1967 erschienen Jacques Derridas wegweisende philosophische Werke "De la grammatologie" und "Lécriture et la différence", in denen sich der Autor mit dem Wesen der Schrift, der Schriftlichkeit und dem Primat der Stimme über der Schrift kritisch auseinandersetzt. In "De la grammatologie", 1974 auf Deutsch unter dem Titel "Grammatologie" erschienen, erörtert Derrida die aus dem Primat der Stimme resultierende Minderwertigkeit der Schrift und dem daraus entstehenden Logozentrismus dahingehend, dass er nachweist, dass eben diese Minderwertigkeit nicht gegeben ist.
Wie es zu diesem Primat gekommen ist, der schon zu Zeiten Euripides und Platons existierte, lege ich in Kapitel 2 dieser Ausarbeitung bei gleichzeitiger Erläuterung der Linearität in Schrift und Buch sowie der Kritik der Linearität an Schrift und Buch dar.
Mit diesen Vorüberlegungen beschäftige ich mich in Kapitel 3 mit der von Derrida entwickelten Methode der Dekonstruktion und ihrer Begrifflichkeit der différance, sowie mit Derridas Auseinandersetzung mit Platon und Jean-Jacques Rousseau. Dabei orientiere ich mich weitestgehend am argumentativen Aufbau des Studienbriefes in der Diktion von Prof. Dr. Nicolas Pethes.
Neben seiner Kritik am Primat der Stimme entwickelt Derrida in "Grammatologie" die Kritik an der Linearität der Buchkultur, da das Buch aufgrund der technischen Entwicklungen nicht mehr das führende Leitmedium sei. Mit dieser Kritik setze ich mich dezidiert im 4. Kapitel dieser Hausarbeit auseinander und untersuche anhand der mittlerweile gegebenen modernen Techniken, dass die von Derrida in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begrifflich gefasste Kritik nicht nur berechtigt, sondern fast sogar überwunden worden ist. Auch die von Derrida geforderte Änderung im Denken wird an dieser Stelle kurz behandelt.
Das 5. Kapitel schließlich fasst die gewonnenen Erkenntnisse noch einmal zusammen und bietet gleichzeitig einen kurzen Ausblick auf weitere Möglichkeiten der Anwendung der Derridaschen Methode der Dekonstruktion, die den Rahmen des vorgebenen Umfanges dieser Ausarbeitung bei weitem überschreiten würden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Linearität in Schrift- und Buchkultur
2.1 Die Linearität in der Schrift und dem Buch
2.2 Die Linearität der Kritik an Schrift und Buch
3. Jacques Derridas Methode der Dekonstruktion
4. Die Kritik an der Linearität der Buchkultur
5. Fazit und Ausblick
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
1967 erschienen Jacques Derridas wegweisende philosophische Werke "De la grammatologie" und "Lécriture et la différence", in denen sich der Autor mit dem Wesen der Schrift, der Schriftlichkeit und dem Primat der Stimme über der Schrift kritisch auseinandersetzt. In "De la grammatologie", 1974 auf Deutsch unter dem Titel "Grammatologie" erschienen, erörtert Derrida die aus dem Primat der Stimme resultierende Minderwertigkeit der Schrift und dem daraus entstehenden Logozentrismus dahingehend, dass er nachweist, dass eben diese Minderwertigkeit nicht gegeben ist.
Wie es zu diesem Primat gekommen ist, der schon zu Zeiten Euripides und Platons existierte, lege ich in Kapitel 2 dieser Ausarbeitung bei gleichzeitiger Erläuterung der Linearität in Schrift und Buch sowie der Kritik der Linearität an Schrift und Buch dar.
Mit diesen Vorüberlegungen beschäftige ich mich in Kapitel 3 mit der von Derrida entwickelten Methode der Dekonstruktion und ihrer Begrifflichkeit der différance, sowie mit Derridas Auseinandersetzung mit Platon und Jean-Jacques Rousseau. Dabei orientiere ich mich weitestgehend am argumentativen Aufbau des Studienbriefes in der Diktion von Prof. Dr. Nicolas Pethes.
Neben seiner Kritik am Primat der Stimme entwickelt Derrida in "Grammatologie" die Kritik an der Linearität der Buchkultur, da das Buch aufgrund der tech-nischen Entwicklungen nicht mehr das führende Leitmedium sei. Mit dieser Kritik setze ich mich dezidiert im 4. Kapitel dieser Hausarbeit auseinander und untersuche anhand der mittlerweile gegebenen modernen Techniken, dass die von Derrida in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begrifflich gefasste Kritik nicht nur berechtigt, sondern fast sogar überwunden worden ist. Auch die von Derrida geforderte Änderung im Denken wird an dieser Stelle kurz behandelt.
Das 5. Kapitel schließlich fasst die gewonnenen Erkenntnisse noch einmal zusammen und bietet gleichzeitig einen kurzen Ausblick auf weitere Möglichkeiten der Anwendung der Derridaschen Methode der Dekonstruktion, die den Rahmen des vorgebenen Umfanges dieser Ausarbeitung bei weitem überschreiten würden.
2. Die Linearität in Schrift- und Buchkultur
Die Linearität in der Schrift- und Buchkultur verläuft über zwei Ebenen. Zunächst in der Schrift oder dem Buch (Erzeugnis) an sich, dann jedoch auch in der Kritik an Schrift oder Druckerzeugnissen. Im ersten Unterkapitel erörtere ich die Linearität in Schrift und Buch an sich, im zweiten Unterkapitel erfolgt die Würdigung der Kritik an der Linearität an Schrift und Buch.
2.1 Die Linearität in der Schrift und dem Buch
Jedes Schriftsystem, ob, Ferdinand de Saussure folgend, ideograpisch oder phonetisch[1], dieser Welt verläuft immer linear hinsichtlich der entsprechenden Leserichtung des Lesers, beispielsweise von links nach rechts oder von rechts nach links. Am augenscheinlichsten tritt diese Linearität in antiken griechischen Inschriften ins Blickfeld, die in der sogenannten Bustrophedon-Schrift auf uns gekommen sind.
Bustrophedon, von griechisch bous: Ochse und strephein: wenden, also "wie der Ochse pflügt", bedeutet dabei, dass am Ende jeder Zeile die Leserichtung von links nach rechts in vice versa wechselt. Eine Varietät bilden dabei Runeninschriften, die ihre Laufrichtung von oben nach unten und von unten nach oben wechseln. Diese Linearität gilt auch für gedruckte, am PC erstellte oder im PC befindliche Erzeugnisse, wie z. B. Bücher. Letztere jedoch nur vordergründig, da die moderne Technik die Durchbrechung der Linearität ermöglicht. Als Beispiel für ein gedrucktes oder am PC erstelltes Erzeugnis kann diese Hausarbeit dienen.
2.2 Die Linearität der Kritik an Schrift und Buch
Bereits in der Antike wurde an der Schrift Kritik geübt. In seiner 428 v. Chr. ge-schriebenen Tragödie „Hippolytos“ behandelt Euripides die Problematik zwischen
Schrift und Wort. Theseus Gattin Phaidra, in unerfüllbarer Liebe zu Hippolytos,
ihrem Stiefsohn, entbrannt, tötet sich selbst. In ihrem Abschiedsbrief beschuldigt sie Hippolytos, sie sexuell genötigt zu haben. Theseus, hin- und hergerissen
zwischen der nicht mehr nachprüfbaren schriftlichen Beschuldigung in dem
Lügenbrief und den mündlichen Unschuldbeteuerungen des Hippolytos, verbannt seinen Sohn. Artemis, Hippolytos’ Schutzgöttin, klärt die Situation auf und stellt das Wort über die Schrift. Doch dem reuigen Theseus bleibt nichts mehr anderes übrig, als den aus der Verbannung zurückkehrenden, jedoch im Sterben liegenden Sohn um Verzeihung zu bitten.[2]
Auch Platon setzt sich in seinem Werk „Phaidros" kritisch mit dem Verhältnis zwischen Schrift und Sprache auseinander und bezieht eindeutig Stellung. In der von Sokrates erzählten Sage von der Erfindung der Schrift bemängelt Platon mit den Worten des Königs Thamus:
„Denn diese wird in den Seelen derer, die sie erlernen, Vergesslichkeit bewirken, weil sie ihr Gedächtnis nicht mehr üben; denn im Vertrauen auf Geschriebenes lassen sie sich von außen erinnern durch fremde Zeichen, nicht von innen heraus durch sich selbst. […] Was aber das Wissen angeht, […] nur den Schein davon, nicht wirkliches Wissen. […] überzeugt […] klug zu sein, es aber nicht sind.“[3]
Ein weiteres Moment der Platonschen Kritik zielt auf den Mangel an Dialogizität, die das Geschriebene in sich birgt, da es zu seiner Erläuterung oder Auslegung immer einer sprechenden Person, also der Sprache bedarf: "Und wird er mißhandelt und zu unrecht kritisiert, braucht er immer die Hilfe seines Vaters. Denn er selbst kann sich weder wehren noch helfen."[4]
Die Ausführungen Platons auf die Nachrangigkeit der Schrift gegenüber der
Sprache führten in den folgenden Jahrhunderten zu einer Höhergewichtung der Sprache gegenüber der Schrift, die im Logozentrismus, der Zentralisierung des Logos, von griechisch logos Wort, aber auch Vernunft, mündete, der im Zuge des
Poststrukturalismus unter anderen von Jacques Derrida kritisiert wurde. Mit dieser Kritik Derridas und der daraus resultierenden Entstehung seiner Methode der Dekonstruktion werde ich mich im folgenden Kapitel auseinandersetzen.
[...]
[1] Ferdinand de Saussure: Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft, Hrsg. von Charles Bally, 2. Auflage, mit neuem Reg. u. e. Nachw. von Peter v. Polenz Berlin 1967, Seite 30-31
[2] Euripides: Hippolytos, In: Ders.: Tragödien. 2. Teil. Griechisch und Deutsch v. Dietrich Ebener. Berlin 1975, S. 93-193; hier S. 183, 185, 187, 189, 191
[3] Platon: Phaidros, In: Ders.: Werke, Band III 4, Übersetzung und Kommentar von Ernst Heitsch, Göttingen 1993, 275 a
[4] Platon, Phaidros, 275 e
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