Im zentralen Mittelpunkt der vorliegenden Ausarbeitung steht die Entwicklung der
Immigration und ihr aktueller Status innerhalb der westlichen Welt, sowie die Beurteilung der
Wichtigkeit einer supranationalen Identifikation des Einzelnen für den Prozess der
Denationalisierung. Die Abstraktion des Begriffes der Denationalisierung in Konkurrenz zum
Populärbegriff der Globalisierung wird hervorgehoben und erläutert.
Inhaltsverzeichnis
1 Zusammenfassung
2 Einleitung
3 Denationalisierung als klare Alternative zum Begriff der Globalisierung
4 Migration und Immigration im Zuge der Denationalisierung
5 Nationale Identität im Umbruch
6 Schlussfolgerung
Literaturverzeichnis
1 Zusammenfassung
Im zentralen Mittelpunkt der vorliegenden Ausarbeitung steht die Entwicklung der Immigration und ihr aktueller Status innerhalb der westlichen Welt, sowie die Beurteilung der Wichtigkeit einer supranationalen Identifikation des Einzelnen für den Prozess der Denationalisierung. Die Abstraktion des Begriffes der Denationalisierung in Konkurrenz zum PopulärbegriffderGlobalisierung wird hervorgehoben und erläutert.
2 Einleitung
Betrachtet man die Geschwindigkeit des gesellschaftlichen Wandels innerhalb der Nationen der westlichen Welt seit dem Ende des 2. Weltkrieges und vergleicht Diesen mit Dem vorangegangener Epochen, drängt sich die Erkenntnis auf, dass sich der Einzelne heutzutage rasanteren gesellschaftlichen Umbrüchen denn je ausgesetzt sieht. Diese grundlegenden strukturellen Veränderungen der Nationalstaaten zugunsten der Entwicklung transnationaler Beziehungen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sowie die politische Ausrichtung auf eine Internationalisierung wirken sich direkt auf die Lebenswelten der Menschen aus. Im Folgenden möchte der Verfasser auf die Entwicklung der Migration sowie der individuellen Identität im Zuge dieses Wandels eingehen und ergründen inwieweit diese Veränderungen positiv verarbeitet und deren Potential genutzt werden kann.
3 Denationalisierung als klare Alternative zum Begriffder Globalisierung
Der Begriff der Globalisierung werde gehäuft für Dinge verwandt, deren Handlungszusammenhänge zwar nationale Grenzen überschreiten, die jedoch nicht global seien, noch eine Entwicklung hin zur Globalität beobachten ließen. Vielmehr muss man von einer De-Nationalisierung sprechen, da lediglich nationalstaatliche Grenzen überschritten werden und Interaktionen tendenziell nicht länger auf Nationalgesellschaften beschränkt sind (Zürn 1998). Auch Beisheim et al. stützen die Konzeption dieser beiden Begriffe in Abgrenzung zueinander.
„Aus empirischer Perspektive wird schnell deutlich, daß .Globalisierung' kaum als ein glücklicher Begriff bezeichnet werden kann. [...] Immer zeigt sich, daß der Großteil der grenzüberschreitenden Interaktionen [...] innerhalb eines Raumes abläuft, der geographisch keinesfalls global ist. [...] Die gegenwärtige Entwicklung wird deshalb durch den Begriff der Denationalisierung besser erfaßt als mit der Rede von der .Globalisierung'“ (Beisheim et al. 1999:16).
4 Migration und Immigration im Zuge der Denationalisierung
Besonders offensichtlich wird die Tendenz des Transnationalismus in Bezug auf nationalstaatliche Grenzen, die zugunsten von großflächiger abgegrenzten Gebieten, wie beispielsweise der Europäischen Union (EU), durchlässiger werden. Klassische „Auswanderungsländer“ sind zu „Einwanderungsländern“ geworden, deren weltweite Spitze im Hinblick auf die jährliche Immigration die europäischen Länder Deutschland, Großbritannien, Spanien und Italien bilden (Guiraudon und Jileva 2006). Die Einwanderungsrate innerhalb der EU ist jedoch, gegenteiligen Annahmen zum trotz, nicht gestiegen, sondern im Wesentlichen gleich geblieben (Parsons und Smeeding 2006). Während die Einstellung der Bürger der EU zu Fragen der Integration der Migranten nach Citrin und Sides (2007) ausgeprägt skeptisch ist, lässt die Betrachtung der internationalen Verteilung der Bürger mit Migrationshintergrund jedoch den Schluss zu, dass eine liberale Immigrationspolitik weite Verbreitung findet:
„Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist jeder vierte oder fünfte Einwohner von Ländern wie Australien (24%), der Schweiz (24%), Neuseeland (19%) und Kanada (18%) im Ausland geboren. In Deutschland (13%),den Vereinigten Staaten (13%) und Schweden (12%) gilt dies fürjeden achten Einwohner“ (Bloemraad et al. 2010:13).
5 Nationale Identität im Umbruch
Durch den Trend, weg von souverän agierenden Staaten, hin zu Staatenbündnissen wie der EU, die grundlegende Aspekte in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vereinheitlichen, ist die klar abgegrenzte nationale Identität der Bürger der betroffenen Staaten einem Umbruch ausgesetzt. Das Bekenntnis zu, und die Identifikation mit, den Zielen dieser Supranationalen Organisationen wird für deren Fortbestehen signifikant wichtig.
Lt. Ohlmeier ist die klare[!] Identität des Einzelnen auch ein wichtiger Beitrag zur psychischen Gesundheit des Individuums: „Psychoanalytische Theoretiker haben sich erst in neuerer Zeit des Identitätsbegriffes angenommen, was verwunderlich scheint, da doch Identitätsstörungen und -Unsicherheiten bei keiner psychischen Krankheit fehlen“ (Ohlmeier 2000:371). Der „Überfluss an Fremden“ (Schneider 2009:10) macht Globalisierung zu einem Supermarkt von Identitätsangeboten.
Lieber und Weisberg (2002:273) sehen Kultur und Identität als einen wichigen Träger der Globalisierung: „Culture in its various forms now serves as a primary carrier of globalization and modern values, and constitutes an important arena of contestation for national, religious, and ethnic identity“. Bisher scheinen „Erwartungen an die Ablösung partikularer Identitäten durch eine europäische Identität [jedoch] nicht erfüllt. So scheinen sich regionale und nationale Identifikationen als Kontrahenten einer Identifikation mit der EU hartnäckig zu behaupten oder gar wieder zu erstarken“ (Westle 2003:454). Untermauert wird diese Erkenntnis durch eine deskriptive Studie aus dem Jahr 2000, wonach derer sich lediglich 4 Prozent (nur Europa) bzw. 6 Prozent (primär Europa) der EU Bürger mit der EU in Konkurenz zu einem nationalen Identitätsgefühl identifizieren (Westle 2003).
6 Schlussfolgerung
Trotz mehrheitlich passiver Widerstände innerhalb der EU bleibt die Immigration ein bedeutender Faktor im Prozess der Internationalisierung und ist quantitativ weitgehend stabil. Es bleibt zu forschen, welche Faktoren der Immigration zu Skepsis bei den EUBürgern führen.
Die Herausbildung einer flächendeckenden europäischen Identität ist den transnationalen Strukturen förderlich, aber nicht abgeschlossen. Im Gegenteil scheinen sich Strömungen von Renationalisierung, hervorgerufen durch das die nationale Souveränität beschneidende Konstrukt der Europäischen Union, bemerkbar zu machen. In Zukunft muss bei der Arbeit im politischen und gesellschaftlichen Feld Wert auf identitätsstiftende Maßnahmen im Hinblick auf supra-nationale Institutionen wie die EU gelegt werden. Diese Maßnahmen tragen nicht nurzum gesellschaftlichen Prozess der Internationalisierung bei, sondern sind psychologisch signifikant wichtig für das Individuum.
Eine einheitliche und weitgehend anerkannte supra-nationale Identität könnte auch zur Integration von Migranten beitragen, da diese als Teil eines ganzen, Nationen übergreifenden, politischen Wertesystems erlebt werden, und somit weniger als „fremd“ einzustufen sind.
Literaturverzeichnis
Beisheim, Marianne et al., 1999: Im Zeitalter der Globalisierung. Thesen und Daten zur gesellschaftlichen und politischen Denationalisierung. Baden-Baden: Nomos.
Bloemraad, Irene, Anna Korteweg und Gökce Yurdakul, 2010: Staatsbürgerschaft und Einwanderung: Assimilation, Multikulturalismus und der Nationalstaat. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Citrin, Jack, John Sides, 2007: European opinion about immigration. The role of identities, interests and information. British Journal of Political Science 37: 477-504.
Guiraudon, Virginie, Elena Jileva, 2006: Immigration and Asylum. S. 280-298 in: Paul M. Heywood et al. (Hg.), Developments in European Politics. London: Palgrave Macmillan.
Lieber, Robert J., Ruth E. Weisberg, 2002: Globalization, Culture, and Idetities in Crisis. International Journal of Politics, Cultiure and Society 16:273-296.
Ohlmeier, Dieter, 2000: Identität im Wandel - aus psychoanalytischer Sicht. Gruppendynamik und Organisationsberatung 4:371-382.
Parsons, Craig A., Timothy M. Smeeding, 2006: Immigration and the Transformation of Europe. Cambridge: Cambridge University Press.
Schneider, Gerhard, 2009: Identität und die Ambivalenz gegenüber Fremdem. Forum der Psychoanalyse 25:3-13.
Westle, Bettina, 2003: Europäische Identifikation im Spannungsfeld regionaler und nationaler Identitäten. Theoretische Überlegungen und empirische Befunde. Politische Vierteljahresschrift 44:453-482.
Zürn, Michael, 1998: Regieren jenseits des Nationalstaates. Globalisierung und Denationalisierung als Chance. Frankfurt a. M.:Suhrkamp.
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- Citation du texte
- Andre Blum (Auteur), 2010, Migration, Immigration und Wandel der nationalen Identität im Kontext der Denationalisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153477