Auch wenn Franz Grillparzers (1791-1872) Erzählung „Das Kloster bei Sendomir“ bisher relativ wenig Beachtung geschenkt wurde, oder gerade deshalb will sich diese Arbeit mit der Almanach-Novelle befassen, die erstmals 1828 in dem von Schreyvogel herausgegebenen Taschenbuch „Aglaja“ erschien. Der Fokus soll dabei auf der Entwicklung Starschenskys liegen, auf seinem Weg vom rechtschaffenen Mann zum Mörder seiner Ehefrau, der daraufhin Mönch wird. Warum wird ein „gottgeliebter Mann“ (S.8, Z.8) zum rasenden Eifersuchtsmörder? Inwieweit spielt das Schicksal (der Begriff wird im Laufe noch näher erläutert) bei der Verwandlung eine Rolle und inwiefern trifft Starschensky bzw. Elga die Schuld an der Katastrophe? In einem chronologischen Überblick über die Stationen des Lebens Starschenskys wird auf diese Fragestellungen einzugehen sein. Dabei soll der Schwerpunkt zum einen auf den Textstellen liegen, in denen sich ein Wandel im Wesen des Grafs vollzieht: Das erste Treffen mit Elga (2.1.) und sein Schockzustand nach der Konfrontation Elgas mit dem Kammermädchen (3.1.) und zum anderen auf der Inszenierung, in der Starschensky schließlich seine Frau ermordet (3.3.).
Die äußere Form der Erzählung zeigt sich bei Weitem aufwendiger und kunstvoller gestaltet als dies zunächst erscheinen mag. Anhand von Änderungen in der Erzählweise lässt sich erkennen, dass es sich bei gerade genannten Szenen um wichtige Stationen in Starschenskys Leben handelt, weshalb im Folgenden genau auf diese Phänomene einzugehen sein wird. Zur Betrachtung und Beurteilung von Starschenskys Handeln muss außerdem unbedingt der Aufbau des Werks in die Überlegungen miteinbezogen werden: Wichtig ist zum einen die Tatsache, dass es der Graf selbst ist, der seine Lebensgeschichte wiedergibt, was auf der einen Seite die Frage nach dem Grund aufwirft, warum er den Fremden die Geschichte erzählt (Näheres hierzu in 4.), und auf der anderen Seite, inwiefern er wahrheitsgemäß berichtet. Zum andern ist zu beachten, dass das Verhalten des Grafen der Binnenerzählung nur im Hinblick auf das Auftreten des Mönchs der Rahmenerzählung gesehen und beurteilt werden kann (4.).
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- 1. Der Graf vor dem ersten Treffen mit Elga: „ein über alles gehendes Behagen...“
- 2. Das Leben mit Elga vor dem Entdecken des Betrugs
- 2.1. Das erste Treffen: Das Erweckungserlebnis
- 2.2. Die Werbung und das „glückliche“ Eheleben
- 2.3. Der erste Verdacht und Oginskys nächtlicher Besuch
- 3. Das Leben mit Elga nach dem Entdecken des Betrugs
- 3.1. Starschensky „wie vom Donner getroffen“
- 3.2. Das Eifersuchtsspiel
- 3.3. Die Schlussinszenierung: Die Ermordung Elgas
- 4. Der Graf nach dem Mord: Der Mönch Starschensky
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit Franz Grillparzers Erzählung „Das Kloster bei Sendomir“ und analysiert die Entwicklung der Hauptfigur, Graf Starschensky, vom rechtschaffenen Mann zum Mörder seiner Frau und anschließenden Mönch. Die Arbeit untersucht die Ursachen für Starschenskys Transformation und die Rolle des Schicksals in dieser Entwicklung.
- Die Auswirkungen des ersten Treffens mit Elga auf Starschenskys Leben.
- Die Rolle der Eifersucht und des Betrugs in der Beziehung zwischen Starschensky und Elga.
- Die Darstellung von Starschenskys Schuldgefühlen und seiner Umwandlung zum Mönch.
- Die narrative Struktur der Erzählung und ihr Einfluss auf die Interpretation der Handlung.
- Die Ambivalenz der Figur Starschensky und die Frage nach seiner Schuld.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung stellt die Novelle „Das Kloster bei Sendomir“ vor und erläutert die Forschungsfrage, die sich mit der Transformation des Grafen Starschensky beschäftigt.
Das erste Kapitel analysiert Starschenskys Leben vor seinem ersten Treffen mit Elga und beschreibt ihn als einen zufriedenen und einsamen Mann, der in sich selbst ruht.
Das zweite Kapitel befasst sich mit Starschenskys Leben mit Elga, beginnend mit dem ersten Treffen, das als ein erregendes und schicksalhaftes Erlebnis dargestellt wird. Es werden die Entwicklung der Beziehung und der erste Verdacht auf Elgas Untreue beleuchtet.
Das dritte Kapitel folgt Starschenskys Leben nach dem Entdecken des Betrugs, beschreibt seine Reaktion auf die Enthüllung und die Eskalation seiner Eifersucht, die schließlich in der Ermordung Elgas gipfelt.
Das vierte Kapitel beleuchtet Starschenskys Leben als Mönch nach dem Mord und seine Motivation, seine Geschichte einem Fremden zu erzählen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Eifersucht, Schuld und Transformation, die im Kontext der Novelle „Das Kloster bei Sendomir“ untersucht werden. Besondere Beachtung findet die Figur des Grafen Starschensky, dessen Entwicklung vom rechtschaffenen Mann zum Mörder und Mönch im Zentrum der Analyse steht. Die narrative Struktur und die erzählerische Technik der Novelle spielen ebenfalls eine wichtige Rolle in der Interpretation der Handlung und der Figur des Grafen.
- Quote paper
- B.A. Bastian Heger (Author), 2007, Die Figur des Grafen Starschensky in Grillparzers 'Das Kloster bei Sendomir', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155590
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