Spätestens seit dem EU-Beitritt Estlands, Lettlands und Litauens im Jahr 2004 sind die baltischen Staaten endgültig im Kreis der Demokratien Europas angekommen. Somit konnten die drei ehemaligen Sowjetrepubliken das „Dilemma der Gleichzeitigkeit“ (vgl. Offe 1991) auflösen und in kurzer Zeit die Transformation zu weitestgehend konsolidierten, marktwirtschaftlich ausgerichteten Nationalstaaten bewältigen. Andererseits machen Autoren wie Reetz, Pickel/Jacobs oder Duvold/Jurkynas auf Entwicklungen und Faktoren aufmerksam, welche auf gefährdete bzw. noch nicht abgeschlossene Konsolidierungsaspekte hinweisen. Zu erwähnen sind unter Anderem die anhaltende Korruption oder ein hohes Misstrauen der Bürger gegenüber den gewählten Amtsinhabern. Trotz dieser berechtigten Hinweise wäre es politikwissenschaftlich wohl kaum anschlussfähig, den demokratischen Status der baltischen Staaten in Frage zu stellen. Angesichts dieses scheinbar widersprüchlichen Zustands bietet es sich an, einer zentralen begrifflichen Unterscheidung zu folgen: der Unterscheidung der Adjektive „demokratisch“ und „konsolidiert“.
Basierend auf dieser Unterscheidung ist es das Anliegen dieser Arbeit, zu untersuchen, welche Teilbereiche der politischen Gesamtsysteme der baltischen Staaten als konsolidiert betrachtet werden können, auf welchen Ebenen noch Nachholbedarf besteht und welche Aspekte den Konsolidierungsprozess potenziell sogar gefährden könnten. Es gilt, eine Analyse des Status Quo der bisherigen Konsolidierung durchzuführen und daraus abzuleiten, welche Entwicklungen die weitere Konsolidierung gefährden könnten. Als theoretischer Rahmen wird dazu ein Modell der neueren Transformationsforschung genutzt: das Mehrebenenmodell demokratischer Konsolidierung nach Wolfgang Merkel (vgl. Merkel 1996).
Die erste zentrale These dieser Arbeit lautet, dass die demokratische Konsolidierung der baltischen Staaten auf der ersten und der dritten Ebenen als weitgehend abgeschlossen betrachtet werden kann. Allerdings, so die zweite Kernthese, stellen ein noch instabiles Parteiensystem und ein unterentwickeltes Verbandswesen sowie ein nicht zu unterschätzender Mangel an diffuser Unterstützung in der Bevölkerung gegenüber zentralen politischen Institutionen die noch nicht konsolidierten Teilbereiche dar. Hierin liegt, neben der weiterhin bestehenden Korruption in den noch jungen Demokratien am Baltikum, wahrscheinlich das größte Gefährdungspotenzial für eine vollständige demokratische Konsolidierung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1.) Zum Mehrebenenmodell demokratischer Konsolidierung
- 1.1) Zu den Ebenen
- 1.1.1) Erste Ebene: konstitutionelle Konsolidierung
- 1.1.2) Zweite Ebene: repräsentative Konsolidierung
- 1.1.3) Dritte Ebene: Verhaltenskonsolidierung
- 1.1.4) Vierte Ebene: demokratische Konsolidierung der politischen Kultur
- 1.1) Zu den Ebenen
- 2.) Analyse der baltischen Staaten
- 2.1) Zu Estland
- 2.1.1) Geschichte und Transformation
- 2.1.2) Zu den Ebenen
- 2.1.3) Zwischenfazit
- 2.2.) Zu Lettland
- 2.2.1) Geschichte und Transformation
- 2.2.2) Zu den Ebenen
- 2.2.3) Zwischenfazit
- 2.3) Zu Litauen
- 2.3.1) Geschichte und Transformation
- 2.3.2) Zu den Ebenen
- 2.3.3) Zwischenfazit
- 2.1) Zu Estland
- 3.) Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelor-Thesis befasst sich mit der Konsolidierung der Demokratien im Baltikum, genauer gesagt in Estland, Lettland und Litauen. Ziel ist es, die politischen Systeme dieser drei Staaten anhand eines Mehrebenenmodells demokratischer Konsolidierung zu analysieren und zu beurteilen, inwieweit die Konsolidierung auf verschiedenen Ebenen bereits erreicht ist oder noch Defizite bestehen. Die Arbeit untersucht, welche Faktoren den Konsolidierungsprozess beeinflussen und welche Herausforderungen sich für die weitere Entwicklung der baltischen Demokratien stellen.
- Analyse der demokratischen Konsolidierung in Estland, Lettland und Litauen anhand eines Mehrebenenmodells
- Beurteilung des Konsolidierungsstandes auf verschiedenen Ebenen (konstitutionell, repräsentativ, verhaltensbezogen, politisch-kulturell)
- Identifizierung von Faktoren, die den Konsolidierungsprozess beeinflussen, wie z.B. die Rolle der russischen Minderheit, die politische Kultur und die wirtschaftliche Entwicklung
- Bewertung der Herausforderungen für die weitere Entwicklung der baltischen Demokratien
- Abwägung des Gefährdungspotenzials für die Konsolidierung der Demokratien im Baltikum
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der demokratischen Konsolidierung im Baltikum ein und stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit vor. Sie erläutert die Unterscheidung zwischen Demokratisierung und Konsolidierung und stellt das Mehrebenenmodell demokratischer Konsolidierung von Wolfgang Merkel vor, das als theoretischer Rahmen für die Analyse dient.
Kapitel 1 beschreibt das Mehrebenenmodell im Detail und erläutert die vier Ebenen der Konsolidierung: die konstitutionelle, die repräsentative, die Verhaltensebene sowie die Ebene der politischen Kultur. Es werden die Kriterien für die Beurteilung des Konsolidierungsstandes auf jeder Ebene vorgestellt.
Kapitel 2 analysiert die Konsolidierungsprozesse in den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Für jeden Staat wird zunächst ein Überblick über die Geschichte und Transformation gegeben, bevor die einzelnen Konsolidierungsebenen anhand des Mehrebenenmodells untersucht werden. Die Kapitel 2.1, 2.2 und 2.3 beleuchten die spezifischen Herausforderungen und Besonderheiten der Konsolidierung in den jeweiligen Staaten.
Das Fazit fasst die zentralen Ergebnisse der Arbeit zusammen und zieht Schlussfolgerungen für die weitere Entwicklung der baltischen Demokratien. Es werden die wichtigsten Erkenntnisse aus der Analyse der Konsolidierungsprozesse in den drei Staaten zusammengefasst und die zukünftigen Herausforderungen und Chancen für die Konsolidierung der Demokratien im Baltikum diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die demokratische Konsolidierung, das Mehrebenenmodell, die baltischen Staaten (Estland, Lettland, Litauen), die politische Kultur, die russische Minderheit, die Transformation, die politische Institutionen, die Wahlbeteiligung, die politische Partizipation, die Legitimität, die Herausforderungen der Konsolidierung und die Zukunft der baltischen Demokratien.
- Quote paper
- Dominik Seele (Author), 2008, Die Konsolidierung der Demokratien am Baltikum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149687
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