„The timing of elections influences the rate of unemployment [...] the short-term managament of
inflation and unemployment, the flow of tranfer payments, the undertaking of expansionary or
contractive economic policies, and the time perspective of economic policy-making...Economic life
vibrates with the rhythms of politics “ [Tufte (1978, S. 137)].
In der traditionellen Volkswirtschaftslehre wird unterstellt, dass sich die wirtschaftspolitischen
Entscheidungsträger auf makroökonomischer Ebene wie wohlwollende Diktatoren verhalten,
welche sich auf eine Stabilisierungspolitik konzentrieren und versuchen, extreme Konjunkturschwankungen
zu glätten. Diese normative Sichtweise berücksichtigt dabei allerdings nicht die
Frage, ob die wirtschaftspolitischen Instanzen überhaupt gewillt sind, sich allgemeinwohlorientierend
zu verhalten oder ob ihre Eigeninteressen bei dem Einsatz konjunkturpolitischer Instrumentarien
miteinfließen, was eine stabilitätsorientierte Wirtschaftspolitik erst beeinträchtigen
würde.
Im Gegenzug dazu berücksichtigt die Theorie des Politischen Konjunkturzyklus dieses Verhalten
der wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger im Rahmen der Neuen Politischen Ökonomie und
untersucht die Auswirkungen und Wechselbeziehungen zwischen Regierung, Wahlzeitpunkten,
Wählern und Wirtschaftslage. Diese Interdependenzen verdeutlicht auch das obige Eingangszitat
von Tufte.
Die ersten Versuche, das Politikerverhalten und die ökonomische Entwicklung miteinander zu
verbinden, fand in der Mitte des 20. Jahrhunderts statt1. Es dauerte allerdings bis 1975, dass
William D. Nordhaus seinen in dieser Hinsicht bahnbrechenden Aufsatz “The Political Business
Cycle“ veröffentlichte, in dem er den Begriff des Politischen Konjunkturzyklus aufgriff und ihn zur
Theorie des Politischen Konjunkturzyklus ausweitete. Nordhaus geht in seiner Ausführung davon
aus, dass es der Regierung möglich ist, einen Konjunkturzyklus und damit Schwankungen in der
Wirtschaft zu erzeugen.
Inhalt dieser Seminararbeit soll deshalb sein, das Konjunkturmodell von Nordhaus darzustellen und
zu erläutern, wobei das Modell im ersten Teil in den Theorienkontext eingeordnet wird.
[...]
1 Siehe dazu u.a. Schumpeter(1939), Kalecki (1943), Akerman (1947), wenngleich die Zusammenhänge von Wirtschaft
und Politik schon früher betrachtet wurden, setzte die intensive Beschäftigung erst Mitte des 20. Jhd. ein.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einführung
2. Modellbeschreibung
2.1. Definition „Politischer Konjunkturzyklus“ und Einordnung des Modells
2.2. Annahmen des Modells
2.2.1. Phillipskurvenkonzept-Beschreibung der Wirtschaft
2.2.2. Wählerverhalten
2.2.3. Regierungsverhalten und Politiker
2.3. Analytische Modelldarstellung
3. Kritische Würdigung des Modells
3.1. Allgemeine Kritikpunkte und Problembereiche
3.2. Empirische Evidenz des Modells
4. Schlussbetrachtung
5. Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb.1: Das Grundschema der Modelle opportunistischer Konjunkturzyklen
Abb.2: Phillipskurvenkonzept
Abb.3: Die kurz- und die langfristige Phillipskurve
Abb.4: Nordhaus-Konjunkturzyklus
Abb.5: Der politische Konjunkturzyklus
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einführung
„The timing of elections influences the rate of unemployment [...] the short-term managament of inflation and unemployment, the flow of tranfer payments, the undertaking of expansionary or contractive economic policies, and the time perspective of economic policy-making...Economic life vibrates with the rhythms of politics “ [Tufte (1978, S. 137)].
In der traditionellen Volkswirtschaftslehre wird unterstellt, dass sich die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger auf makroökonomischer Ebene wie wohlwollende Diktatoren verhalten, welche sich auf eine Stabilisierungspolitik konzentrieren und versuchen, extreme Konjunktur-schwankungen zu glätten. Diese normative Sichtweise berücksichtigt dabei allerdings nicht die Frage, ob die wirtschaftspolitischen Instanzen überhaupt gewillt sind, sich allgemeinwohlorien-tierend zu verhalten oder ob ihre Eigeninteressen bei dem Einsatz konjunkturpolitischer Instru-mentarien miteinfließen, was eine stabilitätsorientierte Wirtschaftspolitik erst beeinträchtigen würde.
Im Gegenzug dazu berücksichtigt die Theorie des Politischen Konjunkturzyklus dieses Verhalten der wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger im Rahmen der Neuen Politischen Ökonomie und untersucht die Auswirkungen und Wechselbeziehungen zwischen Regierung, Wahlzeitpunkten, Wählern und Wirtschaftslage. Diese Interdependenzen verdeutlicht auch das obige Eingangszitat von Tufte.
Die ersten Versuche, das Politikerverhalten und die ökonomische Entwicklung miteinander zu verbinden, fand in der Mitte des 20. Jahrhunderts statt[1]. Es dauerte allerdings bis 1975, dass William D. Nordhaus seinen in dieser Hinsicht bahnbrechenden Aufsatz “The Political Business Cycle“ veröffentlichte, in dem er den Begriff des Politischen Konjunkturzyklus aufgriff und ihn zur Theorie des Politischen Konjunkturzyklus ausweitete. Nordhaus geht in seiner Ausführung davon aus, dass es der Regierung möglich ist, einen Konjunkturzyklus und damit Schwankungen in der Wirtschaft zu erzeugen.
Inhalt dieser Seminararbeit soll deshalb sein, das Konjunkturmodell von Nordhaus darzustellen und zu erläutern, wobei das Modell im ersten Teil in den Theorienkontext eingeordnet wird. Des Weiteren werden die von Nordhaus gestellten Annahmen dargelegt und erklärt, wobei vor allem auf die Annahmen über die Wirtschaft, die Wähler und die Regierung eingegangen werden soll. Anschließend erfolgt dann die analytische Darstellung des Modells. Da das Nordhaus-Modell von einem sehr vereinfachten Bild der Wirtschaft sowie deren Wirtschaftssubjekte ausgeht (Punkt 2 der Arbeit), lassen sich einige Defizite aufdecken, was im Punkt 3 der Seminararbeit geschehen wird. Es wird dabei gleichzeitig auch die Frage nach dem Erklärungsgehalt und der empirischen Evidenz der Theorie politisch erzeugter Konjunkturzyklen gestellt.
Abschließend werden die wesentlichen Punkte noch einmal in einer Schlussbetrachtung zusammen-gefasst.
2. Modellbeschreibung
2.1. Definition „Politischer Konjunkturzyklus“ und Einordnung des Modells
Ein Politischer Konjunkturzyklus entsteht in westlichen Demokratien, wenn durch Wiederwahl –oder Ideologieinteressen motivierte Regierungen die wirtschaftliche Aktivität bewusst und eigen-nützig beeinflussen und dadurch selbst zusätzliche, oft systematische Schwankungen auslösen (vgl. Belke, 1993, S. 919, Scheuerle, 1999, S. 2).
Bei dieser Definition erfolgt- wie bereits in der Einführung erwähnt und durch Frey ausgeführt wird- „eine Abkehr von der weit verbreiteten Annahme benevolenter Politiker, die im privaten Sektor entstandene ökonomische Fluktuationen durch geeignete Stabilitätspolitiken gemäß einer gesellschaftlichen Wohlfahrtsfunktion ausgleichen“ (vgl. Frey, 1976, S. 95). Somit stehen die so gedeuteten Modelle auch im Gegensatz zu denen der Tinbergen-Theil-Tradition, in der Politiker nicht ihren eigenen Nutzen, sondern allein das Gesamtwohl zu realisieren versuchen (vgl. Tichy, 1994, S.147). Darüber hinaus ist der Politische Konjunkturzyklus von den unbewusst erzeugten Zyklen im Sinne der monetaristischen Konjunkturerklärung abzugrenzen. Diese beruht bekanntlich eher auf einer ungenügenden Steuerbarkeit der Wirtschaft und geht davon aus, dass die auf Stabilisierung zählende Regierung, infolge beschränkter Möglichkeiten diese Zyklen unbeabsich-tigt auslöst (vgl. Scheuerle, 1999, S. 2).
Allen Modellen des Politischen Konjunkturzyklus ist jedoch gemeinsam, dass sie politische Faktoren endogenisieren und deren Zusammenspiel mit wirtschaftlichen Faktoren analysieren (vgl. Nordhaus, 1989, S. 2).
In Abhängigkeit von den Argumenten, die in der Nutzenfunktion der Politiker Berücksichtigung finden, lassen sich zwei Arten sowie eine Mischform der politisch erzeugten Konjunkturzyklen voneinander abgrenzen (vgl. Scheuerle, 1999, S. 2-3). Beim Modelltypus des opportunistischen Konjunkturzyklus, zu dem auch das Nordhausmodell zählt, steht das Wiederwahlinteresse im Vordergrund. Eine in diesem Sinne opportunistisch handelnde Regierung wird versuchen, die Wirtschaftslage dahingehend zu manipulieren, dass in dem unmittelbaren (Vor-)Wahlzeitraum eine von den Wählern besonders günstig bewertete wirtschaftliche Entwicklung erzeugt wird, die dann wiederum zu einer gewünschten maximalen Stimmenanzahl führen soll ( Scheuerle, 1999, S. 3). Stehen dagegen nicht die Wiederwahl, sondern die von der Regierung verfolgten ideologischen Ziele im Vordergrund, spricht man von ideologischen Konjunkturzyklen (vgl. Scheuerle, 1999, S. 3). Der dritte Modelltypus, eine Mischform aus den bisher genannten Richtungen, geht von der Erkenntnis aus, dass ohne die Wiederwahl, die Verfolgung und Durchsetzung der ideologischen Ziele nicht möglich ist. Maßgeblich für die Wirtschaftspolitik der Regierung sind somit beide Arten von Motiven- Wiederwahl und Ideologie. Bei einer sicheren Wiederwahl steht dabei die Ideologie im Vordergrund, bei einer unsicheren Wiederwahlchance wird der Stimmenmaximierung mehr Bedeutung zugemessen. Diese Mischform bezeichnet man als ideologisch-opportunistischen Konjunkturzyklus.
2.2. Annahmen des Modells
2.2.1. Phillipskurvenkonzept-Beschreibung der Wirtschaft
Wie Abb.1 nachstehend skizziert, beruht der Grundmechanismus aller Modelle opportunistischer Konjunkturzyklen auf der Zweiteilung in ein ökonomisches und ein politisches System, die jeweils miteinander verbunden sind (vgl. Scheuerle, 1999, S. 9).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.1: Das Grundschema der Modelle opportunistischer Konjunkturzyklen in Anlehnung an Scheuerle (1999, S. 9).
Während das politische System in den Punkten 2.2.2. und 2.2.3. näher erläutert wird, lassen sich für den ökonomischen Kontext folgende Aussagen bzw. Annahmen machen:
Nordhaus befasst sich in seiner Arbeit mit dem Problem intertemporaler politischer Entscheidungen zwischen verschiedenen Zielen (vgl. Nordhaus, 1975, S. 169). Konkret beinhaltet diese Aus-einandersetzung die Untersuchung des dynamischen Verhältnisses zwischen Inflation und Arbeits-losigkeit (Nordhaus, 1975, S. 169). Aus diesen Zusammenhängen folgt, dass die Wirtschaft und damit das ökonomische System des Nordhausmodells komplett durch die beiden Argumente Arbeitslosigkeit und Inflationsrate beschrieben werden (vgl. Gabisch/Lorenz, 1989, S. 80). Dabei ist wichtig zu beachten, dass keine weiteren Spezifikationen der Wirtschaftsstruktur angenommen bzw. vorgenommen werden. Dargestellt werden die konfliktären Interdependenzen beider Größen durch eine vereinfachte erwartungsmodifizierte Phillipskurve (vgl. Sieg, 2000, S. 5), die sich auf die Erwartungsbildungshypothese adaptiver Erwartungen stützt. Es wird somit schnell deutlich, dass der politische Konjunkturzyklus auf der Phillips-Kurve basiert (vgl. Willett, 1988, S. 88).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.2 : Phillipskurvenkonzept in Anlehnung an Pätzold (1998, S. 113).
Die Phillipskurve in Abbildung 2 spiegelt den Zusammenhang von Inflationsrate Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Arbeits-losigkeit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten wieder. Es ist aus der Skizze ersichtlich, dass die Inflationsrate umso höher ist, je geringer die Arbeitslosenquote (Scheuerle, 1999, S. 21). Aus diesem offensichtlichen Zielkonflikt[2] der beiden Variablen begründet sich auch der negative Anstieg der Kurve (vgl. Nordhaus, 1989, S. 57).
In der Rezessionsphase, gekennzeichnet durch geringe Auslastung der Produktionsfaktoren, ist die kon-junkturelle Arbeitslosigkeit aufgrund geringer Nach-frage vergleichsweise hoch (die nachfrageinduzierte Inflationsrate ist dabei gleichzeitig gering). In der Hochkonjunktur liegt die umgekehrte Situation vor: Bei hoher Auslastung der personellen und sachlichen Kapazitäten, steigt dagegen das Preisniveau (während gleichzeitig die konjunkturelle Arbeitslosigkeit gering ist)(vgl. Pätzold, 1998, S. 110-111).
Der konjunkturpolitische Mechanismus wird vereinfacht durch Pätzold beschrieben. Dieser vergleicht die Phillips-Kurve mit einer „Menü-Karte der Konjunkturpolitik“ (vgl. Pätzold, 1998, S. 112), wobei die Politiker wählen können, ob sie lieber eine hohe Inflation mit einer geringen Arbeitslosigkeit verbinden oder ob sie bereit sind, eine geringe Inflation mit einer entsprechend hohen Arbeitslosigkeit zu erkaufen (Pätzold, 1998, S. 112). Aufgabe und Ziel der Konjunkturpolitik im Sinne der Regierung im Nordhausmodell ist deshalb, eine optimale Kombination von konjunktureller Arbeitslosigkeit und konjunktureller Inflation zu realisieren, die eine möglichst hohe Zustimmung der Wähler hervorruft und somit die Wiederwahl der Regierungspartei ermöglicht.
[...]
[1] Siehe dazu u.a. Schumpeter(1939), Kalecki (1943), Akerman (1947), wenngleich die Zusammenhänge von Wirtschaft und Politik schon früher betrachtet wurden, setzte die intensive Beschäftigung erst Mitte des 20. Jhd. ein.
[2] Diesen Zielkonflikt bezeichnet man in Anlehnung an die Untersuchungen von A.W.Phillips und die Modifikationen hinsichtlich der Preisniveau-Arbeitslosigkeits-Konfliktdarstellung von P.A. Samuelson und R.M. Solow als Phillips-Zielkonflikt.
- Arbeit zitieren
- Miriam Rinke (Autor:in), 2003, Politische Konjunkturzyklen - Das Nordhaus-Modell, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15363
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