In diesem Aufsatz soll es in erster Linie darum gehen zwei Normbegriffe - den der deskriptiven Norm und den der Norm im Sinne Coserius - am Beispiel der italienischen Sprachgemeinschaft zu beleuchten und ihren Unterschied deutlich zu machen. Ein Beispiel aus der Varietätenlinguistik soll in das Thema einführen, welches dann eher karg besetzt mit weiteren Veranschaulichungen weitergeführt wird, da die Menge an theoretischen Überlegungen den Platz für sich beansprucht.
0 Einleitung
In diesem Aufsatz soll es in erster Linie darum gehen zwei Normbegriffe - den der deskriptiven Norm[1] und den der Norm im Sinne Coserius[2] - am Beispiel der italienischen Sprachgemeinschaft zu beleuchten und ihren Unterschied deutlich zu machen. Wegen ihrer häufigen Verwendung kürze ich im folgenden Text 'deskriptive Norm' mit 'Normd' und 'Norm im Sinne Coserius' mit 'NormS' ab[3]. Ein Beispiel aus der Varietätenlinguistik soll in das Thema einführen, welches dann eher karg besetzt mit weiteren Veranschaulichungen weitergeführt wird, da die Menge an theoretischen Überlegungen den Platz für sich beansprucht.
Als Einführung will ich noch kurz die beiden genannten Normbegriffe definieren:
Eine Normd stellt eine von mehreren Varietäten innerhalb einer historischen Einzelsprache dar. Die Normd beinhaltet alle normalen Realisierungen von sprachlichen Fakten, die in der gegebenen Varietät als soziale Normen vorhanden sind.
NormS beinhalten dieselben Fakten, nur stellt man sie, wenn man den Begriff verwendet, in Opposition zu dem funktionell relevanten Kern dieser Fakten - dem System. Die NormS stellt dann eine Kategorie zwischen dem System funktioneller Oppositionen und der in der spontanen Situation verwendeten sprachlichen Fakten (Rede) dar.
1 Normd und NormS im Italienischen
1.1 Verwendung der s-Laute in verschiedenen Regionen Italiens
Betrachten wir die Verwendung der Phoneme /s/ und /z/ des Toskanischen im Vergleich zu deren Aussprache im Norden und Süden Italiens:
In intervokalischer Stellung werden im Standarditalienischen die stimmhafte und die stimmlose Aussprache des Buchstaben 's' unterschieden: [r¶:za][4],[ka:sa].Die Phoneme /s/ und /z/ bilden außerdem ein Oppositionspaar: [fu:so] - "Spindel", [fu:zo] - "geschmolzen".
In Norditalien wird intervokalisches 's' immer stimmhaft gesprochen; es gibt aber auch den stimmlosen Laut [s]: [ka:za], [r¶:za], [zbri'garsi] und [set-te], [sa:la].
In Süditalien dagegen wird intervokalisches 's' immer stimmlos ausgesprochen; und auch hier gibt es beide Phone [s] und [z]: [ka:sa], [r¶:sa], [set-te] und [zbri'garsi]. Wie man sieht unterscheiden sich die drei Normend Norditalienisch, Süditalienisch und Toskanisch (hier im Sinne von Standarditalienisch) in ihrer Verwendung der Phone [s] und [z]. Innerhalb der deskriptiven Normen lassen sich die beschriebenen Fakten noch auf ihre Relevanz für das jeweilige System hin untersuchen, d.h. ob sie als sprachliche Fakten nur die Norm betreffen oder auch das System funktioneller Oppositionen[5].
So findet man für das Nord- und das Süditalienische nur ein Phonem /s/, welches auf der Ebene der Norm verschiedene Formen in der Aussprache - nämlich [s] und [z] - bildet. Auf der Ebene der Rede ist für die verschiedenen s-Laute wiederum ein breites Spektrum an konkreten Realisierungen möglich:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für das Toskanische ergibt sich ein anderes Bild: Auf Systemebene findet man die Phoneme /s/ und /z/ als Oppositionspaar, Auf der Ebene der Norm die dazugehörigen Laute [s] und [z] und auf der Ebene der Rede wieder die verschiedenen aktuellen Realisierungen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Betrachtung erlaubt nun einen genaueren Vergleich zwischen den deskriptiven Normen: Das Norditalienische und das Süditalienische unterscheiden sich in der Verwendung der s-Laute auf der Ebene der Norm, das Toskanische und die anderen zwei deskriptiven Normen unterscheiden sich hingegen auf Systemebene, d.h. die Normend beinhalten verschiedene sprachliche Systeme funktioneller Oppositionen. Wir sehen deutlich, daß sich die verschiedenen varianti regionali nicht auf ein einziges System als funktionellen Kern beziehen lassen. Man muß vielmehr danach trachten, jede Varietät nach ihrem eigenen Kern funktioneller Oppositionen hin zu untersuchen.
1.2 Weitere Beispiele für Unterschiede auf Systemebene
Beispiele dafür, wie sich deskriptive Normen so unterscheiden, daß aus den verschiedenen normalen Fakten ein jeweils verschiedenes Sprachsystem abstrahiert werden kann, sind:
[...]
[1] vgl. Berruto, G. (1987): Sociolinguistica dell'italiano contemporaneo, Roma (Studi Superiori NIS/33 Lettere).
[2] Dieses Referat hält sich streng an die Ideen aus Coseriu, E. (1969): "Sistema, norma e 'parola'", in: Studi linguistici in onore di V. Pisani, Brescia, I, S. 235-253.
[3] Dies erschien mir auch insofern sinnvoll, als daß der Aufsatz, welcher dem Referat und auch dem Aufsatz besonders zu Grunde liegt, die gleichen Abkürzungen verwendet: Koch, P. (1988): "Norm und Sprache", in: J. Albrecht/J. Lüdtke/H. Thun (Hgg.), Energeia und Ergon. Studia in honorem E. Coseriu. Sprachliche Variation - Sprachgeschichte - Sprachtypologie, Tübingen (TBL, 300), S. 327-354.
[4] Da in meinem Computerprogramm das Zeichen für den Laut des offenen 'o' nicht vorhanden ist, habe ich mich mich für dieses Zeichen '¶' entschieden. Ich hoffe, daß dies nicht allzu verwirrend ist, und möchte mich im vorraus dafür entschuldigen.
[5] Vgl. die Begriffe "wesentlich" für die Fakten des Systems und "sozial" für die Fakten der NormS bei Blasco Ferrer: Blasco Ferrer, E. (1996): Linguistik für Romanisten. Grundbegriffe im Zusammenhang. Berlin, S. 34.
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- Ivano Abetini (Autor), 1997, Norm und Sprachsystem im Italienischen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15056
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