Laut H. H. Hinterhuber leben wir in einer Zeit, die durch die Beschleunigung des
Wandels und die zunehmende Komplexität aller menschlichen Einrichtungen gekennzeichnet
ist.1 Diese These wird durch das immer häufiger werdende Auftreten
sogenannter Diskontinuitäten bestätigt. Eine solche Diskontinuität ist zum Beispiel
der Anschlag auf das World Trade Center in New York. Dieses Ereignis war schwer
vorhersehbar, hatte jedoch erhebliche Auswirkungen auf die ganze Welt, insbesondere
auf die Wirtschaft und somit auch auf die einzelnen Unternehmungen. Die Welt
ist vor allem durch die zunehmende Vernetzung und Veränderungsdynamik komplexer
geworden. Vor 150 Jahren hätte eine ähnliche Katastrophe wie die in New York
wohl kaum so weitreichende Auswirkungen auf die Unternehmungen in Deutschland
gehabt.2 Dies hat zur Folge das unsere Welt ein System von interagierenden Teilsystemen
geworden ist. Heute muss man auch die Entwicklungen in den fernsten Erdregionen
beachten, da diese mittelbar oder unmittelbar auch uns betreffen. 3 Diese Vernetztheit
hat für die Unternehmungen zur Folge, dass sie die zu lösenden Probleme
nicht mehr isoliert betrachten können, sondern im Zusammenhang mit einer größeren
Umwelt. Durch die steigende Dynamik und Vernetztheit sowie durch die immer
häufiger auftretenden Diskontinuitäten in der Umwelt der Unternehmungen steigt
folglich auch die Komplexität in den Unternehmungen, da diese Veränderungen der
Umwelt in ihren Entscheidungen berücksichtigen müssen.4
1 Vgl. Hinterhuber, H., Objektivierung der Strategie, 1990, S. 92
2 Vgl. Müller, A., ganzheitliches Controlling, 1996, S. 1 ff.
3 Vgl. Dörner, D., Logik Misslingens, 2000, S. 12 ff.
4 Vgl. Müller, A., ganzheitliches Controlling, 1996, S. 2 ff.
Inhaltsverzeichnis
1 Ausgangssituation zur Unternehmensteuerung
2 Die Unternehmung als System
3 Die Lenkung des Systems Unternehmung
3.1 Die Steuerung
3.2 Die Regelung
4 Unternehmenssteuerung mit Kennzahlen
4.1 Definition Kennzahlen
4.2 Arten von Kennzahlen
4.3 Kennzahlensysteme
4.3.1 Das Du Pont-Kennzahlensystem
4.3.2 Das ZVEI Kennzahlensystem
4.3.3 Das RL Kennzahlensystem
4.3.3.1 Der Rentabilitätsteil des RL-Systems
4.3.3.2 Der Liquiditätsteil des RL-Systems
5 Grenzen der Unternehmenssteuerung mit Kennzahlen
Literaturverzeichnis
1 Ausgangssituation zur Unternehmenssteuerung
Laut H. H. Hinterhuber leben wir in einer Zeit, die durch die Beschleunigung des Wandels und die zunehmende Komplexität aller menschlichen Einrichtungen gekennzeichnet ist.[1] Diese These wird durch das immer häufiger werdende Auftreten sogenannter Diskontinuitäten bestätigt. Eine solche Diskontinuität ist zum Beispiel der Anschlag auf das World Trade Center in New York. Dieses Ereignis war schwer vorhersehbar, hatte jedoch erhebliche Auswirkungen auf die ganze Welt, insbesondere auf die Wirtschaft und somit auch auf die einzelnen Unternehmungen. Die Welt ist vor allem durch die zunehmende Vernetzung und Veränderungsdynamik komplexer geworden. Vor 150 Jahren hätte eine ähnliche Katastrophe wie die in New York wohl kaum so weitreichende Auswirkungen auf die Unternehmungen in Deutschland gehabt.[2] Dies hat zur Folge das unsere Welt ein System von interagierenden Teilsystemen geworden ist. Heute muss man auch die Entwicklungen in den fernsten Erdregionen beachten, da diese mittelbar oder unmittelbar auch uns betreffen.[3] Diese Vernetztheit hat für die Unternehmungen zur Folge, dass sie die zu lösenden Probleme nicht mehr isoliert betrachten können, sondern im Zusammenhang mit einer größeren Umwelt. Durch die steigende Dynamik und Vernetztheit sowie durch die immer häufiger auftretenden Diskontinuitäten in der Umwelt der Unternehmungen steigt folglich auch die Komplexität in den Unternehmungen, da diese Veränderungen der Umwelt in ihren Entscheidungen berücksichtigen müssen.[4]
2 Die Unternehmung als System
Ausgehend von diesen Fakten stellt sich natürlich die Frage, wie man sich die Unternehmung vorstellen kann und wie man sie trotz dieser Entwicklung zielgerichtet in eine bestimmte Richtung lenken kann. Eine Lösung bietet hier der sogenannte „Systemansatz“, der explizit auf die allgemeine Systemtheorie und Kybernetik als Grundlagen aufbaut. Dieser Ansatz versteht die Unternehmungen als komplexe, vieldimensionale, offene und dynamische Systeme. Bei diesem Systemansatz steht die umfassende ganzheitliche Gestaltung und Lenkung der Unternehmung im Mittelpunkt.[5] Man kann sich die Unternehmung also als ein produktives soziales System vorstellen, welches Teil des Supersystems Gesellschaft ist. Das System Unternehmung selbst setzt sich auch wieder aus verschiedenen Subsystemen zusammen, diese Subsysteme wiederum bestehen aus einzelnen Systemelementen welche die kleinsten Teile eines Systems sind, wie in Abbildung 1 dargestellt.[6]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Allgemein kann unter einem System eine geordnete Gesamtheit von Elementen, zwischen denen irgendwelche Beziehungen bestehen oder hergestellt werden können verstanden werden.[7] Das System Unternehmung kann nun durch bestimmte Systemeigenschaften präzisiert werden. Die Unternehmung ist ein soziotechnisches System dessen Elemente Menschen und Sachmittel sind, die zielgerichtet zusammenwirken. Zwischen den Elementen der Unternehmung bestehen Beziehungen, sogenannte Kommunikations- und Leitungsstrukturen. Des weiteren ist die Unternehmung ein Umwandlungssystem d.h. es wandelt Input aus der Umwelt um und gibt diesen als Output an den Markt weiter. Wie bereits erwähnt, ist die Unternehmung auch ein offenes System, d.h. es treten laufend Wechselbeziehungen mit der sich verändernden Umwelt auf, an die sich das Unternehmen anpassen muss. Zudem ist sie auch ein dynamisches System, das bedeutet das in der Unternehmung selbst und mit der Umwelt laufend Prozesse ablaufen. In der Unternehmung laufen eine Vielzahl von Teilaktivitäten ab, daher kann man sie als komplexes System bezeichnen. Zudem ist es ein lebendiges System (d.h. die Veränderungsprozesse sind auch Lernprozesse), ein multifunktionales System (d.h. es erfüllt Funktionen für verschiedene Anspruchsgruppen), ein selbsttragendes System (d.h. es muss gewinnbringend bzw. kostendeckend arbeiten) und ein probilistisches System (d.h. über die Beziehungen der Teilelemente lassen sich keine Aussagen treffen).[8]
3 Die Lenkung des Systems Unternehmung
Da es sich wie bereits ausgeführt im Zeitalter der Diskontinuitäten anbietet, die Unternehmung als System zu betrachten, stellt sich nun weiter die Frage, wie man dieses System zielgerichtet in eine bestimmte Richtung lenken kann. Wenn man sich nun mit der Steuerung beziehungsweise Lenkung von Unternehmen befasst, so stößt man zwangsläufig auf das Controlling. Der in der deutschen Sprache verwendete Begriff Controlling ist aus dem englischen von „Control“ abgeleitet worden. Ausgehend von den englischen Wurzeln kann Controlling als die Steuerung und Lenkung von Unternehmungen verstanden werden. Diese Definition geht weit über die oft genannte Kontrolle hinaus.[9] Eine geeignete theoretische Basis für das Controlling, um das System Unternehmung zu lenken, bietet die Kybernetik. Das Gesamtsystem Unternehmung kann als ein mehrstufiger, vernetzter Regelkreis unterschiedlicher Komplexität begriffen werden. Die Kybernetik als interdisziplinäre Wissenschaft beschäftigt sich mit einem überall in der Natur vorkommenden Phänomen, nämlich dem des „Unter-Kontrolle-Halten“.[10] Die Kybernetik beschäftigt sich also mit der Lenkung von Systemen. Die Lenkung von Systemen kann nun in zwei verschiedene Arten unterschieden werden. Zum einen in die Steuerung und zum anderen in die Regelung. Nachfolgend wird auf die Steuerung und Regelung näher eingegangen.[11]
3.1 Die Steuerung
Die Steuerung wird auch als „feed forward control“ bezeichnet, also als Vorwärtskoppelung. Nach der Deutschen Industrienorm (DIN 19226) wird der Steuerungsvorgang wie folgt beschrieben: „Das Steuern, die Steuerung, ist ein Vorgang in einem System, bei dem eine oder mehrere Größen als Eingangsgrößen andere Größen als Ausgangsgrößen aufgrund der dem System eigentümlichen Gesetzmäßigkeiten beeinflussen. Kennzeichen für das Steuern ist der offene Wirkungsablauf über das einzelne Übertragungsglied oder die Steuerkette“. Reine Steuerung ist nur unter guter Kenntnis der Steuerstrecke erfolgreich. In Abbildung 2 ist die offene Wirkungskette der Steuerung dargestellt. Diese Abbildung möchte zum besseren Verständnis erst allgemein dann anhand eines Beispiels erklären.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Führungsgröße gibt das zu erreichende Ziel also das Soll an, während die Steuereinrichtung die Stellgröße unter Berücksichtigung der ermittelten Störgrößen und der Führungsgröße so wählt, das am Ende die Steuergröße der Führungsgröße entspricht. Diese Stellgröße gibt die Mittel und Wege zur Zielerreichung an. Der zu steuernde Prozess wird Steuerstrecke genannt. Die Steuergröße wiederum ist das Ergebnis der Steuerung, wenn nun die Störgrößen exakt berücksichtigt wurden, muss die Steuergröße der Führungsgröße entsprechen. Diese allgemeine Beschreibung möchte ich nun mit einem Beispiel noch deutlicher machen. Wenn man nun beispielsweise auf der Steuerstrecke Baustelle 1 m³ Mauerwerk 4 Maurerstunden erfordert, muss die Steuereinrichtung Bauleiter 4 Mauererstunden pro angeforderten m³ Mauerwerk bereitstellen. Das bedeutet bei einem linearen Verhalten eine Bereitstellung von u = 1000 Maurerstunden, wenn w = 250 m³ Mauerwerk gewünscht sind. Soll das Bauwerk an einem bestimmten Tag fertig sein und stehen 10 Maurer mit Achtstundentagen zur Verfügung, muss der Bauleiter diese 12,5 Arbeitstage vor Fertigstellungstermin einzusetzen beginnen. In diesem Beispiel werden jedoch die auf die Steuerstrecke einwirkenden Störgrößen vernachlässigt. In der Wirklichkeit könnten diese jedoch auftreten. Zum Beispiel durch einen überraschenden Wintereinbruch, welcher dazu führen könnte, dass die Steuergröße nicht mehr der Führungsgröße entspricht.[12] Und genau diese Störgrößen werden bei der Steuerung als bekannt voraus gesetzt, so dass sie schon im voraus in die Planung mit einbezogen werden können. Durch diese Kenntnis der Störgrößen verlieren sie ihren „Störgrößencharakter“, da sie ja bereits in der Stellgröße berücksichtigt werden.[13] Prinzipiell ist die Steuerung mit ihrer feed-forward-Kontrolle der Regelung mit feed-back-Kontrolle überlegen, da bei der Steuerung die Störgrößen von vornherein ausgeschlossen werden. Somit hinkt die Regelung der Steuerung immer hinterher. Jedoch sind die Voraussetzungen für eine effektive feed-forward-Kontrolle immens und nur teilweise zu erfüllen. Um nämlich eine effektive Steuerung vorzunehmen, müssen alle eventuellen Störungen bekannt sein. Zudem darf die Steuerstrecke keinerlei Unbestimmtheiten beinhalten. Folglich stößt die Steuerung in einer dynamischen und komplexen Unternehmensumwelt schnell an ihre Grenzen. Da in einer solchen Umwelt nur unvollkommene Informationen vorliegen. In dieser Umwelt können immer wieder neue Probleme auftreten, die vorher nicht eingeplant waren und auch nicht erwartet wurden. Die Unternehmen befinden sich jedoch, wie bereits ausgeführt, in einer dynamischen und komplexen Welt.[14] Aus diesem Grund wird zur Lenkung von Unternehmungen oftmals auf die sogenannte Regelung zurückgegriffen.
3.2 Die Regelung
Bei der Regelung erfolgt eine Rückkopplung der Lenkungsergebnisse zu der Lenkungseinrichtung. Diese Rückkopplung wird auch als feed-back bezeichnet. Nach der Deutschen Industrienorm (DIN 19226) ist die Regelung wie folgt definiert: „Das Regeln – die Regelung – ist ein Vorgang, bei dem eine zu regelnde Größe (Regelgröße) fortlaufend erfasst, mit einer anderen Größe, der Führungsgröße, verglichen und abhängig vom Ergebnis dieses Vergleichs im Sinne einer Angleichung an die Führungsgröße beeinflusst wird. Der sich dabei ergebende Wirkungsablauf findet in einem geschlossenen Kreis, dem Regelkreis, statt.“[15] In Abbildung 3 ist der geschlossene Wirkungsweg eines Regelkreises dargestellt. Diesen Regelkreis werde ich wie bei der Steuerung erst allgemein und dann anhand eines Beispiels erklären.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie bei der Steuerung gibt auch bei der Regelung die Führungsgröße das zu erreichende Ziel (Soll) an. Der Regler vergleicht dann die Regelgröße mit der Führungsgröße und gestaltet dementsprechend die Stellgröße. Die Stellgröße gibt ebenfalls wie bei der Steuerung die Mittel und Wege an, die zur Zielerreichung führen. Der zu steuernde Prozess ist die Regelstrecke. Auf diese Regelstrecke wirken Störgrößen, diese Störgrößen sind Einwirkungen die vom Soll wegführen. Die Regelgröße repräsentiert den Istzustand, welcher in Form einer Rückkopplung wieder an den Regler gemeldet wird. Weicht der Istzustand nun immer noch von der Führungsgröße ab so wird einfach nachgeregelt, d.h. der ganze Prozess läuft von neuem ab. Dies geschieht so lange, bis die Regelgröße der Führungsgröße entspricht.[16] Ein gutes Beispiel zur Erklärung des Prinzips der Regelung ist eine mit Hilfe eines Thermostaten gesteuerte Heizung. Als erstes wird als Führungsgröße zum Beispiel eine Zimmertemperatur von 20° als Sollvorgabe an den Regler gegeben. Der Regler leitet aus dieser Vorgabe ab, dass er die Heizung einschalten muss (Stellgröße). Auf die Regelstrecke, das Zimmer wirken nun allerdings Störgrößen, es kann beispielsweise ein Fenster geöffnet sein. Durch diese Störgröße kommt es nun dazu das die Ist-Temperatur (Regelgröße) nur 18° beträgt. Dem Thermostat (Regler) wird nun die neue Ist-Temperatur von 18° gemeldet, welche er mit der Sollvorgabe vergleicht. Das Thermostat kommt nun zu dem Ergebnis das eine Abweichung besteht, aus diesem Grund wird das Thermostat nun zu der Entscheidung gelangen, dass weiter geheizt werden muss. Dieser Kreislauf wird nun so lange wiederholt, bis die gewünschte Temperatur von 20° erreicht ist.[17] Das Prinzip der Regelung hat gegenüber der Steuerung den Vorteil das bei der Regelung keine vollständige Information über die Umwelt nötig ist. Man kann die Regelung also sehr gut zur Lenkung in einer dynamischen und komplexen Unternehmensumwelt verwenden. Probleme treten bei der Regelung dahingehend auf, das die im Kontrollprozess gewonnenen Erkenntnisse zwangsläufig immer zu spät kommen. Die Abweichung ist bereits aufgetreten und erst dann wird dagegen gesteuert.[18] Des weiteren sollten bei der Regelung eventuelle Verzögerungen in der Regelstrecke berücksichtigt werden. Denn anders als bei der Steuerung kann es bei der Regelung sogar zu Instabilitäten kommen, bei der die festgestellte Abweichung immer größer wird.[19]
[...]
[1] Vgl. Hinterhuber, H., Objektivierung der Strategie, 1990, S. 92
[2] Vgl. Müller, A., ganzheitliches Controlling, 1996, S. 1 ff.
[3] Vgl. Dörner, D., Logik Misslingens, 2000, S. 12 ff.
[4] Vgl. Müller, A., ganzheitliches Controlling, 1996, S. 2 ff.
[5] Vgl. Malik, F., Systemisches Management, 1993, S. 49ff.
[6] Vgl. Hopfenbeck, W., Betriebswirtschaftslehre, 1998, S 53
[7] Vgl. Ulrich, H., Die Unternehmung als produktives soziales System, 1971, S. 105
[8] Vgl. Hopfenbeck, W., Betriebswirtschaftslehre, 1998, S. 53 ff.
[9] Vgl. Baum H.-G./Coenenberg A./Günther T., Strategisches Controlling, 1999 S. 3
[10] Vgl. Hopfenbeck, W., Betriebswirtschaftslehre, 1998, S. 57
[11] Vgl. Müller, A., ganzheitliches Controlling, 1996, S. 41
[12] Vgl. Schulte, Ch., Controlling, 1996, S. 708
[13] Vgl. Hopfenbeck, W., Betriebswirtschaftslehre, 1998, S. 59
[14] Vgl. Sjurts, I., Unternehmensführung, 1994, S. 75 ff.
[15] Vgl. Schulte, Ch., Controlling, 1996, S. 709
[16] Vgl. Müller, A., ganzheitliches Controlling, 1996, S. 41
[17] Vgl. Hopfenbeck, W., Betriebswirtschaftslehre, 1998, S. 58
[18] Vgl. Sjurts, I., Unternehmensführung, 1995, S. 77
[19] Vgl. Schulte, Ch., Controlling, 1996, S. 709
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