Mit der Erfindung des Buchdrucks 1455 durch Gutenberg in Mainz wurden allmählich auch in Frankreich Druckereien aufgebaut. Das Drucken lateinischer Texte gestaltete sich recht unproblematisch, muttersprachliche Texte stellten jedoch eine Herausforderung dar – sowohl für den Drucker als auch für den Leser. Einerseits wurde die Lesbarkeit des Textes durch die fehlende einheitliche Interpunktion erschwert, andererseits deckte das von Anbeginn zur Verschriftlichung genutzte lateinische Alphabet nur in unzureichendem Maß das französische Lautinventar ab. Es bestanden also große Unterschiede zwischen Aussprache und Schreibung, da die Grapheme die Lautung einer älteren Sprachstufe des Französischen repräsentierten, die sich vom gesprochenen Französisch der Renaissance stark unterschied. Die lateinische Schriftsprache kannte beispielsweise keine Nasalvokale. Sie unterschied in der klassischen Periode auch nicht zwischen den Graphemen i für das vokalische und j für das konsonantische i. Im schriftlichen Französisch stand i sowohl für den Laut /j/ in moien als auch für /ʒ/ in ie. Das Graphem g realisierte im schriftlichen Bereich ebenfalls den Laut /ʒ/, es stand aber auch für den stimmhaften velaren Plosiv /g/. Im Zuge der Lesbarkeit und des besseren Textverständnisses gab es zur Zeit der Renaissance verschiedene Bemühungen, dem Leser zu verdeutlichen, ob es sich im Text um den stimmhaften velaren Plosiv /g/ oder um den stimmhaften palatoalveolaren Sibilanten /ʒ/ handelt. Zur Kennzeichnung des Sibilanten führten manche Drucker neue Hilfszeichen oder diakritische Zeichen ein. Sie setzten also ein I (nach Robert Estienne), ein ġ, oder fügten ein zusätzliches e nach g ein. I fand aber bereits Verwendung als Großbuchstabe für i und stiftete innerhalb eines Wortes eher Verwirrung als dass es zur Klärung beitrug.
Aus diesem Grund wurde also eine einheitliche Orthographie nötig, die die Schreibung des Französischen vereinfachen und die Lesbarkeit fördern sollte. Dieses Umdenken begünstigte das Entstehen unterschiedlicher Positionen und Konzepte in Form von verschiedenen orthographischen bzw. orthotypographischen Neuerungen, die man zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht als eine Normierung bezeichnen konnte, wohl aber als eine Weichenstellung für spätere Orthographiereformen. Vor allem Grammatiker setzten auf eine weitgehend am Latein orientierte Rechtschreibung, die die etymologischen Bezüge zwischen den Sprachen sichtbar machen sollte. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Sprachgeschichtlicher Hintergrund
- Leben und Werk Estiennes
- Zum Text
- Textanalyse
- Etymologische Schreibung
- Die Konsonantenverbindungen ph, th, ch
- „Überflüssige“ Konsonanten
- Akzente
- Der Akut
- Der Gravis
- Weitere Hilfszeichen
- Die Zedille
- Ypsilon
- Doppelkonsonanz
- Weitere Besonderheiten
- Bindestrich, Getrennt- und Zusammenschreibung
- Majuskel
- Tilgung des
zwischen und - Schwankung zwischen
und - Schwankung zwischen en und an
statt
- Zusammenfassung
- Stellenangabe der behandelten Formen im Beispieltext
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit den orthographischen Ansichten von Henri Estienne. Sie analysiert bestimmte orthographische Phänomene aus einem Ausschnitt des Vorworts zu Estiennes „Project du livre intitulé De la precellence du langage François" und untersucht dabei verschiedene Kriterien wie etymologische Schreibung, Akzentsetzung, Doppelkonsonanz und den Einsatz diakritischer Zeichen. Ziel ist es, einen Überblick über Estiennes orthographische Ansichten zu geben und diese sprachwissenschaftlich zu analysieren.
- Etymologische Schreibung
- Akzentsetzung
- Doppelkonsonanz
- Einsatz diakritischer Zeichen
- Orthographische Neuerungen im Vergleich zur gesprochenen Sprache
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einführung beleuchtet den sprachgeschichtlichen Hintergrund der französischen Orthographie im 16. Jahrhundert. Sie beschreibt die Herausforderungen, die sich aus der fehlenden einheitlichen Interpunktion und der unzureichenden Abdeckung des französischen Lautinventars durch das lateinische Alphabet ergaben. Die Einführung verdeutlicht die Notwendigkeit einer einheitlichen Orthographie, die die Schreibung des Französischen vereinfachen und die Lesbarkeit fördern sollte.
Der Abschnitt über den sprachgeschichtlichen Hintergrund beschreibt die Entwicklung der französischen Schriftsprache im 16. Jahrhundert. Er beleuchtet die Bedeutung des Erlasses zu Villiers-Cotterets, der die Volkssprache Französisch in der Schriftlichkeit etablierte. Der Abschnitt zeigt die Bemühungen auf, der französischen Sprache ein gewisses Prestige zu verleihen und sie als eine der Wissenschaft würdige Sprache zu etablieren.
Die Textanalyse untersucht verschiedene orthographische Phänomene aus dem Text „Project du livre intitulé De la precellence du langage François". Sie analysiert die etymologische Schreibung, die Akzentsetzung, die Doppelkonsonanz und den Einsatz diakritischer Zeichen. Die Analyse zeigt, wie Estienne verschiedene orthographische Ansätze vereinte, um die französische Schreibung zu vereinfachen und gleichzeitig die etymologischen Bezüge zu den klassischen Sprachen zu bewahren.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die französische Orthographie, Henri Estienne, etymologische Schreibung, Akzentsetzung, Doppelkonsonanz, diakritische Zeichen, Sprachgeschichte, Renaissance, Lesbarkeit, Schriftlichkeit, Mündlichkeit, Sprachentwicklung.
- Citation du texte
- Anja Vitting (Auteur), 2009, Zur Orthographie bei Henri Estienne, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151752
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