Der zuweilen als „Hungerkanzler“ beschimpfte Reichskanzler Heinrich Brüning wurde in der Vergangenheit oft kritisiert, die Bevölkerung rücksichtslos und ohne Berücksichtigung von
Alternativen einer schädlichen Wirtschaftslage ausgesetzt zu haben, um die Reparationen „loszuwerden“. Seit den fünfziger Jahren bestand bei Nationalökonomen und Historikern über
die Einschätzung von Brünings Wirtschafts- und Finanzpolitik ein weitgehender Konsens darüber, dass dessen rücksichtslos durchgehaltene, krisenverschärfende Deflationspolitika als
„falsch und verhängnisvoll“ zu werten ist.1 Bis zum Ende seiner Regierungszeit spielte die Reparationsfrage in der Politik die tragende Rolle. Jedoch gab es in der Vergangenheit heftige
Diskussionen darum, ob nicht eine andere Wirtschafts- und Finanzpolitik umsetzbar gewesen wäre, die die Menschen nicht so großer Not ausgesetzt, somit der Radikalisierung breiter
Bevölkerungsmassen vorgebeugt, und den Aufstieg der NSDAP und Hitlers verhindert hätte.
Hat Brüning seine deflatorische Wirtschafts- und Finanzpolitik allein wegen der (durch ihn tatsächlich erreichten) Streichung der Reparationen betrieben? Hätte es eine Möglichkeit gegeben mit der wirtschaftlichen Krise anders umzugehen oder war dies unter den damaligen Bedingungen schlichtweg unmöglich? Mit dieser Frage beschäftigte sich Ende der Siebzigerjahre der Wirtschaftshistoriker Knut Borchardt, der die Erkenntnisse über die negativ bewertete Brüningsche Wirtschaftspolitik einer kritischen Revision unterzog.2 Borchardt stellte „die Angemessenheit der Beurteilungsmaßstäbe dieser Kritik“ und so auch
viele der als sicher geltenden wissenschaftliche Erkenntnisse infrage3. Dies löste großes Aufsehen und Irritation aus und infolge der dadurch aufflammenden polarisierenden „Borchardt-Kontroverse“ rückten die politischen Inhalte, die „Frage nach dem Handlungsspielraum und realisierbaren Alternativkonzepten im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik des Deutschen Reiches in den Jahren der Weltwirtschaftskrise in den Vordergrund des Interesses“.4 In dieser Arbeit soll der Argumentationsgang Borchardts aufgezeigt und anschließend mit gegenteiligen Ansichten – hauptsächlich denen Ursula Büttners – in kritischer Weise kontrastiert werden. Im Anschluss daran werden Argumente des Wirtschaftshistorikers Albrecht Ritschl über die Erkenntnisse
Borchardts aus jüngster Zeit erläutert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Erkenntnisse aus Borchardts revisionistischer Studie „Zwangslagen und Handlungsspielraume in der groBen Weltwirtschaftskrise der fruhen dreiBiger Jahre“
2.1 Uber den Zeitpunkt einer moglichen Anderung der Wirtschafts- und Finanzpolitik
2.2 Uber die Mittel fur eine Anderung der Wirtschafts- und Finanzpolitik
2.3 Uberlegungen zum Erfolg der Plane und einer heutigen Losung fur das damalige Problem
2.4 Ursachen der Strukturkrise
3. Kritik an Borchardts Revision C. - L. Holtfrerich und U. Buttner
3.1 Gegenargumente aus Ursula BUttners Studie - Bereinigung der Strukturkrise durch Konjunkturpolitik
3.2 Zeitpunkt fur eine Neuorientierung
3.3 Mittel zur Neuorientierung - Keynes’ Methoden und die Entwicklung konjunkturbelebender Wirtschaftsplane in der Weimarer Republik
4. Zusammenfassende Gegenuberstellung Buttner - Borchardt
5. Jungere Einschatzungen zur Studie Borchardts
6. Schluss
7. Sachanmerkungen
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der zuweilen als „Hungerkanzler“ beschimpfte Reichskanzler Heinrich Bruning wurde in der Vergangenheit oft kritisiert, die Bevolkerung rucksichtslos und ohne Berucksichtigung von Alternativen einer schadlichen Wirtschaftslage ausgesetzt zu haben, um die Reparationen „loszuwerden“. Seit den funfziger Jahren bestand bei Nationalokonomen und Historikern uber die Einschatzung von Brunings Wirtschafts- und Finanzpolitik ein weitgehender Konsens daruber, dass dessen rucksichtslos durchgehaltene, krisenverscharfende Deflationspolitika als „falsch und verhangnisvoll“ zu werten ist.1 Bis zum Ende seiner Regierungszeit spielte die Reparationsfrage in der Politik die tragende Rolle. Jedoch gab es in der Vergangenheit heftige Diskussionen darum, ob nicht eine andere Wirtschafts- und Finanzpolitik umsetzbar gewesen ware, die die Menschen nicht so groBer Not ausgesetzt, somit der Radikalisierung breiter Bevolkerungsmassen vorgebeugt, und den Aufstieg der NSDAP und Hitlers verhindert hatte. Hat Bruning seine deflatorische Wirtschafts- und Finanzpolitik allein wegen der (durch ihn tatsachlich erreichten) Streichung der Reparationen betrieben? Hatte es eine Moglichkeit gegeben mit der wirtschaftlichen Krise anders umzugehen oder war dies unter den damaligen Bedingungen schlichtweg unmoglich? Mit dieser Frage beschaftigte sich Ende der Siebzigerjahre der Wirtschaftshistoriker Knut Borchardt, der die Erkenntnisse uber die negativ bewertete Bruningsche Wirtschaftspolitik einer kritischen Revision unterzog.2 Borchardt stellte „die Angemessenheit der BeurteilungsmaBstabe dieser Kritik“ und so auch viele der als sicher geltenden wissenschaftliche Erkenntnisse infrage .3 Dies loste groBes Aufsehen und Irritation aus und infolge der dadurch aufflammenden polarisierenden „Borchardt-Kontroverse“ ruckten die politischen Inhalte, die „Frage nach dem Handlungsspielraum und realisierbaren Alternativkonzepten im Bereich der Wirtschafts- und Finanzpolitik des Deutschen Reiches in den Jahren der Weltwirtschaftskrise in den Vordergrund des Interesses“.4 In dieser Arbeit soll der Argumentationsgang Borchardts aufgezeigt und anschlieBend mit gegenteiligen Ansichten - hauptsachlich denen Ursula Buttners - in kritischer Weise kontrastiert werden. Im Anschluss daran werden Argumente des Wirtschaftshistorikers Albrecht Ritschl uber die Erkenntnisse Borchardts aus jungster Zeit erlautert.
2. Erkenntnisse aus Borchardts revisionistischer Studie „Zwangslagen und Handlungsspielraume in der groBen Weltwirtschaftskrise der fruhen dreiBiger Jahre“
Nach Ansicht Borchardts wurde das konsequente Festhalten an der deflatorischen Weimarer Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Wissenschaft haufig als verhangnisvoller Beitrag zum „Zerfall der Weimarer Republik“ und dem „Aufstieg des Nationalsozialismus zur Macht“ gewertet.5 In einem „ruckwartsgewandten Problemlosungsoptimismus“6 seien alternative konjunkturbelebendeb Wirtschaftskurse vorgeschlagen worden, wahrend die Bruningsche Wirtschafts- und Finanzpolitik scharf verurteilt worden sei. Ziel von Borchardts wissenschaftlicher Untersuchung ist es, aus wirtschaftspolitischer Sicht zu erlautern, ob es uberhaupt moglich gewesen ist, eine expansive, konjunkturbelebende Wirtschaftspolitik in der Weimarer Republik zu betreiben. Beginnend mit der Ausgangsfrage, „warum in der groBen Krise der fruhen dreiBiger Jahre in Deutschland bis zum Sommer 1932“ keine derartige Politik betrieben worden ist, stellt Borchardt infrage, ob dies auf einen „Mangel an Einsicht und Fahigkeit der Regierenden“ zuruckzufuhren sei, oder ob Reichskanzler Bruning angesichts einer zu starken Beschrankung seiner politischen und wirtschaftspolitischen Handlungsspielraume keine realisierbaren Alternativen nutzen konnte.7 Zur Beantwortung dieser Frage analysiert Borchardt, zu welchem Zeitpunkt „eine solche Politik der Gegensteuerung gegen die Krise hatte einsetzen sollen und konnen“ und ob dazu uberhaupt „geeignete Mittel“ technisch und politisch verfugbar waren.8 Letzen Endes kommt Borchardt zu dem Schluss, dass es zur Bruningschen Finanz- und Wirtschaftspolitik aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen und politischen Zwangslagen keine Alternativen gegeben hat.
2.1 Uber den Zeitpunkt einer moglichen Anderung der Wirtschafts- und Finanzpolitik
Zur Frage, ab wann eine Anderung der konjunkturpolitischen Strategie, also der Ubergang zu einer aktiven staatlichen Antikrisenpolitik, moglich gewesen ist, gibt Borchardt als fruhesten Zeitpunkt den Sommer des Jahres 1931 an.9 Bezogen auf das Wissen der damaligen Zeitgenossen habe es „bis zum Fruhjahr 1931 keine uberragend starkes Motiv gegeben [...], die Krise vollig anders zu behandeln, als sie es tatsachlich taten.“10 Borchardt begrundet dies damit, dass die Weltwirtschaftkrisec als „einmaliges Phanomen“11, als etwas noch nie Dagewesenes, in den AusmaBen ihrer Auswirkungen fur die Zeitgenossen nicht einschatzbar gewesen ist, da „alle vorhergehenden Krisen [...] anders verlaufen“12 waren. Zudem habe die Krise in Deutschland zu Beginn keine groBen Auswirkungen gehabt: wahrend es nach dem Ersten Weltkrieg in den Jahren 1920/21 in Westeuropa, den USA und Japan zu einer heftigen Krise gekommen sei, sei Deutschland aufgrund der bis 1923 herrschenden Inflation zu dieser Zeit verschont geblieben.13 Zudem habe nach einem Jahr bereits ein wirtschaftlicher Aufschwung eingesetzt und auch nach einem „tiefen konjunkturellen Einbruch [...] von 1925 -1926“ sei in der Weimarer Republik die Erholung rasch erfolgt.14 Aufgrund dieser Erfahrungen kam man zu dem Schluss, „daB namlich ein einmal einsetzender Abschwung die Tendenz habe, sich selbst nach unten zu verstarken und deshalb ganz fruhzeitig bekampft werden muBte“15, worauf sich im Folgenden dann erfahrungsgemaB wirtschaftliche „Entspannungstendenzen“16 zeigen wurden. Diese Vorstellung traf „im Fortgang der Krise von 1929 auf 1930 und von 1930 auf 1931“ jedoch nicht mehr zu, was laut Borchardt „niemand hatte voraussehen konnen, weil sie den Charakter von historischen Zufalligkeiten hatten“.17 Zusatzlich wirkten sich in Deutschland in dieser Zeit politische Ereignisse negativ auf die Wirtschaft aus: infolge des politischen Aufstiegs der NSDAP zur zweitstarksten Partei im Reichstag nach den Septemberwahlen 1930, wurden viele auslandische Kredite uber groBe Kapitalsummen aus dem Reich abgezogen.18 Infolgedessen verscharfte sich die Krise. Das Wahlergebnis fuhrte jedoch auch dazu, dass die SPD im Zuge einer „Tolerierungspolitik“, den Kurs der Reichsregierung akzeptierte, um einen weiteren Rechtsrutsch in der Politik zu vermeiden.19 Sie verzichtete auf weitere Misstrauensantrage, wodurch Kanzler Bruning mittels Notverordnungend sein wirtschaftliches Sanierungsprogramm durchsetzen konnte.20 Im Jahr 1931 kam es national und international durch Zahlungsfahigkeiten zahlreicher Bankene im Sommer zu einer Finanzkrise: „Jetzt, im Sommer 1931, erwies sich die Entwicklung als eine prinzipielle Strukturkrisef der nationalen und internationalen Wirtschaftsordnung. Jetzt erst begann man verbreitet zu furchten, daB diese Krise nicht aus sich heraus wieder zu einem Aufschwung fuhren wurde“ 21. Da nach Ansicht Borchardts die wirtschaftliche Krise fur Zeitgenossen erst im Sommer 1931 als Strukturkrise erkennbar war, „konnte eine Anderung der konjunkturpolitischen Strategie nicht vor dem Sommer 1931 erwartet werden“, „wenn wir von den Regierungen nicht eine prophetische Gabe verlangen, insbesondere kein Wissen, das erst die Nachlebenden haben konnen“.22 Demzufolge sei der wirtschaftliche Abschwung nicht verhinderbar gewesen, da MaBnahmen zur Gegensteuerung der Krise auch bei deren Einsatz im Sommer 1931 nicht schnell genug zu einer „konjunkturellen Bewegung“ gefuhrt hatten.23 Der Tiefpunkt der Krise im Sommer 1932 hatte „um einige Monate vorverlegt werden konnen“, wodurch der wirtschaftliche Aufschwung „etwas fruher und vielleicht etwas kraftiger“ hatte einsetzen konnen.24 Dies sei jedoch auch von der Wahl umsetzbarer MaBnahmen abhangig.25
2.2 Uber die Mittel fur eine Anderung der Wirtschafts- und Finanzpolitik
Was die Wahl der MaBnahmen betrifft, seien „Plane zur aktiven Uberwindung der Krise“ im Herbst/Winter 1931 und im Jahr 1932 entwickelt worden.26 Jedoch seien diese technisch und politisch nicht umsetzbar gewesen, da sie Instrumente vorsahen, „die gar nicht zur Verfugung standen und die man auch nicht mit einem einfachen Akt der nationalen Gesetzgebung schaffen konnte“27. Die Plane sahen eine „Finanzierung von Mehrausgaben des Staates durch die Reichsbank“ vor, um die Wirtschaft anzukurbeln.28 Eine „interne Geldschopfungg uber die Reichsbank“ sei aber aus „rechtlich- vertragliche Grunde[n]“ nicht moglich gewesen, da der Regierung der Einfluss auf die Reichsbank „namlich 1922 bzw. 1924“h entzogen worden sei und es der Reichsbank „gesetzlich verboten [war] nennenswerten Kredit an den Staat zu geben“.29 Eine Veranderung des Reichsbankgesetzes sei aufgrund der Auflagen im internationalen Vertragssystem des Young-Planesi unmoglich gewesen, ebenso wie der Wechselkurs der Reichsmark an diesen gebunden war.30 Somit kamen weder eine Kreditausweitung noch eine Abwertung der Reichsmark als konjunkturbelebende MaBnahmen infrage.31 Andere Plane, die eine Defizitfinanzierungj von ArbeitsbeschaffungsmaBnahmen erreichen wollten, seien aufgrund der eingeschrankten inlandischen Handlungsmoglichkeiten nur durch eine „Aufnahme von Auslandskrediten“32 gewesen. Diese Finanzierungsempfehlung „kam just in dem Augenblick heraus, als sich die Reichsregierung an mehren Fronten in scharfem Konflikt mit Frankreich und seinen ehemaligen Alliierten befand. Es ging damals um die kurz zuvor veroffentlichten Plane einer Deutsch-Osterreichischen Zollunionk, um Rustungsfragen und um die Ankundigung von erneuten Revisionsbegehren hinsichtlich der Reparationen und der deutschen Ostgrenze im Korridor und in Oberschlesien“33. So bot sich die Aufnahme von Auslandskrediten zum einen aufgrund der ungunstigen auBenpolitischen Spannungen, und zum anderen aufgrund von Widerstanden im Inland nicht an. Franzosische Kredite waren „an34 politische Auflagen gebunden“ gewesen, die die Deutschen nicht akzeptieren wollten.35 Daraus folgert Borchardt, dass theoretisch nur MaBnahmen mit einer internen Geldschopfung uber die Reichsbank machbar gewesen waren. Neben den oben genannten rechtlichen und vertraglichen Grunden, die derartige MaBnahmen verhindert hatten, nennt Borchardt zusatzlich zwei politische Grunde, die zeigen, dass die Regierung zur Betreibung eines solchen Wirtschaftskurses auch nicht bereit war. So verfolgte Reichskanzler Bruning die Absicht, „durch Nachweis der Zahlungsunfahigkeit Deutschlands endgultig die Reparationen zu beseitigen“36: „Im Hinblick auf dieses Ziel konnte man selbstverstandlich keine staatlichen Programme finanzieren, die sich im Ausland keine Regierung leistete.“37 Des Weiteren sei die Inflationsfurcht durch eine erneute „mit Geldschopfung finanzierte Staatsausgabenpolitik“ in Erinnerung an deren desastrose Auswirkungen in den Vorjahren zu groB gewesen, „um zu neuen Abenteuern zu locken“38. Borchardt sagt hierzu aus, dass das „Inflationsargument“ nicht nur allgemein fur „psychologisch beachtlich“39 gehalten werden muss, sondern auch, dass „unter den damaligen Bedingungen in Deutschland eine echte inflatorische Entwicklung fur den Fall wirkungsvoller Aktionen gar nicht so unwahrscheinlich gewesen zu sein“ scheint.40 Begrundend argumentiert er, dass die Annahme, „daB bei groBer Arbeitslosigkeit eine zusatzliche Kaufkraft nicht hatte inflatorisch wirken konnen“41 aus heutiger42 Sicht wohl nicht mehr unbedingt zutreffend sei. Im Ubrigen habe es laut Borchardt fur die Abwertung der Reichsmark und fur ein „deficit spending in den Parteien und Unternehmerverbanden bis zum Fruhjahr 1932 keine Unterstutzung gegeben.43 Im Gegenteil sei Brunings Politik weder von der Regierung „nahe stehenden oder sie tolerierenden Parteien noch von irgendeinem Unternehmerverband oder von den Gewerkschaften prinzipiell durch eine Alternative infrage gestellt worden“ 44. Eine politische Kraft, die eine Alternative hatte herbeifuhren konnen, habe es zu dieser Zeit nicht gegeben und so behauptet Borchardt: „Wer unter diesen Umstanden von Bruning erwartet, er hatte eine andere Konjunkturpolitik betreiben konnen und sollen (fur die es ubrigens 1931/32 auch in keinem anderen Staat ein Vorbild gegeben hat), unterstellt ihm eine Macht uber die Verhaltnisse, die er wohl nicht besaB.“45 AbschlieBend stellt er fest: „[...] die konjunkturpolitischen Handlungsspielraume waren wegen der auBen- und innenpolitischen Zwangslage mindestens in der Regierungszeit Brunings, als bis zum Mai 1932, viel enger, als das eine spatere, allein auf die konjunkturtheoretische Frage konzentrierte Kritik gesehen hat“.46
2.3 Uberlegungen zum Erfolg der Plane und einer heutigen Losung fur das damalige Problem
Borchardt berucksichtigt in seiner weiteren Argumentation die Frage, ob die „bis Mitte 1932“*47 vorgeschlagenen alternativen Plane trotz der vielen Hindernisse nicht doch sinnvolle Ergebnisse gebracht hatten, wenn sie durchgesetzt worden waren.48 Nach seiner Ansicht „muB ein sorgfaltig prufender Wirtschaftsanalytiker heute zu der Ansicht kommen, daB keiner dieser damaligen Plane das konjunkturelle Schicksal hatte nennenswert wenden konnen“49. Diese hatten einen „viel zu geringen Umfang“ gehabt, sodass es nicht berechtigt scheint, von „so kleine[n] Betrage[n]“ „eine viel groBere Wirkung“ oder gar eine wirtschaftspolitische Wende zu erwarten.50 Borchardt gibt an, dass es auch heute51 keine Losung fur die Finanzkrise der Weimarer Wirtschaft im konjunkturpolitischen Sinne gebe und es „damals vermutlich auch gar keine Losung“ in dieser Form geben konnte.52 Wenn man das kontinuierlich steigende Wirtschaftswachstum seit 1850 bis 1970 untersucht, ist in der Weimarer Zeit ein starker Einbruch in den Jahren 1929 bis 1932 erkennbar, dem aber auch in den Vorjahren kein starkes Wachstum vorausgeht.53 Laut Borchardt war die Situation in der Republik „nicht durch Merkmale einer stark wachsenden Wirtschaft gekennzeichnet, eher durch Merkmale einer in Verteilungskampfen verstrickten Wirtschaft“54. Eine genauere Untersuchung der wirtschaftlichen Verhaltnisse zeigt, dass eine groBe Diskrepanz zwischen Arbeitsproduktivitatm und Lohnentwicklung bestand: wahrend die Arbeitsproduktivitat nicht einmal das Vorkriegsniveau erreichte, lagen die Löhne „nach 1924 deutlich höher als 1914“55.
[...]
1 Vgl. Eberhard Kolb, Die Weimarer Republik, Munchen, 2002. S. 233.
2 Vgl. Ebd., S. 230.
3 Ebd., S. 233.
4 Vgl. Ebd., S. 230.
5 Vgl. Knut Borchardt, Zwangslagen und Handlungsspielraume in der groBen Wirtschaftskrise der fruhen DreiBigerjahre, S. 165.
6 Borchardt, S. 166.
7 Vgl. Ebd.
8 Vgl. Ebd.
9 Vgl. Ebd., S. 170.
10 Ebd., S. 167.
11 Borchardt, S. 165.
12 Ebd., S. 167.
13 Ebd.
14 Vgl. Ebd.
15 Ebd.
16 Ebd.
17 Vgl., Ebd.
18 Vgl. Karl Dietrich Bracher, Die Auflosung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie, S. 366.
19 Vgl. Ebd., S. 377 ff.
20 Ebd.
21 Borchardt, S. 169.
22 Borchardt, S.170.
23 Vgl. Ebd.
24 Vgl. Ebd.
25 Vgl. Ebd.
26 Vgl. Ebd.
27 mUA
28 Vgl., Ebd.
29 Vgl. Ebd., S. 172.
30 Vgl. Ebd.
31 Vgl. Ebd.
32 Ebd., S. 171.
33 Ebd.
34 Vgl. Ebd., S. 171/172.
35 Vgl. Ebd., S. 172. Siehe hierzu andere Begrundung bei Ritschl uber Verbot der Annahme durch Hoover, hier erlautert auf S. 17.
36 Ebd.
37 Ebd.
38 Vgl. Ebd.
39 Vgl. Ebd.
40 Vgl. Ebd.
41 Vgl. Borchardt, S. 172.
42 Anmerk. d. Verf.: Forschungsstand 1980.
43 Vgl. Borchardt, S. 173.
44 Borchardt, S. 173.. Siehe hierzu Begrundung Ritschls, hier erlautert auf S. 15/16.
45 Ebd.
46 Ebd., S. 173.
47 Ebd., S.174.
48 Ebd., S.173.
49 Ebd., S. 174.
50 Ebd.
51 Anmerk. d. Verf.: Forschungsstand 1980.; Siehe eingeschrankter Losungsvorschlag Ritschl von 2002, dargestellt auf S. 17.
52 Vgl. Borchardt, S. 174.
53 Vgl. Borchardt, S. 175.
54 Ebd., S. 176.
55 Borchardt, S. 175.
- Citar trabajo
- Christina Gieseler (Autor), 2007, Die Reparationen in der Ära Brüning - Kontroverse um Deflationspolitik und Alternativen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148690
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