Als Francesco Petrarca mit der Arbeit an seinem „Canzoniere“ begann, ahnte er wohl kaum, dass dieses Werk ihn bis zu seinem Lebensende beschäftigen und auch noch Jahrhunderte nach seinem Tode ganze Generationen von Dichtern und Literaten beeinflussen sollte:
Vielleicht hörst Du einmal etwas über mich, obwohl ein so kleiner und dunkler Name durch die vielen Jahre und Länder kaum zu Dir gelangen mag. Und dann wünschst Du vielleicht zu wissen, was für ein Mensch ich war, und wie es meinen Werken ergangen ist, besonders jenen, von denen ein Gerücht zu Dir drang oder deren armen Namen Du gehört hast.
Es hätte ihn wohl sehr verwundert, hätte er gewusst, dass ausgerechnet dieses volkssprachliche Werk, das er gerade nicht in klassischer lateinischer Sprache verfasste, ihm den größten Ruhm verschaffen sollte. Doch eben weil es in italienischer Volkssprache geschrieben war – und so dem breiten Publikum sprachlich zugänglich war, übte es eine überwältigende Wirkung auf die Nachwelt aus. Petrarca selbst bezeichnete seinen Canzoniere abfällig als Rerum vulgarium fragmenta bzw. als rime sparse, also eine lose Ansammlung von Gedichten, und doch wissen wir, dass der Canzoniere eine elaborierte Ordnung besitzt, der Petrarca sehr viel Mühe widmete.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird noch häufig von den Absichten Petrarcas die Rede sein – vor allem in Verbindung mit seiner Suche nach Anerkennung, die auch wenn ich es vorwegnehme, ganz offensichtlich in eine Selbstliebe mündete, die eine unvergleichliche Ruhmsucht hervorbrachte. Dass sich bei Petrarca Dichtung und Wahrheit in Synthese miteinander verbinden, liegt schon in diesem ihm spezifischen Charakter begründet, ein teils widersprüchlicher Charakter, der uns als ein Teil seines Selbst in seinen Werken stets wiederkehrt und uns zu der Frage führt, wie lässt sich der Mensch „Francesco Petrarca“ definieren, bzw. was macht ihn so anders als z.B. Dante Alighieri, der noch eine Generation vor Petrarca das Weltverständnis wiedergab.
Inhaltsverzeichnis
- Exposition - Petrarca und die Modernität
- Geburt des Individualismus in Italien
- Rückwirkung auf den Geist der Nation
- Der moderne Ruhm – Petrarca als Vorreiter eines goldenen Zeitalters
- Petrarca und die Abgeschiedenheit
- Petrarcas Flucht an seinen locus amoenus im Vaucluse-Refugium
- Petrarca und der Aufstieg vom Mittelalter in die Neuzeit
- Die Bedeutung der Mont Ventoux-Epistel
- Petrarcas Glaubensaufstieg (Von der Besteigung zur Bekehrung)
- Introspektion und christlicher Diskurs
- Flucht in die Antike
- Dichtung und Wahrheit
- Petrarcas Landschaften
- Petrarcas Landschaftserfahrung in der Einsamkeit (anhand von “Solo et pensoso")
- Antike Vorbilder und Landschaft im Canzoniere
- Horaz, Ovid, Properz, Seneca und Vergil in “Per mezz'i boschi"
- Der Canzoniere als Moment der dichterischen Selbststilisierung
- Laura und die melancholische Schmerzliebe
- Petrarcas Weltverständnis in seinem Secretum
- Die Hauptsünde der acedia im Secretum
- Schlussbetrachtung
- Petrarcas tiefreichende Impulse aufgrund seiner Imitatio der Antike
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem Aufstieg Petrarcas in die Moderne unter der Wiedererweckung des Altertums. Sie untersucht, wie Petrarcas Werk, insbesondere sein „Canzoniere“, die Entwicklung des Individualismus und die Renaissance in Italien beeinflusste. Die Arbeit analysiert Petrarcas klassische Studien, seine Affinität zu Cicero und die Bedeutung der Wiedererweckung des Altertums für die Entstehung des Renaissance-Humanismus.
- Petrarcas Einfluss auf die Entwicklung des Individualismus in Italien
- Die Rolle der Antike in Petrarcas Werk und der Renaissance
- Petrarcas Suche nach Anerkennung und Ruhm
- Die Bedeutung von Landschaft und Natur in Petrarcas Dichtung
- Die Verbindung von Dichtung und Wahrheit in Petrarcas Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die Petrarcas Bedeutung für die Literaturgeschichte und die Entstehung des Petrarkismus beleuchtet. Sie stellt die Frage nach Petrarcas Selbstverständnis und seiner Suche nach Anerkennung. Im ersten Kapitel wird die Geburt des Individualismus in Italien im 14. und 15. Jahrhundert untersucht, wobei der Einfluss von Dante und Petrarca auf die Entwicklung des modernen Menschen hervorgehoben wird. Das zweite Kapitel befasst sich mit Petrarcas Flucht in die Abgeschiedenheit und seinem spirituellen Aufstieg am Mont Ventoux. Es analysiert die Bedeutung der Mont Ventoux-Epistel und Petrarcas Glaubensentwicklung. Das dritte Kapitel widmet sich Petrarcas Landschaften und seiner Landschaftserfahrung in der Einsamkeit. Es untersucht die Rolle antiker Vorbilder im Canzoniere und die Bedeutung von Laura und der melancholischen Schmerzliebe in Petrarcas Werk. Das vierte Kapitel befasst sich mit Petrarcas Weltverständnis in seinem Secretum und der Hauptsünde der acedia. Es analysiert die Verbindung von Dichtung und Wahrheit in Petrarcas Werk und die Bedeutung seiner Imitatio der Antike.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Francesco Petrarca, Canzoniere, Petrarkismus, Renaissance, Humanismus, Individualismus, Antike, Cicero, Mont Ventoux, Secretum, Landschaft, Laura, Schmerzliebe, acedia, Dichtung, Wahrheit, Imitatio.
- Citation du texte
- Sascha Nendza (Auteur), 2005, Der Aufstieg Petrarcas in die Moderne unter der Wiedererweckung des Altertums, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149869
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