Mit seiner Auffassung vom epischen Theater als Lehrtheater steht Bertolt Brecht zunächst in typisch aufklärerischer Tradition, allerdings mit ganz anderen Prämissen und Intentionen. Hatte Lessing die Aufgabe der Tragödie etwa in der Erweiterung der „Fähigkeit, Mitleid zu fühlen“ gesehen, so ging er davon aus, dass der Zuschauer durch die kathartische Wirkung des Fühlens von Furcht und Mitleid das Theater als besserer Mensch verlässt, wobei die Katharsis in der Verwandlung der Leidenschaften in tugendhafte Fertigkeiten bestehe. Lessings erzieherisches Ziel des allseits gebildeten Bürgers versuchte Gefühl und Ratio zu verbinden. Durch das Fühlen mit dem Helden auf der Bühne und der Wendung auf sich selbst im Sinne eines Transfers auf die eigene Situation soll der einzelne Mensch geläutert werden. Gerade diese Einfühlung ist es, die Brecht als „Grundpfeiler“ der von Aristoteles bestimmten „herrschenden Ästhetik“ ablehnt, weil sie dem modernen wissenschaftlichen Zeitalter nicht mehr angemessen sei. Statt sich mit dem Bühnenhelden zu identifizieren, soll der Zuschauer die distanzierte Beobachtungshaltung des forschenden Wissenschaftlers einnehmen, denn „[d]as Wesentliche am epischen Theater ist vielleicht, dass es nicht so sehr an das Gefühl, sondern mehr an die Ratio des Zuschauers appelliert. Nicht miterleben soll der Zuschauer, sondern sich auseinandersetzen.“ Bei Benjamin heißt es dazu, dass das Publikum für das epische Theater „nicht mehr eine Masse hypnotisierter Versuchspersonen sondern eine Versammlung von Interessenten“ sei, deren Anforderungen es zu genügen habe. Der Zuschauer soll sich nicht mit dem dargestellten Stoff mitleidig identifizieren, sondern einen Erkenntnisgewinn davontragen und mitdenken. „Mitdenken erfordert jedoch einen klaren Kopf, den Abstand, der es ermöglicht, einen Vorgang von allen Seiten zu sehen".
Inhalt
1. Vorwort
2. Einleitung
3. Episches Theater - eine nicht-aristotelische Dramatik
4. Elemente des „Epischen Theaters"
4.1. Verfremdungstechniken
4.1.1. Verfremdungseffekte der Dramaturgie und Inszenierung
4.1.2. Historisieren
4.1.3. Brechts neue Schauspielkunst
5. Schlussbemerkungen
6. Quellenverzeichnis
6.1. Primär- und Sekundärliteratur
6.2. Internetquellen
6.3. Aufführungsnachweis
7. Anhang
7.1. Gegenüberstellung des dramatischen und epischen Theater
- Arbeit zitieren
- Thilo Fischer (Autor:in), 2010, Brechts Theatertheorie. Der Verfremdungseffekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/155075
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