Um moderne Organisationen, die von hoher funktionaler und sozialer Differenzierung geprägt sind, Erfolg versprechend leiten zu können, scheint eine Absage an traditionelle erzeugungsorientierte Führungskonzepte unerlässlich (vgl. Arnold 2009, S. 8). In den Sozialwissenschaften herrscht zunehmend Einigkeit darüber, dass ein vom schlichten „Input-Output-Prinzip“ durchdrungenes Führungsverständnis mit den Merkmalen einer modernen Arbeitsgesellschaft kaum mehr vereinbar ist (vgl. Luhmann 2006, S. 85).
Vielmehr wird deutlich, dass den - durch Einflüsse von Marktliberalisierung, Globalisierung, Internationalisierung, Flexibilisierung und Individualisierung - hochorganisierten Wirt-schaftsfeldern nur eine entsprechend eigenkomplexe Organisations- und Führungstheorie gerecht werden kann (ebd., S. 15).
Insofern wird mit der in Führungs- und Organisationslehre ansteigenden Bezugnahme auf die konstruktivistische Erkenntnistheorie sowie systemtheoretische Arbeiten (siehe dazu etwa Malik; Vester; Gomez; Probst; Forrester) das Primat linearer Einflussmodelle seit einigen Jahren durch eine >soziokybernetische< Denkweise komplexer Zirkularität abgelöst.
>Systemische Führungstheorien<, die Unternehmen und unternehmerische Einheiten als autopoietische Kreisläufe mit einem „Innenleben“ und einer eigenen Funktionslogik verstehen, verabschieden sich dabei von der Grundannahme, dass Führung einen unmittelbaren Eingriff in die Abläufe und damit in das soziostrukturelle Gefüge bedeuten muss. Dahinter steht die Überzeugung, dass äußere Interventionen oft ihr Ziel verfehlen, unwirksam oder nicht lokal beschränkt bleiben, sondern sich im System fortpflanzen und in Form eigendynamischer (nicht intendierter, z.T. ganz unerwünschter) Reaktionen >rückkoppeln< können.
(...)
Es bleibt die Frage, ob (und wenn ja: wie) die Konstruktionselemente der Theorie sozialer Systeme mit praktischen Steuerungsfragen wirksam in Einklang gebracht werden können.
Die Forschungsfrage, der in dieser Arbeit nachgegangen werden soll, lautet daher:
Welche Bedeutung erhält die Personalentwicklung vor dem Hintergrund eines systemtheoretischen Organisationskonzeptes? Und: Welchen Beitrag kann sie für eine systemisch ausgerichtete Mitarbeiterführung in Organisationen konkret leisten?
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen: Vom systemischen Denken zum systemischen Handeln
- Begriffsbestimmung
- Grundbegriffe der Theorie sozialer Systeme nach Luhmann
- Organisationstheoretische Ausdeutung der Systemtheorie
- Zur Vereinbarkeit von Führung und Selbstorganisation
- Die neue Rolle des Managements
- Personalentwicklung (PE) als Instrumentarium systemischer Mitarbeiterführung
- Zur Bedeutung der PE für die systemische Führung
- Personalentwicklung als Gestalter systemgerechter Rahmenbedingungen
- Durch Personalentwicklung zur >lernenden Organisation<
- Transformation von Wahrnehmung und Kommunikation
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Bedeutung von Personalentwicklung im Kontext eines systemtheoretischen Organisationskonzepts. Ziel ist es, die Möglichkeiten und Grenzen systemischer Mitarbeiterführung in modernen Unternehmen zu erforschen und den Beitrag der Personalentwicklung für die Entwicklung einer „lernenden Organisation“ zu beleuchten.
- Systemtheorie und ihre Anwendung in der Organisationstheorie
- Vereinbarkeit von Führung und Selbstorganisation
- Die Rolle von Personalentwicklung in der systemischen Mitarbeiterführung
- Entwicklung einer „lernenden Organisation“ durch Personalentwicklung
- Praxisrelevante Maßnahmen und Instrumente der Personalentwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt das Problemfeld moderner Führungskonzepte im Kontext von dynamischen und komplexen Organisationen vor und erläutert die Bedeutung der Systemtheorie für ein besseres Verständnis von Führungsprozessen. Sie leitet die Forschungsfrage nach dem Beitrag der Personalentwicklung für die systemische Mitarbeiterführung ein.
- Theoretische Grundlagen: Dieses Kapitel definiert zentrale Begriffe der Systemtheorie und zeigt deren Relevanz für die Organisationstheorie auf. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Theorie sozialer Systeme nach Niklas Luhmann, die als Grundlage für ein systemisches Verständnis von Führung dient.
- Personalentwicklung als Instrumentarium systemischer Mitarbeiterführung: Dieses Kapitel untersucht die Rolle von Personalentwicklung im Kontext eines systemischen Führungsverständnisses. Es werden die wichtigsten Funktionen der Personalentwicklung im Rahmen eines systemischen Personalmanagements sowie konkrete Maßnahmen für eine systemisch ausgerichtete Mitarbeiterführung vorgestellt.
Schlüsselwörter
Systemische Führung, Systemtheorie, Organisationstheorie, Personalentwicklung, Mitarbeiterführung, lernende Organisation, Selbstorganisation, Management, Kommunikation, Transformation, Praxisrelevanz, Interventionsabsicht.
- Quote paper
- Jasmin Tarkian (Author), 2010, Personalentwicklung im Kontext systemischer Mitarbeiterführung , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155309