Das Schreiben von Kontaktanzeigen kann Schüler zur Auseinandersetzung mit der Wirkung von Sprache und zu eigener Textproduktion motivieren.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitende Bemerkungen
2 Fach- und Förderziele der Unterrichtsstunde
3 Aufbau und weitere Förderziele der Unterrichtsreihe
4 Legitimation der Themenwahl und der Wahl des Förderschwerpunkts
4.1 Richtlinienbezug und mögliche Bedeutung des Themas für die Schüler
4.2 Analyse des Förderbereichs
5 Lernvoraussetzungen der Schüler und pädagogisch-didaktische Konsequenzen
6 Verlaufsplanung
7 Literatur
Anhang: Arbeitsblätter
1 Einleitende Bemerkungen
In der Klasse 9 der Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen ist es zuweilen eine Herausforderung, im Deutschunterricht Anlässe und Themen zu finden, die auf das Interesse der Schüler stoßen und die sie darüber hinaus zur Textproduktion motivieren können. Viele Schüler empfinden die Arbeit an Texten besonders dann als motivierend, wenn sie einen Bezug zu ihrer Lebenswelt erkennen. Das Thema „’Wo die Liebe hinfällt’ – Wir schreiben eine Kontaktanzeige …“ entspricht der Lebenssituation Jugendlicher und stößt auf ihr Interesse. Im Sinne der formulierten Fach- und Förderziele hat die Bearbeitung des Themas motivierend gewirkt.
Die Gliederung des Unterrichtsentwurfs orientiert sich an gängigen Schemata. An die Aufstellung der Fach- und Förderziele der Unterrichtsreihe, insbesondere der exemplarisch skizzierten Unterrichtsstunde und an einen Überblick über den Aufbau der Unterrichtsreihe schließen sich in Kap. 4 Überlegungen zur Legitimation der Themenwahl und der Wahl des Förderschwerpunktes an. Die Legitimation erfolgt formal durch den Bezug auf die Vorgaben der Richtlinien und inhaltlich aufgrund einer Analyse des sonderpädagogischen Förderbereichs. In Kap. 5 werden aus den Lernvoraussetzungen der Schüler pädagogisch-didaktische Konsequenzen gezogen. Hier hat sich eine exemplarische Beschreibung der Lernvoraussetzungen einzelner Schüler als sinnvoll erwiesen, deren Lernvoraussetzungen als weitgehend repräsentativ für die Gesamtgruppe gelten können. Der geplante Verlauf einer Unterrichtsstunde wird in Kap. 6 exemplarisch dargestellt. Die Materialien, auf die dort verwiesen wird, sind im Anhang zu finden.
2 Fach- und Förderziele der Unterrichtsstunde
Richtziel:
Die Schüler sollen im Hinblick auf ihren schriftlichen und mündlichen Sprachgebrauch „ein selbständiges und situationsangemessenes Sprachverhalten“ (Kultusministerium des Landes NRW 1977, 6) entwickeln. Sie sollen lernen, sich schriftlich angemessen auszudrücken.
Ziel der Reihe:
Die Schüler entwickeln eine dem Themenfeld „Liebe“ angemessene Sprache, indem sie verschiedene Zugänge kreativen Schreibens erproben, lernen, eigene „Wahrnehmungen zu beschreiben“ (Kultusministerium des Landes NRW, 6) und sich bei der Textproduktion an Wertkriterien zu orientieren.
Ziele der Stunde:
Beim Verfassen einer Kontaktanzeige können die Schüler lernen, kriterienorientiert, d. h. vor allem intentional und adressatenbezogen vorzugehen.
Lern- und Entwicklungsbereich: Sprache und Kommunikation
Förderbereich: Ausdrucksfähigkeit
Langfristiges Förderziel:
Die Schüler verfügen über eine Ausdrucksfähigkeit, die sie zu einem selbständigen und situationsangemessenen Sprachverhalten in verschiedenen Bereichen ihrer Lebenswelt befähigt.
Mittelfristiges Förderziel:
Die Schüler entwickeln durch das Verfassen von Texten zum Thema „Liebe“ einen situationsangemesseneren, reflektierteren und an Wertkriterien orientierten schriftlichen Ausdruck.
Kurzfristiges Förderziele:
Die Schüler verbessern ihre Ausdrucksfähigkeit, insbesondere den schriftlichen Sprachausdruck, indem sie lernen, sich beim Verfassen einer Kontaktanzeige an Wertkriterien zu orientieren (insbesondere den Aspekten des Adressatenbezugs und der Intentionalität).
3 Aufbau und weitere Förderziele der Unterrichtsreihe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
4 Legitimation der Themenwahl und der Wahl des Förderschwerpunkts
4.1 Richtlinienbezug und mögliche Bedeutung des Themas für die Schüler
In den Richtlinien zum Deutschunterricht an der Förderschule, Förderschwerpunkt Lernen, (vgl. Kultusministerium des Landes NRW 1977) und den Empfehlungen des Sekretariats der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland zum Förderschwerpunkt Lernen (vgl. Ständige Konferenz ... 1999) werden u. a. die folgenden Forderungen erhoben, an denen sich die Konzeption der vorliegenden Unterrichtsreihe orientiert:
- Sonderpädagogische Förderung von Kindern mit Lernbeeinträchtigungen soll die Schüler „darauf vorbereiten, erfolgreich und weitgehend selbstständig ihr Leben in Familie und Freizeit [...] zu bewältigen“ (Ständige Konferenz ... 1999, 1).
- Im Deutschunterricht an der Förderschule, Förderschwerpunkt Lernen, sollen die Schüler ein „selbstständiges und situationsangemessenes Sprachverhalten“ (Kultusministerium des Landes NRW 1977, 6) entwickeln. Dazu sollen sie u. a. lernen, sich schriftlich angemessen auszudrücken sowie „Wahrnehmungen zu beschreiben und Gedanken zu speichern“ (ebd.).
- Schüler der Jahrgangsstufe 9 sollen im Deutschunterricht eine „zunehmende Selbständigkeit bei [...] lebenspraktisch wichtigen schriftlichen Darstellungen“ (a.a.O., 138) entwickeln. Sie sollen ferner ihre Texte - bsw. „Briefe und andere Mitteilungen [...]; Zeitungsanzeigen; Antwortschreiben [...]“ (ebd.) - nach Wertkriterien beurteilen können (vgl. a.a.O., 132). Schriftliche Arbeiten sollen einen lebensnahen Bezug haben (vgl. a.a.O., 138).
- Die Schüler sollen eine „positive Einstellung gegenüber [...] schriftlichen Verrichtungen gewinnen“ (a.a.O., 132).
Das Thema „Liebe“ hat für die Schüler sowohl eine hohe Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung als auch eine exemplarische Bedeutung (vgl. Klafki 1996, 272). Die Schüler setzen sich u. a. entwicklungsbedingt mehr oder weniger intensiv mit diesem Themenfeld auseinander – im Alltag allerdings häufig in unangemessener sprachlicher Form. Die verbale Auseinandersetzung mit Aspekten des Themenfelds „Liebe“ erfüllt häufig die Funktion, sich Anerkennung in der Peer-Group zu verschaffen, geschieht jedoch selten in der Absicht und mit dem Ziel, eigene Gefühle authentisch und kongruent zu kommunizieren. Die Orientierung an Wertkriterien für Kontaktanzeigen und damit an den Förderzielen „Adressatenbezug“ und „Intentionalität“ während des Schreibprozesses fordert von den Schülern dagegen eine bewusste Erweiterung ihrer Perspektive und ermöglicht ihnen dadurch mittelbar die Differenzierung ihrer Ausdrucksfähigkeit. In dieser Unterrichtsreihe können die Schüler sich alternative Formen gedanklicher, emotionaler und sprachlicher Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex „Liebe“ bewusst machen und erarbeiten (Gegenwartsbedeutung). Methoden kreativen Schreibens fördern die sprachliche Auseinandersetzung der Schüler mit dem Thema der Unterrichtsreihe (vgl. Böttcher 2000, 20, Mosler & Herholz 1992). Die Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen und der sprachliche Umgang mit eigenen und fremden emotionalen Erlebnisinhalten im Zusammenhang mit dem zentralen Gefühl der Liebe und der Erfahrung des Geliebtwerdens (vgl. Fromm 1989) wird einen großen Einfluss auf die Lebensgestaltung und die Glücksfähigkeit der Schüler haben (Zukunftsbedeutung). Am Beispiel des sprachlichen Umgangs mit dem Themenfeld „Liebe“ können die Schüler auch ihre sprachliche Kompetenz im Umgang mit anderen Gefühlen und grundlegenden Inhalten menschlicher Erfahrung weiterentwickeln (exemplarische Bedeutung).
4.2 Analyse des sonderpädagogischen Förderbereichs
Die Analyse des sonderpädagogischen Förderbereichs erhebt weder einen Anspruch auf Objektivität noch auf Vollständigkeit. Sie wurde in Anlehnung an Eggert (vgl. 2000, 283), Ledl (vgl. 1997, 46ff) und Berndt-Schmidt, Diehm, Lackmann & Müller (vgl. 1995, 326) durchgeführt. Sie beruht im Wesentlichen auf Plausibilitätserwägungen und angenommenen Wirkzusammenhängen und hat deshalb vor allem einen heuristischen Wert im Zusammenhang einer Unterrichtsplanung. Die folgende Darstellung gliedert den Förderbereich „Sprache und Kommunikation“ in Teilkompetenzen auf verschiedenen Hierarchieebenen. Die Förderung der auf Gliederungsebene 6 abgeleiteten Teilkompetenz „Orientierung an Wertkriterien (wahr, richtig, verständlich, überzeugend, passend, treffend u. a.)“ ist Ziel der sonderpädagogischen Förderung dieser Unterrichtsstunde.
Gliederungsebene 1: Sprache und Kommunikation
Gliederungsebene 2: „Sprache und Kommunikation“ setzen sich u. a. aus folgenden Teilkompetenzen zusammen:
2.1: Sprachentwicklung/-fähigkeit: Artikulation, Lautbildung, Wortschatz (aktiv/passiv), Satzbildung (Erzählen und Nacherzählen), Grammatik, Stimmqualität, Redetempo, Sprechrhythmus
2.2 Sprachverständnis
2.3 Sprachgedächtnis
2.4 Ausdrucksfähigkeit
2.5 Sprachgebrauch
2.6 Begriffsbildung
2.7 mündliche Kommunikation
2.8: Gesprächsbereitschaft: Sprechsicherheit, Sprechfreude, Sprechbeteiligung (Unterricht), Gesprächsbereitschaft (Lehrkraft), Gesprächsbereitschaft (Mitschüler), Zuhören
Gliederungsebene 3: „Ausdrucksfähigkeit“ setzt sich u. a. aus folgenden Teilkompetenzen zusammen:
3.1: Schriftsprache
3.2: mündlicher Ausdruck
3.3: nonverbaler Ausdruck
Gliederungsebene 4: „Schriftsprache“ setzt sich u. a. aus folgenden Teilkompetenzen zusammen:
4.1: Lesen (Rezeption)
4.2: Schreiben (Produktion)
Gliederungsebene 5: „Schreiben (Produktion)“ setzt sich u. a. aus folgenden Teilkompetenzen zusammen:
5.1: Phantasie/Kreativität
5.2: (Selbst-)Reflexivität
5.3: Wortschatz (aktiv, passiv, Wortfindung)
5.4: formale und orthografische Korrektheit
5.5: Layouten von Texten
5.6: Schreibmotivation / Mitteilungsbereitschaft
5.7: Intentionalität
5.8: Adressatenbezug
Gliederungsebene 6: „Intentionalität“ und „Adressatenbezug“ setzen u. a. folgende Teilkompetenzen voraus:
Orientierung an Wertkriterien (wahr, richtig, verständlich, überzeugend, passend, treffend u. a.)
5 Lernvoraussetzungen der Schüler und pädagogisch-didaktische Konsequenzen
Die Schüler verfügen hinsichtlich der Förderziele und des Themas dieser Unterrichtsstunde und -reihe über die folgenden Lernvoraussetzungen:
- Die Schüler haben das Themenfeld „Liebe“ im vergangenen Schuljahr im Rahmen eines sexualpädagogischen Projekts eingehend und mit hoher Motivation behandelt. In geschlechtshomogenen Gruppen haben sie sich nicht nur mit biologischen, sondern auch mit gesellschaftlichen und psychologischen Aspekten des Themas beschäftigt.
- Die Auseinandersetzung mit sprachlichen Aspekten des Themenfeldes „Liebe“ ist für die Schüler neu. Im Rahmen der laufenden Unterrichtsreihe haben sie sich mit ihrem Vorwissen und ihren Assoziationen zum Thema „Liebe“ auseinandergesetzt und auf der Grundlage einer Analyse von Kontaktanzeigen Kriterien für gute Kontaktanzeigen formuliert.
- Während des sexualpädagogischen Projekts, aber auch im schulischen Alltag fällt immer wieder auf, dass es den Schülern schwer fällt und es ihnen in Einzelfällen wohl auch als unmöglich erscheint, angemessen, d. h. vor allem nicht herabsetzend und vulgärsprachlich oder sexualisierend über „Liebe“ und verwandte Themen - wie bsw. Zuneigung, Partnerschaft oder Sexualität - zu sprechen.
- Viele Schüler der Lerngruppe benötigen je nach Tagesform eine mehr oder weniger große Zeitspanne, ehe sie sich intensiv mit Aufgabenstellungen auseinandersetzen (Schülernamen ...). Einige Schüler haben außerdem eine Tendenz zur Anstrengungsvermeidung und zeigen Formen einer wenig selbständigen Arbeitshaltung.
- Wegen der leistungsheterogenen Zusammensetzung der Klasse ist eine Schwierigkeitsdifferenzierung für (Schülernamen ...) vorgesehen.
Nachfolgend werden für die Unterrichtsstunde relevante Lernvoraussetzungen dreier Schüler exemplarisch beschrieben sowie pädagogisch-didaktische Konsequenzen in verschiedenen Lern- und Kompetenzbereichen charakterisiert.
Schüler 1
Lern- und Arbeitsverhalten
- oft Unsicherheit, ob Aufgabenstellung richtig verstanden (negativ gefärbtes Fähigkeitenselbstkonzept)
- selbstständiges Nachfragen
- durchgehend gutes Lern- u. Arbeitsverhalten
- folgt dem Unterricht kontinuierlich
- Differenzierungsmaßnahmen sind ihm manchmal unangenehm
- benötigt oft längere Zeit für die Bearbeitung von Aufgaben
Schriftsprache
- guter aktiver und passiver Wortschatz
- kann Gefühle und einfache Gedanken oft treffend und in angemessener Sprache ausdrücken
- logische Fehler und Ungenauigkeiten bei der Beschreibung von Handlungsabläufen und Sachverhalten
- Fehler im Satzbau, z. T. unleserliche Schrift
Textverständnis
- kann einfach formulierte schriftliche Aufgaben sinnentnehmend lesen
- den Inhalt komplexerer und längerer Texte kann er in der Regel nicht vollständig und sinngemäß wiedergeben
Adressatenbezug
- kann sich beim Schreiben auf einen fiktiven Adressaten einstellen
- kann sich gut in andere Personen hineinversetzen
- wird voraussichtlich relativ viel Zeit benötigen, um einen vorgegebenen Text kriterienorientiert zu redigieren
Intentionalität
- wird einen vorgegebenen Text unter dem Aspekt der Intentionalität redigieren können
Kriterienorientierte Kritik von Texten
- kann einen Text voraussichtlich kriterienorientiert kritisieren, wenn er sich unmittelbar an den ihm vorliegenden Kriterien orientieren kann.
Pädagogisch-didaktische Konsequenzen
- ruhige Arbeitsatmosphäre ermöglichen
- zu Beginn der Arbeit durch Bestätigung ermutigen
- Differenzierungsmaßnahmen bei mehreren Schüler durchführen
- Konzentration auf die Wertkriterien
- schwierigkeitsbezogene Differenzierung
- Schwierigkeitsreduzierung durch fragengeleitete Reflexion
Schüler 2
Lern- und Arbeitsverhalten
- im Deutschunterricht niedrige Lern- und Leistungsmotivation
- tagesformabhängige Konzentrationsfähigkeit
- leichte Ablenkbarkeit
- niedrige Schreibmotivation
- schnelle und oft ungenaue Erledigung von Aufgaben
- benötigt bis zum Beginn einer Arbeit häufig eine längere Vorlaufzeit
- erledigt schriftliche Aufgaben indifferent
- relativ kurze Konzentrationsspanne
- stellt aus eigener Initiative selten Rückfragen
- zeigt manchmal anstrengungsvermeidendes Verhalten
[...]
- Citation du texte
- Alexander Wertgen (Auteur), 2003, "Wo die Liebe hinfällt ..." - Wir schreiben eine Kontaktanzeige. , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148857
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