Der poetische Realismus wurde für Zeitgenossen in Deutschland 1855 durch Gustav Freytags Roman „Soll und Haben“ eingeleitet. Historisch gesehen war in Deutschland gerade erst die Revolution von 1848 gescheitert, weil die unterschiedlichen Ziele der verschiedenen politischen Gruppen eine erfolgreiche Zusammenarbeit unmöglich machten. „Beides, die Enttäuschung über das machtpolitische Unvermögen der Nationalversammlung und die Furcht vor dem Chaos, führten dazu, daß man den wiederhergestellten Deutschen Bund hinnahm, wenn nicht billigte.“ Beim Bürgertum führten diese Ereignisse zu einer Abkehrung von der Politik und auch die Schriftsteller des poetischen Realismus rückten politische Fragen in den Hintergrund. Erst mit der Gründung des zweiten Deutschen Kaiserreiches 1871 war die Tagespolitik wieder ein Thema für die Autoren. Wirtschaftlich war Deutschland in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch die Industrialisierung geprägt. Dies führte zum einen zur Herausbildung eines neuen „Großbürgertum[s] aus ‚königlichen’ Kaufleuten und Industriemagnaten“ und zum anderen aber auch zu einer rasch steigenden Zahl an Arbeitern, die oft unter schlechten Bedingungen leben mussten.
Die Literatur dieser Zeit, der poetische Realismus, soll Thema dieser Arbeit sein. Den Anfang macht eine Darstellung der theoretischen Aspekte dieser literarischen Epoche anhand des Aufsatzes „Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848“ von Theodor Fontane, der als führender Vertreter des poetischen Realismus gilt. Anschließend werden die favorisierten Themen des Realismus vorgestellt, mit Hilfe von Beispielen aus Theodor Fontanes bekanntestem Roman „Effi Briest“ (1895). Abschließend gilt es, ebenfalls anhand von „Effi Briest“, ein ausgesuchtes Stilmittel, das der Poetisierung des Textes dient, zu analysieren. In diesem Fall handelt es sich um das Symbol der Schaukel, das in drei wichtigen Momenten im Roman zum Tragen kommt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DER THEORETISCHE HINTERGRUND DES POETISCHEN REALISMUS
- Die Epoche des Realismus folgt dem Frührealismus, endet im Naturalismus und wird zeitlich gesehen von 1848 bis 1900 datiert.
- Im Realismus wird von den Autoren die elementare Frage nach dem Verhältnis von Kunst und Wirklichkeit gestellt.
- Im Gegensatz zu anderen Literaturepochen gibt es keine „allgemein gültige Theorie“, doch eine „gemeinsame Grundauffassung“ ist vorhanden.
- Theodor Fontane erklärt seine Ansichten 1853 in seinem Aufsatz „Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848“.
- Fontane erkennt den Realismus zu jener Zeit in allen Lebensbereichen, aber am stärksten äußere er sich in der Kunst.
- Die Rückkehr der Kunst zum Realismus beschreibt Fontane als „den einzig richtigen Weg“.
- Seine Realismusdefinition lautet folgendermaßen: „[Der Realismus] ist die Wiederspiegelung alles wirklichen Lebens, aller wahren Kräfte und Interessen im Elemente der Kunst; er ist, wenn man uns diese scherzhafte Wendung verzeiht, eine,‚Interessenvertretung‘ auf seine Art.“
- Doch Fontane grenzt den Realismusbegriff ab von einer einfachen Abbildung der Realität, in der Mangel und Armut vorhanden sind, denn der sollte sich jeder Mensch sowieso bewusst sein.
- Ein realistisches Kunstwerk braucht seiner Meinung nach zuerst einmal den richtigen Stoff, das Wirkliche.
- Eine Anreihung von Gedankengängen in einer gekünstelten Sprache, „jene Bildersprache voll hohlen Geklingels“, gehört damit nach Fontanes Aussage der Vergangenheit an.
- Poetisiert wird ein Werk durch die Verwendung von Stilmitteln wie Verklärung, Humor und Symbolen.
- Erst dadurch kommt es zu einem gestalteten Abbild der Wirklichkeit und damit zur Kunst.
- Die führende Gattung des Realismus ist eindeutig der Roman, denn er entspricht „als flexibelste Form den Bedürfnissen des neuen Wirklichkeitsverständnisses in der Literatur am besten“.
- Er löst das Drama und die Lyrik als führende Erzählformen ab und beschreitet auch im Bereich des Sprachgebrauchs neue Wege.
- So kommt ein Sinn für Humor zum Vorschein und eine natürlichere Sprache, die näher an der Umgangssprache ist als frühere Texte.
- Außerdem fordert der Realismus einen Rückzug des auktorialen Erzählers, der dem Leser eine sehr subjektive Sicht der Dinge vermittelt.
- Die personale Erzählsituation mit einem großen Anteil an Dialogen ermöglicht die Darstellung mehrerer Standpunkte und hilft bei der Auseinandersetzung mit einer immer komplexer werdenden Welt.
- DIE THEMEN DES POETISCHE REALISMUS
- Wie oben erwähnt ist der poetische Realismus durch eine Abwendung von der Politik geprägt.
- Auch die sozialen Probleme der Zeit bleiben außen vor, auf sie werden erst wieder die Naturalisten eingehen.
- Es kommt zu einem Rückzug ins Private, hier lassen sich poetische Momente wie Glück, Zufriedenheit, Harmonie und Liebe noch finden.
- Deshalb konzentriert man sich in der Literatur auf Themen wie Heimat, Ehe und Familie.
- Allgemein zeigen die Schriftsteller des poetischen Realismus wenig Interesse an der unteren Gesellschaftsschicht, der einfache Arbeiter, seine Sorgen und Nöte, sind kein Thema.
- Auch bei Fontane ist auffällig, dass seine Romancharaktere zumeist der adeligen Gesellschaft angehören.
- Dabei ist es nicht so, dass er sich der sozialen Konflikte der Zeit nicht bewusst ist, als Journalist bringt er sie auch in seine Arbeit mit ein, zum Beispiel in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“.
- Aber Fontane „glaubt noch nicht an die artistische Würde der Arbeitswelt, wie sie das neunzehnte Jahrhundert so hartnäckig rühmte und zum Gegenstande epischer Studien erhob.“
- Dies zeigt sich unter anderem in „Effi Briest“.
- Die Haupt- und Titelfigur Effi entstammt der aristokratischen Familie von Briest, die auf ihrem Landsitz nahe Berlin wohnt.
- Auch ihr Verlobter und späterer Ehemann Baron Instetten ist adeliger Herkunft und sie verkehren zumeist in der oberen Gesellschaftsschicht.
- Europaweit waren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts besonders die Rolle der Frau und der Zustand der Ehe ein Thema der Literatur.
- Dies zeigt sich in „Effi Briest“ wie auch in den vergleichbaren Romanen „Madame Bovary“ (1857) des Franzosen Gustave Flaubert und „Anna Karenina“ (1875) des Russen Leo Tolstoi.
- Frauen werden in der patriarchalischen Gesellschaft wenige Möglichkeiten geboten ihre seelischen, geistigen und körperlichen Bedürfnisse zu entfalten.
- Die Ehe dient in jener Zeit hauptsächlich der gegenseitigen Versorgung.
- DAS SYMBOL ALS STILMITTEL ZUR POETISIERUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem poetischen Realismus, einer literarischen Epoche, die in Deutschland im 19. Jahrhundert entstand. Sie analysiert den theoretischen Hintergrund dieser Epoche, insbesondere anhand von Theodor Fontanes Aufsatz „Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848“. Darüber hinaus werden die Themen des poetischen Realismus, wie Heimat, Ehe und Familie, anhand des Romans „Effi Briest“ von Theodor Fontane untersucht. Die Arbeit konzentriert sich auf die Darstellung der Rolle der Frau in der damaligen Gesellschaft und beleuchtet die Epoche des Realismus im Kontext der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts.
- Der theoretische Hintergrund des poetischen Realismus
- Die Themen des poetischen Realismus
- Die Rolle der Frau in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts
- Die Poetisierung der Wirklichkeit im poetischen Realismus
- Die Analyse von Symbolen im Roman „Effi Briest“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung bietet einen historischen Überblick über die Entstehung des poetischen Realismus in Deutschland. Sie beleuchtet die politische und gesellschaftliche Situation des 19. Jahrhunderts und stellt den Kontext für die Entstehung der literarischen Epoche dar. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem theoretischen Hintergrund des poetischen Realismus. Es analysiert Fontanes Aufsatz „Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848“ und präsentiert Fontanes Definition des Realismus. Das dritte Kapitel widmet sich den Themen des poetischen Realismus, insbesondere der Darstellung von Heimat, Ehe und Familie. Anhand von Beispielen aus Fontanes Roman „Effi Briest“ wird die Rolle der Frau in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts beleuchtet. Das vierte Kapitel untersucht das Symbol als Stilmittel zur Poetisierung in „Effi Briest“ und analysiert die Bedeutung der Schaukel als Symbol im Roman.
Schlüsselwörter
Poetischer Realismus, Theodor Fontane, „Effi Briest“, Gesellschaft, Ehe, Frau, Symbol, Heimat, Familie, 19. Jahrhundert, Deutschland, Kunst, Wirklichkeit.
- Citar trabajo
- Christin Köppen (Autor), 2008, Der poetische Realismus - dargestellt an Theodor Fontanes Roman Effi Briest, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150779
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