„Selbstverwirklichung verlangt oft einen hohen Eintrittspreis: Rücksichtslosigkeit.“(Ernst Festl 1955)
In dieser Arbeit geht es um die Fragestellung: „Wissen wir, was wir tun?“, über die Möglichkeiten und Gefahren der neuen Selbstdarstellungsformate im Web 2.0.
Zu Beginn der Arbeit wird auf den Begriff der Selbsterkenntnis und der Selbstthematisierung im Allgemeinen eingegangen, mit einer kurzen historischen Betrachtung. Die verwendeten Begriffe Selbstthematisierung sowie Selbstdarstellung werden in dieser Arbeit weitestgehend als Synonyme verwendet und sind daher definitorisch nicht abgegrenzt.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Selbstthematisierung im Web 2.0. Zunächst werden die negativen Aspekte und Auswirkungen von Selbstdarstellung im Internet aufgezeigt, die dabei eng im Zusammenhang mit Mobbing betrachtet werden. Anschließend wird das Phänomen Cyber-Mobbing, ein besonderes Phänomen im Kampf um Aufmerksamkeit, näher beschrieben.
Aber auch die positiven Aspekte und Möglichkeiten der Selbstthematisierung im Internet werden berücksichtigt . Dabei stellen Formate wie beispielsweise „Xing“ oder das „studiVZ“ einen wichtigen Teil der Betrachtung dar. Im Verlauf der Arbeit soll aufgezeigt werden, dass die Ursachen der negativen Auswirkungen von Selbstdarstellung und Selbstthematisierung im Internet zum Teil in der großen Unwissenheit über die Präsenz von Nutzerdateninformationen der User im Internet, begründet liegt. Aber auch auf Seiten der Betreiber von diversen Selbstthematisierungsformaten sind noch Unsicherheiten bezüglich der Richtlinien und Verhaltensregeln „ihrer“ Netzwerke zu finden. Diese Unsicherheiten gilt es in Zukunft mit einheitlichen Bestimmungen – zum Beispiel einer so genannten „Agenda zur Partnerschaftlichkeit im Netz“ (vgl. Felser 2006:15)- zu mindern, sodass die Möglichkeiten und Chancen dieser Portale dementsprechend genutzt werden können. Diese Arbeit liefert dabei lediglich einen Ansatz, der die möglichen Risiken und Chancen der Selbstthematisierungsformate kritisch betrachtet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung- Denn Sie wissen nicht was sie tun? Selbstdarstellung im Web 2.0
2.1 Selbstthematisierung
2.1.1 Was bedeutet Selbstthematisierung?
2.1.2 Historische Hinfuhrung
2.1.3 Selbstthematisierung in der visuellen Kultur
3.1 Das Ende der Naivitat : Web 2.0 am Scheideweg von Machtmissbrauch und Partnerschaftlichkeit
3.1.1 Was bedeutet Mobbing?
3.1.2 Ein Form von Mobbing im Internet - Cyber-Mobbing
3.2 Moglichkeiten der Selbstthematisierung im Internet
4. Fazit - Das Potential von Selbstthematisierungsformaten richtig nutzen
5. Abbildunsgsverzeichnis:
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung- Denn Sie wissen nicht was sie tun? Selbstdarstellung im Web 2.01
„Selbstverwirklichung verlangt oft einen hohen Eintrittspreis: Rucksichtslosigkeit. “(Ernst Festl 1955)
In dieser Arbeit geht es um die Fragestellung: „Wissen wir, was wir tun?“, uber die Moglichkeiten und Gefahren der neuen Selbstdarstellungsformate im Web 2.0.
Zu Beginn der Arbeit wird auf den Begriff der Selbsterkenntnis und der Selbstthematisierung im Allgemeinen eingegangen, mit einer kurzen historischen Betrachtung. Die verwendeten Begriffe Selbstthematisierung sowie Selbstdarstellung werden in dieser Arbeit weitestgehend als Synonyme verwendet und sind daher definitorisch nicht abgegrenzt.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Selbstthematisierung im Web 2.0 . Zunachst werden die negativen Aspekte und Auswirkungen von Selbstdarstellung im Internet aufgezeigt, die dabei eng im Zusammenhang mit Mobbing betrachtet werden. AnschlieBend wird das Phanomen Cyber-Mobbing, ein besonderes Phanomen im Kampf um Aufmerksamkeit, naher beschrieben.
Aber auch die positiven Aspekte und Moglichkeiten der Selbstthematisierung im Internet werden berucksichtigt . Dabei stellen Formate wie beispielsweise „Xing“[1] oder das[2] „studiVZ“ einen wichtigen Teil der Betrachtung dar. Im Verlauf der Arbeit soll aufgezeigt werden, dass die Ursachen der negativen Auswirkungen von Selbstdarstellung und Selbstthematisierung im Internet zum Teil in der groBen Unwissenheit uber die Prasenz von Nutzerdateninformationen der User im Internet, begrundet liegt.[3] Aber auch auf Seiten der Betreiber von diversen Selbstthematisierungsformaten sind noch Unsicherheiten bezuglich der Richtlinien und Verhaltensregeln „ihrer“ Netzwerke zu finden. Diese Unsicherheiten gilt es in Zukunft mit einheitlichen Bestimmungen - zum Beispiel einer so genannten „Agenda zur Partnerschaftlichkeit im Netz“ [4] (vgl. Felser 2006:15)- zu mindern, sodass die Moglichkeiten und Chancen dieser Portale dementsprechend genutzt werden konnen. Diese Arbeit liefert dabei lediglich einen Ansatz, der die moglichen Risiken und Chancen der Selbstthematisierungsformate kritisch betrachtet.
2.1 Selbstthematisierung
In den letzten Jahrzehnten haben sich neue Muster der Selbstthematisierung entfalten konnen und andere Medien haben sich zudem weiterentwickelt. Eine Schlussfolgerung daraus ist, dass die Selbstthematisierung und Selbstdarstellung zugenommen zu haben scheinen und damit auch die biographische Reflexivitat, die Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst. (vgl. Burkhart 2006:7ff)
Besonders die heutige Kultur stellt Techniken der Selbstthematisierung zur Verfugung. Hierzu gehort inzwischen aber auch die entsprechende Kompetenz, sich selbst in bestimmter Weise perfekt thematisieren zu konnen, da in der Alltagskultur immer und uberall Gesprache stattfinden, in denen das eigene Selbst zum Thema werden kann.
Dabei hebt Burkhart[5] insbesondere den Aspekt der Steigerung von Selbstthematisierung hervor, vor allem jedoch ihre Veralltaglichung. Die vielfaltigen psychotherapeutischen Diskurse[6] der Selbstverwirklichung und Selbstfindung sind, so die These, inzwischen tief in den Alltag und den neuen digitalen Medien integriert (vgl. Schroer 2006:41).
In dem folgenden Punkt soll naher darauf eingegangen werden, was Selbstthematisierung bedeutet.
2.1.1 Was bedeutet Selbstthematisierung?
Bei Selbstthematisierung geht es darum, sich selbst zum Objekt der Erkenntnis zu machen. Dabei gilt es, sich zu fragen, wer und wie man eigentlich ist. Diese selbstgerichtete Frage kann sowohl situations- als auch personenbezogen sein. Selbstthematisierung dient dazu, sich gegenuber anderen als Individuum darzustellen. Es geht um die Interpretation und das Sichtbarmachen des eigenen Selbst. (vgl. Schroer 2006:42-43).
Analytisch kann man drei Ebenen der Selbstthematisierung nach Foucault (Schroer 2006:44) unterscheiden: 1. die individualistische Einstellung, die die Einmaligkeit Einzigartigkeit des Individuums sowie seine Unabhangigkeit von Gruppen und Institutionen betont, 2. die Hochschatzung des Privatlebens und 3. die Intensitat der Selbsterziehung.
Grundformen der Mitteilung sind das Gestandnis, das Bekenntnis und die Enthullung. Allmahlich sind daraus aber komplexere Formen entstanden, auf die im Nachfolgenden naher eingegangen wird.
2.1.2 Historische Hinfuhrung
Das Thema der Selbstthematisierung ist keines, das erst in unserer postmodernen Gesellschaft in den Mittelpunkt geruckt ist. Es blickt auf eine lange Geschichte zuruck. Bereits die Philosophen Augustus, Montaigne und Rousseau haben sich mit dem Thema auseinander gesetzt. Wichtige Impulse erlebt das Thema in der heutigen Diskussion unter anderem durch Michel Foucault. (vgl. Schroer 2006:41)
In der Vergangenheit waren es zunachst in erster Linie religiose Zusammenhange, die eine Selbsterforschung und -befragung veranlassten. Heutzutage fasst man unter den Begriff auch therapeutische Diskurse, private Gesprache und die mediale Selbstprasentation. Auf letztere wird im Verlauf der Arbeit noch genauer eingegangen.[7]
Schroer vertritt die Annahme, dass das Thema Selbstthematisierung in unserer heutigen Gesellschaft als durchgangiger, gesellschaftlicher Trend begriffen werden kann und dass keiner ohne Selbstreflexion bzw. ohne die Auseinandersetzung mit dem eigenen Selbst auskommt (vgl. Schroer 2006:42ff). Schroer spricht an dieser Stelle von einer Demokratisierung und Veralltaglichung der Selbstthematisierung in den unterschiedlichsten Milieus und auf unterschiedlichste Art und Weise. In diesem Zusammenhang bedeutet das, dass Tabus inzwischen gebrochen sind und uber private und intime, das Selbst betreffende, Angelegenheiten gesprochen werden darf. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass man auf seiner Profilseite (wie z. B bei „Xing“ oder im „studiVZ“) auf die personlichen Vorlieben und Einstellung aufmerksam macht.
Des Weiteren halt Schroer fest, dass sich uber die Jahrhunderte hinweg die Form und die Funktion der Selbstthematisierung gewandelt hat und die Anzahl derer, die sich selbst thematisieren, gewachsen ist (vgl. Schroer 2006:62ff).
Dies schlieBt eine Erweiterung der Formen von Selbstthematisierung mit ein. Man unterscheidet zwischen den institutionalisierten und den nicht institutionalisierten Formen. Institutionalisierte Formen sind im Besonderen die klassischen Medien der Selbstbefragung wie z.B. das Tagebuch, ein Brief oder die Memoiren, aber auch Talk Shows, die Psychoanalyse oder biografische Interviews. Zu den heutigen neuen, medialen Formen der Selbstdarstellung gehoren beispielsweise Homepages und Webblogs, auf die in dieser Ausarbeitung ein besonderes Augenmerk gelegt wird. Fur die nicht institutionalisierten Formen, wie zum Beispiel das private Gesprach waren fruher einschneidende Veranderungen in groBeren Zeitabstanden (Bsp. Umzuge, Krankheit, Heirat, Elternschaft) Ausloser fur
Selbstthematisierung. Heute dagegen befassen wir uns schon bei geringeren Anlassen in geringeren Zeitraumen mit uns selbst. Schroers These in diesem Zusammenhang ist, dass es nicht nur zu einer gesteigerten Selbstthematisierung kommt, sondern auch zu einer verstarkten Suche nach Aufmerksamkeit fur die Belange des eigenen Selbst. Somit kann man sagen, dass sich die Funktion der Selbstthematisierung geandert hat. Diente die Selbstthematisierung fruher einem ubergeordnetem Ziel, so scheint sie heute mehr und mehr dem alleinigen Zweck zu dienen, die Aufmerksamkeit der anderen auf das eigene Selbst zu lenken, um zugleich eine Bestatigung fur das eigene Selbst zu erlangen.
Gewandelt hat sich auch die Einstellung - von dem nicht mehr nur „Gehort-werden- wollen“ zu dem konkreten Wunsch des „Gesehen-werden-wollen“. Mitchell[8] spricht in diesem Zusammenhang von einem gegenwartigen „Pictorial turn“ (vgl. Schroer 2006:43), einem Ubergang von einer Schrift- zu einer Bildkultur. Das bedeutet, die Selbstthematisierung erfolgt nicht mehr nur verbal, sondern auch visuell. Durch die Medien, die Verbreitung von Digitalkameras und der Moglichkeit der einfachen Verbreitung der medialen Produkte (Fotos), erfolgt Selbstthematisierung heute vielmehr offentlich und expressiv vor einem groBen Publikum (Bsp. Fotos von Familie, Diaabende, Inneneinrichtung, Verbreitung uber Handy oder via Email, Internetveroffentlichungen etc.). Weitere Beispiele anhand von Talk Shows, privaten Homepages und Fotos folgen spater. Die Aufgabe des Individuums ist es nun, den vielfaltigen Rollenanforderungen gerecht zu werden. Luhmann betont, dass es die Aufgabe eines jeden ist, aus verschiedenen Teil-Selbsten ein Gesamt-Selbst werden zu lassen.
Luhmann: „Das Individuum wird durch die Teilbarkeit definiert. Es benotigt ein musikalisches Selbst fur die Oper, ein strebsames Selbst fur den Beruf, ein geduldiges Selbst fur die Familie. Was ihm fur sich selbst bleibt, ist das Problem seiner Identitat.“ (Luhmann 1989:223)
Anhand der folgenden Beispiele soll aufgezeigt werden, wie das Individuum im Hinblick auf die Moglichkeiten der Selbstthematisierung damit umgeht, welche Institutionen typisch fur die Postmoderne sein konnen und welche sich verandert haben (z.B. Tagebuch, die Autobiografie und der Roman sind typische Medien fur die Moderne - verandert in der Postmoderne: Erzahlstrukturen im Roman oder die Transformation des Tagebuchs in den im Internet offentlich gefuhrten Webblog). Es haben sich jedoch nicht nur Veranderungen innerhalb des Mediums ergeben - es sind auch neue Institutionen der Selbstthematisierung entstanden, die zeigen, dass die Individuen der Postmoderne vor allem bewegt, wie sie das Interesse anderer auf sich ziehen konnen. Das zeigt sich besonders in den digitalen und visuellen Formaten der Selbstthematisierung, welche im Folgenden dargestellt werden.
2.1.3 Selbstthematisierung in der visuellen Kultur
Die Selbstthematisierung in der visuellen bzw. digitalen Kultur beinhaltet, das Selbst zum offentlichen Gegenstand machen - d. h. auf sich aufmerksam zu machen, sich zu zeigen, wie zum Beispiel auf privaten Homepages oder privaten Blogs. Es geht dabei um das Gefuhl, existent zu sein. Die Betonung liegt hierbei auf dem expressiven Aspekt der Selbstthematisierung (vgl. Schroer 2006:57). Dabei konnen folgende Institutionen als typisch fur gegenwartige Selbstthematisierung gelten: Der private Webblog, private Filme und Fotos, die auf Internetportalen wie „MySpace“ und „studiVZ“ hochgeladen werden.
Im Zuge dieser neuen Moglichkeiten, sich selbst zu thematisieren, zeichnet sich eine Intensivierung der Selbstdarstellung im Allgemeinen ab und kann somit, wie bereits erwahnt, als gesamtgesellschaftlicher Trend verstanden werden. Jeder, der einen Zugang zu den relevanten Medien hat, kann sich heute selbst darstellen. Selbstthematisierung ist nicht mehr nur fur eine Schicht zuganglich, wie das fruher der Fall war. (vgl. Hohn 2007:8).
Heute bietet Web 2.0 neue Formen und Formate, die dem Nutzer Moglichkeiten der inhaltlichen Beschaftigung mit sich selbst und naturlich auch der Kommunikation mit anderen ermoglichen. Der Begriff Web 2.0 hat viele Facetten. Inhaltlich gesehen konzentriert sich Web 2.0 im Wesentlichen auf so genannte User Generated Content, also auf Inhalte, die von Usern fur User erstellt werden. Solche Angebote haben in den letzten Jahren einen enormen Zulauf erhalten.
Die weltweit groBte Online-Community ist „MySpace“. Diese Community bietet ein gigantisches Forum der Selbstdarstellung und Kontaktpflege - mittlerweile sollen ca. 100 Million Menschen Mitglied sein (vgl. Waldenmaier 2008:162-163).
[...]
[1] 2004 pragt der Grunder des O’Reily- Verlags den Begriff „Web 2.0“
[2] siehe Punkt 2.1.3 Selbstthematisierung in der visuellen Kultur
[3] 3.2 Moglichkeiten der Selbstthematisierung im Internet
[4] siehe Abbildung 9
[5] auf dessen Grundlagentext die Ausarbeitung zu einem groBen Anteil basiert
[6] Diskurse bezeichnen das, woruber in einer Gesellschaft gesprochen wird, was als Problematik und als Thema verhandelt wird und was zur kollektiven Wissensproduktion beitragt. (vgl. Seifert 2003 :39-56)
[7] siehe Punkt 2.1.3 Selbstthematisierung in der visuellen Kultur
[8] W. J. T. Mitchell pragte 1992 den Begriff des „Pictorial turn“ in einem an Erwin Panofskys Ikonologie angelehnten Versuch, das Denken in und uber Bilder zu rehabilitieren.
- Arbeit zitieren
- Magister Saskia Rennebach (Autor:in), 2008, Selbstdarstellung im Web 2.0 - Mediensoziologische Betrachtungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149244
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