Während meiner Recherche für das Referat über den bekanntesten, aber auch
umstrittensten deutschen Staats- und Völkerrechtler des 20. Jahrhunderts Carl
Schmitt, stieß ich immer wieder auf Artikel, in denen die Frage behandelt wurde, ob
und wenn ja in wie weit Carl Schmitts Theorien der RAF zum Vorbild oder gar zur
Legitimation für den bewaffneten Kampf gedient haben könnten. Zunächst hat mich
diese Annahme verwundert, da mir Carl Schmitt bisher nur durch seinen
ideologischen Beitrag zur Nazi-Diktatur und seiner antisemitischen Äußerungen
während der Nürnberger Prozesse bekannt war. Aus diesem Grund schien es mir
abwegig, ihn mit der RAF, die aus der 68er Revolte, welche sich besonders kritisch
mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzte, hervorgegangen war, in
Verbindung zu bringen oder gar in einen Topf zu werfen. Das Thema weckte mein
Interesse also habe ich mich entschlossen, es für die Ausarbeitung des Referats
genauer zu untersuchen. Dabei habe ich jedoch schnell gemerkt, dass dieses Thema
eine gewisse Brisanz in sich trägt und dass, bei der Gegenüberstellung zweier
solcher extremer Staatsansichten, wie sie Carl Schmitt und die RAF vertraten, im
Hinblick auf das politische und moralische Selbstverständnis Deutschlands und des
Rechtsstaates an sich stets eine gewisse kritische Vorsicht zu waren ist. Von daher
möchte ich zunächst einmal darstellen, aus welcher Intention heraus sich sowohl
Carl Schmitt als auch die RAF gegen den Rechtsstaat und die liberale Demokratie
verschworen haben und mit welchen Mitteln sie hofften, diesen zu überwinden.
Anhand dessen werden schnell einige Gemeinsamkeiten im Denken beider deutlich.
Ob diese jedoch ausreichen, um Rückschlüsse über eine Einflussnahme zu belegen,
möchte ich aufzeigen, indem ich Carl Schmitts Theorie des Partisanen mit dem
Konzept der Stadtguerilla, welches die RAF 1971 veröffentlicht hat, vergleiche.
Außerdem schien es mir ebenfalls notwendig, kurz auf die teils doch sehr
fragwürdige Darstellung von Wolfgang Kraushaar einzugehen, der sich in seinem
Buch „Die RAF und der linke Terrorismus“ mit diesem Thema befasst hat. Denn
besonders in der Kritik an seinem Werk bzw. an den darin von ihm gezogenen
ideologisch problematischen Schlussfolgerungen lässt sich darstellen, wie
polarisierend und noch immer nicht vollständig aufgearbeitet der Verlauf der
deutschen Geschichte zur Zeit der 68er Revolte bis heute noch ist.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einfuhrung
1.1 Carl Schmitt und die RAF
1.2 Carl Schmitt in den 68ern
1.3 Staatsansichten
2. Schmitts Theorien
2.1 Theorie des Partisanen - Entstehung und Hintergrund
2.2 Der Partisan
2.3 Was ist Dezisionismus?
3. Wolfgang Kraushaar - von der antiautoritaren Bewegung zum bewaffneten Kampf
3.1 Vom Dezisionismus zum Linksfaschismus
3.2 Dutschke: Stadtguerilla nach Che Guevara zur Restitution des deutschen Klassenbewusstseins
4. Die Rote Armee Fraktion (RAF)
4.1 Das Konzept der Stadtguerilla
4.2 Fazit
5. Literaturverzeichnis
1. Einfuhrung
1.1 Carl Schmitt und die RAF
Wahrend meiner Recherche fur das Referat uber den bekanntesten, aber auch umstrittensten deutschen Staats- und Volkerrechtler des 20. Jahrhunderts Carl Schmitt, stieß ich immer wieder auf Artikel, in denen die Frage behandelt wurde, ob und wenn ja in wie weit Carl Schmitts Theorien der RAF zum Vorbild oder gar zur Legitimation fur den bewaffneten Kampf gedient haben konnten. Zunachst hat mich diese Annahme verwundert, da mir Carl Schmitt bisher nur durch seinen ideologischen Beitrag zur Nazi-Diktatur und seiner antisemitischen Außerungen wahrend der Nurnberger Prozesse bekannt war. Aus diesem Grund schien es mir abwegig, ihn mit der RAF, die aus der 68er Revolte, welche sich besonders kritisch mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzte, hervorgegangen war, in Verbindung zu bringen oder gar in einen Topf zu werfen. Das Thema weckte mein Interesse also habe ich mich entschlossen, es fur die Ausarbeitung des Referats genauer zu untersuchen. Dabei habe ich jedoch schnell gemerkt, dass dieses Thema eine gewisse Brisanz in sich tragt und dass, bei der Gegenuberstellung zweier solcher extremer Staatsansichten, wie sie Carl Schmitt und die RAF vertraten, im Hinblick auf das politische und moralische Selbstverstandnis Deutschlands und des Rechtsstaates an sich stets eine gewisse kritische Vorsicht zu waren ist. Von daher mochte ich zunachst einmal darstellen, aus welcher Intention heraus sich sowohl Carl Schmitt als auch die RAF gegen den Rechtsstaat und die liberale Demokratie verschworen haben und mit welchen Mitteln sie hofften, diesen zu uberwinden. Anhand dessen werden schnell einige Gemeinsamkeiten im Denken beider deutlich. Ob diese jedoch ausreichen, um Ruckschlusse uber eine Einflussnahme zu belegen, mochte ich aufzeigen, indem ich Carl Schmitts Theorie des Partisanen mit dem Konzept der Stadtguerilla, welches die RAF 1971 veroffentlicht hat, vergleiche.
Außerdem schien es mir ebenfalls notwendig, kurz auf die teils doch sehr fragwurdige Darstellung von Wolfgang Kraushaar einzugehen, der sich in seinem Buch „Die RAF und der linke Terrorismus“ mit diesem Thema befasst hat. Denn besonders in der Kritik an seinem Werk bzw. an den darin von ihm gezogenen ideologisch problematischen Schlussfolgerungen lasst sich darstellen, wie polarisierend und noch immer nicht vollstandig aufgearbeitet der Verlauf der deutschen Geschichte zur Zeit der 68er Revolte bis heute noch ist.
1.2 Carl Schmitt in den 68ern
Obwohl Carl Schmitt erst 1985 im Alter von 97 Jahren gestorben ist, macht es den Anschein, dass er abgeschieden in sozialer und akademischer Isolation lebend, bereits in den 68ern in Vergessenheit geriet - oder zumindest sollte man annehmen, dass seine Theorien vor dem Hintergrund, der moralisch doch sehr verwerflichen Tatsache, dass er sich bis zuletzt nicht von seinem Wirken in der Zeit des Nationalsozialismus distanzierte, wohl kaum Gehor gefunden hatten.
Insbesondere nicht bei der Generation der Jugendlichen, die nun endlich mit dem Verhalten ihrer Elterngeneration wahrend und nach dem Nationalsozialismus abrechnen wollten.
Wenngleich Carl Schmitts Lehre zwar von den Nationalsozialisten fur ihre Zwecke in Anspruch genommen wurde, so finden sich doch unter seinen Schulern auch solche, die „bei den Linken Autoritat genießenv1 Fur Schmitt schien dies selbstverstandlich gewesen zu sein, denn links und rechts waren fur ihn bloß “Begriffe der politischen Vulgarsprache“.
Dies gab schon fruh den Anstoß fur die Diskussion uber einen moglichen Einfluss Schmitts auf die 68er Bewegung. Es lassen sich zwar vereinzelt Parallelen wie z.B. in der Parlamentarismuskritik feststellen, jedoch scheint es nie einen direkten Kontakt zwischen ihm und den Vertretern der 68er gegeben zu haben. Jedoch scheint Carl Schmitt der Studentenrevolte gegenuber durchaus aufgeschlossen gewesen zu sein. Er beobachtete die Unruhen mit Zuversicht weil er sah, dass die radikale Linke drauf und dran war "einen Umschwung” herbeizufuhren. Und hoffte insgeheim der Terror der RAF konne bei den Regierenden in Bonn Interesse am Ausnahmezustand erwecken, welcher nach seiner politischen Idee endlich die Unzulanglichkeit des liberalen Rechtsstaates ans Tageslicht bringen wurde.
Da auch seine Auffassung zu Antiliberalismus, Etatismus, Antiimperialismus und Antiamerikanismus auf besonderes Interesse bei den Linken stieß, wird dies haufig als das starkste Argument fur die These gesehen, dass die Ursprunge des Staats- und Gesellschaftsverstandnisses der Studentenbewegung bei Carl Schmitt gesucht werden mussten.2
1.3 Staatsansichten
Fur Carl Schmitt war die liberale Demokratie nicht mehr als ein“ Waschlappenstaat“, der sich im Ernstfall als unfahig erweisen wurde, die Burger zu schutzen. Sehnsuchtig hofften er und seine Schuler auf den Ausnahmezustand, welcher die Unzulanglichkeit des Verfassungsrechts offenbaren sollte. Ganz im Sinne der Tradition des Deutschlands bis zur Weimarer Republik war der Staat in ihren Augen der Souveran, der dem Volk eine Verfassung bescherte, aber im Ernstfall von der Verfassung abweichen durfte. Der Staat machte Politik, und Politik konnte nur machen, so Schmitt, wer entschied, wer Freund ist und wer Feind.
Auch die RAF hat sich bemuht politisch zu werden, indem sie permanent den Feind bestimmt hat.3 Auch fur sie war der liberale Staat der Feind. Ein Bullenstaat, dem sie faschistoides Gedankengut unterstellte, dessen Kapitalismus sie verurteilte und seine liberale Demokratie in Frage stellte. Sie sahen sich selbst als eine Gruppe kommunistischer, antiimperialistischer Freiheitskampfer. In die Geschichtsbucher jedoch werden sie als linksextreme terroristische Vereinigung eingehen. Tatsachlich aber haben sie, ganz nach Carl Schmitts Vorstellung, durch ihr Handeln diejunge, liberale Demokratie auf eine harte Bewahrungsprobe gestellt. Die Tatsache, dass als Reaktion auf die RAF- Verbrechen im Rahmen der Anti-Terror-Gesetze in die Personlichkeitsrechte aller Bundesburger eingegriffen wurde, erfullt zumindest die Kriterien eines „schmittschen“ Staates, welcher als Souveran im Ausnahmezustand von der Verfassung abweichen darf, ja vielleicht sogar muss, um die Unzulanglichkeit des Verfassungsstaats zu beheben. Jedoch wurde dieses Vorgehen von der Mehrheit der Bevolkerung als mit den rechtsstaatlichen Prinzipien vereinbar empfunden. Schuld daran ist die RAF selbst, sie hat den falschen Weg gewahlt um ihre politischen Ideale zu verwirklichen. Empfand ein großer Teil der Bevolkerung zunachst noch Sympathie fur die Gruppe um Andreas Baader und Ulrike Meinhof, so uberwiegt bis heute das Entsetzen uber deren kaltblutiges Vorgehen. „Die RAF wollte auf den Staat schießen, am Ende aber lagen Menschen in den Grabern“.3 Warum es soweit gekommen ist, beschaftigt die Deutschen noch heute. In zahllosen Biografien, Sachbuchern, Zeitungsartikeln und Filmen wird dieses mentalitatsgeschichtlich hoch brisante Thema noch einmal bis ins kleinste Detail durchexerziert. Und so lebt die RAF, lange nach ihrer offiziellen Auflosung noch immer als Schrecken des „Deutschen Herbstes“ und Mythos der 68er weiter. So wie es auch Carl Schmitt fur sich prophezeite „...Ich sterbe nicht, denn mein Feind lebt noch“. Der Krohnjurist der NS-Diktatur und eine linksradikale Terrororganisation: Bedurften diese jungen Menschen bei all der Konsequenzlosigkeit in ihrem Handeln und der schonungslosen Anwendung von Waffengewalt, die sie an den Tag gelegt haben, dazu tatsachlich der Theorietischen Legitimation eines ideologischen Begleiters des Nationalsozialismus?
[...]
1Jens Litten, Interview mit Carl Schmitt im Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt, 1970
2Leonard Landois, Konterrevolution von links: Das Staats- und Gesellschaftsverstandnis der '68er' und dessen Quellen bei Carl Schmitt, Nomos 2008
3Joachim Bruhn „Charaktermasken abschminken“ in Jungle World vom 14. Marz 2007
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.