Die indische Demokratie gleicht einem Mythos. Wie konnte sich ein Land, in dem die industrialisierte Wirtschaft weitgehend fehlt, in dem Armut und Analphabetismus vorherrschen und dessen ethnische, religiöse und kulturelle Vielfalt ohne Beispiel ist auf diesem Planeten, zu einer der ältesten und größten Demokratien der Welt entwickeln? Und warum kann eine solche Demokratie, dessen Gesellschaft sich entlang tiefster Konfliktlinien organisiert, auf Dauer überleben?
Eine Antwort darauf sucht man besonders im Bereich der Internationalen Beziehungen komparativer Politikwissenschaften, die eine Fülle an Theorien zur Analyse und zur Erklärung dieser Fragen hervorgebracht haben. Die vorliegende Arbeit wird sich mit einer für die Politikwissenschaft, insbesondere für die Transitionsforschung, sehr relevanten Theorie beschäftigen: mit der Theorie der Defekten Demokratie Wolfgang Merkels.
Wolfgang Merkel, Professor für Politikwissenschaft am Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin, untersucht seit Beginn der 1990er Jahre Transitionsländer auf ihrem Weg zur Demokratie. Sein kritisches und innovatives Konzept der „Defekten Demokratie“ ist bestrebt, politische Regimetypen, die sich in einer Grauzone zwischen Autoritarismus und Demokratie befinden, zu analysieren und zu kategorisieren. In zahlreichen Werken hat Merkel theoretische Grundlagen gelegt und verschiedenste Fallbeispiele geprüft, unter anderem auch Indien.
In dieser Arbeit wird die indische Demokratie unter Anwendung der Theorie von Wolfgang Merkel untersucht. Aufgrund der fast unüberschaubaren Menge an Analysemöglichkeiten werde ich mich an dieser Stelle auf den Bereich der Institutionen des politischen Regimes Indiens beschränken.
Diese Arbeit ist in zwei Kapitel unterteilt. Im ersten möchte ich die Theorie Merkels kurz darstellen und besonders den Untersuchungsansatz verfolgen, der die Ursachen defekter Demokratien in politischen Institutionen sucht. Im zweiten Teil soll nach einer kurzen Darstellung der Besonderheiten und Entstehungshintergründe der indischen Institutionen untersucht werden, wie das Konzept Merkels darauf angewendet werden kann, welche Lösungen es findet und welche Probleme sich dabei ergeben.
Ob diese Theorie allerdings ausreicht, um alle Fragen und Konflikte zu lösen, die die Vielfalt und Widersprüchlichkeiten rund um die Demokratie Indiens betreffen, bleibt frag- und kritikwürdig. Dies zu veranschaulichen ist Ziel der vorliegenden Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Wolfgang Merkels Theorie der Defekten Demokratie
2.1 Das Konzept der ‚embedded democracy’
2.2 Das Konzept der Defekten Demokratie
2.3 Merkels Institutionenbegriff
3 Anwendung der Theorie Merkels auf die politischen Institutionen Indiens
3.1 Hauptcharakteristika und Entstehungshintergrund der Institutionen Indiens
3.2 Indien – Eine defekte Demokratie?
3.3 Kritik am Merkelschen Konzept
4 Schlussbetrachtung
5 Literaturverzeichnis
- Quote paper
- Julia Leser (Author), 2009, Wolfgang Merkels Theorie der defekten Demokratie am Beispiel der Institutionen Indiens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151528
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