Während wir auch heute zum Großteil noch immer davon ausgehen (und dies schon aus den Konsum stimulierenden Gründen), dass das Phänomen Liebe etwas „Selbstverständliches“ und also Naturgegebenes sei, soll in dieser Arbeit u.a. auf Grundlage der von Niklas Luhmann entwickelten Systemtheorie Liebe als ein kulturell codiertes Phänomen bzw. Medium behandelt werden. Denn wenngleich es allen Menschen zu allen Zeiten gemein ist, Empfindungen wie Erregung, Verstörung und Verlangen (und laut Luhmann auch plaisir) zu verspüren, so ist doch die jeweilige Interpretation dieser Gefühle eine ganz andere Sache. So ist die Erfahrung, die wir Liebe nennen, als eine in Worte gekleidete und sich durch die Jahrhunderte verändernde Erfindung zu begreifen, die dann wiederum auf die Erfahrung dieser Gefühlszustände abfärbt. In diesem Sinne wird hier das Medium Liebe nicht als ein Gefühl, sondern als ein Kommunikationscode begriffen.
Teil eins: zeigt, dass Liebe im Sinne Luhmanns als ein Kommunikationscode zu behandeln ist „nach dessen Regeln man Gefühle ausdrücken, bilden, simulieren, anderen unterstellen, leugnen und sich mit all dem auf die Konsequenzen einstellen kann, die es hat, wenn entsprechende Kommunikation realisiert wird.“
Teil zwei: hier wird ein Augenmerk auf den diesbezüglich hochgradig signifikanten Tristan-Text des Gottfried von Straßburg geworfen, gilt doch dieser berühmte, auch für unser heutiges (wenngleich zunehmend problematisch gewordenes) Liebesverständnis noch immer vorbildhafte mittelalterliche „Liebesroman“ als ein Vorläufer passionierter Liebe, der Europas Verständnis von Paarliebe über Jahrhunderte geprägt hat. (Für den Literatur- und Medienwissenschaftler Friedrich Kittler ein paradigmatischer Text dafür, „wie es möglich war auch unter christlichem Vorzeichen die Minne als Wiederkehr der griechischen Aphrodite zu erfinden.“).
Schlussfolgerungen und Ausblick: abschließend wird auf auftretende Folgeprobleme der Liebes-Semantik als Passion hingewiesen und ausblickend die Frage nach vorhandenen alternativen Liebes-Modellen gestellt - in einer sozialen Wirklichkeit, in der leidenschaftliche Liebe und auf Liebe basierende Ehe ganz offensichtlich zunehmend fragwürdig geworden sind.-- Hinzugezogen wurden acuh aktuelle Texte u.a. von Richard David Precht ("Liebe. Ein unordentliches Gefühl"), Ariadne von Schirach ("Der Tanz um die Lust")und Peter Sloterdijk ("Unruhe im Kristallpalast" - Ein Gespräch aus dem Magazin CICERO.
Inhaltsverzeichnis
- Hinführung zum Thema
- TEIL EINS: ZUR CODIERUNG VON INTIMITÄT: LIEBE ALS SOZIOKULTURELLE „ERFINDUNG“ UND ALS SYMBOLISCHER CODE
- 1.1 DAS KOMMUNIKATIONSMEDIUM LIEBE UND LIEBE ALS SYMBOLISCH GENERALISIERTES KOMMUNIKATIONSMEDIUM
- 1.2 PASSION UND LIEBE ALS PASSION (AMOUR PASSION)
- TEIL ZWEI: DIE AMOUR PASSION IN GOTTFRIEDS VON STRAßBURG TRISTAN [UND ISOLDE] ALS STÖRFALL AN KÖNIG MARKES HOF
- 2.1 DIE IDEE DER HÖFISCHEN LIEBE (AMOUR COURTOIS) ALS UTOPIE
- 2.2 GOTTFRIEDS LIEBESKONZEPT DER EDELEN HERZEN ALS GEGENPROGRAMM ZUR HÖFISCHEN LIEBE
- 2.3 DIE MINNEGROTTE ALS ALLEGORISCHER ORT VON GOTTFRIEDS UTOPISCHER LIEBE
- 2.4 GOTTFRIEDS TRISTAN ALS EHEBRUCHS-ROMAN: SIND PASSIONIERTE LIEBE UND EHE (MARITALIS AFFECTO) UNVEREINBAR?
- SCHLUSSFOLGERUNGEN UND AUSBLICK
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Liebe als ein kulturell codiertes Phänomen, basierend auf der Systemtheorie von Niklas Luhmann. Sie analysiert die Semantik von Liebe, insbesondere die Codierung von Intimität als passionierte Liebe, und untersucht die amour passion in Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde als Vorläufer und Störfall an König Markes Hof.
- Liebe als Kommunikationscode und symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium
- Die Semantik von Liebe in der Systemtheorie von Niklas Luhmann
- Die amour passion in Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde als Vorläufer passionierter Liebe
- Die Idee der höfischen Liebe (amour courtois) als Utopie
- Die Frage der Vereinbarkeit von passionierter Liebe und Ehe
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Kontext der Analyse und die Bedeutung von Liebe als kulturell codiertes Phänomen erläutert. Der erste Teil befasst sich mit Luhmanns Systemtheorie und der Codierung von Intimität als passionierte Liebe. Der zweite Teil analysiert die amour passion in Gottfrieds von Straßburg Tristan und Isolde als Störfall an König Markes Hof. Die Arbeit endet mit Schlussfolgerungen und einem Ausblick auf die Frage nach alternativen Liebesmodellen in der heutigen Gesellschaft.
Schlüsselwörter
Liebe, Intimität, Passion, amour passion, Systemtheorie, Niklas Luhmann, Gottfried von Straßburg, Tristan und Isolde, höfische Liebe, amour courtois, Ehe, Ehebruch, Kommunikationscode, symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium.
- Quote paper
- Christian Finger (Author), 2009, Liebe als Passion:, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149470
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