Das Mammakarzinom ist weltweit die häufigste maligne Erkrankung der Frau.
Krebspatienten werden immer wieder mit Angeboten konfrontiert, die ihnen eine rasche Hilfe bei der Bekämpfung von Tumorerkrankungen und Stärkung des Immunsystems versprechen. Häufig verbergen sich dahinter sogenannte Nahrungsergänzungsmittel. Zielsetzung der hermeneutischen Diplomarbeit war es, den Einfluss pflanzlicher Nahrungsergänzungsmittel während einer Mammakarzinom- Standardtherapie auf das Immunsystem der Patientinnen zu recherchieren, und festzustellen, inwieweit DiätologInnen die Anwendung dieser Mittel empfehlen können.
Bei der Standardtherapie eines Mammakarzinoms werden mehrere sich ergänzende Therapieformen angewendet wie die Zytostatikatherapie, Strahlentherapie, chirurgische Therapie, hormonelle- sowie Antikörpertherapie. Die konventionelle Tumortherapie des Mammakarzinoms bringt verschiedene Nebenwirkungen mit sich, die häufig zu Nahrungsintoleranzen und in weiterer Folge zu Anorexie führen. Im ersten Abschnitt der Arbeit wurden die Nebenwirkungen der Medikamente, die bei Brustkrebserkrankungen eingesetzt werden, genau beschrieben sowie die ernährungstherapeutischen Maßnahmen, mit deren Hilfe die o.g. Nebenwirkungen gemildert werden können.
Viele krebskranke Patientinnen haben den Wunsch, zu ihrem Heilungsprozess selbst etwas beitragen zu können. Dabei greifen sie oft zu alternativen Therapieverfahren, die überwiegend über unspezifische Immunmodulation, antioxidativ oder die Zellmembran stabilisierend wirken. Komplementäre Methoden, die zum richtigen Zeitpunkt bei entsprechenden onkologisch-therapeutischen Maßnahmen wie Operationen, Zytostatikatherapie und Bestrahlung eingesetzt werden, sind in der Lage die Nebenwirkungen der Standardtherapien zu kompensieren.
Die Forschungsfrage der Diplomarbeit betraf die immunstimulierende Wirkung von pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln während der Standardtherapie des Mammakarzinoms. Pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel stellen nur einen kleinen Teil aller Nahrungsergänzungsmittel, die von Patientinnen als komplementäre Maßnahme verwendet werden, dar. Es wurden 17 Nahrungsergänzungsmittel beschrieben, die den Brustkrebskranken zur Stärkung der Abwehrkraft empfohlen werden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Mammakarzinom
1.1. Epidemiologie
1.2. Erkrankungsbild
1.3. Risikofaktoren
2. Standardisierte Therapie beim Mammakarzinom
2.1. Neoadjuvante (präoperative) Chemotherapie
2.2. Chirurgische Therapie
2.2.1 Brust erhaltende Operation (BEO)
2.2.2 Axilläre Lymphonodektomie
2.2.3 Modifiziert radikale Mastektomie
2.2.4 Ablatio simplex
2.3. Adjuvante Therapie
2.3.1 Postoperative adjuvante Strahlentherapie
2.3.2 Postoperative adjuvante Chemotherapie
2.3.3. Hormonelle Therapie
2.4. Antikörper Therapie (Target Therapie)
3. Nebenwirkungen der konventionellen Therapie von Mammakarzinom
3.1 Nebenwirkungen der Strahlentherapie
3.2 Nebenwirkungen der Zytostatikatherapie
3.2.1 Cyclophosphamid
3.2.2 Methotrexat
3.2.3 Fluorouracil
3.2.4 Epirubicin
3.2.5 Docetaxel, Paclitaxel
3.3 Nebenwirkungen der Hormontherapie
3.3.1 Goserelin, Leuprorelin
3.3.2 Tamoxifen
3.3.3 Fulvestrant
3.3.4 Anastrozol, Lestrozol, Exemestan
3.3.5 Medroxyprogesteronacetat, Megestrolacetat
3.4 Nebenwirkungen der Antikörpertherapie
3.4.1 Trastuzumab
3.4.2 Bevacizumab
4. Ernährungstherapeutische Maßnahmen bei Nebenwirkungen der Mammakarzinombehandlung
4.1 Übelkeit und Erbrechen
4.2 Diarrhoe
4.3 Mukositis/Stomatitis
4.4 Gewichtszunahme
4.5 Obstipation
4.6 Xerostomie
4.7 Geschmacks/Geruchsstörungen
4.8 Fatigue
5. Immunmodulation
5.1. Definitionen
5.1.1. Immunsystem
5.1.2. Immunmodulation
5.1.3. Immunstimulantien
5.2. Immunmodulation durch Ernährung
5.3. Die Wirkung onkologischer Therapien auf das Immunsystem
6. Komplementäre Therapien
6.1. Definition Komplementärmedizin
6.2. Immuntherapeutische Maßnahmen in der Komplementäronkologie
6.3. Anwendung und Gefahren der komplementären Heilmethoden
7. Nahrungsergänzungsmittel (NEM)
7.1. Definition Nahrungsergänzungsmittel
7.2. Definition von NEM aus ernährungsphysiologischer Sicht
7.3. Vertriebswege für NEM
8. Pflanzliche NEM als Immunstimulantien in der Komplementäronkologie
8.1. Aloe Vera
8.2. Avemar®
8.3. Béres Tropfen
8.4. BioBran
8.5. Carnivora
8.6. COD Tee
8.7. Essiac® Tee (Vitalitea) ®, Flor Essence®
8.8. Ginseng
8.9. Haelan 951®
8.10. Kombucha
8.11. Krallendorn
8.12. Lapachotee
8.13. Man Koso
8.14. Noni
8.15. Rooibostee
9. Andere immunstimulierende NEM
9.1. Algen
9.2. Heilpilze
Conclusio
Anhang
Literaturverzeichnis
Bücher
Zeitschriften
Webseiten
Andere
Zusammenfassung
Die Fragestellung lautet: Inwiefern beeinflussen abwehrstärkende pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel aus komplementärmedizinischer Sicht das Immunsystem von Brustkrebspatientinnen während der Standardtherapie des Mammakarzinoms? Inwieweit können wir DiätologInnen die Anwendung dieser Mittel empfehlen?
Der Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln wird als ergänzende Maßnahme zur adäquaten Ernährungstherapie betrachtet. Die Ernährungstherapie stellt eine evidenzbasierte Supportivmaßnahme während der Behandlung von Tumorerkrankungen dar. Sie ist in der Lage, viele Nebenwirkungen der Standardtherapien des Mammakarzinoms zu mindern und die Lebensqualität der Patientinnen zu verbessern.
Bei den, in dieser Diplomarbeit beschriebenen pflanzlichen Immunstimulantien, die von vielen Patientinnen gerne in Anspruch genommen werden, fehlt noch Evidenz. Manche von diesen Präparaten entwickeln zusätzlich eine östrogenähnliche Wirkung, die zu weiterer Stimulation der hormonsensitiven Tumorzellen führen kann. Manche Produkte können zu gefährlichen Nebenwirkungen bzw. Interaktionen mit Medikamenten führen. Einige Nahrungsergänzungsmittel schwächen die Wirkung der Zytostatikatherapie ab.
Das Ergebnis dieser hermeneutischen Arbeit zeigt, dass die pflanzlichen Immunstimulantien bis zur Bestätigung ihrer Wirkung durch die klinischen Studien abzulehnen sind.
Einleitung
Immer mehr Frauen werden weltweit und vor allem in den Industrieländern mit der Diagnose Brustkrebs konfrontiert. Mittlerweile erkrankt in Österreich jede achte Frau daran. Eine standardisierte Therapie des Mammakarzinoms umfasst mehrere, sich ergänzende Behandlungsformen, wie chirurgische Therapie, Zytostatika-, Strahlen-, Hormonelle- bzw. Antikörpertherapie. Dabei kommt es zu zahlreichen Nebenwirkungen, vor allem im Bereich des Gastrointestinaltraktes, sowie zur massiven Beeinträchtigung des Immunsystems der Patientinnen. In weiterer Folge sinkt die Lebensqualität der Betroffenen stark. Zusätzlich leiden die Patientinnen unter Ängsten und Unsicherheit.
In ihrer Verzweiflung greifen die Patientinnen zu allen möglichen Mitteln, die ihnen Heilung bzw. Verbesserung des Gesundheitszustands und Stärkung des Immunsystems versprechen. Es gibt mehrere komplementäre Methoden, die die schulmedizinische Behandlung ergänzen können. Teilweise werden sie von erfahrenen Ärzten angewendet und sind evidenzbasiert. Zu solchen Maßnahmen gehören u.a. adäquate Ernährungstherapie sowie Therapie mit Mistelextrakten, Thymuspeptiden, Natrium-Selenit und bilanzierten Vitamin- und Spurenelementgemischen. Auf dem Markt gibt es mittlerweile auch viele Nahrungsergänzungsmittel, die den Tumorpatienten als zusätzliche Maßnahmen empfohlen werden. Die Betroffenen erwarten von uns DiätologInnen nicht nur kompetente Informationen bezüglich der Ernährung. Sehr oft fragen sie nach zusätzlichen Methoden und Mitteln, mit deren Hilfe sie nicht nur die Nebenwirkungen von Krebstherapien mindern, sondern auch das Immunsystem stimulieren können. Sie werden von ihren Angehörigen, Freunden und Bekannten mit guten Ratschlägen bezüglich dieser „Wundermittel“ überschüttet. Viele finden im Internet unzählige Angebote an Präparaten, die im Kampf mit dem Krebs sehr wirksam sein sollen. Die Patientinnen verlieren sich oft in der Vielfalt angebotener Produkte. Häufig nehmen sie mehrere auf einmal, in der Hoffnung eine möglichst schnelle Wirkung zu erzielen. Dabei erwarten sie von uns eine kompetente Auskunft, ob diese tatsächlich helfen können.
Alle Präparate zu beschreiben, die von den Mammakarzinompatientinnen zusätzlich zu der Standardtherapie eingenommen werden, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Deswegen habe ich mich nur auf die pflanzlichen Immunstimulantien beschränkt und die Forschungsfrage wie folgt formuliert:
Inwiefern beeinflussen abwehrstärkende pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel aus komplementärmedizinischer Sicht das Immunsystem von Brustkrebspatientinnen während der Standardtherapie des Mammakarzinoms?
Inwieweit können wir DiätologInnen die Anwendung dieser Mittel empfehlen?
Daraus resultiert meine Hypothese, die sich folgendermaßen darstellt:
Begleitend zu der adäquaten Ernährungstherapie im Rahmen der Brustkrebsbehandlung haben immunstimulierende Pflanzenpräparate einen signifikanten Einfluss auf das Immunsystem der Patientinnen.
Beim Schreiben dieser hermeneutischen Diplomarbeit wurde die Methode der Literaturrecherche gewählt, die im Zeitraum von Oktober 2008 bis Februar 2009 stattgefunden hat. Nach Basisliteratur wurde in der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien und in den Büchereien der Stadt Wien gesucht. Zusätzlich zu den Fachbüchern wurden auch Artikel aus Fachjournalen verwendet sowie Webseiten von Krebsorganisationen und von den Herstellern der in der Diplomarbeit beschriebenen pflanzlichen Produkte.
In der vorliegenden Arbeit werden im ersten Kapitel die allgemeinen Informationen bezüglich des Mammakarzinoms, dessen Epidemiologie und dessen Risikofaktoren erläutert. Das nächste Kapitel beschreibt allgemein Standardtherapien, die bei der Behandlung des Mammakarzinoms angewendet werden. Dann folgt eine detaillierte Auflistung von Medikamenten, die bei der jeweiligen Therapie eingesetzt werden, sowie deren Nebenwirkungen. Im vierten Teil werden die häufigsten Nebenwirkungen aller Therapien beschrieben und dann wird auf die möglichen ernährungstherapeutischen Maßnahmen, die bei diesen eingesetzt werden können, eingegangen.
Der nächste Teil befasst sich mit dem Thema Immunsystem und Immunmodulation. Dabei wird der Einfluss der standardisierten Therapien von Tumorerkrankungen auf das
Immunsystem der Patientinnen erklärt und die Möglichkeit der Immunstimulation durch Ernährung kurz erläutert.
Im sechsten Teil meiner Arbeit geht es um die Definition von Komplementärmedizin, es werden kurz die evidenzbasierten immunstimulierenden Maßnahmen in der Komplementäronkologie erwähnt und es wird auf eventuelle Gefahren bei der Anwendung von komplementären Heilmethoden eingegenagen.
Im siebenten Teil wird der Begriff Nahrungsergänzungsmittel erklärt und ihre möglichen Vertriebswege beschrieben.
Im Hauptteil werden die einzelnen Nahrungsergänzungsmittel genau beschrieben. Dabei werden 15 pflanzliche Produkte und zusätzlich zwei Produkte, die zwar nicht zum Pflanzenreich gehören, jedoch von den meisten Patientinnen als Pflanzen angesehen werden, berücksichtigt.
Die Forschungsfrage wird dann im Rahmen der Conclusio beantwortet. Im Anhang erfolgt eine kurze Zusammenstellung der bei der Mammakarzinomtherapie verwendeten Wirkstoffe und deren Handelsnamen.
In dieser Arbeit wird die Formulierung Patientin verwendet, da die Prävalenz der Brustkrebserkrankungen bei Männern sehr niedrig ist und diese Krankheit vor allem Frauen betrifft.
1 Mammakarzinom
Das Mammakarzinom ist weltweit die häufigste maligne Erkrankung der Frau und wird als bösartiger Tumor, der entweder vom Epithel der Drüsenlobuli oder der Milchgänge ausgeht, definiert.
1.1 Epidemiologie
Nach Angaben der IARC (International Association on Research of Cancer) erkranken weltweit jährlich etwa 1,2 Millionen Frauen an Brustkrebs, 410.000 sterben daran. Mehr als die Hälfte der Inzidenzfälle betrifft die Industrieländer, besonders in Europa und Nordamerika. Für die Steigerung der Entstehungsrate von Brustkrebs wird hier unter anderem der „westliche Lebensstil“ verantwortlich gemacht. [Parkin et al., 2002]
In Österreich erkranken pro Jahr etwa 36.000 Menschen an Krebs. Bei Frauen ist das Mammakarzinom mit einem Anteil von 28 % aller Tumoren die häufigste Krebserkrankung. Die absolute Zahl der Neuerkrankungen lag in Österreich im Jahr 2005 bei 4.833 Fällen. Von Brustkrebs sind nicht nur Frauen betroffen, auch Männer können an dieser Krebsform erkranken. Im Jahr 2005 gab es in Österreich 49 Neuerkrankungen von Männern an Mammakarzinom. In Österreich erkrankt jede achte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Etwa 1.700 Frauen verlieren jährlich den Kampf gegen diese Krankheit.
[URL 26]
Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Häufigkeit der Erkrankung. Das Maximum wird zwischen dem 55. und dem 65. Lebensjahr erreicht, wobei das mittlere Erkrankungsalter mit
63 Jahren einige Jahre unter dem Durchschnittsalter aller Krebserkrankungen liegt. [URL 20]
1.2 Krankheitsbild
Unter dem Begriff Mammakarzinom werden bösartige oder maligne Tumoren der vorwiegend weiblichen Brust bezeichnet, die entweder von den Auskleidungen der Milchgänge ausgehen (duktal) oder in den Drüsenläppchen entstehen (lobulär).
Aufgrund der histologischen Einteilung können prämaligne und maligne Läsionen unterschieden werden. Zu den prämalignen Läsionen gehören nichtinvasive Vorläuferformen des Mammakarzinoms, wie das ductale Carcinoma in situ (DCIS) und das lobuläre Carcinoma in situ (LCIS). Zu den malignen Läsionen gehören der Morbus Paget der Mamille und invasive Mammakarzinome wie das invasiv ductale und invasiv lobuläre Karzinom. [Gerhard/ Kiechle 2006, 595f]
Die Klassifizierung des Mammakarzinoms erfolgt nach dem TNM System. Dabei wird die Größe des Tumors (T), die Zahl der befallenen Lymphknoten (N) und das Fehlen bzw. Vorhandensein von Fernmetastasen (M) erfasst. Die Ausbreitung der Metastasen erfolgt auf lymphogenem oder hämatogenem Weg. Bei der lymphogenen Metastasierung können die Thoraxwand, die Pleurahöhle und die Lunge befallen werden. Die Inzidenz der hämatogenen Metastasierung ist sehr häufig, dabei werden Metastasen im Knochensystem, Lunge oder Pleura, im Hirn, Leber und in den Ovarien gebildet.
Fast 10 % der Mammakarzinomerkrankungen sind genetisch vererbt. Die Ursache dafür sind Mutationen der Tumorsuppressor-Gene: BRCA-1, BRCA-2 und p53. [URL 22]
1.3 Risikofaktoren
Zu den Risikofaktoren des Mammakarzinoms zählen:
- frühe Menarche (erste Regelblutung unter 12 Jahre)
- Kinderlosigkeit
- hohes Alter bei der ersten Geburt (über 30 Jahre)
- späte Menopause (über 55 Jahre)
- Östrogen- und progesteronhaltige Ovulationshemmer (erhöhen das Risiko geringfügig, es verliert sich 10 Jahre nach dem Absetzen der Medikamente)
- Hormoneratztherapie mit Östrogenen oder Kombination von Östrogen und Gestagen im Klimakterium und Postmenopause
- Übergewicht
- Bewegungsmangel
- Regelmäßiger Alkoholkonsum
- Familiäre erbliche Belastung (Mutter, Schwester)
- Genetische Ursachen
[URL 17]
2 Standardisierte Therapie beim Mammakarzinom
Bei der Standardtherapie eines Mammakarzinoms werden mehrere sich ergänzende Therapieformen angewendet. Manchmal ist es vor der chirurgischen Tumorentfernung notwendig, den Tumor mittels Zytostatika zu verkleinern. Das wird als neoadjuvante Therapie bezeichnet. Die adjuvante Therapie ist eine Nachbehandlung, die als Ziel hat, eventuelle Resttumorzellen zu zerstören.
2.1 Neoadjuvante (=präoperative) Zytostatikatherapie (Chemotherapie)
Die neoadjuvante Chemotherapie stellt z.B. eine alternative Behandlungsform für Frauen dar, bei denen eine Indikation für eine Mastektomie vorliegt, die aber eine brusterhaltende Operation wünschen. Sie wird ab zwei Zentimeter Tumordurchmesser durchgeführt. Diese präoperative, medikamentöse Behandlung kann laut mehreren Studien die Prognose eines Mammakarzinoms in derselben Weise verbessern wie eine adjuvante Therapie. Mit Hilfe von neoadjuvanten Therapien kann die Rate von brusterhaltenden Therapien auch bei größeren Tumoren erhöht werden. [URL 18]
2.2 Chirurgische Therapie
Bei der operativen Therapie des Mammakarzinoms kommen individualisierte Verfahren zur Anwendung, die sich nach dem histopathologischen und klinischen Befund sowie nach dem Wunsch der Patientin richten.
2.2.1 Brusterhaltende Operation (BEO)
Heutzutage ist diese bei ca. 70 % aller Patientinnen möglich. Laut randomisierten klinischen Studien erzielt die brusterhaltende Therapie, unter Berücksichtigung bestimmter klinischer und histologischer Parameter, gleiche Überlebensraten wie die Mastektomie.
Sie besteht aus einer chirurgisch-radiologischen Kombinationsbehandlung mit Tumorektomie, Segmentresektion, Quadrantenresektion mit Sentinel Node-Biopsie und einer Bestrahlung des Restparenchyms der Brust (und evtl. der regionären Lymphknoten). [URL 18]
2.2.2 Axilläre Lymphonodektomie
Dies ist ein wichtiger Bestandteil der chirurgischen Therapie, es werden dabei mindestens zehn Lymphknoten des Levels I und II entfernt. [URL 18]
2.2.3 Modifiziert radikale Mastektomie
Die modifiziert radikale Mastektomie wird immer dann durchgeführt, wenn ein brusterhaltendes Vorgehen nicht möglich ist. Bei der Operation soll die spätere Rekonstruktionsmöglichkeit der Brust berücksichtigt werden. Es werden das gesamte Brustdrüsengewebe und die axillären Lymphknoten entfernt. [URL 18]
2.2.4 Ablatio simplex
Die Brustdrüse wird unter Aussparung der axillären Lymphknoten vollständig entfernt. [URL 18]
2.3 Adjuvante Therapie
Das Ziel der adjuvanten Therapie ist, im Anschluss an die chirurgische Eliminierung des Tumors die vielleicht noch vorhandenen Metastasen zu entfernen. Abhängig von den Risikofaktoren und dem Hormonrezeptorstatus werden isoliert oder kombiniert hormonelle Therapiemaßnahmen, Strahlentherapie und Chemotherapie (zytostatische Therapie) angewendet. [URL 18]
2.3.1 Postoperative adjuvante Strahlentherapie
Nach der brusterhaltenden Operation ist die Nachbestrahlung der betroffenen Brust erforderlich.
Nach einer eingeschränkt radikalen Mastektomie kann die Strahlentherapie die Häufigkeit eines Rezidivs senken. Die adjuvante Strahlentherapie wird bis zu einer Gesamtdosis von 50 Gy [1 Gy (Gray) = 1 J/kg] mit Photonen und Elektronen durchgeführt. [URL 18]
2.3.2 Postoperative adjuvante Chemotherapie
Die adjuvante Zytostatikabehandlung wird eingesetzt, um das Risiko eines Rückfalls von Tumorerkrankungen zu vermindern, wenn keine Tumormanifestation mehr sichtbar ist. Eventuelle Mikrometastasen, die nach der chirurgischen Behandlung geblieben sind, werden damit abgetötet. So kann das rezidivfreie Überleben und Gesamtüberleben verbessert werden. Der Beginn der Therapie findet möglichst bis Tag 14 postoperativ statt. Es werden verschiedene Zytostatika-Schemata eingesetzt, eine generelle Standardtherapie gibt es nicht. [Hess et al. 2001]
Die Auswahl der Schemata hängt von Prognosefaktoren, der Entscheidung der Patientin und allgemeinen internistischen Risiken ab. Die aktuell verwendeten Zytostatika- Schemata sind:
- CMF (Cyclophosphamid, Methotrexat, Fluorouracil)
- EC (Epirubicin, Cyclophosphamid)
- FEC (Fluorouracil, Epirubicin, Cyclophosphamid)
- ET (Epirubicin, Docetaxel)
- TEC (Docetaxel, Epirubicin, Cyclophosphamid)
- Docetaxel- Monotherapie
- Taxol / Herceptin
- Docetaxel /Avastin
- Vinorelbine / Avastin [URL 1, URL 3, URL 18]
2.3.3 Hormonelle Therapie
Die hormonelle Therapie ist bei denjenigen Patientinnen indiziert, die an Östrogen- und/oder progesteronrezeptorpositiven Tumoren erkrankt sind. Sie soll erst nach dem Beenden der Chemotherapie begonnen werden. Sie basiert hauptsächlich auf einen Entzug von Östrogen, welchen man einerseits durch Operation, Radiomenolyse (Röntgenbestrahlung) oder reversible medikamentöse Ausschaltung der Ovarien erreichen kann. Andererseits erfolgt eine
Gabe von Antiöstrogenen bzw. von Medikamenten, die durch Enzymblockade die Östrogenbildung unterbinden. [URL 18]
Die häufigsten Hormontherapien sind: GnRH Analoga (Goserelin, Leuprorelin), SERMs (Tamoxifen), Antiöstrogene (Fulvestrant), Aromatasehemmer (Anastrosol, Letrozol, Exemestan) und Gestagene (Medroxyprogesteronacetat, Megestrolacetat). [URL 1]
2.4 Antikörper Therapie (Target Therapie)
Die Antikörper Therapie ist eine zusätzliche Methode der Behandlung des Mammakarzinoms, die sich gegen Zellen mit einer Überexpression der Her2/Neu (c-erbB2) Rezeptoren richtet. Dies betrifft etwa 15-20 % der Mammakarzinome. [Goerke et al. 2003, 471] Die bei dieser Therapie verwendeten Antikörper sind Trastuzumab (Herceptin) und Lapatinib (Tyverb). Bevacizumab (Avastin) ist ein Antikörper, der nicht nur bei Her2-Rezeptor Überexpression sondern auch allgemein bei der Mammakarzinomtherapie zugelassen ist. Es wird meistens mit Vinorelbine und Docetaxel bzw. Paclitaxel kombiniert. [URL 3, URL 18]
3 Nebenwirkungen der Standardtherapie von Mammakarzinomen
Bei der Behandlung von Patientinnen mit Strahlen-, Zytostatika-, Hormon- und Antikörpertherapie kann es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen. Bereits bei der Diagnosestellung leiden 46 % aller Tumorpatienten unter Geschmacksveränderungen, 60 % unter Völlegefühl, 40-60 % unter vorzeitigem Sättigungsgefühl, 41 % unter Mundtrockenheit, 39 % unter Übelkeit und 27 % unter Erbrechen. Während der Zytostatika- und Radiotherapie werden diese Symptome noch wesentlich verstärkt. [Zürcher 2008]
3.1 Nebenwirkungen der Strahlentherapie
Als Nebenwirkung der Strahlentherapie des Mammakarzinoms werden häufig während oder kurz nach Abschluss der Bestrahlung Hautveränderungen und -entzündungen beobachtet, die aus ernährungstherapeutischer Sicht keine Bedeutung haben. Es kann auch zu verstärkter Müdigkeit kommen, dem so genannten Fatigue- Syndrom, das mehrere Wochen anhalten kann. [Riesenbeck 2007]
3.2 Nebenwirkungen der Zytostatikatherapie
3.2.1 Cyclophosphamid
Bei der Verwendung von Cyclophosphamid kommt es häufig zur Verminderung der Leukozytenzahl, Harnwegsinfektionen, gesteigerter Infektanfälligkeit, Übelkeit und Erbrechen, Haarausfall, Störung der Ovulation und der Wundheilung. [URL 3; Beubler 2007, 209]
3.2.2 Methotrexat
Die häufigsten Nebenwirkungen von Methotrexat sind Übelkeit und Erbrechen, Diarrhoe, Schluckbeschwerden, Stomatitis und Pharyngitis. Dabei kann es zu Rötungen mit Ulcerationen im Bereich der Mundhöhle, des Rachens und des Gastrointestinaltraktes (Mukositis) kommen. Zusätzlich können Appetitlosigkeit, Leukopenie und Thrombozytopenie auftreten. [URL 3]
3.2.3 Fluorouracil
Bei Therapie mit Fluorouracil kommt es häufig zu Leukopenie, Neutropenie und Thrombozytopenie, Alopezie1, Anämie und Immunsuppression. Im Bereich des Gastrointestinaltrakts bestehen Appetitlosigkeit, Mucositis, Stomatitis, Halsschmerzen, Diarrhoe, Pharyngitis, Ösophagitis, Enteritis, Ulzera (inklusive Mundbereich) und in weiterer Folge Anorexie und Malabsorption. [URL 3]
3.2.4 Epirubicin
Gehört zur Gruppe der Anthrazykline, seine Nebenwirkungen im Gastrointestinaltrakt sind vor allem Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen. Eine Mukositis kann fünf bis zehn Tage nach dem Beginn der Behandlung auftreten und manifestiert sich in der Regel als Stomatitis mit schmerzhaften erosiven oder ulzerierenden Läsionen und Schleimhautblutungen, die hauptsächlich entlang der Zungenränder oder sublingual lokalisiert sind. Sehr häufig treten eine Myelosuppression2, Alopezie und Hitzewallungen auf. [URL 3]
3.2.5 Docetaxel, Paclitaxel
Gehören zur Gruppe der Taxane. Ihre häufigsten Nebenwirkungen sind Infektionen (insbesondere des Harntrakts und oberen Atemtrakts), Myelosuppression, periphere Neuropathie, Hypotonie, Alopezie, Gelenk- und Muskelschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis und Diarrhoe. Der Schweregrad der Nebenwirkungen kann bei Gabe von Taxanen in Kombination mit anderen Chemotherapeutika erhöht sein. [URL 3]
[...]
1 Alopezie - Haarlosigkeit als Folge eines vermehrten Haarausfalls. [URL 1]
2 Myelosuppression - Leukozytopenie, Granulozytopenie, Neutropenie, Thrombozytopenie, Anämie. [URL 3]
- Arbeit zitieren
- Agnes Budnowski (Autor:in), 2009, Pflanzliche Nahrungsergänzungsmittel als komplementäre Maßnahme während der Mammakarzinomtherapie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155613
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