Der Film ist in der Lage den Zuschauer aus der Realität zu reißen und ihn mit einer Vielzahl von Bildern und Geräuschen, Sprache und Musik in einen imaginären Erlebnisraum zu versetzen. „Der Kinobesucher folgt den Bildern auf der Leinwand in einem traumartigen Zustand.“ Der Zuschauer möchte sich entführen lassen, er bereist fremde Orte, fühlt mit den Leinwandhelden mit und lässt sich von einer Bilderflut berauschen. „Film ist halluzinatorisch, kein anderes Kunstmittel vermag durch Einsatz plötzlicher Perspektivenwechsel, Nahaufnahme, Schnitte und Einsatz der Bild – Ton – Kombination eine vergleichbar starke Wirkung auf den Rezipienten auszuüben.“
Stanley Kubricks Weltraumoper „2001: A Space Odyssee“ von 1968, ist einer der meist besprochenen und analysierten Filme der Filmgeschichte. In ihm spielt der Filmraum eine besondere Rolle. Dies wird schon daran deutlich, dass der Film, der eine Länge von ca.150 Minuten hat, nicht mehr als 40 Minuten Dialoge beinhaltet. Daher ist der Film gut geeignet, um Fragen nach der Funktion und Beschaffenheit des Filmraumes zu erläutern.
Zunächst noch ein paar allgemeine Daten zum Film: Die Dreharbeiten zu „2001“ begannen am 29.12.1965 im Studio von Borehamwood bei London und dauerten anderthalb Jahre.
Der Film basiert auf der Kurzgeschichte „The Sentinel“ von Science-Fiction Autor Arthur C. Clark und enthält insgesamt 205 Trickeinstellungen, welche ihren Ausdruck in der Bildgewaltigkeit und den vielen Details, besonders bei den Weltraumaufnahmen und den Aufnahmen der Raumschiffe und Raumstationen finden. Kubrick selbst hat über „2001“ gesagt: „Ich habe versucht ein visuelles Erlebnis zu schaffen, daß verbales Schubladendenken vermeidet und emotional und philosophisch direkt auf das Unterbewusstsein zielt.“
Die „Verlorenheit im Raum“ wurde von Kubrick in „2001“ in Szene gesetzt. Da gibt es Außenaufnahmen in totaler Stille mit dem Atmen des Astronauten Poole, beim reparieren der Außenantenne des Raumschiffes. Hier wird ganz eindeutig auf die Leere und die Verlorenheit des Menschen im (Welt-)Raum aufmerksam gemacht. Ein weiteres Beispiel für diese Form der Thematisierung des Raums in „2001“ sind die Weltraumaufnahmen, welche nach dem in der Filmgeschichte viel zitierten Knochenwurf, gezeigt werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theaterraum und Filmraum
2.1 Trennung von Zuschauer und Darsteller
3 Raum als grammatische Konstruktion der Filmsprache
3.1 Raum in „2001: A Space Odyssee”
4 Fazit: Raum als Handlungsersatz?
5 Quellenverzeichnis
1 Einleitung
„Film ist Bilderwelt“, heißt es in dem Text „Die Raumfabrik – Mythos im Kino und Kinomythos“ von Hans – Thies Lehmann, und in der Tat ist der Film, mehr als jede andere Kunstform wie z.B. Malerei oder Fotografie eine Bilderwelt. Der Film ist in der Lage den Zuschauer aus der Realität zu reißen und ihn mit einer Vielzahl von Bildern und Geräuschen, Sprache und Musik in einen imaginären Erlebnisraum zu versetzen. „Der Kinobesucher folgt den Bildern auf der Leinwand in einem traumartigen Zustand.“[1] Der Zuschauer möchte sich entführen lassen, er bereist fremde Orte, fühlt mit den Leinwandhelden mit und lässt sich von einer Bilderflut berauschen. „Film ist halluzinatorisch, kein anderes Kunstmittel vermag durch Einsatz plötzlicher Perspektivenwechsel, Nahaufnahme, Schnitte und Einsatz der Bild – Ton – Kombination eine vergleichbar starke Wirkung auf den Rezipienten auszuüben.“[2]
Der Film ist eine relativ neue Kunstform und er bedient sich auch anderer Kunstformen. Dennoch wird der Film inzwischen als weitgehend autonome Kunstform verstanden. Seit den Anfängen der Filmgeschichte waren die Beschaffenheit und die Funktion des Filmraumes, auf der zweidimensionalen Kinoleinwand, immer wieder Gegenstand filmwissenschaftlicher Untersuchungen.
Zunächst möchte ich noch ein paar einleitende Worte über die allgemeinen, physiologischen und kulturellen Bedingungen menschlicher Wahrnehmung künstlich hergestellter Bilder verlieren. „Ohren hören alles was ihnen zu hören zugänglich ist; Augen wählen aus was sie sehen.“[3] Wenn der Mensch ein Objekt betrachtet, hat er das Gefühl dies mit einem ruhenden Blick zu tun. Tatsächlich aber ist das menschliche Auge bei der Betrachtung eines Gegenstandes, unabhängig von dessen Größe, immer in Bewegung. Die Augen wandern permanent über das betrachtete Objekt. Diese halb unbewussten Bewegungen werden Sakkaden genannt. Nur durch das ständige Wandern der Augen über das Objekt ist es dem Menschen möglich Gegenstände zu erkennen und sie zu verstehen.[4] Jeder Mensch ist in der Lage visuelle Erscheinungen wahrzunehmen, zu identifizieren und zu interpretieren.
Dennoch können „selbst die einfachsten Bilder in verschiedenen Kulturen unterschiedlich interpretiert werden.“[5] Immer wieder wurden wissenschaftliche Untersuchungen zum menschlichen Sehens- und Verstehensvorgang unternommen. So sind z.B. einfachste optische Täuschungen wie der Necker – Würfel Belege dafür, wie ein und dasselbe Bild auf verschiedene Weisen gesehen und interpretiert werden können. Des Weiteren bestehen durchaus auch kulturelle Unterschiede bei der Wahrnehmung von Bildern. Beispielsweise „[…] untersuchte der Anthropologe William Hudson, ob Afrikaner, die außerhalb der Städte leben und wenig Kontakt mit westlicher Kultur hatten, die Tiefe in zweidimensionalen Bildern genauso wahrnehmen wie Europäer. Er fand ganz eindeutig heraus, dass sie dies nicht tun.“[6] Auf Grund der großen Vielzahl von wissenschaftlichen Forschungen über die visuelle Wahrnehmung des Menschen, verwundert es nicht, dass nicht nur Filmwissenschaftler der Frage nach der menschlichen Wahrnehmung des Filmraumes nachgegangen sind. Besonders für Sprach- und Kommunikationswissenschaftler sind die Wirkung, der Aufbau und die Bedeutung der Filmsprache und somit auch die des Filmraumes immer wieder ein Untersuchungsgegenstand gewesen. Es hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder filmtechnische Neuerungen gegeben, welche dem Filmraum eine entweder mehr oder sogar eine gänzlich neue Bedeutung zu Teil werden ließen. Eine der Wichtigsten ist das Breitbildformat, welches sich in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts etablierte. Das Breitbildformat ermöglichte z.B. eine verbesserte Ausnutzung der Landschaftsbilder. Die weiten Bildformate erlauben es dem Regisseur den Raum neben der Handlung, bzw. neben den agierenden Darstellern mitzufilmen. Auf diese Weise konnte dem Raum eine größere Bedeutung zugesprochen werden. Ebenso wichtig, für die Bedeutung des Filmraumes, wie das Breitbild, sind die Bildgrenzen. Die Bildgrenzen lassen sich in zwei Kategorien aufteilen, in die geschlossene und die offene Form. „Wenn das Bild in sich geschlossen ist, sprechen wir von einer geschlossenen Form. Im Gegensatz dazu wird die Form als offen angesehen, wenn der Filmemacher die Aufnahme so aufgebaut hat, dass wir im Unterbewusstsein ständig den Raum außerhalb des Bildes mitbekommen.“[7]
In dieser Arbeit sollen Bedeutung, Beschaffenheit und Funktion des Filmraumes, sowie die räumliche Wahrnehmung des Zuschauers untersucht werden. Der Frage nach der Beschaffenheit und Wirkung des Filmraumes soll an verschiedenen Beispielen aus dem Film „2001: A Space Odyssee“ (1968) von Stanley Kubrick nachgegangen werden. Die Arbeit zielt auf die Frage ab, ob der bloße Filmraum ein Ersatz für die Filmhandlung sein kann oder nicht.
2 Theaterraum und Filmraum
Im diesem Teil der Arbeit soll nun ein allgemeiner Überblick über die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Film- und Theaterraum gegeben werden. Dieser Versuch eines Vergleiches, der unterschiedlichen Aspekte von Film- und Theaterraum, soll einen einführenden Charakter aufweisen, um verschiedene Perspektiven, wissenschaftliche Ansätze und Fragestellungen des Raumproblems zu erörtern.
Die etymologische Herkunft des Wortes Theater kommt aus dem griechischen und bedeutet soviel wie „Ort zum Schauen“. “Theater bezeichnete daher ursprünglich sowohl einen Ort als auch eine besondere Form sinnlicher Wahrnehmung.“[8]
Die frühen wissenschaftlichen Ansätze, welche sich mit dem Theaterraum befassten, betrafen zunächst nur die visuellen Erscheinungsformen des Theaters selbst. Beispielsweise die Architektur, der Standort des Theaters oder das Bühnenbild. Die neueren theaterwissenschaftlichen Ansätze beschäftigten sich zunehmend mit dem Theaterraum im Hinblick auf eine „interaktive Beziehung zwischen Zuschauer, Bühne und Zuschauerraum.“[9]
Dennoch gab es auch schon zu früheren Zeiten wissenschaftliche Überlegungen zur Raumerfahrung im Theater. So hatte beispielsweise der Berliner Theaterwissenschaftler Max Herrmann bereits in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts das „Raumerlebnis“ als ein Kernproblem der Theaterforschung bezeichnet.[10]
Es gibt grundsätzlich vier verschiedene Formen des Theaterraums, die sich jeweils in den szenischen Raum, der Raum in dem die Schauspieler agieren und in den Zuschauerraum unterteilen lassen. Diese vier Formen sind das Theater mit einer Vorbühne, bei dem ein Teil des szenischen Raums in den Zuscherraum hinein ragt, das Proszeniumstheater (Guckkastenbühne), das Arenatheater, bei dem der szenische Raum von dem Zuschauerraum umgeben ist und das Environmental Theater. Die Bezeichnung environmental theatre stammt von Richard Schechner und ist die einzige Form in welcher Zuschauerraum und szenischer Raum nicht klar voneinander getrennt sind. Es handelt sich hierbei um ein wandelbares Raumverhältnis, „bei dem Zuschauer die Bühne umgeben können und umgekehrt.“[11]
[...]
[1] Kracauer, Siegfried: „Die Errettung der physischen Realität“ aus: Albersmeier, Franz-Josef „Texte zur Theorie des Films“, Reclam Verlag, 5.Auflage, Stuttgart 2003, S.245
[2] Lehmann, Hans – Thies: Die Raumfabrik – Mythos im Kino und Kinomythos; aus: Karl – Heinz Bohrer (Hg.) „Mythos und Moderne“, Frankfurt a. M., 1983, S.581
[3] Monaco, James: Film Verstehen; Rowohlt Taschenbuch Verlag, 4.Auflage, Hamburg, 2002, S. 156
[4] Ebd. S.156
[5] Ebd. S.153/154
[6] Ebd. S.153
[7] Ebd. S.188
[8] Balme, Christopher: Einführung in die Theaterwissenschaft; Erich Schmidt, Berlin 2003, S.11
[9] Ebd. S.135
[10] Ebd. S.135
[11] Ebd. S.137
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