„Die Welt um uns hat sich in einer Weise verändert, die uns zwingt, egoistisch zu sein,
aber wir können uns entscheiden, diesen Egoismus maßvoll zu gestalten.“
(Charles Handy)
Ausgehend von der bekannten Feststellung, dass die Werbung als Spiegel der Gesellschaft zu sehen ist, soll im Hinblick auf die zunehmende Individualisierungsdynamik in der Gesellschaft jenen Problemen nachgegangen werden, welche sich möglicherweise durch die Nutzung dieser Dynamik als Mittel der Einflussnahme im Wertebild der Werbung ergeben können. Nämlich dann, wenn die Werbung nicht mehr lediglich als Spiegel der Gesellschaft, sondern ebenso als Verstärker oder zumindest als Verteidiger gesellschaftlicher Tendenzen und Einstellungen auftritt. Denn dann würde die Werbung jene Probleme noch zusätzlich verstärken, die auf vielfältigen Individualisierungstendenzen der letzten Jahrzehnte und egoistischen Einstellun-gen in der Gesellschaft beruhen.
In diesem Sinne ist es die Zielsetzung dieser Arbeit, einerseits die Hintergründe und Auswirkungen dieser Individualisierungsdynamik aufzuzeigen, diese Vorgänge transparent und nachvollziehbar zu machen und sie als Mittel der Einflussnahme im Wertebild der Werbung zu erkennen. Außerdem soll eine empirische Untersuchung Aufschluss über die konkreten Inhal-te ausgewählter Werbespots geben und eine Bewertung derselben durch die Rezipienten beinhalten. Auf Basis von Hypothesen sollen die ähnlichen Tendenzen in der Gesellschaft und der Werbung, sowie das Erkennen und die Akzeptanz derselben durch das Publikum geprüft werden. Folgende Forschungsfragen dienen dieser Arbeit demzufolge als Grundlage:
1. In welche Richtung haben sich soziale Werte in der Gesellschaft und in der Werbung entwickelt?
2. Sind in der Werbung dieselben Tendenzen zu erkennen wie in der Gesellschaft?
3. Gibt es relevante Zusammenhänge zwischen dem Wandel in der Gesellschaft und dem Wandel in der Werbung? Wie definieren sich eventuell bestehende Zusammenhänge?
4. In welcher Form treten Egoismus und Eigennutz in der Werbung und in der Gesellschaft auf?
5. Welche Absichten verfolgen die Werbetreibenden mit diesen Werbebotschaften?
6. Erkennt der Rezipient bzw. das Publikum diese Trends in der Gesellschaft und in der Werbung? Können Zusammenhänge hergestellt werden?
7. Wie bewertet der Rezipient die aktuellen Trends in Werbung und Gesellschaft?
8. Fordern uns die Medien zu egoistischem Denken und Handeln heraus bzw. rechtfertigen die Medien den Egoismus in der Gesellschaft?
Inhaltsverzeichnis
- I. Theoretischer Teil - Der Wertewandel in der Gesellschaft
- 1. Einleitung
- 2. Werte und Wertewandel - eine theoretische Einführung
- 2.1. Der Wertebegriff
- 2.2. Sozialpsychologische Erkenntnisse
- 2.2.1. Der Erwerb von Werten durch Sozialisation und Internalisierung
- 2.2.2. Werturteile, Normen und Einstellungen
- 2.3. Der Wertewandel im Lichte theoretischer Grundlagen
- 2.3.1. Grundsätzliche Überlegungen
- 2.3.2. Die Postmaterialismus-Theorie von Ronald Inglehart
- 2.3.3. Die Theorie des Wertewandels von Helmut Klage
- 3. Sozialer Wertewandel - Gesellschaft heute
- 3.1. Allgemeine Feststellungen
- 3.1.1. Aktuelle gesellschaftliche Tendenzen
- 3.1.2. Das Lebensstil-Konzept
- 3.2. Individualisierung
- 3.2.1. Die Dynamik der Individualisierung
- 3.2.3. Die neue Unsicherheit
- 3.2.4. Individuum und Gesellschaft - eine Wechselwirkung
- 3.2.5. Die Individualisierung im Blickpunkt kritischer Auseinandersetzung
- 3.2.6. Die neue Solidarität
- 3.3. Die Konsum- und Erlebnisgesellschaft
- 3.3.1. Die Erlebnis- und Spaßgesellschaft
- 3.3.2. Der Kapitalismus als Grundlage der Konsumgesellschaft
- 3.4. Beziehungsmuster in der individualisierten Gesellschaft
- 3.4.1. Empirische Befunde aus aktuellen Wertestudien
- 3.4.3. Sozialkontakte und Beziehungen
- 4. Der Trend zum Ich - Der Egoismus im interdisziplinären Bezugssystem
- 4.1. Biologische Bezüge
- 4.2. Psychologische Bezüge
- 4.2.1. Psychologische Selbstverwirklichungsmodelle
- 4.2.1.1. Das Individuationsmodell nach C.G. Jung (1875-1961)
- 4.2.1.2. Die Bedürfnispyramide nach Abraham H. Maslow (1908-1970)
- 4.2.1.3. Die Selbstverwirklichungstendenz nach C.R. Rogers (1902-1987)
- 4.2.2. Kritik an der Selbstverwirklichung!?
- 4.3. Pathologische Bezüge - Autismus, Egozentrik und Narzissmus
- 4.3.1. Allgemeine Feststellungen
- 4.3.2. Autismus
- 4.3.3. Egozentrik
- 4.3.4. Narzissmus
- II. Empirischer Teil - Das Wertebild in der Werbung
- 1. Einführung in die Medienwirkungsforschung
- 1.1. Entwicklung der Medienwirkungsforschung
- 1.2. Themenrelevante Theorien
- 1.2.1. Einführung in die Einstellungsforschung
- 1.2.2. Konsistenztheoretische Ansätze
- 1.2.3. Die Verstärkerhypothese nach Josef Klapper
- 1.2.4. Die Schweigespirale nach Elisabeth Noelle-Neumann
- 2. Einführung in die Werbewirkungsforschung
- 2.1. Werbung und Gesellschaft – ein reziprokes Verhältnis
- 2.2. Werbepsychologische und soziologische Grundlagen
- 2.2.1. Wahrnehmungspsychologische Grundlagen
- 2.2.2. Das Selbstkonzept
- 2.2.3. Die Werbung als Bedeutungsverleiher
- 2.3. Die sozialen Auswirkungen der Werbung
- 3. Untersuchungsdesign
- 3.1. Einleitung und Erkenntnisinteresse
- 3.2. Forschungszentrierte Fragestellungen
- 3.3. Hypothesen und Operationalisierung
- 3.4. Vorstellung der empirischen Projekte
- 3.4.1. Begründung der Untersuchungsmethode
- 3.4.1.1. Inhaltsanalyse dreier Werbespots
- 3.4.1.2. Klassenbefragung und Online-Befragung
- 3.4.2. Stichprobe und Untersuchungsbedingungen
- 3.4.2.1. Inhaltsanalyse dreier Werbespots
- 4. Durchführung und Ergebnisse der empirischen Projekte
- 4.1 Inhaltsanalyse dreier Werbespots
- 4.1.1 Die 7 Sünden von „,Magnum“
- 4.1.1.1 Werbelinie und Hintergründe
- 4.1.1.2 Spotanalyse „,7 Sünden“
- 4.1.1.3 Kritik und Interpretation
- 4.1.2 Wiener Städtische Versicherung
- 4.1.2.1 Werbelinie und Hintergründe
- 4.1.2.2 Spotanalyse „,,Tankstelle”
- 4.1.3 SATURN - Geiz ist geil
- 4.1.3.1 Werbelinie und Hintergründe
- 4.1.3.2 Spotanalyse „Weihnachten ist geil“
- 4.1.3.3 Kritik und Interpretation
- 4.2 Klassenbefragung unter Jugendlichen
- 4.3 Online-Befragung im Internet
- 5. Auswertung der Hypothesen
- 6. Resümee und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Individualisierungsdynamik in der Gesellschaft und deren Einfluss auf das Wertebild der Werbung. Sie untersucht, wie der Trend zum „Ich“ in der modernen Gesellschaft als Mittel der Einflussnahme im Wertebild der Werbung genutzt wird.
- Wertwandel und seine theoretischen Grundlagen
- Individualisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft
- Konsum- und Erlebnisgesellschaft im Kontext der Individualisierung
- Der Trend zum „Ich“ und seine interdisziplinären Bezüge (biologisch, psychologisch, pathologisch)
- Das Wertebild in der Werbung und seine Beziehung zur Individualisierung
Zusammenfassung der Kapitel
Der theoretische Teil der Arbeit befasst sich mit dem Wertewandel in der Gesellschaft, insbesondere mit der Individualisierung und ihren Auswirkungen auf die modernen Lebensverhältnisse. Er beleuchtet die theoretischen Grundlagen des Wertewandels und analysiert die aktuellen gesellschaftlichen Tendenzen.
Die Analyse des Wertewandels in der Gesellschaft umfasst verschiedene Aspekte, darunter die Dynamik der Individualisierung, die neue Unsicherheit, die Beziehung zwischen Individuum und Gesellschaft sowie die neue Solidarität. Die Arbeit beleuchtet auch die Konsum- und Erlebnisgesellschaft als Ausdruck der individualisierten Gesellschaft und untersucht die Beziehungsmuster in dieser neuen Form des Zusammenlebens.
Der empirische Teil der Arbeit widmet sich der Analyse des Wertebilds in der Werbung. Er liefert zunächst eine Einführung in die Medienwirkungsforschung und die Werbewirkungsforschung, um die theoretischen Grundlagen der Untersuchung zu etablieren. Anschließend wird das Untersuchungsdesign vorgestellt, welches die Inhaltsanalyse dreier Werbespots, eine Klassenbefragung unter Jugendlichen und eine Online-Befragung im Internet umfasst. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden anschließend ausgewertet und im Hinblick auf die gestellten Hypothesen interpretiert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter der Arbeit sind Individualisierung, Wertewandel, Konsumgesellschaft, Erlebnisgesellschaft, Werbung, Medienwirkungsforschung, Werbewirkungsforschung, Egoismus, Selbstverwirklichung, Autismus, Egozentrik, Narzissmus. Die Arbeit beleuchtet die Wechselwirkungen zwischen diesen Konzepten und untersucht die Rolle der Werbung als Spiegelbild und Motor der Individualisierung in der modernen Gesellschaft.
- Citar trabajo
- Mag. Christine Willerstorfer (Autor), 2005, Der Trend zum Ich - Die Individualisierungsdynamik in der Gesellschaft als Mittel der Einflussnahme im Wertebild der Werbung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/154025