegend im sozialen sowie sportlichen Bereich und sind unabhangig von okonomischen Kenngrofien (Teichmann, 2007, S. 53; Schmid, 2006, S. 65). Sie lassen sich in folgenden, die Attraktivitat von SGV mafigeblich beeinflussenden, Kriterien zusammenfassen:
- Unsicherheit des Ausgangs,[22]
- sportlicher Erfolg der unterstutzten Mannschaft/des unterstutzten Sportlers,
- faszinierende Sportstars,
- Emotionen,
- eine angenehme soziale Gruppe,
- sportliche Hochstleistungen (Rekorde),
- asthetisch anspruchsvolle Darbietungen,
- attraktive Rahmenprogramme und gute Rahmenbedingungen (Stadioninfrastruktur)
Mit welcher Haufigkeit Zuschauer Sportveranstaltungen vor Ort besuchen, determiniert sich an verschiedenen GroBen. Heinemann (1995, S. 179) unterscheidet folgende Faktoren: okonomische EinflussgroBen (z.B. Eintrittspreis, Einkommen), sozio-demografische Faktoren, Qualitatsfaktoren (Position der Mannschaft, attraktive Spieler) und Unsicherheitsfaktoren (Offenheit des Wettkampf-Ausgangs). Fur die Ziele und Interessen der Zuschauer bedeutet dies folglich, dass z.B. der Eintrittspreis angemessen sein muss, der Wettkampf in seinem Ausgang offen sein sollte, attraktive Sportstars auftreten, das Wetter gut sein sollte und die Stadioninfrastruktur komfortabel an den Bedurfnissen der Besucher ausgerichtet ist (Heinemann, 1995, S. 180ff.).
3.1.3 Diskussion
Schmid (2006, S. 55) macht die Bedeutung der Zuschauer fur die Beteiligten einer SGV deutlich: „Ihr Interesse (...) entscheidet uber die gesamte kommunikative und monetare Wirksamkeit dieses Beziehungsgeflechts.“ Die folgende Grafik veranschaulicht diesen Zusammenhang:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Die Bedeutung der Zuschauer bei einer Sportgro&veranstaltung (Quelle: Eigene Darstellung)
[...]
[1] Dramatik und Spannung wurden durch den Zivilisationsprozess wegrationalisiert. SGV bieten daher eine Gelegenheit zur Ausgleichsreaktion, um der Langeweile und Geheimnislosigkeit zu entfliehen (Pleitgen, 2000, S. 1; Krockow, 1974; Schmid, 2006, S. 44)
[2] Untersucht werden die Wirkungen von SGV. Dabei geht es u.a. um Bewertungsverfahren, die die Entscheidung fur oder gegen offentliche Forderung begrundbar machen. Vgl. Gans, Horn & Zemann (2003), Zemann (2005).
[3] Bsp.: Olympische Spiele, Europameisterschaften, Formel 1 - Rennen oder Schulsportfeste
[4] Bsp.: ein 200-Meter-Lauf oder ein 5000-Meter-Lauf bei einem Leichtathletik-Wettkampf
[5] Ahnlich bei Rahmann et al. (1998, S. 65) und Ferrand (1993, S. 282). Vgl. Anlage 1.
[6] Nach Hall (1992, S. 15) unterscheidet man zwischen „special event“, „mega event“ (darunter werden SGV eingeordnet) und „hallmark event“. Events werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur, insbesondere im Marketing unter den „jungen Kommunikationsinstrumenten“ (Bruhn, 2007, S. 443) detailliert beschrieben. Ihnen kommt eine grofie Bedeutung als Kommunikationsmittel zu. Dementsprechend finden Events umfangreichen Eingang in die Literatur, z.B. bei Bruhn (2007), Nufer (2006), Inden (1993).
[7] Vier Faktoren von Events sorgen fur Eindruck bei Menschen: Einzigartigkeit, Episodenhaftigkeit, Gemeinschaftlichkeit, Beteiligung (Schulze, 1998 zitiert nach Hermanns & Marwitz, 2003, S. 135).
[8] Ausfuhrlich zur Abgrenzung SGV - Sportveranstaltungen: Thein (2004, S. 30f.).
[9] Auf Lucerna (1997, S. 12f.) angewandt, entspricht dies Veranstaltungen aus dem Spitzensport, die Mannschafts- und Individualsportarten umfasst und einzeln oder als Liga ausgetragen werden.
[10] Das Erlebnis selbst wird nicht „vom Subjekt empfangen, sondern von ihm gemacht“ (Schulze, 2005, S. 44). Erlebnisse sind das Resultat der individuellen Verarbeitung und Sichtweise. Dieses Gesellschaftsverstandnis bezieht sich auf den Prozess der Individualisierung, der auf den Soziologen Ulrich Beck und die 1980er Jahre zuruckgeht.
[11] Eine genaue Aufstellung findet sich in Anlage 2.
[12] Es sind nicht unbedingt neue Werte entstanden, lediglich die Gewichtung hat sich verschoben: Arbeit, Treue usw. sind immer noch entscheidende Wertbilder. Weiterfuhrende Literatur zu diesem komplexen Thema: z.B. Schulze (2005) und Raffee & Wiedmann (1988).
[13] Wozu braucht man sonst Online-Pokerspiele, Gelandewagen in Grohstadten oder Energy-Drinks? Erlebnis ist die Antwort.
[14] Die Diskrepanz zwischen Menschen, die sich fur Sport interessieren - 76% - (Opaschowski, 1995, S. 214) und denen, die wirklich aktiv Sport treiben - 33% - (Opaschowski, 2006, S. 220), ist sehr groh.
[15] In den soziologischen Erkenntnissen bleiben soziale Ungleichheiten zumeist unbeachtet. Diese zeichnen jedoch ein differenziertes Bild. Nicht jeder hat die finanziellen oder zeitlichen Mittel, um sich die Erlebnisse seiner Wahl leisten zu konnen. Nichtsdestotrotz ist auch in den „unteren sozialen Schichten eine hohere Erlebnisorientierung unverkennbar“ (Schmid, 2006, S. 39).
[16] Vgl. dazu Raffee et al. (1988), die sich mit dem verstarkten Medienaufkommen Ende der 1980er Jahre beschaftigten und auf die Folgen fur das Marketing detailliert eingehen.
[17] Die Faktoren Kundenzufriedenheit, Humanressourcen, Markenqualitat, immaterielle Unternehmensfahigkeiten und Flexibilitat werden dabei am haufigsten genannt (Tereschenko & Kieneke, 2007, S. 58; Tilebein, 2005).
[18] Bsp. dafur sind Streetball-Challenges oder Flugshows, die zwar keine originaren SGV sind, aber das Zusammenwirken von Sport und Marketing exemplarisch aufzeigen (sog. Event-Marketing, vgl. Kap. 3.3.1).
[19] Jedoch werden weit mehr Stunden vor dem Fernseher als auf den Sportplatzen verbracht, um dort Sportubertragungen „hautnah“ und „live“ im bequemen Sessel zu erleben (Freyer, 2002, S. 9).
Ahnlich zu der Diskrepanz zwischen Sportinteressierten und Sportaktiven vgl. Kap. 2.1.3.
[20] Zur weiteren Charakteristik und Strukturierung der Zuschauer einer SGV sei an dieser Stelle u.a. auf Heinemann (1998), Heinemann (1995, S. 88ff.), Schmid (2006, S. 56ff.), Stollenwerk (1996, S. 56ff.) und Wernecken (2000, S. 85ff.) verwiesen.
[21] Sehr ausführlich zur Motivation von Zuschauern z.B. Riedl (2006), Roy (2004) und Pfaff (2002).
[22] Roy (2004, S. 59f.) beschaftigt sich sehr kritisch mit dem, seiner Meinung nach, haufig uberbewerteten Faktor Unsicherheit.
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