Diese Arbeit beleuchtet die fiskalischen Rettungsprogramme innerhalb der Europäischen Union, mit denen die Regierungen versuchen, die realwirtschaftlichen Folgen der aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise zu bekämpfen. Insbesondere wird untersucht, welche positiven und/oder negativen externen Effekte die nationalen Konjunkturprogramme auf benachbarte Länder haben und inwiefern Wettbewerbsaspekte bei der Zusammensetzung der Pakete eine Rolle spielen. Abschließend wird die Notwendigkeit der supranationalen Koordination der Konjunkturpakete erläutert, um zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ergebnis zu gelangen.
Kapitel 1: Entstehungsgeschichte und die Entwicklung der Finanz- und Wirtschaftskrise beschrieben. Der Leser soll verstehen, worauf sich die riesigen staatlichen Konjunkturprogramme gründen und wodurch sie notwendig geworden sind.
Kapitel 2: Warum sind die geldpolitischen Möglichkeiten der Krisenbekämpfung bereits weitgehend ausgeschöpft und warum rückt nun die Fiskalpolitik in den Vordergrund. Es wird ein Blick auf die Anfänge und die Entstehung der fiskalpolitischen Theorie geworfen und es wird beschrieben, welche verschiedenen fiskalpolitischen Instrumente den Regierungen zur Verfügung stehen. Zudem wird die empirische Wirksamkeit expansiver Fiskalpolitik betrachtet und es wird untersucht, welche Ziele die Regierungen mit ihren aktuellen Konjunkturpaketen verfolgen. Ein wichtiger Punkt dabei ist auch, welche Rolle die Staatsverschuldung in diesem Zusammenhang spielt.
Kapiel 3: Beschreibung der direkten und indirekten fiskalpolitischen Maßnahmen der europäischen Länder Deutschland, Spanien, Frankreich und Österreich im Einzelnen. Danach wird noch das Konjunkturpaket der Europäischen Union vorgestellt. Es werden zudem die von den Regierungen gewünschten Implikationen der Maßnahmen auf die jeweilige heimische Wirtschaft erläutert.
Kapiel 4: Untersuchung der verschiedenen Arten von externen Effekten der Fiskalpolitik auf benachbarte Länder. In einem aus dem Gefangenendilemma abgeleiteten Modell wird die Anreizproblematik zur Durchführung expansiver Fiskalpolitik für kleine, offene Volkswirtschaften beleuchtet. Darauf folgend wird im Rahmen eines theoretischen Modells diskutiert, inwiefern Wettbewerb zwischen den Ländern die Zusammensetzung der Konjunkturpakete beeinflusst. Abschließend wird untersucht, inwieweit die Notwendigkeit einer supranationalen Koordination der Konjunkturpakete besteht und welche Möglichkeiten es dabei gibt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ubersicht
1.2 Der Einfluss der US-lmmobilienkrise auf die globale Realwirtschaft
2 Expansive Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft
2.1 Geld- vs. Fiskalpolitik - Was liefert die besseren Losungsansatze fur die aktuelle Krise?
2.2 Die expansive Fiskalpolitik zwischen Theorie und Empirie
2.2.1 Die Weltwirtschaftskrise von 1930
2.2.2 Das IS-LM-Modell
2.2.3 Kredit- und Burgschaftsprogramme im Rahmen fiskalpolitischer MaRnahmen
2.2.4 Empirische Wirksamkeit expansiver Fiskalpolitik
2.3 Nationale Wirkungsweise expansiver Fiskalpolitik
2.4 Einfluss der Staatsverschuldung auf die Wirkung von Fiskalpolitik
3 Konjunkturpakete in der Praxis
3.1 Deutschland
3.1.1 Direkte fiskalpolitische MaRnahmen der Bundesregierung
3.1.2 Indirekte fiskalpolitische MaRnahmen der Bundesregierung
3.1.3 Wirtschaftspolitische Implikationen der deutschen Konjunkturpakete
3.2 Spanien
3.2.1 Direkte fiskalpolitische MaRnahmen der spanischen Regierung
3.2.2 Indirekte fiskalpolitische MaRnahmen der spanischen Regierung
3.2.3 Wirtschaftspolitische Implikationen der spanischen Konjunkturpakete
3.3 Frankreich
3.3.1 Direkte fiskalpolitische MaRnahmen der franzosischen Regierung
3.3.2 Indirekte fiskalpolitische MaRnahmen der franzosischen Regierung
3.3.3 Wirtschaftspolitische Implikationen derfranzosischen Konjunkturpakete
3.4 Osterreich
3.4.1 Direkte fiskalpolitische MaRnahmen der osterreichischen Regierung
3.4.2 Indirekte fiskalpolitische MaRnahmen der osterreichischen Regierung
3.4.3 Wirtschaftspolitische Implikationen der osterreichischen Konjunkturpakete
3.5 Das Konjunkturpaket der Europaischen Union
3.6 Uberblick uber die Konjunkturpakete der europaischen Lander
4 Auswirkungen expansiver Fiskalpolitik im europaischen Kontext
4.1 Externe Effekte expansiver Fiskalpolitik
4.1.1 Externe Effekte durch internationale Handelsverflechtungen
4.1.2 Externe Effekte uber den Realzinsausgleich innerhalb der EWU
4.2 Anreizproblematik fur offene Volkswirtschaften
4.3 Wettbewerbsverzerrungen durch Konjunkturpakete
4.3.1 Verzerrungen in der Empirie
4.3.2 Verzerrungen in der Theorie
4.4 Supranationale Koordination der Konjunkturpakete
5 Schlussbetrachtung
1 Einleitung
Ausgehend von einer Subprime-Krise auf dem US-amerikanischen Hypothekenmarkt hat sich eine internationale Finanzmarktkrise entwickelt, welche im Fruhjahr 2009 schließlich die Realwirtschaft erreicht hat und von der kaum eine Volkswirtschaft der Welt verschont geblieben ist. „Begrenzte Finanzkrisen sind haufige Ereignisse der Geschichte. Man denke nur an die Weltschuldenkrise Anfang der achtziger Jahre, [...], an die Savings & Loan Krise Anfang der neunziger Jahre, [...], an die Asienkrise der Jahre 1997 und 1998, [...], oder die lateinamerikanische Krise der Jahre 1998 bis 2002, [...]. Doch keine der genannten Finanzkrisen reichte in ihrem AusmaB an den Super-GAU der Finanzkrise heran, in der sich die Welt derzeit befindet.“ So beschreibt Sinn (2009) die aktuelle Situation auf den Finanzmarkten und in der Realwirtschaft. Er spricht davon, dass sich das Weltfinanzsystem im Oktober 2008 am Rande einer Kernschmelze befunden habe. Nur durch eine zugige Einigung der G7-Lander auf gemeinsame Leitlinien fur eine Rettungsstrategie habe diese abgewendet werden konnen, indem ein Bank Run verhindert worden sei.[1]
Diese Arbeit beleuchtet die fiskalischen Rettungsprogramme innerhalb der Europaischen Union, mit denen die Regierungen versuchen, die realwirtschaftlichen Folgen der Krise zu bekampfen. Insbesondere wird untersucht, welche positiven und/oder negativen externen Effekte die nationalen Konjunkturprogramme auf benachbarte Lander haben und inwiefern Wettbewerbsaspekte bei der Zusammensetzung der Pakete eine Rolle spielen. Abschließend wird die Notwendigkeit der supranationalen Koordination der Konjunkturpakete erlautert, um zu einem wohlfahrtsmaximierenden Ergebnis zu gelangen.
1.1 Ubersicht
Im weiteren Verlauf des ersten Kapitels werden die Entstehungsgeschichte und die Entwicklung der Finanz- und Wirtschaftskrise beschrieben. Der Leser soll verstehen, worauf sich die riesigen staatlichen Konjunkturprogramme grunden und wodurch sie notwendig geworden sind.
Im zweiten Kapitel soil zunachst beleuchtet werden, weshalb die geldpolitischen Moglichkeiten der Krisenbekampfung bereits weitgehend ausgeschopft sind und nun die Fiskalpolitik in den Vordergrund geruckt ist. Danach wird ein Blick auf die Anfange und die Entstehung der fiskalpolitischen Theorie geworfen und es wird beschrieben, welche verschiedenen fiskalpolitischen Instrumente den Regierungen zur Verfugung stehen. Abschließend wird die empirische Wirksamkeit expansiver Fiskalpolitik betrachtet und es wird untersucht, welche Ziele die Regierungen mit ihren aktuellen Konjunkturpaketen verfolgen. Ein wichtiger Punkt dabei ist auch, welche Rolle die Staatsverschuldung in diesem Zusammenhang spielt.
Im dritten Kapitel werden anfangs die direkten und die indirekten fiskalpolitischen Maßnahmen der europaischen Lander Deutschland, Spanien, Frankreich und Osterreich im Einzelnen beschrieben. Danach wird noch das Konjunkturpaket der Europaischen Union vorgestellt. Es werden zudem die von den Regierungen gewunschten Implikationen der Maßnahmen auf die jeweilige heimische Wirtschaft erlautert.
Zu Beginn des vierten Kapitels wird untersucht, welche verschiedenen Arten von externen Effekten die Fiskalpolitik auf benachbarte Lander haben kann. Danach wird in einem aus dem Gefangenendilemma abgeleiteten Modell die Anreizproblematik zur Durchfuhrung expansiver Fiskalpolitik fur kleine, offene Volks wirtschaften beleuchtet. Darauf folgend wird im Rahmen eines theoretischen Modells diskutiert, inwiefern Wettbewerb zwischen den Landern die Zusammensetzung der Konjunkturpakete beeinflusst. Abschließend wird untersucht, inwieweit die Notwendigkeit einer supranationalen Koordination der Konjunkturpakete besteht und welche Moglichkeiten es dabei gibt.
Zum Schluss, im funften Kapitel, werden die grundlegenden Ergebnisse der Arbeit kurz zusammengefasst und kritisch gewurdigt.
1.2 Der Einfluss der US-Immobilienkrise auf die globale Realwirtschaft
Um die Notwendigkeit der in den nachfolgenden Kapiteln beschriebenen staatlichen Rettungspakete verstehen zu konnen, ist ein Blick auf die Ursachen, die Entwicklung und die Tragweite der Krise unabdingbar.
Der wichtigste makrookonomische Aspekt, der letztendlich zur schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit der großen Depression der Jahre 1929 bis 1932 gefuhrt hat, ist das enorme Leistungsbilanzdefizit der USA. Dieses Leistungsbilanzdefizit wurde in den letzten drei Jahrzehnten angehauft. Man kann dabei sowohl eine private Verschuldung als auch ein hohes Budgetdefizit beim offentlichen Haushalt betrachten.
Zunachst betrachten wir die Problematik der steigenden privaten Verschuldung der US- amerikanischen Haushalte und der sinkenden Immobilienpreise: Lag die private Sparquote in den USA jahrelang weitgehend stabil zwischen 7 % und 10 %, verringerte sie sich seit Anfang der Achtziger auf annahernd 0 % in den Jahren 2005 bis 2007. Da es sich bei den Zahlen um Durchschnittswerte handelt, kann man erkennen, dass viele Haushalte negative Sparquoten aufwiesen und somit mehr konsumierten, als sie verdienten. Dies wurde ermoglicht durch die kontinuierlich steigenden Immobilienpreise. Die amerikanischen Hausbesitzer wahnten sich fur das Alter abgesichert, solange die Preise ihrer Hauser weiter stiegen. Zusatzlich nahmen sie laufend neue Kredite auf ihre Eigenheime auf, um mehr Geld fur den Konsum zur Verfugung zu haben. Diese Kredite gewahrten die amerikanischen Banken ihren Kunden meist ohne sorgfaltige Prufung ihrer Bonitat. Moglich war dies fur die Banken, weil sie diese Hypothekendarlehen nicht lange in den eigenen Buchern fuhrten, sondern bundelten, um sie anschließend zusammen mit weiteren Anspruchen wie zum Beispiel Kreditkartendarlehen oder Autoleasingvertragen als sogenannte Collateralized Dept Obligations (CDO) an andere Banken weiterzureichen. Ein großer Teil des Leistungsbilanzdefizits der USA wurde also dadurch finanziert, dass die Warenimporte in die USA mit diesen CDO-Papieren bezahlt wurden. Dadurch landete auch eine große Anzahl dieser Papiere auf den Konten deutscher Banken. Dieses System funktionierte, solange die Immobilienpreise in den USA kontinuierlich stiegen und die Papiere gute Renditen abwarfen. In den Jahren zwischen 1996 und 2006 stieg der Wert der amerikanischen Immobilien um 190 %, was einem jahrlichen Durchschnitt von 11,2 % entspricht. Da die jahrliche Wachstumsrate des amerikanischen Bruttoinlandsprodukt]s (BIP) weit darunter lag, entwickelte sich eine „Immobilienblase“. Problematisch wurde es, als ab etwa Juni 2006 die Immobilienpreise, anstatt weiter zu steigen, zu sinken begannen. Viele amerikanische Haushalte gerieten nun in Schwierigkeiten, ihre Darlehen zu bedienen. Dies hatte unmittelbare Konsequenzen auf die Finanz- und Realwirtschaft. Auf der finanzwirtschaftlichen Seite mussten die Banken im Geschaft mit Hypothekendarlehen enorme Verluste hinnehmen, was daran lag, dass die CDO-Papiere seit Mitte 2006 enorm an Wert verloren. Der Marktwert der Papiere der schlechtesten Tranche (BBB-Tranche)[2] liegt heute nur noch bei etwa 3 % des Wertes von Juni 2006. Somit mussten die Banken, die diese Papiere in ihren Konten hatten, gewaltige Abschreibungen tatigen. Die fallenden Immobilienpreise hatten aber auch starke Auswirkungen auf die Realwirtschaft. Da die Hauserpreise unter den Wert der Baukosten fielen, lohnte es sich nicht mehr, neue Hauser zu bauen. Von der Spitze im Sommer 2005 fiel das Neubauvolumen fur private Einfamilienhauser in den USA bis zum Februar 2009 um 77 %. Die sinkenden Auftragseingange in der Bauindustrie hatten nicht nur negative Auswirkungen auf die Baubranche selbst, sondern weiteten sich uber einen negativen Multiplikatorprozess[3] auf die gesamte amerikanische Wirtschaft aus.[4]
Nun beleuchten wir noch die Implikationen der steigenden Staatsverschuldung in den USA seit der Reagan-Ara: Seit den Siebzigerjahren lag das Budget des amerikanischen Staatshaushaltes, bis auf einige wenige Ausnahmen wahrend der Clinton-Ara, stets im negativen Bereich. Die offentliche Verschuldung, in Verbindung mit einer privaten Sparquote nahe 0 %, war nur moglich, weil laufend genugend frisches Kapital aus dem Ausland importiert werden konnte. Dabei waren die Hauptfinanziers der Amerikaner aufgrund ihrer Exportuberschusse China, Deutschland und Japan. Die Verschuldungsquote lag bereits 2007 bei 60,8 % des nationalen BIP. Die starke expansive Fiskalpolitik, mit der dieses enorme Verschuldungsvolumen akkumuliert wurde, war eine treibende Kraft des Leistungsbilanzdefizits der USA und somit auch eine treibende Kraft fur die Exportwirtschaft der in die USA exportierenden Lander. Dabei importierte die USA seit 1970 Kapital in Hohe von 7,7 Billionen Dollar. Die oben beschriebenen negativen realwirtschaftlichen Folgen der sinkenden Immobilienpreise, also die sinkende Investitions- und Konsumguternachfrage und eine daraus resultierende steigende Arbeitslosigkeit, schlugen sich negativ auf die Steuereinnahmen des offentlichen Haushaltes nieder. Somit wurde es immer schwieriger fur die amerikanische Regierung, die expansive Fiskalpolitik im selben Maße aufrechtzuerhalten.
Die beschriebenen Konsequenzen der sinkenden Immobilienpreise auf die Realwirtschaft beschrankten sich aufgrund der Verstrickungen und intensiven Handelsbeziehung der Industriestaaten rund um den Globus nicht auf die USA. Uber den bereits beschriebenen negativen Multiplikatorprozess weitete sich die Krise schnell auf alle Lander aus, die am internationalen Guterhandel beteiligt sind. Dies belegt ein Blick auf die Kursverlaufe der wichtigsten Aktienindizes der Welt, den amerikanischen Leitindex Standard & Poor’s 500, den Deutschen Blue-Chip-Index DAX, den europaischen Leitindex Euro Stoxx 50 und den MSCI World, der die großten Unternehmen der fuhrenden Industriestaaten der Welt beinhaltet.
Wichtige Aktienindizes im Vergleich
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abildung 1; Quelle: Bloomberg, 2009
Wenn man die Kursverlaufe dieser Indizes von Januar 1993 bis September 2009 betrachtet, kann man eine hohe Ubereinstimmung erkennen. Bis Mitte 2000 stiegen die Aktienkurse ohne erwahnenswerte Korrekturen mit einer in der Geschichte einmaligen Geschwindigkeit auf immer neue Altzeithochs. Nach Platzen der sogenannten Dot-Com- Blase gab es starke Kurskorrekturen, bevor sich die Weltwirtschaft ab etwa 2003 wieder zu erholen begann. Diese Konjunkturerholung war vor allem getrieben durch die hohe Konsumnachfrage des amerikanischen Mittelstandes. Als Grunde sind vor allem die bereits erwahnten steigenden Immobilienpreise in den USA zu nennen, die die amerikanischen Banken zu einer außerst lockeren Kreditvergabe bewogen haben und die den konjunkturellen Aufschwung somit finanzierten.[5]
Als unmittelbarer Ausloser der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise und der jungsten Kurskorrekturen an den internationalen Borsen gilt der Zusammenbruch des Interbankenhandels. Als am 15. September 2008 die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz anmeldete, schlitterte die internationale Bankenwelt in eine tiefe Vertrauenskrise. Die Banken leben vom gegenseitigen Kredittransfer. Als die Banken Angst bekamen, dass sie die Gelder, die sie an andere Banken verliehen, nicht wieder zuruckbekommen wurden, wurde dieser Kredittransfer stark zuruckgefahren und kam schließlich fast vollstandig zum Erliegen. Im Zuge dieser Vertrauenskrise gerieten neben Lehman Brothers auch noch weitere Investment- und Geschaftsbanken in Schwierigkeiten. Als Folge konnten die Banken die Nachfrage nach Krediten seitens der Unternehmen nicht mehr bedienen, weil sie sich ihrerseits nicht ausreichend refinanzieren konnten. Dies fuhrte zu einem Nachfragedefizit bei Investitionen und Konsum und hatte somit unmittelbar Auswirkungen auf die Realwirtschaft.
Dass die Immobilienkrise in den USA zu einer Gefahr fur die Weltwirtschaft wurde, lag daran, dass sich Banken rund um den Globus von den Renditeversprechungen der bereits beschriebenen amerikanischen CDO-Papiere verleiten ließen und diese in großem Umfang in ihren Buchern horteten. Bei Renditen von uber 7 % konnten mit diesen Papieren gute Geschafte gemacht werden. Auch in Deutschland beteiligten sich viele Banken an den zum Teil hochspekulativen Geschaften mit amerikanischen Immobilienkrediten und mussten im Laufe der Krise riesige Abschreibungen tatigen und schließlich vom deutschen Staat gerettet werden. Allen voran sind dabei die Landesbank Sachsen, die Westdeutsche Landesbank, die Hessische Landesbank und die Bayerische Landesbank zu nennen.[6]
2 Expansive Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft
Im Folgenden soll nun untersucht werden, ob und in welchem Umfang staatliche Stabilisierungsmaßnahmen, insbesondere eine expansive Fiskalpolitik, die im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise eingebrochene gesamtwirtschaftliche Nachfrage stutzen konnen.
2.1 Geld- vs. Fiskalpolitik - Was liefert die besseren Losungsansatze fur die aktuelle Krise?
Die moderne Wirtschaftspolitik hat grundsatzlich zwei Moglichkeiten, entscheidend in die marktwirtschaftlichen Vorgange einzugreifen. Dies ist zum einen die Geldpolitik, die innerhalb der Europaischen Wahrungsunion zentral von der Europaischen Zentralbank (EZB) gesteuert wird. Zum anderen haben die europaischen Lander die Moglichkeit, dezentral mittels fiskalpolitischer Maßnahmen Schocks auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage abzufedern. Geld- und Fiskalpolitik haben zusammen die folgenden drei Funktionen[7] abzudecken: allokative Funktion (optimale Koordination privater und kollektiver Bedurfnisbefriedigung), stabilisatorische Funktion (Abfederung von Konjunkturschwankungen, um ein stabiles und stetiges Wachstum zu gewahrleisten) und distributive Funktion (Korrektur der Einkommensverteilung, sofern die Verteilung auf dem Markt dem politischen Willen widerspricht).[8]
Zur Geldpolitik: Durch sie wird versucht, uber Offenmarktgeschafte die Liquiditat zu steuern und somit implizit den realen Zins auf ein gewunschtes Niveau zu navigieren. In den Landern der Europaischen Wahrungsunion (EWU), also in den Landern, die den Euro als Wahrung eingefuhrt haben, ist das Europaische System der Zentralbanken (ESZB) fur die Geldpolitik verantwortlich. Die ESZB wird von der EZB geleitet. Grundsatzlich entscheidet der EZB-Rat uber die geldpolitischen Aktivitaten im Euroraum. Die getroffenen Entscheidungen sind dann gemaB dem Vertrag zur Grundung der Europaischen Gemeinschaft und der ESZB-Satzung bindend fur alle Mitgliedstaaten der EWU. Vorrangiges Ziel dieser Aktivitaten ist es, die Preisstabilitat zu gewahrleisten. Des Weiteren soll das Eurosystem die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Europaischen Gemeinschaft unterstutzen, sofern dies mit dem Ziel der Preisstabilitat zu vereinbaren ist.[9] Die Geldpolitik wird haufig als erstes Instrument eingesetzt, wenn es darum geht, ein Konjunkturtal zu uberwinden. Grund dafur ist die schnelle, einfache und kostengunstige Einsetzbarkeit uber die Offenmarktgeschafte. Mittels expansiver Geldpolitik werden die Zinsen gesenkt; das Ziel dabei ist, die Investitionen anzuheizen. Doch die Geldpolitik hat auch ihre Grenzen. Die amerikanische Zentralbank hat beispielsweise als unmittelbare Reaktion auf die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise den Bestand an Zentralbankgeld im privaten Sektor innerhalb eines Jahres (Juni 2008 bis Mai 2009) um 936 Milliarden Dollar erhoht und somit mehr als verdoppelt (Anstieg um 108 %). Auch die Leitzinsen in den USA wurden bis auf ein Intervall von 0 - 0,25 % gesenkt.[10] In Europa erhohte die EZB den Zentralgeldbestand von April 2008 bis Juli 2009 immerhin um 42,1 % und senkte den Leitzins auf 1,00 %.[11] Die gewaltigen Summen, die aufgrund dieser Politik in Europa und in den USA seit Beginn der Krise bereits in die Wirtschaft gepumpt wurden, ziehen nicht unerhebliche Inflationsrisiken nach sich. So machte sich auch Bundesfinanzminister Peer SteinbrUck im April dieses Jahres in einem Interview gegenuber der Bild-Zeitung Sorgen „[...], dass wir weltweit mit den enormen schuldenfinanzierten Gegenmaßnahmen die nachste Krise auf den Weg bringen: Es wird so viel Geld in den Markt gepumpt, dass die Gefahr einer Uberlastung der Kapitalmarkte und einer weltweiten Inflation im Wiederaufschwung drohen konnte.“ Insbesondere sieht er die EZB in der Pflicht, die Preisstabilitat als oberstes Ziel zu verfolgen: „Mittelfristig mussen wir uns aber darum kummern, wie wir die Milliarden an Liquiditat wieder aus der Welt bekommen, die wir jetzt in die Wirtschaft pumpen. Das wird eine besondere Herausforderung fur alle Zentralbanken - also auch fur die Europaische, die dann fur Geldwertstabilitat sorgen muss wie fruher die Bundesbank11 (Steinbruck, 2009)}[12] Hinzu kommt, dass die Moglichkeiten fur weitere Zinssenkungen großenteils ausgereizt sind, da sie sich weltweit bereits nahe null befinden. Zudem ist zu beachten, dass die EZB weitgehend nur den kurzfristigen Zinssatz beeinflussen kann. Die privaten Haushalte finanzieren ihre Ausgaben aber uber langfristige Konsumkredite, daher spielen diese Zinssatze nur eine untergeordnete Rolle.[13] Zusammenfassend kann man sagen, dass die Geldpolitik ein wichtiges Instrument fur eine schnelle, direkte Krisenbekampfung ist. Aktuell sind die geldpolitischen Moglichkeiten fur eine aktive Bekampfung des realwirtschaftlichen Nachfrageinbruchs jedoch weitgehend ausgeschopft, weshalb sich die Politik nun auf fiskalpolitische Maßnahmen konzentriert.
Zur Fiskalpolitik: Zunachst muss festgehalten werden, dass die Fiskalpolitik gegenuber der Geldpolitik den entscheidenden Nachteil hat, dass sie signifikant mehr Zeit zu deren Durchfuhrung in Anspruch nimmt. Am Beispiel der USA beschreibt Taylor (2002), dass die amerikanische Notenbank FED das Zinsniveau relativ schnell auf aktuelle konjunkturelle Entwicklungen anpassen kann. Im Gegensatz dazu ist der Entscheidungs- und Implementierungsprozess bei der Fiskalpolitik langwierig und wird von verschiedensten Interessengruppen beeinflusst. Somit hat die Geldpolitik fur die antizyklische Konjunkturpolitik einen entscheidenden Vorteil in der Reaktionsgeschwindigkeit. [14] Wie bereits erwahnt, ist jedoch der geldpolitische Handlungsspielraum begrenzt. Somit ist im Rahmen der aktuellen Krisenbekampfung die expansive Fiskalpolitik in den Mittelpunkt geruckt. Noch bis unmittelbar vor der Krise wurde von den meisten Experten die Geldpolitik als das alleinige ernsthafte Instrument zur Stabilisierung der Wirtschaft betrachtet. Heute hat sich diese Sichtweise jedoch komplett verandert und die klassische keynesianische expansive Fiskalpolitik steht im Mittelpunkt der Debatten.[15] Im Allgemeinen versucht der Staat bei einer expansiven Fiskalpolitik den Ruckgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage dadurch zu bekampfen, dass er selbst Guter in der Privatwirtschaft kauft, staatliche Transfers erhoht[16] oder die Steuern senkt. Damit soll die Auftragslage der Unternehmen und somit die Beschaftigung so lange gesichert werden, bis das Konjunkturtal durchschritten ist. Fur fiskalpolitische Maßnahmen in Europa ist großtenteils nicht eine ubergeordnete Institution verantwortlich, sondern die Mitgliedslander entscheiden dezentral und selbststandig. Als unmittelbare Reaktion auf die Krise haben die großten Industrienationen der Welt bereits große Konjunkturpakete geschnurt, um dem negativen Nachfrageschock auf die Realwirtschaft entgegenzuwirken. Diese Konjunkturpakete sind nichts anderes als die von John Maynard Keynes bereits 1936 in „The General Theory of Employment, Interest and Money “ zur Uberwindung von Konjunkturflauten empfohlenen Maßnahmen.[17] Grundsatzlich stehen den Regierungen zwei Moglichkeiten der Fiskalpolitik zur Verfugung. Dies ist zum einen die klassische, budgetwirksame Fiskalpolitik, also eine Erhohung der Staatsausgaben oder eine Steuersenkung (direkte Fiskalpolitik). Zum anderen haben die Regierungen die Moglichkeit, uber Kredit- und Burgschaftsprogramme die Unternehmen bei entstandenen Finanzierungsproblemen zu unterstutzen (indirekte Fiskalpolitik). Wie in Kapitel 3 beschrieben wird, bedienen sich die Regierungen im Rahmen der aktuellen Krisenbekampfung beider Instrumente.
2.2 Die expansive Fiskalpolitik zwischen Theorie und Empirie
Im Folgenden soil nun beschrieben werden, welche verschiedenen Arten expansiver Fiskalpolitik es gibt, welche volkswirtschaftliche Theorie zugrunde liegt und inwiefern fruhere Krisen ihre Wirksamkeit belegen.
2.2.1 Die Weltwirtschaftskrise von 1930
Bis zur ersten großen Weltwirtschaftskrise der Jahre 1929-1932 dominierte die neoklassische Theorie das okonomische Denken. Sie geht davon aus, dass der Markt stets stabil und im Gleichgewicht ist. Storungen und Krisen sind nur exogene Erscheinungen, und der Markt bewegt sich nach einer kurzen Zeit im Ungleichgewicht von sich aus wieder ins Gleichgewicht. Die Neoklassik fuhrt alles wirtschaftliche Geschehen auf die individuellen Optimierungsentscheidungen der Marktteilnehmer zuruck. Zum einen maximieren die Unternehmen ihren Profit, woraus sich die Faktornachfragekurve und die Guterangebotskurve ergeben. Zum anderen maximieren die Haushalte ihren Nutzen, woraus sich wiederum die Faktorangebotskurve und die Guternachfragekurve ergeben. Als Ergebnis herrscht auf beiden Markten ein Gleichgewicht, welches implizit die Preise der Konsumguter und der Produktionsfaktoren bestimmt. Die neoklassische Theorie schließt die Existenz von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit und Uberproduktion aus, da eine Kombination aus individueller Optimierung und Gleichgewichtsdenken stets zu stabilen und geraumten Markten fuhrt. Dies ist jedoch nur so lange der Fall, wie die Markte nicht durch externe Verzerrungen[18] an ihrer Funktion gehindert werden.[19]
Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929 geriet die Neoklassik jedoch in eine Glaubwurdigkeitskrise. Die auftretende unfreiwillige Massenarbeitslosigkeit in Verbindung mit einem starken Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage konnte von ihr nicht erklart werden. Die von ihr postulierten Selbstheilungskrafte des Marktes schienen zu versagen.
In einem Versuch, die Krafte zu beschreiben, die zu dieser Weltwirtschaftskrise fuhrten, und um wirtschaftspolitische Ansatze zur Bekampfung der Krise zu unterbreiten, entwickelte der britische Okonom John Maynard Keynes 1936 seine „General Theory of Employment, Interest and Money“. Eine der Hauptaussagen der neoklassischen Theorie war, dass „bei hinreichender Flexibilitat der Nominallohne ein harmonisches Weltverstandnis [entsteht], jedenfalls, wenn das Grenzprodukt der Arbeit bei Vollbeschaftigung L genugend hoch ist, um eine ausreichende Lebensgrundlage fur Arbeitseinkommensbezieher zu gewahrleisten. Forderung der gesamtwirtschaftlichen Ersparnis senkt den Zins und regt die Kapitalakkumulation an, was zu steigendem Grenzprodukt der Arbeit FL (K, L) fuhrt und damit den Wohlstand der Lohnempfanger vermehrt“ (Flaschel, Groh, Proano, 2008).[20] Keynes hat aufgezeigt, dass dieses Modell aus okonomischer Sicht unvollstandig ist. Er entwickelte ein eigenes Modell, das sogenannte Keynes’sche Basismodell[21], welches auf viele Fragen vollig entgegengesetzte Antworten im Vergleich zum neoklassischen Modell liefert. Seine gemeinsame Beschreibung von Guter-, Geld- und Finanzmarkten war Grundlage spaterer Arbeiten von John Hicks und Alvin Hansen, die einige Jahre danach das IS-LM-Modell entwickelten. Trotz der großen Fortschritte in der modernen Makrookonomik gilt dieses Modell noch immer als zentraler Ansatz, um die volkswirtschaftlichen Vorgange in der kurzen Frist zu beschreiben.[22]
2.2.2 Das IS-LM-Modell
Der Kern dieser Arbeit besteht darin, fiskalpolitische Losungsansatze zur Uberwindung der aktuellen Krise in der Realwirtschaft auszuarbeiten. Dabei wird ein Zeithorizont in der Großenordnung betrachtet, der notig ist, um das aktuelle Konjunkturtal zu durchschreiten. Man geht heute im Allgemeinen davon aus, dass die Dauer eines Konjunkturzyklus, also Expansion, Boom, Rezession und Depression, in etwa funf bis acht Jahre betragt. Somit befindet sich eine Volkswirtschaft 1,5 bis 2,5 Jahre in einer Depressionsphase, wie wir sie momentan beobachten. Dieser Zeitraum kann gut auf die aktuelle Krise projiziert werden, wenn man exemplarisch die Wirtschaftszahlen fur Deutschland betrachtet. Im zweiten Quartal 2008 machte sich die Finanzmarktkrise erstmals in der Realwirtschaft bemerkbar und fuhrte zu einem Ruckgang beim BIP-Wachstum. Konnte die Wirtschaft fur das Gesamtjahr 2008, in dem man sich in einer Abschwungphase befand, noch ein Plus in Hohe von 1,3 % verzeichnen[23], prognostiziert die Bundesregierung fur das laufende Jahr 2009 ein Negativwachstum von 6,0 % . Fur das Jahr 2010 sieht die Bundesregierung die deutsche Wirtschaft bereits wieder aus dem Konjunkturtal schreiten und prognostiziert die Wirtschaft um 0,5 % starker als in diesem Jahr[24]. Auch der ifo-Geschaftsklimaindex[25] deutet an, dass eine Trendwende bei der Konjunktur in Sicht ist. Nachdem der Index im Marz 2009 seinen Tiefpunkt erreicht hatte, ist er im August 2009 bereits zum funften Mal in Folge gestiegen.[26] Aufgrund dieser beiden positiven Prognosen kann man davon ausgehen, dass das Konjunkturtal im Laufe des Jahres 2010 durchschritten sein wird und es zu einer Expansionsphase kommen kann. Somit wird die aktuelle Wirtschaftskrise in etwa 1,5 bis 2,5 Jahre andauern (Sommer 2008 bis 2010). Da das IS-LM-Modell gut geeignet ist, um die volkswirtschaftlichen Vorgange in der hier betrachteten kurzen Frist zu beschreiben, wird im Laufe der Arbeit immer wieder darauf verwiesen.
Das Kernelement des IS-LM-Modells ist das Zusammenspiel zwischen Guter- und Geldmarkt. Der Gutermarkt wird durch die IS-Gleichung beschrieben. Im Gleichgewicht entspricht dabei die gesamtwirtschaftliche Guterproduktion (= Einkommen) Y der gesamtwirtschaftlichen Guternachfrage Z. Der Geldmarkt wird durch die LM-Gleichung beschrieben. Im Gleichgewicht entspricht hier das reale Geldangebot M/P der realen Geldnachfrage YL(i). Bei einer expansiven Fiskalpolitik versuchen die Regierungen, zusatzliche Nachfrage zu generieren und somit das gesamtwirtschaftliche Einkommen zu erhohen. Im IS-LM-Modell verschiebt sich bei einer Staatsausgabenerhohung und/oder Steuersenkung die IS-Kurve (Gutermarktkurve) nach rechts, wodurch man uber einen Multiplikatorprozess zu einem neuen Schnittpunkt von IS- und LM-Kurve und somit zu einem neuen Gleichgewicht gelangt, bei dem das neue Y rechts des alten Y liegt. Eine Herleitung des Gutermarktgleichgewichts und die genaue Wirkungsweise der expansiven Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft finden sich im Anhang.
2.2.3 Kredit- und Burgschaftsprogramme im Rahmen fiskalpolitischer Ma.Rna.hmen
Die in Kapitel 2 beschriebenen Schwierigkeiten und Unsicherheiten im Finanzsektor fuhrten dazu, dass die Banken ihre Kreditvergabe stark eingeschrankt haben. So wuchs die jahrliche Wachstumsrate der Kreditvergabe an Firmen und private Haushalte im Juni 2009 nur um 1,5 %, was das niedrigste Plus seit Einfuhrung der Statistik im Jahre 1992 ist[27]. Viele Experten sprechen mittlerweile von einer Kreditklemme im Bankensektor, ausgelost durch die Finanzkrise. Claessens et al. (2008) fanden heraus, dass fruhere Wirtschaftskrisen, die mit Kreditklemmen einhergingen, in der Regel einen starkeren Wirtschaftseinbruch verzeichneten und langer andauerten als Krisen, bei denen der Kreditmarkt nicht betroffen war. Sie verstarken insbesondere den Ruckgang des privaten Konsums und erschweren die Durchfuhrung von Investitionsprojekten fur Unternehmen. Laut der Studie fuhrten Kreditklemmen im Mittel der untersuchten Wirtschaftskrisen zu einem Ruckgang der Investitionen um 5,63 %. Des Weiteren wird die Refinanzierung von Unternehmen erschwert. Dies kann insbesondere fur liquiditatsschwache Unternehmen existenzbedrohlich werden. [28] Zur Bekampfung von Kreditklemmen hat der Staat zum einen die Moglichkeit, den Unternehmen selbst Finanzierungsmittel zur Verfugung zu stellen und somit direkt als Glaubiger zu fungieren. Zum anderen kann er uber Burgschaften den Hausbanken einen Teil des Kreditausfallrisikos abnehmen.
2.2.4 Empirische Wirksamkeit expansiver Fiskalpolitik
In ihren empirischen Untersuchungen fiskalpolitischer Maßnahmen in den USA fur die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg fanden Blanchard und Perotti (2002) heraus, dass eine Steuererhohung den privaten Konsum verringert und eine Erhohung der offentlichen Ausgaben diesen erhoht. Fur den privaten Konsum stimmen die Ergebnisse somit mit den Vorhersagen des keynesianischen Modells uberein. Die Untersuchungen fur die privaten Investitionen liefern als Resultat, dass diese mit einer Staatsausgabenerhohung sinken, was den Vorhersagen des keynesianischen Modells widerspricht. Die jeweiligen Multiplikatoren sind jedoch niedrig und bewegen sich in vielen Fallen nahe eins.[29]
Wie bereits erwahnt, spielt die Zeit, die vergeht, um fiskalpolitische Maßnahmen zu implementieren, eine entscheidende Rolle. Unter diesem Gesichtspunkt scheinen Steuerkurzungen sinnvoll, da diese zeitlich schnell durchfuhrbar sind. Studien zeigen aber, dass sie im Vergleich zu anderen fiskalpolitischen Instrumenten nur geringe Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum aufweisen. Falls die Steuersenkungen nicht direkt an die privaten Konsumenten gerichtet sind, ist es sogar moglich, dass sie gar keinen zusatzlichen Impuls fur die gesamtwirtschaftliche Nachfrage liefern. Als eines der effektivsten fiskalpolitischen Mittel mit den großten Multiplikatoren, sowohl aus theoretischer als auch aus empirischer Sicht, erweisen sich erhohte Ausgaben fur Infrastrukturprojekte. Solche Maßnahmen haben jedoch auch die langsten Realisierungszeiten.[30] Die OECD rechnet beispielsweise fur Deutschland bei der Durchfuhrung von Verkehrsprojekten im ersten Jahr mit einem Multiplikator von 0,8, im zweiten Jahr mit einem Multiplikator zwischen 1,0 und 1,2.[31]
[...]
[1] H.-W. Sinn, Kasino Kapitalismus, Econ, Berlin, 2009, S. 16f.
[2] Die CDO-Papiere werden allgemein in drei verschiedene Bonitatstranchen eingeteilt. In der ersten Tranche, der sogenannten Senior- oder AAA-Tranche, befinden sich die Anspruche, die als Erstes bedient werden, wenn die Hausbesitzer ihre Hypothekendarlehen begleichen. In der zweiten Branche, der Mezzanine-Tranche, befinden sich die Anspruche, die bedient werden, nachdem alle Darlehen aus der ersten Tranche bedient wurden. Die Anspruche, die sich in der dritten Tranche befinden, werden nur dann bedient, wenn die Anspruche der ersten beiden Tranchen bedient wurden und danach noch Geld zur Verfugung steht.
[3] Neubautatigkeiten sinken ^ Arbeitslosigkeit in der Baubranche steigt, Investitionen in der Baubranche sinken ^ Arbeitslosigkeit in den betroffenen Investitionsguter- und Dienstleistungsindustrien steigen ^ Arbeitnehmer der betroffenen Industrien senken Konsum ^ Konsumguternachfrage sinkt (fur heimische Produkte und fur Importe), Arbeitslosigkeit in der Konsumguterindustrie steigt ^ Ausbreitung uber negativen Multiplikatorprozess auf die gesamte Realwirtschaft
[4] H.-W. Sinn, Kasino Kapitalismus, Econ, Berlin, 2009, Kapitel 2
[5] H.-W. Sinn, Kasino Kapitalismus, Econ, Berlin, 2009, Kapitel 2
[6] H.-W. Sinn, Kasino Kapitalismus, Econ, Berlin, 2009, Kapitel 3
[7] Die drei Hauptaufgabenbereiche des Staates wurden erstmals definiert von Richard Abel Musgrave, einem amerikanischen Okonomen mit deutscher Herkunft, und werden im Allgemeinen als Musgrave'sche Dreiteilung der Staatsaufgaben bezeichnet.
[8] U. Teichmann, GrundriR der Konjunkturpolitik, 5. Auflage, Verlag Vahlen, Munchen, 1997, S. 248
[9] Europaische Zentralbank, Durchfuhrung der Geldpolitik im Euro-Wahrungsgebiet, September 2006, S. 8, online verfugbar unter http://www.ecb.int/pub/pdf/other/gendoc2006de.pdf. abgerufen am 20.07.2009
[10] Federal Reserve Bank of St. Louis, Monetary Trends, Uncertainty About When the Fed Will Raise Interest Rates, July 2007, S. 16, online verfugbar unter http://www.scribd.com/doc/16516964/St-Louis-Fed- Monetary-Trends, abgerufen am 20.07.2009
[11] Europaische Zentralbank, Monatsbericht, Juli 2009, S. 16, online verfugbar unter http://www.bundesbank.de/download/ezb/monatsberichte/2009/200907.mb ezb.pdf, abgerufen am 20.07.2009
[12] S. Steinbruck, Interview mit Finanzminister Peer Steinbruck (SPD), April 2009, online verfugbar unter http://www.bild.de/BILD/politik/wirtschaft/2009/04/11/finanzminister-peer-steinbrueck/interview- wirtschaftskrise.html, abgerufen am 21.07.2009
[13] R. Baldwin, Ch. Wyplosz, The economics of European integration, 2nd Edition, McGraw-Hill, London, 2006, Chapter 17
[14] J. B. Taylor, Journal of Economic Perspectives, Vol. 14, No. 3, Reassessing Discretionary Fiscal Policy, 2000, S. 27f.
[15] EEAG European Economic Advisory Group at CESifo, The EEAG Report on the European Economy, 2009, S. 100, online verfugbar unter http://www.cesifo-group.de/portal/page/portal/ifoHome/B- politik/70eeagreport/20PUBLEEAG2009, abgerufen am 25.07.2009
[16] Dies beinhaltet eine Erhohung der Renten, der BAfoG-Bezuge und/oder der Hartz-IV-Bezuge.
[17] Fur Details, siehe: J. M. Keynes, Allgemeine Theorie der Beschaftigung, des Zinses und des Geldes, Zehnte, verbesserte Auflage, Duncker & Humblot, Berlin, 2006
[18] Solche Verzerrungen beinhalten staatliche Interventionen, von Gewerkschaften erzwungene uberhohte Lohne, Lobbyismus, etc.
[19] B. Felderer, S. Hombourg, Makrookonomik und neue Makrookonomik, Springer Verlag, 9. Auflage, S. 51ff.
[20] P. Flaschel, G. Groh, C. Proano, Keynesianische Makrookonomik, 2. Auflage, Springer, 2008, S. 67
[21] Fur Details, siehe: J. M. Keynes, Allgemeine Theorie der Beschaftigung, des Zinses und des Geldes, Zehnte, verbesserte Auflage, Duncker & Humblot, Berlin, 2006
[22] 0. Blanchard, G. Illing, Makrookonomie, 3. aktualisierte Auflage, Pearson Studium, 2004, S. 135
[23] Bundesministerium fur Wirtschaft und Technologie, Pressemitteilung vom 14.01.2009, online verfugbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen.did=286154.html. abgerufen am 15.07.2009
[24] Bundesministerium fur Wirtschaft und Technologie, Pressemitteilung vom 29.04.2009, online verfugbar unter http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/pressemitteilungen.did=299660.html. abgerufen am 15.07.2009
[25] Der ifo-Geschaftsklimaindex wird vom Munchner ifo-lnstitut monatlich auf der Grundlage von ca. 7.000 Meldungen von Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe, dem Bauhauptgewerbe, dem Grofthandel und dem Einzelhandel berechnet. Die Unternehmen beurteilen zum einen ihre gegenwartige Geschaftslage und zum anderen ihre Erwartungen fur die nachsten sechs Monate. Der Index ist dann ein transformierter Mittelwert aus den Salden dieser beiden Werte.
[26] ifo Institut, ifo Geschaftsklima Deutschland, ifo Konjunkturtest, online verfugbar unter http://www.cesifo- group.de/portal/page/portal/ifoHome/a-winfo/d1index/10indexgsk. abgerufen am 01.09.2009
[27] Europaische Zentralbank, Pressemitteilung vom 27.07.2009, Monetary Developments in the Euro Area: June 2009, online verfugbar unter http://www.ecb.int/press/pdf/md/md0906.pdf. abgerufen am 28.07.2009
[28] S. Claessens, A. Kose, M. Terrones, What Happens During Recessions, Crunches and Busts?, IMF Working Paper, WP/08/274, December 2008
[29] O. Blanchard, R. Perotti, The Quarterly Journal of Economics, Vol. 117, No. 4, An Empirical Characterization of the Dynamic Effects of Changes in Government Spending and Taxes on Output, S. 1329-1368
[30] International Monetary Fund, Regional Economic Outlook: Europe - Addressing the Crisis, May 2009, S.
[31] und R. M. Solow, Eine gemeinsame Fiskalpolitik zur Wiederbelebung der europaischen Wirtschaft, Berlin, Februar 2009
- Citar trabajo
- Markus Aigner (Autor), 2009, Ökonomik von fiskalischen Rettungsprogrammen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154194
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