Wissenschaftliche Untersuchungen über die künftige Entwicklung des Arbeitsmarktes sind nicht eindeutig. Einerseits verlieren die Wissenschaftler die hohe Arbeitslosigkeit aus dem Auge und glauben, das sich die Lage am Arbeitsmarkt im Zuge der Entwicklung zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft von selbst zum Besseren wendet. Auf der anderen Seite spricht man vom „Ende der Erwerbsarbeit“ und prognostiziert, dass die üblichen Sicherheiten, Schutzmechanismen und sozialen Standards nicht mehr aufrecht erhalten werden können.
In dieser Hausarbeit möchte ich ein Antwort auf die folgende Frage finden: Liegt die Zukunft der Arbeit nur im Beruf, oder kann man sich das Leben auch ohne eine berufliche Ausbildung durch nicht qualifizierte Erwerbsarbeit sichern?
Um die Frage beantworten zu können kläre ich zuerst, ob die These vom „Ende der Erwerbsarbeit“ den Tatsachen entspricht oder nicht.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Ende der Arbeitsgesellschaft oder wachsende Bedeutung der Erwerbsarbeit?
1. Der Arbeitsgesellchaft geht die Arbeit aus
2. Die Behauptung, daß der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht, widerspricht empirischen Befunden
III. Zukunft ist gestaltbar
1. Bildungspolitik und lebenslanges Lernen
2. Aktive Arbeitsmarktpolitik und Förderung des 3. Sektors
3. Arbeitskraftagenturen
4. Arbeitszeitpolitik
5. Arbeitnehmerüberlassung
6. Förderung von gering produktiven Arbeitsplätzen
7. Zusammenfassung
IV. Die Zukunft der Arbeit liegt nicht nur im Beruf
Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Wissenschaftliche Untersuchungen über die künftige Entwicklung des Arbeitsmarktes sind nicht eindeutig. Einerseits verlieren die Wissenschaftler die hohe Arbeitslosigkeit aus dem Auge und glauben, das sich die Lage am Arbeitsmarkt im Zuge der Entwicklung zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft von selbst zum Besseren wendet. Auf der anderen Seite spricht man vom „Ende der Erwerbsarbeit“ und prognostiziert, dass die üblichen Sicherheiten, Schutzmechanismen und sozialen Standards nicht mehr aufrecht erhalten werden können.
In dieser Hausarbeit möchte ich ein Antwort auf die folgende Frage finden: Liegt die Zukunft der Arbeit nur im Beruf, oder kann man sich das Leben auch ohne eine berufliche Ausbildung durch nicht qualifizierte Erwerbsarbeit sichern?
Um die Frage beantworten zu können kläre ich zuerst, ob die These vom „Ende der Erwerbsarbeit“ den Tatsachen entspricht oder nicht.
II. Ende der Arbeitsgesellschaft oder wachsende Bedeutung der Erwerbsarbeit?
1. Der Arbeitsgesellschaft geht die Arbeit aus.
Die Arbeitswelt verändert sich immer schneller. Es besteht auch kein Zweifel, daß sich die Arbeitsgesellschaft im Umbruch befindet. Die Veränderungen, die sich in Wirtschaft und Gesellschaft vollziehen, werden überall diskutiert:
- Wachsende Erwerbsbeteiligung der Frauen und Veränderung der Familienmuster,
- Individualisierung und Auflösung traditioneller Milieus,
- Übergang von der Industrie- zur Dienstleistungswirtschaft,
- Flexibilisierung und Differenzierung der Produktion und der Arbeitsprozesse,
- Verschärfung des Wettbewerbs wegen der Globalisierung und Liberalisierung,
- Steigendes Innovationstempo,
- Zunehmende Bedeutung von Qualifikation und Wissen,
- Rationalisierungsprozesse, vor allem im Zuge der Einführung der Mikroelektronik,
- Ausbreitung neuer Erwerbsformen (neue Selbstständigkeit, Scheinselbstständigkeit, Geringfügigkeit). (vrgl. Bericht der Projektgruppe „Zukunft der Arbeit“ des SPD- Parteivorstandes: 2001, S.1)
Man spricht von der „Krise der Erwerbsgesellschaft“. Es bestehen Zweifel daran, daß Erwerbsarbeit auch in der Zukunft eine zentrale Kategorie sein würde. Die gegenwärtige Entwicklung wird als Übergang aus der Industriegesellschaft in eine Dienstleistungs-, Informations- oder Wissensgesellschaft und damit als Beginn einer neuen historischen Epoche interpretiert. Durch den technologischen Fortschritt werden immer weniger Arbeitskräfte benötigt. Gleichzeitig relativiert sich der Stellenwert von Erwerbsarbeit für Individuen. Viele legen viel Wert darauf kürzere Arbeitszeiten und mehr Freizeit zu haben. Der objektive Bedeutungsverlust der Erwerbsarbeit wird also durch einen subjektiven Bedeutungsverlust ergänzt.
Zunächst möchte ich kurz darstellen, was die Vertreter der These vom „Ende der Erwerbsarbeit“ behaupten.
Schon 1982 hat Ralf Dahrendorf die berühmt gewordene Formulierung zusammengefaßt: „Wenn der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht“. Anhaltende und wachsende Arbeitslosigkeit sei, so Dahrendorf, das unvermeidliche Schicksal der entwickelten Industriegesellschaften. Er begründet seine These durch den Hinweis auf die sozialen „Staatsbürgerrechte“, die von den Gewerkschaften erkämpft wurden. Diese sollen nicht nur die Lohnsenkungen verhindern, sondern auch die weiteren Lohnsteigerungen fordern. Daraus resultiert ein permanenter Anreiz, Arbeit durch Technik zu ersetzen. Arbeit wird dort immer weniger bezahlbar, wo die Technisierung – wie im öffentlichen Sektor – an Grenzen stößt. Der innere Widerspruch der Arbeitsgesellschaft besteht nach Dahrendorf darin, daß die Erwerbsarbeit einerseits wie nie zuvor zum wichtigsten institutionellen Ordnungsprinzip der Gesellschaft geworden ist, anderseits den Kampf um die Verminderung der Arbeit (Freizeit, Urlaub, Bildung, Ruhestand) mit Erfolg führt. Das schleichende Ende der Arbeitsgesellschaft sollte, so Dahrendorf, nicht beklagt, sondern als Aufforderung verstanden werden, Arbeit und Leben nicht mehr allein dem Diktat der Erwerbsgesellschaft zu unterwerfen, sondern zu reorganisieren. (vrgl. Dahrendorf in Matthes(Hg.): 1993, S. 25-37)
Ein weiterer Vertreter der These vom „Ende der Erwerbsarbeit“ ist Jeremy Rifkin. Seine Argumentation beruht auf der These vom „jobless growth“, wonach aufgrund technischer Rationalisierung zunächst im Industriebereich immer weniger menschliche Arbeitskraft gebraucht wird. Der Dienstleistungsbereich kommt als Beschäftigungshoffnung nicht in Frage, da auch hier durch technischen Fortschritt menschliche Arbeitskraft zunehmend überflüssig wird. Allein im „Wissensbereich“ könnte nach Rifkin neue Beschäftigung entstehen, die aber nur einer „dünnen Schicht“ zugute kommen würde. Als Lösung schlägt Rifkin eine Ausweitung von Beschäftigung im sogenannten „Dritten Sektor“ vor, der neben Sozialarbeit und Gesundheitswesen auch Hilfe für Behinderte, Umweltschutz und vieles mehr umfaßt. Dieser Sektor, der zwischen privatem und öffentlichem Sektor existiere, sei ein Bereich sozialer Verantwortlichkeit und durch „gemeinschaftliche Bindungen“ charakterisiert (Rifkin:1995, S.61). „Man widmet seinen Mitmenschen Zeit, statt künstliche Marktbeziehungen mit ihnen einzugehen und sich und seine Dienste zu verkaufen.“ (Rifkin: 1996, S.181) Als Entschädigung für die Menschen, „deren Arbeitskraft in der automatisierten High-Tech-Welt der 21. Jahrhunderts nicht mehr gebraucht wird“ schlägt Rifkin ein Mindesteinkommen vor, welches der Staat durch Abschöpfung von Produktivitätsgewinnen aus der Privatwirtschaft finanzieren soll.
In seinem Beitrag „Was wird aus der Erwerbsgesellschaft?“ behauptet Wolfgang Bonß, daß es wichtig sei sich mit dem Alternativszenario, in dem das Beschäftigungsproblem durch eine Gleichbewertung von bezahlter und unbezahlter Arbeit gelöst wird, genauer auseinanderzusetzen. „Denn auch wenn die modernen Arbeitsgesellschaften noch lange Erwerbsgesellschaften bleiben werden – sie werden es wohl kaum ewig bleiben können, sondern müssen sich umstrukturieren, weiterentwickeln und schon jetzt versuchen, ein pluralisiertes Arbeitsverständnis Wirklichkeit werden zu lassen, auf das die Gesellschaft der Zukunft dringend angewiesen ist.“ (Bonß in Beck(Hg.): 2000, S.406)
1995 trafen sich 500 führende Politiker, Wirtschaftsführer und Wissenschaftler im Fairmont Hotel in San Francisco. Es interessierte sie die Frage, wie es auf dem Weg ins 21. Jahrhundert weitergehen wird. Das erschreckende Ergebnis: „20 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung werden im kommenden Jahrhundert ausreichen, um die Weltwirtschaft in Schwung zu halten. Mehr Arbeitskraft wird nicht gebraucht. Die anderen 80 Prozent werden zu den Armen gehören.“ (Martin/Schumann in Saiger:1998, SS. 49-50)
2. Die Behauptung, daß der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht, widerspricht empirischen Befunden
Das IAT (Bosch:1998) und die Zukunftskommission der Friedrich-Ebert-Stiftung (1998) zeigen, daß von einem beschäftigungslosen Wachstum nicht die Rede sein kann. Die These vom Ende der Arbeitsgesellschaft stützt sich auf die Überzeugung, daß durch neue arbeitssparende Technologien weniger lebendige Arbeit erforderlich sei, um die notwendige Menge an Gütern und Dienstleistungen zu produzieren. Dabei wird stillschweigend unterstellt, daß die Menge notwendig zu produzierender Güter und Dienstleistungen konstant und vorhandene Bedürfnisse vollständig gedeckt seinen. Tatsächlich jedoch mangelt es den Menschen derzeit nicht an Bedürfnissen, sondern an Kaufkraft. Armut, Bildungskrise, fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen, Stillstand im Umweltschutz – all das paßt nicht zur „Sättigungsthese“, sondern spricht dafür, daß wichtige individuelle und kollektive Bedürfnisse derzeit nicht vollständig befriedigt sind. Allerdings ist ein Strukturwandel des Konsums festzustellen: Bei einigen Gütern, vor allem langlebigen Konsumgütern, gibt es eine, zumindest partielle, Sättigung. Daneben entstehen neue Bedürfnisse und Nachfragen vor allem im Bereich sozialer und kultureller Dienstleistungen. (vrgl. Zur Zukunft der Erwerbsarbeit: 2002, S.13)
Die Analyse von Hans Böckler Stiftung „Zur Zukunft der Erwerbsarbeit“ zeigt, daß selbst wenn für künftiges Wachstum ein geringeres Arbeitsvolumen erforderlich sein sollte, muß dies nicht zwangsläufig eine Reduzierung der Zahl der Beschäftigungsverhältnisse nach sich ziehen. Je kürzer die individuelle Arbeitszeit, desto mehr Personen können mit einem gegebenen Arbeitsvolumen beschäftigt werden. Zwischen 1960 und 1990 stieg in Westdeutschland die Stundenproduktivität schneller als das Wachstum an, und infolgedessen reduzierte sich das Volumen bezahlter Arbeit von rund 56 Mrd. auf 46 Mrd. Stunden pro Jahr. Dennoch stieg in dieser Periode die Zahl der Erwerbstätigen um etwa 3 Mio. an, weil diese Stunden aufgrund deutlich kürzerer individueller Arbeitszeiten (1960: 2152 Stunden pro Jahr; 1990: 1621 Stunden) auf wesentlich mehr Beschäftigte verteilt werden konnten. Durch den technologischen Fortschritt werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die Produktion der notwendigen Güter und Dienstleistungen erforderliche Zeit sinkt. Dies kann sich in einem höheren Wohlstand für die Beschäftigten niederschlagen und muß keineswegs ein Sinken der Beschäftigung und Arbeitslosigkeit zur Folge haben (vrgl. Zur Zukunft der Erwerbsarbeit: 2002, S.14).
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- Arbeit zitieren
- Anna Shkonda (Autor:in), 2003, Liegt die Zukunft der Arbeit im Beruf?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15009
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