Das Arbeitsleben in den modernen Industriegesellschaften hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Neue Informationstechnologien und eine computergesteuerte Produktionsweise sowie das heute allgegenwärtige Internet haben die Ausgestaltung von Arbeit maßgeblich beeinflusst.
Noch vor einem halben Jahrhundert war die manuelle Fließbandarbeit eine der bestimmenden Produktionsweisen in den Industrienationen. Arbeiterinnen schraubten, schweißten, feilten und stellten in Akkordarbeit Produkte für den Massenmarkt her. Dieses Bild hat sich heute vielfach gewandelt. So werden Fabriken der Automobilindustrie heute von einer steril sauberen Produktionsstraße dominiert. Maschinen übernehmen die vormals körperliche Arbeit während Fachkräfte die Steuerung der automatisierten Produktion über Computerbildschirme durchführen. Hinter den Kulissen der Produktion arbeiten Ingenieure in weltweit vernetzten Projektgruppen mit Programmen wie computer-aided design (CAD) in einer virtuellen Arbeitsumgebung an ständig neuen Modellen. Der Computer ist zu dem dominierenden Arbeitsmittel in vielen Bereichen geworden.
Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Prozess der Informatisierung hat sich in der wissenschaftlichen Debatte etabliert. Unter ihm wird die fortschreitende Verbreitung von I+K Technologien (Informations- und Kommunikationstechnologien) verstanden. Die damit einhergehenden Veränderungen werden im dritten Kapitel weiter ausgeführt werden.} der Arbeit auch die Machtkonstellationen und Kontrollstrukturen in den Betrieben beeinflusst hat. Die Fragestellung dieser Arbeit lautet daher, ob die fortschreitende Verbreitung von I+K Technologien in den letzten 30 Jahren in der Arbeitswelt zu neuen Machtkonstellationen zwischen Kapital und Arbeit geführt hat.
Diese Frage wurde im Rahmen der Forschungsarbeit am Wissenschaftszentrum Berlins für Sozialforschung (WZB) in den späten 1980er und 1990er Jahren ausführlich behandelt, geriet dann aber weitestgehend aus dem Blickwinkel der Arbeitsforschung.
Diese Arbeit versucht, Anregungen für eine Erneuerung der machttheoretischen Diskussion in Zusammenhang mit neuen Informationstechnologien zu geben.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Macht und Kontrolle im Betrieb
2.1 Das Konzept der Arbeitspolitik
2.2 Besonderheiten der Ware Arbeitskraft
2.3 Das Transformationsproblem
2.4 Macht
2.4.1 Zonen der Ungewissheit
2.4.2 Primär- und Sekundärmacht
2.5 Kontrolle
3 Wandel von Arbeit durch Informatisierung und Wandel der Kontrolle
3.1 Informatisierung der Gesellschaft
3.2 Taylorismus und neue Produktionskonzepte
3.3 Neue Technologien und Kontrolle
3.3.1 Optimisten Kern und Schumann: Rcqualifizicrung der Arbeit
3.3.2 Pessimisten im Anschluss an Bravcrman: Formwandcl der Kontrolle
3.3.3 Neuere Entwicklungen der Informatisierung der Arbeit
3.4 Kontrolle der Wissensarbeit
4 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Das Arbeitsleben in den modernen Industricgcscllschaftcn hat sieh in den letzten .Jahrzehnten stark gewandelt. Neue Informationstcchnologicn und eine computergesteuerte Produktionsweise sowie das heute allgegenwärtige Internet haben die Ausgestaltung von Arbeit maßgeblich beeinflusst.
Noch vor einem halben .Jahrhundert war die manuelle Fließbandarbeit eine der bestimmenden Produktionsweisen in den Industrienationen. Arbeiterinnen[1] schraubten, schweißten, feilten und stellten in Akkordarbeit Produkte für den Massenmarkt her. Dieses Bild hat sieh heute vielfach gewandelt. So werden Fabriken der Automobilindustric heute von einer steril sauberen Produktionsstraßc dominiert. Maschinen übernehmen die vormals körperliche Arbeit während Fachkräfte die Steuerung der automatisierten Produktion über Computcrbildsehirmc durchführen. Hinter den Kulissen der Produktion arbeiten Ingenieure in weltweit vernetzten Projektgruppen mit Programmen wie computer-aided design (CAD) in einer virtuellen Arbeitsumgebung an ständig neuen Modellen. Der Computer ist zu dem dominierenden Arbeitsmittel in vielen Bereichen geworden.
Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Prozess der Informatisicrung[2] der Arbeit auch die Maehtkonstcllationcn und Kontrollstrukturen in den Betrieben beeinflusst hat. Die Fragestellung dieser Arbeit lautet daher, ob die fortschreitende Verbreitung von I+K Technologien in den letzten 30 .Jahren in der Arbeitswelt zu neuen Maehtkonstcllationcn zwischen Kapital und Arbeit geführt hat.
Diese Frage wurde im Rahmen der Forschungsarbeit am Wissenschaftszentrum Berlins für Sozialforschung (WZB) in den späten 1980er und 1990er .Jahren ausführlich behandelt, geriet dann aber weitestgehend aus dem Blickwinkel der Arbeitsforschung.
Diese Arbeit versucht, Anregungen für eine Erneuerung der machtthcorctischcn Diskussion in Zusammenhang mit neuen Informationstcchnologicn zu geben.
Es wird die These vertreten, dass sieh durch den Prozess der Informatisicrung der Arbcitswclt in der postindustriellen Gesellschaften der Bundesrepublik ein Formwandcl der Kontrolle von Arbeit vollzogen hat. Weiter lautet die zu überprüfende These, dass sieh hierbei trotz einer erforderlich gewordenen Flexibilisierung der Arbeit und eine Abkehr vom fordistisch-tayloristischcn Produktionssystem keine Maehtvcrsehicbung hin zu den Beschäftigten vollzogen hat.
Die Untersuchung dieser These erfolgt in zwei Schritten. Im ersten Teil setzte ich mich mit den in der Arbcitssoziologic traditionsreichen Begriffen Macht und Kontrolle auseinander. Hierbei werde ich die Besonderheiten der Ware Arbeitskraft und das daraus resultierende Transformationsproblcm darstellen. Ich werde argumentieren, dass die Kontrolle über Arbeitsabläufe den wichtigsten Faktor für die Macht in einem Unternehmen darstellt. Im Anschluss arbeite ich den Begriff der Kontrolle genauer heraus.
Im zweiten Teil dieser Arbeit stelle ich zunächst deskriptiv die gegenüb erstehenden Positionen zur Änderungen der Kontrolle durch neue Informationstcchnologicn vor, wie sic in der arbcitssoziologischcn Debatte bis zum Anfang der 90er .Jahre artikuliert wurden. Auf Basis der entwickelten Konzepte von Macht und Kontrolle wird eine Analyse der Veränderungen der betrieblichen Kontrollmcehanismcn skizziert. Hierbei gehe ich in Anlehnung an Pfeiffer (2004) auf neuere Entwicklungen in der Informationstcehnologic ein und zeige mögliche Auswirkungen auf betriebliche Kontrollstrukturen.
2 Macht und Kontrolle im Betrieb
In diesem Kapitel werden theoretische Überlegungen über die soziologischen Grundbegriffe Macht und Kontrolle ausgeführt. Zunächst wird auf die Ursprünge des Theoriekonzepts der Arbeitspolitik eingegangen, das in den zurückliegenden zwei .Jahrzehnten am WZB entwickelt wurde. Folgend wird erläutert, welche Besonderheiten die Ware Arbeitskraft von gewöhnlichen Waren unterscheiden und das daraus resultierende Transformationsproblcm aufgezeigt. Daran schließt sieh eine Diskussion des von Cro- zier/Friedberg gewählten Begriffs der Macht und des von Ulrich .Jürgens entwickelten Konzepts von Primär- und Sekundärmacht an.
2.1 Das Konzept der Arbeitspolitik
Die am WZB beschäftigten Forscherinnen um Frieder Nasehold entwickelten Mitte der 1980er .Jahre mit der Arbeitspolitik ein Konzept, in dem davon ausgegangen wird, dass „Probleme und Entwicklungstendenzen sowohl auf der Mikrocbcnc des Betriebes wie auf der Makroebene sozialer und staatlicher Prozesse politisch bestimmt [werden]“ (.Jürgens 2007: S. 23). Die Forscher des WZB folgerten daraus, dass die betrieblichen Prozesse der Arbeitsgestaltung in hohem Maße politisch gestaltbar seien.
Das Forschungsprogramm hat sieh mit Folgcwirkungcn der Arbeit hinsichtlich Belastung, Qualifikation und Kontrolle der Beschäftigten befasst. Insbesondere die Auswirkungen neuer computcrbasicrtcn Technologien und neuer Organisationskonzepte sowie deren Folgen für die sozialen Beziehungen im Betrieb haben die Hauptaspekte der Forschungsprojekte in der Arbeitspolitik gebildet. Aufbauend auf den Gedanken Bravcrmans (1974) ist die zentrale Frage gewesen, welche Auswirkungen Macht, Herrschaft und Kontrolle im Betrieb haben. Hinsichtlich der Kontrolle wurde ein Formwandel diagnostiziert worden (vgl. zu diesem Abschnitt .Jürgens 2007: S. 22ff.). Auf diesen wird im folgenden Kapitel näher eingegangen.
2.2 Besonderheiten der Ware Arbeitskraft
Ausgangpunkt der Überlegungen zu Macht und Kontrolle ist das Transformationsproblem. Dieses kann aus den Unterschieden abgeleitet werden, welche die auf einem Markt angebotene Arbeit von anderen Waren unterscheiden. Nach Claus Offc (1984: S. 48) diene der Arbeitsmarkt in kapitalistischen Gesellschaften der Allokation von Arbeit an die Unternehmen und Einkommen an die Arbeitnehmer. Gemein sei ihm mit anderen Märkten, dass sich Nachfrager und Anbieter der Ware gegenüber stünden und auf dem Markt ein Konkurrenzverhältnis gegeben sei. Anbieter und Nachfrager stünden in einem Wettbewerb mit anderen Anbietern und Nachfragern von Arbeitskraft, gegen die sie sich behaupten müssten. Arbeitskraft als Ware würden sich jedoch in einigen Aspekten von gewöhnlicher Ware unterscheiden, die zu einigen Besonderheiten des Arbeitsmarktes führen.
Erstens kaufe der Nachfrager von Arbeitskraft nicht Arbeit, sondern nur ein Arbeitsvermögen oder Arbeitspotenzial. Eine konkrete vertragliche Festlegung der Arbeitsaufgaben ist in den meisten Fällen nicht praktikabel, da hierdurch die Flexibilität und Produktivität der Arbeitskraft eingeschränkt wird. Unternehmer griffen daher auf einen offenen Arbeitsvertrag zurück, in dem der Tätigkeitsbereich nur verallgemeinernd beschrieben wird (vgl. Hirsch-Krcinscn 2005: S. 61). In einem üblichen Arb eit s vertrag stelle der Arbeitanbictcr dem Arbeitsnachfrager Zeit zur Verfügung, in der dieser die Arbeitskraft nutzen und in konkrete Arbeit umwandeln könne (vgl. Dörr et al. 1984: S. 184). In Arbeitsverhältnissen cnstchcn daher nach Crozicr/Fricdbcrg sogenannte Zonen der Ungewissheit, in denen der eine - der Unternehmer- nicht immer kontrollieren könne, ob der Andere - der Arbeitnehmer - seine Arbeitskraft in seinem Sinne verausgabe (vgl. Crozicr und Friedberg 1979).
Zweitens sei die Arbeitskraft nicht von ihrem Eigentümer zu trennen und somit an des Subjekt gebunden (vgl. Offc und Hinrichs 1984: S. 50). Es folgt hieraus eine Mit- sprachc des Besitzers der Arbeitskraft im doppelten Sinne. Der Käufer der Arbeitskraft kann einerseits nicht ausschließlich über die Arbeit verfügen und ist bei der Nutzung der Arbeitskraft andcrcscits auf das Mitwirken des Eigentümers an der Verausgabung der Arbeitskraft angewiesen (vgl. Dörr et al. 1984: S. 184).
Darüber hinaus bestehen nach Offc (1984) weitere Eigenheiten der Ware Arbeitskraft, aus denen eine Macht asymmetric zum Vorteil der Nachfragcscitc resultiere. So könne der Arbeitnehmer die Verausgabung seiner Arbeitskraft nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben und sei dadurch zur Veräußerung gezwungen (vgl. Offc und Hinrichs 1984: S. 50). Zudem sei der Anbictcr von Arbeit auf eine kontinuierliche Zufuhr existenzer- haltender Mittel wie Nahrungsmittel angewiesen und daher „strukturell genötigt, unter weitgehendem Verzieht auf eigene strategische Optionen sieh der gegebenen Naehfrage- lage zu fügen und den jeweils angebotenen Lohn hinzunehmen“ (Offc und Hinriehs 1984: S. 51).
2.3 Das Transformationsproblem
Aus den im vorhergehenden Abschnitt herausgearbeiteten Besonderheiten der Arbeit als Ware ergibt sieh für den Käufer von Arbeitskraft ein Transformationsproblcm, das sieh aus der Differenz zwischen Arb cits vor trag und tatsächlicher Leistung ergibt (vgl. .Jürgens 2007: S. 23).
Es ist die Aufgabe der Unternehmensleitung, die möglichst umfassende Transformation von Arbeitspotenzial in wirkliche Arbeitsleistung sichcrzustcllcn. Ziel der Unternehmensführer ist cs dabei, durch Kontrolle mögliche Störqucllcn zu beseitigen und Ungewissheitszonen so weit wie möglich zu minimieren. Macht und Kontrolle in einem Betrieb stehen in einem intcrdcpcndcntcn Verhältnis zueinander und so sind auch die betrieblichen So- zialbczichungcn selbst Resultat von Macht- und Hcrrsehaftsbczichungcn (vgl. .Jürgens 1984: S. 62). Dieses Wcehsclvcrhältnis aufzudecken und für die weitere Analyse fruchtbar zu machen ist das Ziel der folgenden Ausführungen.
2.4 Macht
Die Macht ist ein traditionsreicher soziologischer Begriff, der von vcrsehicndcn Autoren auf höchst unterschiedliche Weise interpretiert worden ist. Nach der bekannten Definition von Max Weber ist Macht „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“ (Weber 2002: S. 28). Diese Definition verweist darauf, das Macht nicht Attribut eines Akteurs ist, sondern Bestandteil einer jeden Sozialbczichung. Diese Bczichungsrclation ist jedoch unausgewogen, da die Beteiligten unterschiedliche Ressourcen cinbringcn, und cs daher meist zu einem Maehtunglciehgcwieht kommt (vgl. Minssen 2006: S. 72L). Zwei Ansichten dazu, auf welche Ressourcen die Akteure in der Sozialbczichung im Betrieb zurückgreifen können, werden im Folgenden vorgcstcllt.
[...]
[1] Zur besseren Lesbarkeit wird auf eine generelle Nennung beider Geschlechter verzichtet. Ihre Nennung erfolgt, abwechseln, gemeint sind beide Geschlechter, soweit nicht anders vermerkt.
[2] “Das Terminus Informatisierung hat sich in der wissenschaftlichen Debatte etabliert. Unter ihm wird die fortschreitende Verbreitung von I—K Technologien (Informations- und Kommunikationstechnologien) verstanden. Die damit einhergehenden Veränderungen werden im dritten Kapitel weiter ausgeführt werden.
- Citation du texte
- Christopher Maier (Auteur), 2009, Die Informatisierung der Arbeit und ihre Auswirkungen auf Macht und Kontrolle im Betrieb, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148834
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