In der Lernsituation "Formen der mündlichen Kommunikation - Diskutieren und Debattieren" aus dem Lernfeld "Umgang mit expositorischen Texten" erarbeiten die Schüler die Grundlagen für eine gelungene Diskussion. Sie erarbeiten eine Begriffsbestimmung für den Terminus "Diskussion" im Rahmen der mündlichen Kommunikation, sie üben, Diskussionsbeiträge anschaulich, konkret und gegliedert zu formulieren, indem sie die "Problemlöseformel" anwenden, und sie führen eine Diskussion in Form einer "Talkshow" durch.
1 Bedingungsanalyse
1.1 Kurzbeschreibung der Lerngruppe
Die Schuler1 der Lerngruppe 09-U6 streben die Fachhochschulreife mit erweiterten beruflichen Kenntnissen im Bereich Druck- und Medientechnik an. Die insgesamt 21 Schuler besuchen derzeit die Unterstufe (Klasse 11) der zweijahrigen hoheren Berufsfachschule mit dem fachlichen Schwerpunkt Drucktechnik, Profilbildung Medientechnik. Von den 21 Schulern sind 14 mannlich, 7 weiblich. Insgesamt handelt es sich in Bezug auf Alterstruktur, zuletzt besuchte Schule und Bildungsabschluss um eine recht homogene Lerngruppe.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.2 Lernbedingungen
Ich unterrichte die Lerngruppe seit Beginn des Schuljahres 2008/2009 wochentlich dreistundig im Fach Deutsch und wochentlich einstundig im Fach Mediengestaltung. Der Unterricht im Fach Deutsch erfolgt montags in der Zeit von 8:00 Uhr bis 9:30 Uhr und mittwochs in geraden Kalenderwochen in der Zeit von 8:00 Uhr bis 9:30 Uhr.
Im Folgenden gehe ich auf die Aspekte Lernstand, Lernbereitschaft und Methodenkompetenz in Bezug auf die Lerngruppe ein: Der Lernstand der Gruppe ist insgesamt eher heterogen. Viele Schuler haben in den bisherigen Lernsituationen den Anschein erweckt, dass sie Defizite und Forderungsbedarf in den Kernkompetenzen des Deutschunterrichts haben - das betrifft die mundliche Kommunikation (dabei ist insbesondere eine mangelnde Ausdrucksfahigkeit und eine Stilunsicherheit zu bemerken) ebenso wie die schriftliche (hier habe ich festgestellt, dass ein GroGteil der Schuler Schwierigkeiten mit Orthografie und Grammatik hat). Bei einem Nicht-Muttersprachler sind die Probleme im Bereich der schriftlichen Ausdrucksfahigkeit besonders gravierend. Demgegenuber ist jedoch die Lernbereitschaft nahezu aller Schuler dieser Lerngruppe als hoch einzustufen. Die Schuler verhalten sich zum einen diszipliniert und sind in der Lage, anderen Schulern zuzuhoren, deren AuGerungen auch aufzugreifen und weiterzudenken, zum anderen beteiligen sie sich kontinuierlich und eifrig am Unterrichtsgeschehen. Einige Schuler wirken auf den ersten Blick weniger redselig und bemuht, nach einigen Wochen ist mir jedoch klar geworden, dass es sich hierbei um eher stille Charaktere handelt, die den Unterricht stets aufmerksam verfolgen und insbesondere bei Einzel- und Gruppenarbeiten engagiert mitarbeiten, jedoch im Klassengesprach noch nicht so souveran und sicher agieren. Die methodische Kompetenz ist sicherlich noch forderungsbedurftig, allerdings muss man bedenken, dass die Schuler erst seit einem halben Jahr die hohere Berufsfachschule besuchen und an kooperative Lernmethoden erst herangefuhrt werden mussen. Erprobt wurden bereits in verschiedenen Variationen die Methoden Think-Pair- Share, der Einsatz von Placemats und allgemein arbeitsteilige wie arbeitsgleiche Gruppenarbeit zur selbstandigen Erarbeitung von Lerninhalten. Bei den bisherigen Gruppenarbeiten sind kaum Probleme aufgetreten. Da sich inner- halb der Klasse bereits ein Gemeinschaftgefuhl entwickelt hat, ist es auch unproblematisch, Schuler in wechselnden Gruppenkonstellationen arbeiten zu lassen. Um der Forderung nach individueller Forderung gerecht zu werden und die Schuler weiter auf das selbststandige Arbeiten vorzubereiten, entwickeln die Schuler derzeit in den Stunden am Mittwoch eigene Ubungen aus dem Bereich der Rechtschreibung. Diese Ubungen sollen die Schuler bei einem anschlieGenden Stationenlauf bearbeiten und bewerten.
Der Unterricht montags findet im Raum 5042 statt. Hierbei handelt es sich um einen Klassenraum von angemessener GroGe. Sofern Gruppenarbeiten geplant sind, lassen sich die Tische rasch zu Gruppenarbeitsplatzen zusammen- schieben. Der Raum verfugt uber einen Overheadprojektor und eine verstellbare Wandtafel. Der Blick nach drauRen fuhrt zum Pausenhof des benachbarten Gymnasiums. Da die Pause des Gymnasiums um 9:15 Uhr beginnt, lasst die Konzentration der Schuler der 09-U6 manchmal kurzzeitig nach, da ihre Blicke auf den Pausenhof schweifen.
2 Didaktische Entscheidungen
2.1 Thematischer Zusammenhang und Richtlinienbezug
Die didaktischen und methodischen Entscheidungen basieren auf dem vorlaufigen Lehrplan Deutsch fur die hohere Berufsfachschule nach APO BK Anlage C und der Didaktischen Jahresplanung des BTA Deutsch fur die zweijahrige hohere Berufsfachschule - fachlicher Schwerpunkt Drucktechnik, Profilbildung Medientechnik2.
Die heutige Unterrichtseinheit ist folgendem Lernfeld zugeordnet und in folgende Lernsituation eingebettet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
An die Lernsituation 1 schlieGt sich unmittelbar folgende zweite Lernsituation an:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der heutigen Unterrichtsstunde wird also vorbereitend auf den Umgang mit expositorischen Texten eine Diskussion durchgefuhrt, in der sich die Schuler mit der Frage auseinandersetzen, ob Werbung an Schulen erlaubt sein sollte. Die Diskussion bereiten die Schuler vor, indem sie sich arbeitsteilig mit unterschiedlichen Texten zum Thema auseinandersetzen. AnschlieGend findet die Diskussion in Form eines Rollenspiels, hier: Talkshow, statt, bei dem die teilnehmenden Schuler eine Pro- oder Kontra-Stellung beziehen und mundlich auGern. Die Schuler im Publikum stellen ggfs. Fragen an die Talkshowteilnehmer. Im Anschluss daran folgt eine Reflexion der Talkshow und eine Sammlung der wesentlichen Argumente.
Mithilfe des vorlaufigen Lehrplans lassen sich die heutige Unterrichtseinheit sowie auch die zwei Lernsituationen legitimieren. Dort heiGt es zunachst allgemein, dass eine Zielsetzung des Unterrichts
- die Weiterentwicklung der mundlichen und schriftlichen Kommunikationsfahigkeit,
- der Umgang mit expositorischen und fiktionalen Texten (...)
sei3. In der heutigen Stunde steht vor allem die Weiterentwicklung der mundlichen Kommunikationsfahigkeit im Vordergrund, was sich aufgrund der Methode Talkshow ergibt. Mit zur Verfugung gestellten expositorischen Texten mussen die Schuler umgehen, um Informationen uber die strittige Frage, ob Werbung an Schulen erlaubt sein sollte, zu sammeln. In vorherigen und folgenden Stunden im Rahmen des Lernfeldes wurden und werden die zwei genannten Punkte verfolgt und vertieft.
Ein besonderer Punkt im Lehrplan ist der geforderte Berufsbezug: „Der Deutschunterricht in der hoheren Berufsfachschule hat neben der Vorbereitung auf die fachliche Ausbildung und auf ein Studium an einer Fachhochschule auch eine spatere Tatigkeit der Schulerinnen und Schuler in den verschiedenen Berufsfeldern zu berucksichtigen.'4
Die Schuler der Lerngruppe 09-U6 haben den fachlichen Schwerpunkt Drucktechnik, Profilbildung Medientechnik. In diesem Berufsfeld spielt die Werbung eine groGe Rolle. Daher bietet sich als Aufhanger das Thema „Werbung an Schulen" besonders an. Des Weiteren streben viele Schuler der 09-U6 ein Jahrespraktikum oder einen Ausbildungs- platz als Mediengestalter nach erfolgreich abgeschlossener Schullaufbahn am BTA an. Im Bereich Mediengestaltung ist es mittlerweile ublich, die geeignete Bewerber mittels eines Assessmentcenters auszuwahlen. Im Assessmentcen- ter wird wiederum eine Gruppendiskussion oftmals durchgefuhrt, bei der das Diskussionsverhalten der Teilnehmer beobachtet wird. Eine Gruppendiskussion in Form einer Talkshow im Unterricht zu uben, bereitet die Schuler auf diese Teilaufgabe im Assessmentcenter vor.
Im vorlaufigen Lehrplan Deutsch fur die hohere Berufsfachschule werden zudem die drei Themenbereiche Spre- chen und Schreiben, Umgang mit Texten und Nachdenken uber sprachliches Handeln unterschieden. Diese drei Punkte sind die Typen sprachlicher Handlungen, die im Deutschunterricht entfaltet werden sollen. Die heutige Unterrichtseinheit ist dem Bereich Sprechen und Schreiben, genauer: Interessen vertreten und verhandeln sowie erortern und entscheiden, zuzuorden5. Daneben ergibt sich aufgrund der vorbereitenden Auseinandersetzung mit den Texten zum Thema „Werbung an Schulen" auch ein Bezug zum Bereich Umgang mit Texten, genauer: sich auf Texte einlassen und Texte erschlieGen.
Unabhangig von den inhaltlich angesprochenen Dimensionen des Deutschunterrichts bietet der vorlaufige Lehrplan auch Hilfestellungen zur Unterrichtsorganisation und zur methodischen Gestaltung von Lernprozessen. Als Unterrichtsprinzipien sollen im Deutschunterricht berucksichtigt werden:
- die Forderung des selbststandigen Lernens
- die Vorbereitung auf das wissenschaftliche Arbeiten
- die Weiterentwicklung der sprachlichen Handlungsfahigkeit und
- die Entwicklung kritischer Urteilsfahigkeit6.
Daraus ergibt sich folgende Konsequenz:
„Ab einer bestimmten KlassengroGe sind Binnenstrukturen erforderlich, damit sprachliches Handeln (...) nicht zur Leerformel wird. Partner-, Team- und Gruppenarbeit bleiben nicht mehr bloG Moglichkeiten von Sozialformen, sondern werden zur maRgeblichen Struktur von Unterricht."7
Fur mich als Lernprozessorganisator und -begleiter ergibt sich die Konsequenz, dass nicht nur im Rahmen der heutigen Unterrichtseinheit, sondern allgemein bezogen auf den gesamten Deutschunterricht in der 09-U6 diese Axiome zu verfolgen sind und in der Unterrichtsplanung und -durchfuhrung stets Berucksichtigung finden.
Die Ubersicht auf der nachfolgenden Seite veranschaulicht den prozessualen Ablauf des Lernfeldes. Die Lern- situationen 1 und 2 bauen aufeinander auf, wie im Folgenden deutlich wird. Ferner erkennt man anhand der Ubersicht die Berucksichtigung der bisher genannten Aspekte und Forderungen aus dem Lehrplan.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Angestrebte Kompetenzzuwachse innerhalb der Lernsituation
In der Lernsituation „Formen der mundlichen Kommunikation - Diskutieren und Debattieren" aus dem Lernfeld „Umgang mit expositorischen Texten" erarbeiten die Schuler die Grundlagen fur eine gelungene Diskussion. Sie erarbeiten eine Begriffsbestimmung fur den Terminus „Diskussion" im Rahmen der mundlichen Kommunikation, sie uben, Diskussionsbeitrage anschaulich, konkret und gegliedert zu formulieren, indem sie die „Problemloseformel" anwenden, und sie fuhren eine Diskussion in Form einer „Talkshow" durch.
2.2.1 Handlungsziel der heutigen Unterrichtseinheit
Die Schuler diskutieren Argumente fur und gegen den Einsatz von Werbung in der Schule und beziehen eine eigene Stellungnahme zur strittigen Frage.
2.2.2 Fachkompetenz
Die Schuler erweitern ihre Fachkompetenz, indem sie ...
... wesentliche Informationen aus Texten entnehmen, paraphrasieren und weitervermitteln.
... Pro- und Contra-Argumente verschiedener Personen zum Thema „Sollte Werbung in Schulen erlaubt sein?" aus vorgegebenen Informationstexten herausarbeiten, schriftlich festhalten und mundlich weitergeben.
... Argumente gegenuberstellen und vergleichen.
... eine eigene Position zum Thema „Sollte Werbung in Schulen erlaubt sein?" beziehen und dabei Werbe- und Medieneinflusse bewerten.
2.2.3 Methodenkompetenz
Die Schuler erweitern ihre Methodenkompetenz, indem sie ...
... in Gruppenarbeit einen Arbeitsauftrag kooperativ, effektiv und zeitbezogen ausfuhren.
... ihre Arbeitsergebnisse sprachlich angemessen prasentieren.
... Werbung in unterschiedlichen Medien (Werbemittel) kritisch hinterfragen.
2.2.4 Sozialkompetenz
Die Schuler erweitern ihre Sozialkompetenz, indem sie ...
... in einer Gruppe gemeinschaftlich arbeiten und kooperieren.
... ihre Empathiefahigkeit weiterbilden, d.h. sie nehmen eine vorgegebene Rolle an, sie agieren sprachlich und gestisch-mimisch aus dieser Rolle heraus und sie distanzieren sich wieder von ihr.
[...]
1 Aus stilistischen Grunden verzichte ich im Folgenden auf die Differenzierung von mannlichen und weiblichen Schulern.
2 Auszuge aus der Didaktischen Jahresplanung siehe Anlage 1
3 vgl.: Vorlaufiger Lehrplan Deutsch fur die hohere Berufsfachschule S. 5
4 aus: Vorlaufiger Lehrplan Deutsch fur die hohere Berufsfachschule S. 9
5 vgl.: Vorlaufiger Lehrplan Deutsch fur die hohere Berufsfachschule S. 13ff. und S. 34
6 vgl.: Vorlaufiger Lehrplan Deutsch fur die hohere Berufsfachschule S. 27
7 aus: Vorlaufiger Lehrplan Deutsch fur die hohere Berufsfachschule S. 27
- Quote paper
- Tina Schröder (Author), 2009, Eine Diskussion in Form einer "Talkshow" zum Thema "Sollte Werbung an Schulen erlaubt sein?" durchführen und reflektieren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150571
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