Zwischenmenschliche Anerkennung stellt ein wichtiges Moment bei der Sozialisation des
Individuums dar. Durch die Würdigung von symbolischem Kapital, vor dem Hintergrund der
Verfügbarkeit der unterschiedlichen Kapitalsorten, konstituiert sich der Einzelne im
Sozialraum. Die Zuschreibung von Positionen und die Gewährung von Privilegien innerhalb
eines Feldes ist jedoch nicht nur von der kumulierten, gesamtgesellschaftlichen Bewertung
der Kapitalarten abhängig, sondern scheint maßgeblich von einer milieuspezifischen
Einstufung der Wertigkeit der Kapitalsorten bestimmt. So verfügt aus der Perspektive Pierre
Bourdieus jedes, in Normen und Werten, weitgehend homogene Feld über seine eigene, an
eben diesen Normen und Werten relativierte, Perspektive auf den Sozialraum. Sozialer
Aufstieg, also die fortgesetzte Mehrung des Volumens der Kapitalsorten, bzw. der
individuelle Antrieb eine Kapitalsorte wie beispielsweise Bildungskapital zu mehren, wird
maßgeblich durch deren Bewertung in dem Milieu in dem das Individuum sozialisiert ist,
beeinflusst.
In folgender Ausarbeitung möchte der Verfasser aus dem sozialtheoretischen Blickwinkel
Pierre Bourdieus die soziologischen Mechanismen beleuchten, deren Wirken soziale
Anerkennungsmuster – den Geschmack - beeinflussen bzw. einen sozialen Aufstieg oder
Abstieg des Individuums fördern oder erschweren.
Inhaltsverzeichnis
1 Zusammenfassung
2 Einleitung
3 Faktoren der sozialen Anerkennung
3.1 Inkorporiertes kulturelles Kapital als grundlegender Strukturgeber für das milieuspezifische Wertesystem des Akteurs
3.2 Soziales Kapital, Sozialkapitalbeziehungen und die Solidarisierung mit einem spezifischen Milieu als festigender Aspekt der Position im Sozialraum
3.3 Habitus und die Wertschätzung von ähnlich positionierten Akteuren im Sozialraum
4. Weitere, signifikante Faktoren für eine Bewegung im objektiven Sozialraum
4.1 Grundlegende Voraussetzungen für die Konvertierung der Kapitalarten
5. Überlegungen
Literaturverzeichnis
1 Zusammenfassung
Das Individuum positioniert sich nach Bourdieus Sozialtheorien im Laufe seiner Biographie dynamisch im Sozialraum. Das Volumen der einzelnen Kapitalsorten entscheidet dabei über sozialen Auf- oder Abstieg. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit milieuspezifischen Anerkennungsmustern und wie diese sich konstituieren sowie weiteren Aspekten die sich in einer Stabilisierung des Akteurs im Sozialraum auswirken.
2 Einleitung
Zwischenmenschliche Anerkennung stellt ein wichtiges Moment bei der Sozialisation des Individuums dar. Durch die Würdigung von symbolischem Kapital, vor dem Hintergrund der Verfügbarkeit der unterschiedlichen Kapitalsorten, konstituiert sich der Einzelne im Sozialraum. Die Zuschreibung von Positionen und die Gewährung von Privilegien innerhalb eines Feldes ist jedoch nicht nur von der kumulierten, gesamtgesellschaftlichen Bewertung der Kapitalarten abhängig, sondern scheint maßgeblich von einer milieuspezifischen Einstufung der Wertigkeit der Kapitalsorten bestimmt. So verfügt aus der Perspektive Pierre Bourdieus jedes, in Normen und Werten, weitgehend homogene Feld über seine eigene, an eben diesen Normen und Werten relativierte, Perspektive auf den Sozialraum. Sozialer Aufstieg, also die fortgesetzte Mehrung des Volumens der Kapitalsorten, bzw. der individuelle Antrieb eine Kapitalsorte wie beispielsweise Bildungskapital zu mehren, wird maßgeblich durch deren Bewertung in dem Milieu in dem das Individuum sozialisiert ist, beeinflusst.
In folgender Ausarbeitung möchte der Verfasser aus dem sozialtheoretischen Blickwinkel Pierre Bourdieus die soziologischen Mechanismen beleuchten, deren Wirken soziale Anerkennungsmuster - den Geschmack - beeinflussen bzw. einen sozialen Aufstieg oder Abstieg des Individuums fördern oder erschweren.
3 Faktoren der sozialen Anerkennung
3.1 Inkorporiertes kulturelles Kapital als grundlegender Strukturgeber für das milieuspezifische Wertesystem des Akteurs
Die Kapitalform des inkorporierten kulturellen Kapitals wird von Bourdieu als eine „zum festen Bestandteil der Person, zum Habitus" (Bourdieu 2005: 56) gewordene Gegebenheit des Einzelnen beschrieben. Sie wird in aller Regel unbewusst, abhängig von zeitlicher Epoche und sozialem Milieu, in unterschiedlich starkem Maße angeeignet und die grundlegende Struktur bleibt von den Umständen ihrer erstmaligen Aneignung geprägt (Bourdieu 2005: 56).
Werden also milieuspezifische - z. B. In der Familie gegebene - Eigenheiten, wie die Art zu sprechen oder auch die Einstellung zu Bildung, vom Akteur als wichtig, als „normal", bewertet und durch ihn selbst inkorporiert, prägt dies auch sein Bewertungsschema in Bezug auf andere Milieus und deren Akteure. Die einzigartige Akkumulation von kulturellem Kapital durch das Individuum im Laufe des Lebens wird aus Bourdieus Perspektive also maßgeblich durch diese Erstsozialisation - in der Regel in der Familie mit ihrer milieuspezifischen Prägung - und in Abgrenzung zu anderen Milieus (z.B. Familien mit anders strukturiertem Kapitalvoumen) strukturiert. Die Wertbesetzung von inkorporiertem kulturellem Kapital tritt schließlich sichtbar in der Akkumulation von objektiviertem kulturellem Kapital - milieuspezifische Kulturgüter wie Bücher und Instrumente - aber auch institutionalisiertes Kulturkapital, wie Abschlüsse und akademische Grade, sowie symbolischem Kapital, wie Privilegien und Positionen, zum Vorschein.
Dieses akkumulierte objektivierte kulturelle Kapital und symbolische Kapital bildet dann wiederum die Grundlage für die milieuspezifische Positionierung des Individuums im, aus dem sozialen Blickwinkel der unterschiedlichen Milieus betrachteten, sozialen Raum.
3.2 Soziales Kapital, Sozialkapitalbeziehungen und die Solidarisierung mit einem spezifischen Milieu als festigender Aspekt der Position im Sozialraum
Soziales Kapital sieht Pierre Bourdieu als die Gesamtheit von aktuellen und potenziellen Ressourcen, die sich im sozialen Netzwerk des Akteurs konstituieren. Diese, mitunter institutionalisierten, Tauschbeziehungen, mit ihren, dem Einzelnen zur Verfügung stehenden Ressourcen, sind dabei Ergebnis einer Zugehörigkeit zu einer Gruppe (Bourdieu 2005: 63). Sozialkapitalbeziehung, also das fortgesetzte und „übliche" Tauschen von materiellen und symbolischen Werten - und deren Anerkennung - sind für das soziale Netzwerks des Einzelnen von existenzieller Bedeutung und geben dem einzelnen Akteur soziale Sicherheit (vgl. Bourdieu 2005: 63).
Das Individuum ist in seinem Milieu auf der Grundlage eines „Gebens und Nehmens" von symbolischen Werten, deren Bemessung durch das, im Milieu vorherrschende, inkorporierte kulturelle Kapital vorgegeben ist, verankert. Die wiederkehrende, sich durch den Tausch von symbolischen und materiellen Werten fortwährend im sozialen Netzwerk überprüfende, einen Konsens von inkorporierten Kapital voraussetzende, Anerkennung bildet zugleich die Grundlage für eine Solidarität innerhalb des spezifischen Millieus:
„Der Austausch macht die ausgetauschten Dinge zu Zeichen der Anerkennung. Mit der gegenseitigen Anerkennung der Gruppenzugehörigkeit wird so die Gruppe reproduziert; gleichzeitig werden ihre Grenzen bestätigt, d.h. Die Grenzen jenseits derer die für die Gruppe konstitutiven Austauschbeziehungen [...] nicht stattfinden können" (Bourdieu 2005: 66).
Daraus lässt sich schließen, dass der Akteur die Solidarität seiner Gruppe zu ihm gefährdet wenn dieser, möglicherweise zu denen des Milieus und der diffusen Klasse konträre, Anerkennungsmuster ausbildet und so die, in Austauschbeziehungen konstituierten, Grenzen der Gruppe überschreitet. Ein in der Oberschicht sozialisierter Akteur würde so z.B. nicht mehr als zu seiner ursprünglichen Schicht zugehörig - als Solidaritätsunwürdig - empfunden, würde er sich darauf versteifen nach der Hauptschule eine Ausbildung zum Maler, mit anschließender Einstellung als Geselle, zu absolvieren. Die nicht-Anerkennung der, vom Milieu inkorporierten, positiven Wertzuschreibung des Abiturs und dem anschließendem Anstreben eines akademischen Abschlusses führt hier zu einem Abbruch einer indirekten, milieuspezifischen symbolischen Tauschbeziehung und dem damit verbundenem Verlust von sozialem Kapital, was der Akteur in aller Regel zu vermeiden versucht. Die Position des Akteurs im sozialen Raum wird dadurch - durch Anpassung an die im Milieu vorherrschenden Wertzuschreibungen - stabilisiert. Das Wesen dieser De- Solidarisierung durch widersprechende Anerkennungsmuster bleibt auch bei einer umgekehrt vertikalen Bewegung des Akteurs im Sozialraum, dem sozialen Aufstieg, bestehen.
3.3 Habitus und die Wertschätzung von ähnlich positionierten Akteuren im Sozialraum
Sympathien und Antipathien gegenüber anderen Individuen in der Umwelt sind maßgeblich für die Herausbildung des sozialen Netzwerks des Akteurs verantwortlich. Der Habitus äußert sich in expressiven, aufeinander verweisenden, Merkmalen, wie Kleidung und Haltung, die die Akteure unbewusst registrieren und die selbst die spontansten „Wahlverwandtschaften“ begründen (Bourdieu 1987: 374).
[...]
- Citar trabajo
- Andre Blum (Autor), 2010, Milieuspezifische Anerkennungsmuster und ihre Auswirkungen auf den Akteur im Sozialraum aus der Sicht Pierre Bourdieus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153162
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