In vorliegender Arbeit versuche ich anhand eines Gesprächsbeispiels mit einem
achtjährigen, portugiesischen Grundschüler zu zeigen, wie man als Lehrkraft,
auch ohne entsprechende Sprachkenntnisse, die Muttersprache von Migrantenkindern
mit der deutschen Sprache vergleichen kann, um dadurch die sprachlichen
Schwierigkeiten der Kinder im Deutschen zu verstehen. Meiner Meinung
nach erleichtert eine Gesprächsaufzeichnung die genaue Fehleranalyse, da eine
Tonbandaufnahme den enormen Vorteil hat, außerhalb des Unterrichtsgeschehens
mehrfach abgehört werden zu können. Aus dieser Gesprächsanalyse lassen sich
dann gezielte Fördermaßnahmen ableiten.
Zunächst werde ich die durchschnittliche, bereits vollzogene Sprachentwicklung
von Kindern diesen Alters darstellen, um überhaupt beurteilen zu können, welche
Sprachfertigkeiten bereits vorhanden sein müssten und welche Fehler im „Normbereich“
liegen. Normbereich darf in diesem Fall nur als Anhaltspunkt gesehen
werden, da gewisse Entwicklungsunterschiede naturgemäß auftreten und nicht
überbewertet werden dürfen. In einem weiteren Kapitel stelle ich kurz die Interdependenzhypothese
vor, da diese auf die besondere Sprachlernsituation mehrsprachiger
Kinder eingeht.
Im 4. Kapitel stelle ich das Kind, seinen Migrations- und Sprachhintergrund vor,
um hier schon Erklärungsansätze für Sprachfehlverhalten zu finden. Im darauf
folgenden Kapitel vergleiche ich die deutsche und portugiesische Sprache, sowohl
in Bezug auf Phonologie und Phonetik, als auch in Bezug auf relevante grammatische
Aspekte. Auch diese Beschreibung soll mir im Hauptteil helfen, die Äußerungen
des Kindes zu analysieren und auszuwerten.
Nachdem ich die Vorbereitung und Durchführung des Gesprächs geschildert habe,
um auch die äußeren Umstände in der Auswertung zu berücksichtigen, liegt dann
der Schwerpunkt meiner Arbeit auf der Analyse des Gesprächsausschnittes. Die mit einem Diktiergerät aufgenommenen Äußerungen des Jungen werde ich modifiziert,
orthographisch transkribieren.
Im abschließenden Kapitel werde ich Vermutungen über die weitere sprachliche
Entwicklung des Kindes anstellen und kurz auf die Fördermöglichkeiten hinweisen,
die man als Lehrkraft hätte/ hat.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die sprachliche Entwicklung bis zum Grundschulalter
3. Die Interdependenzhypothese
4. Vorstellung des Kindes und seines Sprachhintergrundes
5. Unterschiede zwischen der deutschen und portugiesischen Sprache
5.1 Phonetik/ Phonologie
5.1.1 Konsonanten
5.1.2 Vokale
5.1.3 Silbenbetonung
5.2 Grammatik
5.2.1 Tempusformen
5.2.2 Artikel
5.2.3 Subjekt- und Possessivpronomen
5.2.4 Negation
5.2.5 Satzbau
6. Ein Gesprächsbeispiel
6.1 Vorbereitung und Durchführung
6.2 Transkription
6.3 Analyse
6.3.1 Aussprache
6.3.2 Tempusformen
6.3.3 Artikel
6.3.4 Pronomen
6.3.5 Negation
6.3.6 Satzbau
6.4 Auswertung
7. Resümee/ Ausblick
8. Literatur
1. Einleitung
In vorliegender Arbeit versuche ich anhand eines Gesprächsbeispiels mit einem achtjährigen, portugiesischen Grundschüler zu zeigen, wie man als Lehrkraft, auch ohne entsprechende Sprachkenntnisse, die Muttersprache von Migranten-kindern mit der deutschen Sprache vergleichen kann, um dadurch die sprach-lichen Schwierigkeiten der Kinder im Deutschen zu verstehen. Meiner Meinung nach erleichtert eine Gesprächsaufzeichnung die genaue Fehleranalyse, da eine Tonbandaufnahme den enormen Vorteil hat, außerhalb des Unterrichtsgeschehens mehrfach abgehört werden zu können. Aus dieser Gesprächsanalyse lassen sich dann gezielte Fördermaßnahmen ableiten.
Zunächst werde ich die durchschnittliche, bereits vollzogene Sprachentwicklung von Kindern diesen Alters darstellen, um überhaupt beurteilen zu können, welche Sprachfertigkeiten bereits vorhanden sein müssten und welche Fehler im „Normbereich“ liegen. Normbereich darf in diesem Fall nur als Anhaltspunkt gesehen werden, da gewisse Entwicklungsunterschiede naturgemäß auftreten und nicht überbewertet werden dürfen. In einem weiteren Kapitel stelle ich kurz die Interdependenzhypothese vor, da diese auf die besondere Sprachlernsituation mehrsprachiger Kinder eingeht.
Im 4. Kapitel stelle ich das Kind, seinen Migrations- und Sprachhintergrund vor, um hier schon Erklärungsansätze für Sprachfehlverhalten zu finden. Im darauf folgenden Kapitel vergleiche ich die deutsche und portugiesische Sprache, sowohl in Bezug auf Phonologie und Phonetik, als auch in Bezug auf relevante grammatische Aspekte. Auch diese Beschreibung soll mir im Hauptteil helfen, die Äußerungen des Kindes zu analysieren und auszuwerten.
Nachdem ich die Vorbereitung und Durchführung des Gesprächs geschildert habe, um auch die äußeren Umstände in der Auswertung zu berücksichtigen, liegt dann der Schwerpunkt meiner Arbeit auf der Analyse des Gesprächsausschnittes. Die mit einem Diktiergerät aufgenommenen Äußerungen des Jungen werde ich modifiziert, orthographisch transkribieren.
Im abschließenden Kapitel werde ich Vermutungen über die weitere sprachliche Entwicklung des Kindes anstellen und kurz auf die Fördermöglichkeiten hin-weisen, die man als Lehrkraft hätte/ hat.
2. Die sprachliche Entwicklung bis zum Grundschulalter
Die Sprachentwicklung eines Kindes zu beschreiben, wirft immer einige Schwierigkeiten auf. Zum einen erscheint es fast unmöglich eine genaue zeitliche Abfolge festzulegen, zum anderen kann nicht jeder Entwicklungsschritt eindeutig belegt werden (so z.B. das Verstehen von Wörtern, ohne sie selbst aktiv zu benutzen). Stengel/Hude/Meiwald formulieren in ihrer Beschreibung der sprachlichen Entwicklung grobe Sprachlernziele eines Kindes bis zum Eintritt in die Grundschule. Demnach sollen Schulanfänger die Grammatik zum größten Teil beherrschen und Gedankengänge in verschiedenen Zeit- und Personalformen ausdrücken können. Alle Laute sollten korrekt gebildet werden können, während gleichzeitig ihr Wortschatz zu differenziertem Ausdruck befähigt; außerdem sollten abstrakte Begriffe auf altersgemäßem Niveau beherrscht werden.[1]
Als Beginn der vorsprachlichen Entwicklung gilt der erste Schrei eines Babys nach seiner Geburt, bei dem die Umstellung der Sauerstoffversorgung durch die Plazenta auf die Lungenatmung vollzogen wird. Das Schreien der Säuglinge ist als Training der Stimmbänder und der dazugehörigen Muskulatur wichtig für weitere Entwicklungsschritte. Schreien ist als Kommunikationsfähigkeit des Kindes anzusehen, da im Normalfall eine Bezugsperson auf diese Lautäußerung reagiert.[2] Dieser Schreiphase folgt die Lallphase, welche etwa zwei Monate dauert. Das Baby produziert in spielerischer Art und Weise Selbst-, Gurgel-, Sprudel- und Schnalzlaute und wiederholt diese unzählige Male. Diese Lautproduktionen werden in ihrer Melodie und in ihrem Rhythmus variiert und bereiten das Baby auf die Aneinanderreihung der einzelnen Laute vor, die nötig wird, sobald ganze Wörter oder Sätze gesprochen werden. Manche Laute oder Lautketten gehen in der Ausdrucksweise des Kindes wieder verloren, da sie in der Umgebungssprache des Kindes nicht vorkommen.
Das Sprachverständnis nimmt im Laufe der Entwicklung eines Kindes in Abhängigkeit von den Einflüssen seiner Umwelt zu. „Ebenso wie ein Kind lernt, ähnliche Dinge voneinander zu unterscheiden, erkennt es allmählich auch die unterschiedliche Bedeutung von Wörtern.“[3] Kinder imitieren die Laute und Wörter ihrer Bezugspersonen unermüdlich und erfahren, dass man mit Sprache Dinge und Handlungen zum Ausdruck bringen kann.[4]
An diese Vorstufen der sprachlichen Entwicklung schließt sich die Phase der eigentlichen Sprachentwicklung an. Im Alter von einem Jahr spricht ein Kind einzelne Wörter; meist Wörter, die durch Silbenverdopplung (z.B. Ma-ma) entstehen. In seiner weiteren Sprachentwicklung kann ein Kind zunächst die Laute /m/, /b/, /p/ und /n/ aussprechen und bildet mit einzelnen Wörtern Einwortsätze. Fragen werden durch die Wortmelodie zum Ausdruck gebracht. Mit ca. 2 Jahren kann ein Kind bis zu 50 Wörter sprechen und Hauptwörter, einfache Verben und Adjektive verwenden, um Zwei- und Dreiwortsätze zu bilden. Die Laute /w/, /f/, /t/ und /d/ werden unterschieden.[5]
Das 2. bis 3. Lebensjahr ist durch die Mehrwortphase gekennzeichnet. Mehrere Wörter werden aneinandergereiht, wobei es häufig zu grammatischen Fehlern kommt. Das Kind versucht die ersten Konjugationen und Deklinationen und beginnt, Personalpronomen und Präpositionen einzusetzen. Der Wortschatz nimmt stark zu. Während der Mehrwortphase stellen Kinder viele Fragen, die durch die Umstellung von Prädikat und Subjekt gebildet werden.
Im Kindergartenalter sollte das Kind die Laute seiner Muttersprache richtig bilden können, wobei Zischlaute und schwierige Konsonantenverbindungen, wie z.B. /kn/, noch zu Fehlern führen können. Fragen werden nun häufiger durch Fragewörter eingeleitet. Die Nebensatzbildung entwickelt sich allmählich, wobei die Wortstellungsregeln der Muttersprache fast korrekt beherrscht werden. Der Wortschatz des Kindes wird durch die neuen Einflüsse außerhalb der häuslichen Umgebung erweitert und manche Kinder fangen an, eigene Wortschöpfungen zu kreieren.
Im Vorschulalter (4. bis 6. Lebensjahr) wird auf der Aussprache-, Wortschatz- und Grammatikebene eine weitere Differenzierung und Anpassung an die Sprache der Umwelt vorgenommen. Das Kind spricht fließend, die Sätze werden kom-plexer, und kleinere Verse, Lieder und Geschichten können bereits nacherzählt werden. Im Vorschulalter trainieren Kinder ihr Sprachgefühl für die Mutter-sprache. Sie verbessern sich selbst und nehmen Korrekturen durch andere auf. Etwa in diesem Alter erreichen Kinder ein Niveau, das die Situationsablösung ermöglicht und sie über abstrakte Dinge sprechen lässt. Sie beginnen, sprachliche Handlungen zu planen.[6] Mit dem Eintritt in die Grundschule beginnt dann die systematische Alphabetisierung. Die Kinder lernen, eigene Texte zu schreiben und werden an die Textrezeption herangeführt.
Diese Beschreibung der Sprachentwicklung bezieht sich auf einsprachig auf-wachsende Kinder. Doch gibt es wesentliche Parallelen zu zweisprachig auf-wachsenden Kindern: die Muttersprache dieser Kinder wird ebenfalls in den oben beschriebenen Entwicklungsschritten vollzogen. Viele Kinder können auf der Basis ihrer Muttersprachenkenntnisse recht schnell ihre Sprachkompetenzen in der deutschen Sprache erweitern. Dabei gilt der „ungestörte Mutter-sprachenerwerb [als] Voraussetzung für den Zweitspracherwerb“[7]. Auch in früheren Veröffentlichungen anderer Sprachwissenschaftler wird die Muttersprache als Basis für das Erlernen der Zweitsprache angesehen. Nach Fthenakis u.a.[8] bildet die Muttersprachenkompetenz die Denkbasis für die Sprachkompetenz in der Zweitsprache. Somit ist es für eine Lehrkraft uner-lässlich, auch die Fähigkeiten des Kindes in der Muttersprache zu kennen, um dann gezielter fördern zu können. Dies wäre durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Mutersprachenlehrer möglich, sofern muttersprachlicher Unterricht erteilt wird. Leider zeigt die heutige Schulpraxis, dass eine solche Zusammen-arbeit eher selten stattfindet.
[...]
[1] Vgl.: Stengel/ Hude/ Meiwald 1997: Sprachschwierigkeiten bei Kindern. Stuttgart: Klett, S. 19
[2] Vgl.: Crystal 1993: Die Cambridge Enzyklopädie der Sprache. Frankfurt a.M.: Campus, S. 236ff.
[3] Stengel/ Hude/ Meiwald, S.19
[4] Vgl.: Günther 1995: Sprachauffällige Kinder in der Grundschule. Leipzig: Klett, S. 31ff.
[5] Vgl.: Butzkamm/ Butzkamm 1999: Wie Kinder sprechen lernen. Tübingen/ Basel: Francke, S. 36
[6] Ebd.
[7] Stengel/ Hude/ Meiwald, S.33
[8] Fthenakis u.a. 1985: Bilingual-bikulturelle Entwicklung des Kindes. München: Fink, S. 42
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- Tanja Barstat (Author), 2003, Sprachentwicklung mehrsprachiger Kinder am Beispiel eines Gesprächs mit einem portugiesischen Jungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15592
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