Im Jahre 1993 kam ans Licht, dass Christa Wolf, aufgewachsen in der DDR, zwischen 1959 und 1962 als IM ‚Margarete’ für die Stasi tätig war. Nicht ungewöhnlich, wenn man bedenkt, dass sie bis zum Jahre 1989 ein Mitglied der SED war. Demnach zu schließen, müsste sie ja hinter dem System der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gestanden haben, wenn sie sogar dessen Machenschaften unterstützte. Als Wolf noch in der DDR lebte, plädierte sie für den Zusammenhalt der Menschen, ihre Grundidee war geprägt von einem positiven Kollektivgedanken. Obwohl sie ein Bewusstsein für die Probleme im Staat entwickelte, war sie doch der Überzeugung, dieses könnten überwunden werden, wenn die Menschen etwas für den Sozialismus tun würden. Sie glaubte an eine Existenz der DDR, wenn die Bewohner dieses Staates dazu beitrügen, den Sozialismus zu fördern und zu unterstützen. Wolfs Werke sind also eher der systemtragenden Literatur zuzuordnen als der systemkritischen. Manche mögen auch von offizieller Propagandaliteratur sprechen, was in ihren frühen Werken durchaus berechtigt war, bei „Medea, Stimmen“ jedoch nicht mehr ausschließlich zutrifft, denn hier werden weder die Kolcher, mag man sie als Repräsentanten der ehemaligen DDR-Bürger sehen, noch die Korinther als Repräsentanten der BRD-Bürger, vollkommen dargestellt. „Medea. Stimmen“, erschienen 1996, zählt noch zur sog. Wendeliteratur: Die kulturellen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen des Mauerfalls und der Wiedervereinigung Deutschlands stehen im Mittelpunkt und dabei geht es mehr um die Menschen und ihre Situation, als um politische Entscheidungen. Nachdem auf den antiken Mythos der Medea (2. 1 Die antike Medea – ein kurzer Abriss) und den „neuen“ Mythos der Medea der Christa Wolf eingegangen wurde, wird „Medea. Stimmen“ näher beleuchtet: Der Inhalt (2. 2. 1 Inhaltsangabe) legt Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede offen, die sprachlichen Besonderheiten unter Punkt 2. 2. 2 bieten einen Einblick in die Schreibweise der Christa Wolf und anhand der formalen Kriterien (2. 2. 3 äußere Form) lässt sich der Aufbau des Romans aufzeigen. Das deutsch-deutsche Verhältnis wird unter Punkt 3 genauer betrachtet: [...]
Inhaltsverzeichnis
- Christa Wolf als Für- oder Widersprecherin des DDR-Staates?
- Übersicht über die vorliegende Arbeit
- Literaturbericht
- Medea als Figur über die Jahrhunderte hinweg
- Die antike Medea bei Euripides – ein kurzer Abriss
- Christa Wolfs Medea
- Knappe Inhaltsangabe unter Berücksichtigung der Stimmen
- Sprachliche Besonderheiten
- Äußere Form
- Das deutsch-deutsche Verhältnis in „Medea. Stimmen“
- Eine verschlüsselte politische Botschaft?
- Medea als zentrale Figur zu einer Zeit politischer Umbrüche
- Ost-West-Konflikt? - Kolchis versus Korinth?
- Kolchis als matriarchale Gesellschaft
- Korinth als patriarchale Gesellschaft
- Gestalt auf einer Zeitengrenze
- Literatur
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Christa Wolfs Roman „Medea. Stimmen“ mit dem Fokus auf die Darstellung der Figur Medea im Kontext der deutsch-deutschen Geschichte.
- Die Rolle der Figur Medea als Repräsentantin der DDR und ihrer Bürger
- Die Darstellung des Ost-West-Konflikts durch die Metapher von Kolchis und Korinth
- Die Interpretation von „Medea. Stimmen“ als Wendeliteratur und ihre Auseinandersetzung mit den Folgen der Wiedervereinigung
- Die Analyse der sprachlichen und formalen Besonderheiten des Romans
- Die Einordnung von Christa Wolfs Werk in den Kontext ihrer politischen und literarischen Entwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Rolle Christa Wolfs als Für- oder Widersprecherin des DDR-Staates und gibt einen Überblick über die vorliegende Arbeit. Das zweite Kapitel widmet sich der Figur Medea im antiken Mythos und im Roman von Christa Wolf, wobei die Inhaltsangabe, die sprachlichen Besonderheiten und die äußere Form des Romans betrachtet werden. Das dritte Kapitel analysiert das deutsch-deutsche Verhältnis in „Medea. Stimmen“, untersucht die Frage nach einer politischen Botschaft und beleuchtet den Ost-West-Konflikt anhand der Metapher von Kolchis und Korinth. Das vierte Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen und betrachtet die Figur Medea als „Gestalt auf einer Zeitengrenze“.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf folgende Schlüsselwörter: Christa Wolf, „Medea. Stimmen“, DDR, deutsch-deutsche Geschichte, Ost-West-Konflikt, Wendeliteratur, Kolchis, Korinth, politische Botschaft, Sprachliche Besonderheiten, Formale Kriterien, Gestalt auf einer Zeitengrenze.
- Quote paper
- Nicola Huber (Author), 2010, Analyse der Medea-Figur in Christa Wolfs "Medea. Stimmen", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154202
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