Gewalt in der Familie ist kein neues Phänomen, sondern eine historische Realität. Gewalt war lange Normalität in der Erziehung, diente aber auch als Konfliktlösungs- und Machtmittel in der elterlichen Paarbeziehung. Hier hatte der Mann das vorherrschende Recht Gewalt gegen seine Frau anzuwenden. Dies ist mittlerweile in Deutschland verboten und das Ausmaß von Gewalt ist zurückgegangen. Mittlerweile hat eine Machtverschiebung zwischen den Geschlechtern stattgefunden, so dass auch Männer Opfer von häuslicher Gewalt sind. Auch die Gewalt in der Erziehung hat sich verringert. Erziehung hatte früher das Ziel, dass Kinder gehorchten und diszipliniert waren. Heute werden Kinder durch Gesetze vor Gewalt geschützt und sie sollen durch einen demokratischen Erziehungsstil vor allem zur selbstständigen, leistungsfähigen und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten erzogen werden. Heute wie früher gibt es Familien, in denen Kinder so intensive Gewalt erfahren, dass sie zu Tode kommen. Früher waren die Lebensumstände so schlecht, dass viele Kinder an Krankheiten starben, aber auch umgebracht und stark vernachlässigt wurden, weil die emotionale Bindung an das Kind nicht so ausgeprägt war. Mittlerweile hat sich die emotionale Bindung durch Veränderungen in der Gesellschaft verstärkt, so dass Kinder in der Regel gut behütet aufwachsen. Trotzdem kommen in Deutschland Kinder durch Handlungen oder Unterlassungen der Eltern zu Tode oder werden so schwer verletzt, dass sie traumatisiert sind. Sie werden geschlagen, gedemütigt und wachsen in einem gewalttätigen Klima auf. Diese Umstände haben Auswirkungen für die Kinder, die ihre gesamte Entwicklung beeinträchtigen und Schädigungen nach sich ziehen bis in das Erwachsenenalter. Die Gesellschaft muss auf diese Problem Antworten finden und dies tut sie auch. „Hilfen zur Erziehung“ sind ein Mittel, das zur Prävention und Intervention eingesetzt wird. Aber inwieweit sind diese Hilfen dafür geeignet und welche Kriterien und Ziele müssen sie erfüllen, damit sie erfolgreich sind? Mit diesen Fragen beschäftigt sich diese Arbeit. Zusätzlich stellte sich im Laufe der Arbeit die Frage, durch welche präventiven Maßnahmen sich Gewalt in der Familie von Anfang an verhindern lässt?
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Grundlagen zu Familie und Erziehung
- 2.1 Familie und Erziehung im Wandel der Zeit
- 2.2 Familie und Erziehung heute
- 3. Entwicklung von Kindern
- 3.1 Entwicklungsstufen in der Kindheit
- 3.2 Befriedigung der Grundbedürfnisse als Grundlage einer guten Entwicklung
- 3.3 Die fünf Säulen entwicklungsfördernder Erziehung
- 3.4 Die Bindung zwischen Kind und Bezugsperson aus bindungstheoretischer Sicht
- 4. Begriffsklärung Gewalt und Aggression
- 4.1 Gewalt und Aggression
- 4.2 Gewalt in der Familie
- 5. Kinderschutzbewegung und Schutz des Kindes durch den Staat
- 5.1 Kinderschutzbewegung
- 5.2 Schutz des Kindes durch den Staat
- 6. Formen und Ausmaß der Gewalt in der Familie in Deutschland
- 6.1 Gewalt in Paarbeziehungen
- 6.1.1 Formen und Ausmaß der innerfamiliären Gewalt gegen Frauen
- 6.1.2 Formen und Ausmaß der innerfamiliären Gewalt gegen Männer
- 6.2 Formen und Ausmaß der elterlichen Gewalt in der Familie gegen Kinder und Jugendliche
- 6.2.1 Physische Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
- 6.2.1.1 Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom
- 6.2.2 Direkte und indirekte psychische Gewalt gegen Kinder und Jugendliche
- 6.2.3 Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen
- 6.2.4 Gewaltbesetztes Klima in einer Familie
- 7. Auswirkungen innerfamiliärer elterlicher Gewalt auf die Kinder und Jugendlichen
- 7.1 Folgen körperlicher Misshandlungen
- 7.2 Folgen der direkten und indirekten psychischen Gewalt
- 7.3 Folgen von körperlicher und emotionaler Vernachlässigung
- 7.4 Geschlechtsspezifische Auswirkungen
- 7.5 Bindungsstörung als Folge von erfahrener Gewalt und Vernachlässigung
- 7.6 Traumatisierung als Folge von erlebter Gewalt in der Familie
- 8. Ursachen von und Erklärungsansätze zu Gewalt in der Familie
- 8.1 Erklärungsansätze für Gewalt in der Familie
- 8.2 Auslöser und Risikofaktoren für Gewalt an Kindern
- 8.3 Das ökologische Rahmenmodell als Erklärung für Gewalt gegen Kinder
- 8.4 Rückblick und Fazit
- 9. Formen der sozialpädagogischen Prävention und Intervention
- 9.1 Begriffsklärung Prävention und Intervention
- 9.2 Prävention und Intervention bei Gewalt gegen Kinder in der Familie
- 9.3 Präventions- und Interventionsmöglichkeiten des Jugendamtes bei Gewalt gegen Kinder in der Familie
- 9.3.1 Meldung und Wahrnehmung einer Kindeswohlgefährdung
- 9.3.2 Kontaktaufnahme und Informationsgewinnung
- 9.3.3 Weitere Einschätzung und Bewertung einer Kindeswohlgefährdung
- 9.3.4 Hilfeprozesse für die Familie
- 9.4 Prävention und Intervention bei Gewalt gegen Kinder in der Familie durch „Hilfen zur Erziehung“
- 9.4.1 Kriterien geeigneter ambulanter Hilfen bei Vernachlässigung und Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in der Familie
- 9.4.2 Sozialpädagogische Familienhilfe
- 9.4.3 Erziehungsberatung
- 9.4.4 Andere ambulante und teilstationäre „Hilfen zur Erziehung“
- 9.5 Inobhutnahme des Kindes oder des Jugendlichen nach § 42 SGB VIII
- 9.5.1 Rechtliche Rahmenbedingungen einer Inobhutnahme
- 9.5.2 Durchführung einer Inobhutnahme
- 9.5.3 Unterbringung des Kindes nach der Inobhutnahme
- 9.5.3.1 Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie
- 9.5.3.2 Unterbringung des Kindes in einer geeigneten Einrichtung
- 9.5.3.2.1 Der sichere Ort
- 10. Möglichkeiten der Jugendhilfe zur Prävention in Kooperation mit anderen Institutionen
- 10.1 Frühe Hilfen für Kinder und soziale Frühwarnsysteme
- 10.1.1 Soziale Frühwarnsysteme am Beispiel „Kinderschutz durch Prävention“ in Bielefeld
- 10.1.2 Weiterentwicklung des sozialen Frühwarnsystems als Projekt „Kinderschutz durch Prävention“ in Bielefeld
- 10.2 B.I.G.-Präventionsprojekt – Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe bei häuslicher Gewalt
- 10.2.1 Praktische Umsetzung in der Schule
- 10.2.2 Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des B.I.G. Präventionsprojekts
- 11. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen von Gewalt in der Familie auf Kinder und beleuchtet sozialpädagogische Präventions- und Interventionsmöglichkeiten. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der Problematik zu entwickeln und geeignete Maßnahmen zur Unterstützung betroffener Kinder und Familien aufzuzeigen.
- Auswirkungen von Gewalt auf die kindliche Entwicklung
- Formen und Ausmaß von Gewalt in Familien in Deutschland
- Präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Gewalt
- Interventionelle Strategien im Umgang mit Gewalt in Familien
- Kooperation zwischen Jugendhilfe und anderen Institutionen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema Gewalt in der Familie ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Wirksamkeit von „Hilfen zur Erziehung“ in der Prävention und Intervention dar. Sie skizziert den Aufbau der Arbeit und die behandelten Themen, unter anderem die historischen Entwicklungen in der Familien- und Erziehungslandschaft, die Definitionen von Gewalt und Aggression, die Bedeutung der Kinderschutzbewegung und die Vorstellung von Präventionsprojekten der Jugendhilfe.
2. Grundlagen zu Familie und Erziehung: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung von Familie und Erziehung und deren Wandel im Laufe der Zeit. Es untersucht den Einfluss gesellschaftlicher Veränderungen auf die Eltern-Kind-Beziehung, und die damit verbundene Ausprägung der emotionalen Bindung und deren Bedeutung für die kindliche Entwicklung.
3. Entwicklung von Kindern: Das Kapitel beschreibt die normalen Entwicklungsstufen im Kindesalter und die notwendigen Faktoren für eine gesunde Entwicklung. Es betont die Bedeutung der Befriedigung der Grundbedürfnisse, einer entwicklungsfördernden Erziehung und einer sicheren Bindung zwischen Kind und Bezugsperson. Diese Aspekte bilden die Grundlage, um die negativen Auswirkungen von Gewalt auf die kindliche Entwicklung zu verstehen.
4. Begriffsklärung Gewalt und Aggression: Dieses Kapitel befasst sich mit der Definition von Gewalt und Aggression im Allgemeinen und im Kontext der Familie. Es unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Gewalt und Aggression und legt die für die Arbeit relevanten Definitionen fest, um eine einheitliche Begrifflichkeit zu gewährleisten.
5. Kinderschutzbewegung und Schutz des Kindes durch den Staat: Das Kapitel beschreibt die Entstehung und Entwicklung der Kinderschutzbewegung und die damit verbundenen gesetzlichen Regelungen zum Schutz von Kindern vor Gewalt. Es analysiert den Prozess der Professionalisierung im Umgang mit betroffenen Familien und die damit verbundenen Herausforderungen.
6. Formen und Ausmaß der Gewalt in der Familie in Deutschland: Dieses Kapitel beleuchtet die verschiedenen Formen und das Ausmaß von Gewalt in der Familie in Deutschland. Es präsentiert Ergebnisse verschiedener Studien, u.a. des BMFSFJ, und des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, die das Ausmaß von Partnergewalt und elterlicher Gewalt gegen Kinder dokumentieren. Die Darstellung unterschiedlicher Gewaltdaten unterstreicht die Dringlichkeit wirksamer Präventions- und Interventionsmaßnahmen.
7. Auswirkungen innerfamiliärer elterlicher Gewalt auf die Kinder und Jugendlichen: Dieses Kapitel beschreibt die weitreichenden Folgen von Gewalt für Kinder und Jugendliche. Es differenziert zwischen den Auswirkungen körperlicher, psychischer und emotionaler Gewalt sowie Vernachlässigung und analysiert auch geschlechtsspezifische Unterschiede. Die Beschreibung von Bindungsstörungen und Traumatisierungen unterstreicht die komplexen und langfristigen Folgen erlebter Gewalt.
8. Ursachen von und Erklärungsansätze zu Gewalt in der Familie: Kapitel 8 untersucht verschiedene Erklärungsansätze für Gewalt in der Familie. Es analysiert sowohl individuelle als auch soziokulturelle Faktoren und beleuchtet die Rolle von Risikofaktoren. Das ökologische Rahmenmodell dient als Beispiel für einen ganzheitlichen Erklärungsansatz, der die Interaktion zwischen Individuum und Umwelt berücksichtigt.
9. Formen der sozialpädagogischen Prävention und Intervention: Das Kapitel beschreibt verschiedene sozialpädagogische Ansätze zur Prävention und Intervention bei Gewalt in der Familie. Es konzentriert sich auf die Rolle des Jugendamtes und die Möglichkeiten, die „Hilfen zur Erziehung“ bieten. Verschiedene Hilfemöglichkeiten wie die sozialpädagogische Familienhilfe und Erziehungsberatung werden detailliert dargestellt. Es werden zudem die rechtlichen Rahmenbedingungen der Inobhutnahme erläutert.
10. Möglichkeiten der Jugendhilfe zur Prävention in Kooperation mit anderen Institutionen: Dieses Kapitel präsentiert zwei konkrete Projekte der Jugendhilfe, die in Kooperation mit anderen Institutionen die Prävention von Gewalt in der Familie fördern. Die Beispiele zeigen die Bedeutung interinstitutioneller Zusammenarbeit und die Notwendigkeit von frühen Hilfen zur Vermeidung von Gewalt.
Schlüsselwörter
Gewalt in der Familie, Kinderschutz, Entwicklung von Kindern, Prävention, Intervention, Jugendhilfe, Hilfen zur Erziehung, Sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehungsberatung, Traumatisierung, Bindungsstörung, Risikofaktoren, ökologisches Rahmenmodell, Kindeswohlgefährdung, Inobhutnahme.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Auswirkungen innerfamiliärer Gewalt auf Kinder und Jugendliche und sozialpädagogische Interventionsmöglichkeiten
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen von Gewalt in der Familie auf Kinder und Jugendliche und beleuchtet umfassend sozialpädagogische Präventions- und Interventionsmöglichkeiten. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der Problematik zu entwickeln und geeignete Maßnahmen zur Unterstützung betroffener Kinder und Familien aufzuzeigen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die historischen Entwicklungen in der Familien- und Erziehungslandschaft, Definitionen von Gewalt und Aggression, die Bedeutung der Kinderschutzbewegung, verschiedene Formen und das Ausmaß von Gewalt in Familien (Partnergewalt, elterliche Gewalt gegen Kinder), die Auswirkungen von Gewalt auf die kindliche Entwicklung (körperliche, psychische, emotionale Folgen, Bindungsstörungen, Traumatisierungen), Erklärungsansätze für Gewalt in der Familie (individuelle und soziokulturelle Faktoren, Risikofaktoren, ökologisches Rahmenmodell), und verschiedene sozialpädagogische Präventions- und Interventionsansätze (Rolle des Jugendamtes, Hilfen zur Erziehung, sozialpädagogische Familienhilfe, Erziehungsberatung, Inobhutnahme) sowie die Kooperation zwischen Jugendhilfe und anderen Institutionen.
Welche Arten von Gewalt werden betrachtet?
Die Arbeit betrachtet verschiedene Formen von Gewalt in der Familie, darunter physische Gewalt, psychische Gewalt (direkt und indirekt), emotionale Vernachlässigung, Gewalt in Paarbeziehungen (gegen Frauen und Männer) und Gewalt gegen Kinder und Jugendliche. Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom wird als spezielle Form der Kindesmisshandlung erwähnt.
Welche Auswirkungen hat Gewalt auf Kinder und Jugendliche?
Die Arbeit beschreibt die weitreichenden Folgen von Gewalt für Kinder und Jugendliche, einschließlich körperlicher und psychischer Verletzungen, Bindungsstörungen, Traumatisierungen, und geschlechtsspezifische Unterschiede in den Auswirkungen. Die langfristigen Folgen von erlebter Gewalt werden hervorgehoben.
Welche Erklärungsansätze für Gewalt in der Familie werden diskutiert?
Die Arbeit untersucht verschiedene Erklärungsansätze, von individuellen Faktoren bis hin zu soziokulturellen Einflüssen und Risikofaktoren. Das ökologische Rahmenmodell wird als ganzheitlicher Erklärungsansatz vorgestellt, der die Interaktion zwischen Individuum und Umwelt berücksichtigt.
Welche sozialpädagogischen Präventions- und Interventionsmaßnahmen werden vorgestellt?
Die Arbeit beschreibt die Rolle des Jugendamtes und die Möglichkeiten der "Hilfen zur Erziehung", einschließlich sozialpädagogischer Familienhilfe, Erziehungsberatung und anderen ambulanten und teilstationären Hilfen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Inobhutnahme werden erläutert. Konkrete Präventionsprojekte in Kooperation mit anderen Institutionen werden ebenfalls vorgestellt (z.B. "Kinderschutz durch Prävention" in Bielefeld, B.I.G.-Präventionsprojekt).
Welche Rolle spielt die Jugendhilfe?
Die Jugendhilfe spielt eine zentrale Rolle in der Prävention und Intervention bei Gewalt in der Familie. Die Arbeit beschreibt die Möglichkeiten der Jugendhilfe, die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und die Umsetzung konkreter Hilfeprozesse, von der Meldung einer Kindeswohlgefährdung bis hin zur Inobhutnahme.
Welche konkreten Projekte werden vorgestellt?
Die Arbeit stellt das Projekt "Kinderschutz durch Prävention" in Bielefeld und das B.I.G.-Präventionsprojekt (Kooperation zwischen Schule und Jugendhilfe) als Beispiele für erfolgreiche Präventionsmaßnahmen vor.
- Citar trabajo
- Anika Markowski (Autor), 2009, Gewalt in der Familie. Auswirkungen auf die Kinder und Formen der sozialpädagogischen Prävention und Intervention, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151919