Das Fach Informatik sowie die Projektmethode sind zukunftsorientierte Konstrukte, die zum einen von der Wirtschaft benötigt, zum anderen von ihr in der Praxis verwendet werden. Wirtschaft und die Informationstechnologien sind heutzutage zu einer Einheit verschmolzen und bedingen sich gegenseitig. Jedoch kann ein Betrieb aus IT-Innovationen keinen Nutzen generieren, wenn er keine professionell ausgebildeten Mitarbeiter besitzt, die solche Neuerungen implementieren, anwenden, warten und weiterentwickeln. Dieses Phänomen lässt sich gerade jetzt sehr gut in der Industrie ablesen, wo ein Mangel an Fachkräften zu verzeichnen ist.
Folglich ist es unabdingbar, dass in der berufsbildenden Ausbildung die Informatik und ihre Inhalte einen wichtigen Stellenwert erhalten und die Schüler bzw. Auszubildenden anhand dessen eine informatische Bildung aufbauen können. Die Handlungsorientierung als didaktisches Prinzip spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Im Informatikunterricht soll nicht nur Faktenwissen bezüglich der Informationssysteme, Datenbanken und der Programmierung vermittelt, sondern darüber hinaus von den Schülern Performanzen generiert werden, die zu beruflicher Handlungskompetenz führen. Die Tatsache, dass in der Praxis durch Projektarbeit auf effiziente Weise IT-Vorhaben abgewickelt werden, ermöglicht für den Informatikunterricht in der Schule eine durchaus interessante Unterrichtsmethode als Alternative zu den herkömmlichen Vermittlungspraktiken.
Die vorliegende Arbeit soll einen empirisch fundierten Beitrag zur Aufklärung des Projektablaufes, den Zieldeklarationen und Wirkungsweisen der Projektmethode im wirtschaftsberuflichen Informatikunterricht leisten. Hierzu sollen die einzelnen Projektphasen auf Verwendung geprüft und die entsprechenden Ziele durch das Selbstkonzept der beruflichen Handlungskompetenz von den Schülern eingeschätzt werden. Im Wesentlichen soll geklärt werden, wie gut ein Schüler seiner Meinung nach durch Realisierung von Projekten im Unterschied zu herkömmlichen Informatikunterricht eine berufliche Handlungskompetenz erreicht bzw. im Anschluss besitzt. In diesem Zusammenhang wird auch analysiert, ob eine Wechselbeziehung mit inhaltlichen Vorkenntnissen, Projektarbeitserfahrungen und dem Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz besteht.
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abstract
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau der Arbeit
2. Theoretischer Kontext
2.1 Fachdidaktik Informatik
2.1.1 Begriffserklärung
2.1.2 Informatische Bildung
2.1.3 Didaktische Ansätze der Schulinformatik
2.1.4 Berufliche Handlungskompetenz als normatives Ziel
2.2 Projektmethode
2.2.1 Begriffserklärung
2.2.2 Ausgestaltung und Merkmale
2.2.3 Phasen und Ablauf
2.2.4 Ziele der Projektmethode
2.3 Empirische Befunde als Überblick
3. Untersuchungsdesign
3.1 Fragestellung
3.2 Methode
3.2.1 Probandenbeschreibung
3.2.2 Erhebungsinstrumente
3.2.3 Untersuchungsdurchführung
3.2.4 Auswertungsverfahren
4. Ergebnisse
4.1 Analyse der Projektmethode
4.2 Analyse des Selbstkonzepts der beruflichen Handlungskompetenz
4.3 Korrelationsanalyse mit inhaltlichen Vorkenntnissen
4.4 Korrelationsanalyse mit Projekterfahrungen
5. Zusammenfassung und Ausblick
5.1 Zusammenfassung der zentralen Ergebnisse
5.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Anhang A – Hinweise bezüglich der Befragung
Anhang B – Fragebogen der Lehrpersonen
Anhang C – Fragebogen der Treatmentgruppe
Anhang E – Statistische Auswertungen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Variablenzuordnung zu den Komponenten der beruflichen Handlungskompetenz (selbst erstellt)
Tabelle 2: Item-Variablenzuordnung der Einflussfaktoren (selbst erstellt)
Tabelle 3: Überblick über die inhaltl. Themengebiete des Informatikunterrichts (selbst erstellt)
Tabelle 4: Häufigkeiten der Projektthemen (selbst erstellt)
Tabelle 5: Übersicht über signifikante Korrelationen bei inhaltlichen Vorkenntnissen (selbst erstellt)
Tabelle 6: Übersicht über signifikante Korrelation bei Projekterfahrung (selbst erstellt)
Tabelle 7: Matrix von Hypothesen – empirische Ergebnisse (selbst erstellt)
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Auszug der Internet-Startseite von HAYS AG (vgl. Hays AG (2009))
Abbildung 2: Einbettung der Didaktik der Informatik (in Anlehnung an S. Schubert und A. Schwill (2004), S. 18)
Abbildung 3: Konkretisierung beruflicher Handlungskompetenz (selbst erstellt)
Abbildung 4: Phasen und Schritte der Projektmethode (selbst erstellt)
Abbildung 5: Gruppenkonstellation TG und KG (selbst erstellt)
Abbildung 6: Überblick über die untersuchten wirtschaftsberuflichen Schulen (selbst erstellt)
Abbildung 7: Mittelwertsvergleich der einzelnen Projektphasen (selbst erstellt)
Abbildung 8: Mittelwertsvergleich der einzelnen Items des Projektablaufes (selbst erstellt)
Abbildung 9: Dimensionen und Komponenten des Selbstkonzepts der beruflichen Handlungskompetenz (selbst erstellt)
Abbildung 10: Signifikante Items des Selbstkonzepts der beruflichen Handlungskompetenz (selbst erstellt)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abstract
Das Fach Informatik sowie die Projektmethode sind zukunftsorientierte Konstrukte, die zum einen von der Wirtschaft benötigt, zum anderen von ihr in der Praxis verwendet werden. Wirtschaft und die Informationstechnologien sind heutzutage zu einer Einheit verschmolzen und bedingen sich gegenseitig. Jedoch kann ein Betrieb aus IT-Innovationen keinen Nutzen generieren, wenn er keine professionell ausgebildeten Mitarbeiter besitzt, die solche Neuerungen implementieren, anwenden, warten und weiterentwickeln. Dieses Phänomen lässt sich gerade jetzt sehr gut in der Industrie ablesen, wo ein Mangel an Fachkräften zu verzeichnen ist.
Folglich ist es unabdingbar, dass in der berufsbildenden Ausbildung die Informatik und ihre Inhalte einen wichtigen Stellenwert erhalten und die Schüler bzw. Auszubildenden anhand dessen eine informatische Bildung aufbauen können. Die Handlungsorientierung als didaktisches Prinzip spielt hierbei eine wesentliche Rolle. Im Informatikunterricht soll nicht nur Faktenwissen bezüglich der Informationssysteme, Datenbanken und der Programmierung vermittelt, sondern darüber hinaus von den Schülern Performanzen generiert werden, die zu beruflicher Handlungskompetenz führen. In diesem Zusammenhang und mit Blick auf die realitätsnahe Umsetzung lässt sich erkennen, dass in den Betrieben Fragen betreffend Informationstechnologien in der Regel innerhalb von Projekten beantwortet und umgesetzt werden. Dies zeigt eine Umfrage Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltender Detecon International GmbH (2004, S. 3) in der 76% der vorhandenen Bereiche innerhalb der Unternehmen ein eigenes Entscheidungsgremium und eine operational unterstützende Einheit für das Projektmanagement besitzen. Die Umsetzung reicht von Hardwareimplementierungen, wie Anschaffung neuer Client-Rechner, Servern oder Peripheriegeräten, bis hin zu Softwareerweiterungen und -entwicklungen. Des Weiteren schätzen 90% der Befragten ihre durchgeführten Projekte als erfolgreich bis sehr erfolgreich ein. Die Tatsache, dass in der Praxis durch Projektarbeit auf effiziente Weise IT-Vorhaben abgewickelt werden, ermöglicht für den Informatikunterricht in der Schule eine durchaus interessante Unterrichtsmethode als Alternative zu den herkömmlichen Vermittlungspraktiken. Da die Projektmethode durch ihre Projekt- und Problemorientierung in die gleiche Richtung der handlungsorientierten Prinzipien wie die Informatik tendiert, kann durch die Lehrperson ein Synergieeffekt hervorgerufen werden. Dieser Sachverhalt lässt sich auch darin erkennen, dass in den IT-Berufen innerhalb des Lernfeldkonzeptes das Lernfeld „Projektmanagement“ eingeführt und die Abschlussprüfung bei der IHK durch eine betriebliche Projektarbeit ergänzt wurde.
Die vorliegende Arbeit soll einen empirisch fundierten Beitrag zur Aufklärung des Projektablaufes, den Zieldeklarationen und Wirkungsweisen der Projektmethode im wirtschaftsberuflichen Informatikunterricht leisten. Hierzu sollen die einzelnen Projektphasen auf Verwendung geprüft und die entsprechenden Ziele durch das Selbstkonzept der beruflichen Handlungskompetenz von den Schülern eingeschätzt werden. Im Wesentlichen soll geklärt werden, wie gut ein Schüler seiner Meinung nach durch Realisierung von Projekten im Unterschied zu herkömmlichen Informatikunterricht eine berufliche Handlungskompetenz erreicht bzw. im Anschluss besitzt. In diesem Zusammenhang wird auch analysiert, ob eine Wechselbeziehung mit inhaltlichen Vorkenntnissen, Projektarbeitserfahrungen und dem Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz besteht.
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Informatik in den Betrieben und daraus resultierend die Informatik als Schulfach hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen und wird dies auch in Zukunft tun. Faktoren wie die Globalisierung, Supply Chain Management[1] und die weltweite Vernetzung der Finanzmärkte benötigen informationstechnologische Unterstützung. Hierbei sind jedoch nicht nur Hard- und Software Aspekte zu beachten, vor allem muss das sogenannte Humankapital durch Aus- und Weiterbildung gefördert werden (vgl. Özdemir, O. (2004), S. 13)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Auszug der Internet-Startseite von HAYS AG (vgl. Hays AG (2009))
Wie aus der Internet-Startseite des Personaldienstleisters HAYS AG zu entnehmen ist, gibt es einen sehr großen Markt für Arbeitnehmer, die mit ihrem Know-how und erworbenen Kompetenzen in der Projektarbeit in den unterschiedlichsten Branchen gefragte Mitarbeiter sind. Dieser Markt besteht schon seit Längerem, jedoch wurde sein Bedarf überdeutlich, als die Wirtschaft im Jahre 2008 in ihrer Hochkonjunktur massiv nach Fachkräften nachfragte. Dieses Beispiel zeigt zum einen, dass in der Wirtschaft und vor allem in der IT (siehe Abbildung 1 „Information Technology“) die tägliche Arbeit durch Projekteinsätze realisiert wird; zum anderen ergibt sich die Schlussfolgerung, dass der heutige Arbeitnehmer über Erfahrungen in der Projektarbeit verfügen muss.
Um solche Kompetenzen und Erfahrungen in der schulischen Bildung zu erwerben, ist es notwendig, dass dem Schüler bzw. Auszubildenden die Möglichkeit gegeben wird, Projektarbeit innerhalb des Unterrichtes zu absolvieren. Wie aus den Lehrplänen zu entnehmen, ist die Projektmethode in verschiedenen Ausbildungsberufen curricular begründet. Der Schüler soll befähigt werden, in Projekten bei der Analyse, dem Entwurf, der Realisierung und der Bereitstellung von betrieblichen Anwendungssystemen mitzuwirken (vgl. BIBB (1997), S. 9). Dieser Auszug aus der Zielformulierung des Lernfeldes „Entwickeln und Bereitstellen von Anwendungssystemen“ im Ausbildungsberuf der Informatikkaufleute des Rahmenlehrplanes von Rheinland-Pfalz zeigt, dass durch die curriculare Reform hin zu Lernfeldern, aber auch eine allgemeine Ausrichtung zur Handlungsorientierung, die Annäherung an die berufliche Tätigkeit vollzogen wurde. Das Ziel der lernfeldübergreifenden Vermittlung kann insbesondere über projektorientierten Unterricht erreicht werden, da Projekte alle möglichen Stoffgebiete „wie ein Magnet um sich zu sammeln“ pflegen (Dewey J. (1935), S. 97).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Nun liegt es an der Lehrperson im Unterricht, zu gegebener Zeit, die Projektmethode einzusetzen und dem Schüler somit die Gelegenheit zu geben, in praktischen Übungen vorhandene Kenntnisse anzuwenden und sich das zu erlernende Wissen anzueignen. Wie zuvor schon erwähnt spielt die Projektarbeit in der beruflichen Umsetzung der Informatik eine wesentliche Rolle, von daher muss diese Methode auch im Schulfach Informatik implementiert werden.
Die Intention dieser Arbeit besteht nicht darin die Projektmethode als „die“ geeignete Unterrichtsmethode im Fach Informatik herauszustellen. Dies hat bereits G. Pätzold (2003, S. 191-193) verneint, indem er Lehrer verschiedene Methoden, darunter auch die Projektmethode und deren Zielsetzung bzw. –perspektiven, untersuchte. Hier wurde deutlich, dass eine Methode nicht ausreicht, um alle Zielsetzungen abzudecken. Forschungsgegenstand soll vielmehr sein, wie der Schüler den Projektunterricht einschätzt, im Hinblick auf sein Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz, die Fach-, Sozial- und Selbstkompetenz beinhaltet, um daraus resultierend die vorhandene Forschungslücke zu schließen. In diesem Kontext ergeben sich folgende Fragestellungen, die mit Hilfe einer Studie innerhalb dieser Arbeit geprüft werden sollen.
1) Wie wird die Projektmethode im Hinblick auf ihre Projektphasen im Informatikunterricht durchgeführt?
2) Wird mit Hilfe der Projektmethode ein überdurchschnittliches Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz im Schulfach Informatik realisiert?
3) Welcher Zusammenhang besteht zwischen inhaltlichen Vorkenntnissen und dem Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz eines Schülers?
4) Welcher Zusammenhang besteht zwischen Erfahrung bezüglich der Projektarbeit und dem Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz eines Schülers?
Vor dem Hintergrund der gesammelten empirischen Erkenntnisse werden die nachstehenden Hypothesen geprüft. Dies geschieht anhand der Ergebnisse, die sich aus den erhobenen Daten nach der Befragung der Schüler und Auszubildenden ermitteln lassen.
H1
Der Projektunterricht und dessen Phasen werden vollständig durchlaufen, wobei jedoch keine maximale Schülerorientierung bezogen auf Schritt 1 „Projektinitiierung“ und Schritt 5 „Projektauswertung“ vollzogen wird.
H2
Durch die Anwendung der Projektmethode wird ein höheres Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz verwirklicht im Vergleich zu Informatikunterricht ohne jegliche Projektarbeit (Kontrollgruppe).
H3
Es besteht ein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Dimension Sachkompetenz, welcher auf das Ausmaß inhaltlicher Vorkenntnisse (Experten und Novizen) zurückzuführen ist.
H4
Je mehr Erfahrungen ein Schüler in der Anwendung der Projektmethode hat, desto stärker verfügt er über Sozial- und Selbstkompetenzen.
1.2 Aufbau der Arbeit
Der Kern der vorliegenden Arbeit besteht aus einer empirischen Erhebung und Analyse zur Projektmethode im Informatikunterricht an wirtschaftsberuflichen Schulen in der Metropolregion Rhein-Neckar. Die Ergebnisse der vorgenommenen Untersuchung werden in Verbindung mit den getroffenen Hypothesen beschrieben. Hierzu werden im Vorfeld wichtige konzeptionelle Grundlagen sowie theoretische Zusammenhänge erläutert, und der aktuelle Forschungsstand aufgezeigt. In Kapitel 1 wird die allgemeine Problemstellung und der Aufbau der Arbeit erläutert.
In Kapitel 2 wird der theoretische Kontext dieser Arbeit dargelegt, in dem Bezug genommen wird auf die Fachdidaktik Informatik sowie die Unterrichtsmethode der Projektarbeit. Innerhalb der Informatik wird auf die informatische Bildung als Ziel dieses Schulfaches eingegangen und vor allem die Gewichtung innerhalb des Informatikunterrichts bezüglich des Bereichs „Beherrschung grundlegender Konzepte“ skizziert. Darüber hinaus werden didaktische Ansätze der Schulinformatik erläutert und der heutige Ansatz der Systemorientierung mit seinen Ausprägungen zur Problemorientierung und didaktischen Leitlinien näher ausgeführt. Der Weg zum oben genannten Ziel wird durch einen handlungsorientierten Unterricht erreicht, der im Unterkapitel 2.1.4 in Verbindung mit der beruflichen Handlungskompetenz und deren Selbstkonzept beschrieben wird. Der Projektunterricht als eine Möglichkeit zur Gestaltung von handlungsorientiertem Unterricht wird vorgestellt durch eine Beschreibung der Merkmale sowie eine Erläuterung der einzelnen Projektphasen. Des Weiteren werden Ziele, besonders im Hinblick auf die Handlungsorientierung, dieser Unterrichtsmethode zugeordnet.
Abschließend wird dieser theoretische Kontext anhand von ausgewählten empirischen Forschungsergebnissen konkretisiert, indem zu den einzelnen Konstrukten Informatikunterricht, Projektmethode und berufliche Handlungskompetenz Studien und deren Resultate dargelegt werden. Allerdings werden auch bestehende Forschungslücken verdeutlicht, die zum Teil eine Forschungsgrundlage der vorliegenden Arbeit bilden.
Kapitel 3 zeigt die Fragestellungen dieser Arbeit in Verbindung mit dem theoretischen Kontext und der Empirie auf. Nach Vorstellung der Probanden sowie der Erhebungsinstrumente und Darlegung des Auswertungsverfahrens erfolgt die Analyse der Ergebnisse im Hinblick auf die in Kapitel 1.1 aufgestellten Hypothesen.
Die Befunde der Studie zur Projektmethode im Informatikunterricht an wirtschaftsberuflichen Schulen bilden den zentralen Teil dieser Arbeit, sie werden in Kapitel 4 ausgeführt. Die Ergebnisse werden in Bezug auf die Frage- und Problemstellung untersucht und die entsprechenden Hypothesen bewertet. Dabei sollen Wirkungen der Projektmethode auf das Selbstkonzept der beruflichen Handlungskompetenz und verschiedene Einflussfaktoren analysiert werden. Ferner können durch die deskriptiven Daten Aussagen getroffen werden über den Verlauf von Projektarbeiten innerhalb der Schule und dem Fach Informatik. Das Resümee in Kapitel 5 rundet die vorliegende Arbeit ab, und der Ausblick verweist auf die Möglichkeiten die aus den Studienergebnissen gewonnenen Erkenntnisse künftig im Unterricht einzusetzen bzw. für weitere Studien zu verwenden.
2. Theoretischer Kontext
2.1 Fachdidaktik Informatik
2.1.1 Begriffserklärung
Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen, die einen einzelnen Begriff beschreiben und dies ist gerade charakteristisch für die Informatik. Daher ist es unabdingbar, dass zu Beginn Begriffe wie Informatik, Informatiksysteme und Fachdidaktik eindeutig bestimmt werden.
Die Informatik wird zweifelsohne sofort mit dem Wort „Computer“ in Verbindung gebracht. Nicht nur durch die englische Übersetzung von „computer science“, sondern vor allem weil Computer ein Medium und Werkzeug zugleich darstellen, die in der Lage sind theoretische Konzepte praktisch umzusetzen (vgl. Hartmann, W. (2006), S. 4). Doch der Computer ist lediglich Mittel zum Zweck in der Informatik. Der Charakter der Informatik ist weitaus vielfältiger, als dass dieser nur auf das Wort „Computer“ reduziert werden kann. Einer anerkannte Definition der Informatik in Deutschland, die durch die Gesellschaft der Informatik e.V. <www.gi-ev.de> propagiert wird, liefert S. Schubert und A. Schwill (2004, S. 2) wie folgt:
Definition
Informatik ist die Wissenschaft, die sich mit der systematischen und automatischen Verarbeitung, Speicherung und Übertragung von Daten aus der Hardware, der Software, den Grundlagen und Auswirkungen befasst.
Nun gibt es innerhalb der Informatik Informatiksysteme, die die Aufgabe übernehmen die oben erwähnte systematische und automatische Verarbeitung, Speicherung und Übertragung von Daten umzusetzen. Nach P. Hubwieser (2004, S. 43) stellen solche Informatiksysteme die Inhalte des Informatikunterrichts dar. Natürlich gibt es auch ein weiteres Einsatzspektrum dieser Informatiksysteme außerhalb des Unterrichtsgeschehens (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 44). Damit Übersichtlichkeit gewährt bleibt, grenzt A. Hauf-Tulodziecki (1999, S. 123, 127) solche Systeme bezüglich ihrer spezifischen medialen Funktionalitäten ein.
Definition
Informatiksysteme weisen drei Eigenschaften auf: automatischen Verarbeitung von Daten, Vernetzung und Interaktion mit menschlichen Benutzern.
Als Beispiel für Informatiksysteme wären zu nennen: einzelne oder vernetze Computer, Mobiltelefone oder elektronische Steuerungsanlagen. All diese Systeme besitzen die Eigenschaften, dass sie als instrumentelles Medium Informationen verarbeiten (verknüpfen und zusammensetzen), als lokale und globale Netze agieren (Informationen an beliebige Orte übertragen und von beliebigen Orten empfangen) und als interaktives Medium durch Eingabe und Ausgabe mit dem Menschen kommunizieren (vgl. Hauf-Tulodziecki, A. (1999), S. 123).
Damit eine Lehrperson einen Informatikunterricht planen, gestalten und durchführen kann, ist neben den Inhalten auch die Fachdidaktik relevant. Nach S. Schubert und A. Schwill (2004, S. 17) lautet die zentrale Fragestellung einer Fachdidaktik: „Was soll wann, wie und mit welchen Zielen gelehrt werden“. Präziser formuliert:
Definition
Die Fachdidaktik stellt eine Schnittstelle zwischen Pädagogik und der Fachwissenschaft dar und liefert für die Wissensvermittlung an Bildungseinrichtungen die erforschten und gewonnenen Erkenntnisse aus der Fachwissenschaft.
Die wesentlichen Prozessschritte sind die Definition der Fachunterrichtsziele, die Entwicklung von Methodik- und Organisationskonzepten und die Festlegung der Ideen, Methoden und Erkenntnisse der Fachwissenschaft, die im Unterricht vermittelt werden sollen. Darüber hinaus sind eine sinnvolle Sequenzierung der Unterrichtsinhalte sowie eine fortlaufende Aktualisierung hinsichtlich neuster fachwissenschaftlicher und pädagogischer Erkenntnisse unerlässlich (vgl. Schubert, S. und Schwill, A. (2004), S. 17).
Die Aufgabe der Didaktik in der Informatik besteht darin, die allgemeine Didaktik (Wissenschaft vom Lehren und Lehren) in Bezug auf die Informatik zu konkretisieren. „Ihr wichtigstes Ziel ist die Gestaltung und Verbesserung des Informatikunterrichts; dabei muss sie auf Resultate der allgemeinen Didaktik, der Pädagogik, der Psychologie und der Wissenschaftstheorie zurückgreifen“ (Baumann, R. (1996), S. 45). Dieses wird ersichtlich aus Abbildung 2, die eine modularisierte Form der Einbettung der Didaktik der Informatik zeigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Einbettung der Didaktik der Informatik (in Anlehnung an S. Schubert und A. Schwill (2004), S. 18)
2.1.2 Informatische Bildung
S. Schubert und A. Schwill (2004, S. 55-56) schreiben: „Informatische Bildung umfasst die kognitive, affektive und psychomotorische Auseinandersetzung mit Informatiksystemen.“ Ziel ist es, im Informatikunterricht, solch eine informatische Bildung, dem Schüler bzw. Auszubildenden zur Verfügung zu stellen und legitimiert so ihren Einsatz (vgl. Koerber, B. (1995), S. 88). Dabei liegen die Schwerpunkte im schulischen Unterrichtseinsatz auf drei Bereichen, die im Folgenden kurz erläutert werden (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 43-44).
1) Einsatz als Medium oder Lernhilfe
2) Schulung von Bedienerfertigkeiten
3) Beherrschung grundlegender Konzepte
Zu 1) Einsatz als Medium oder Lernhilfe:
Informatiksysteme zur Unterstützung von Lernprozessen ist der Teilbereich, der in den aktuellen Diskussionen das größte Interesse erregt. Hierbei werden Themenkomplexe des E-Learning, wie Learnmanagementsysteme (LMS) á la „MOODLE“ oder „ILIAS“, computerbasiertes Training (CBT), aber auch der alltägliche Internetumgang angesprochen. Der Schüler erhält Gelegenheit in einer virtuellen Umgebung seine Lernvorgänge individuell zu gestalten. In diesem Anwendungsbereich wird der Begriff „Medieneinsatz“ in Verbindung mit „Medienerziehung“ und deren Ziel der Vermittlung von „Medienkompetenz“ verwendet (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 44). Nach A. Hauf-Tulodziecki (1995, S. 79) befähigt die Medienerziehung den Schüler die verfügbaren Mittel verantwortungsvoll und sinnvoll zu nutzen sowie wertorientierte Einstellungen zu entwickeln und entsprechende Verhaltensweise einzuüben. Die daraus resultierende Medienkompetenz lässt sich in vier Dimensionen unterteilen (vgl. Baacke, D. (1997), S. 98-99). Die vier Dimensionen sind Medien-Kunde, Medien-Kritik, Medien-Nutzung und Medien-Gestaltung. Die Medien-Kunde beschreibt Wissen über die heutigen Mediensysteme, wohingegen die Medien-Kritik die analytische Komponente des Wissens bezüglich gesellschaftlicher Prozesse darstellt. Die Medien-Nutzung kann rezeptiv, anwendend als auch interaktiv, anbietend erfolgen, indem lediglich Wissen aufgenommen und erworben wird oder der Schüler selbst Wissen bzw. Produkte produziert und zur Verfügung stellt. Die letzte Dimension ist die Medien-Gestaltung, die innovative und/oder kreative Veränderungen bzw. Weiterentwicklungen vorantreibt (vgl. Özdemir, O. (2004), S. 23-26). Medienerziehung und Informatiksysteme als Medium oder Lernhilfen sind jedoch nicht die curriculare Hauptaufgabe des Schulfaches Informatik, sondern lediglich ein Bestandteil der informatischen Bildung. Medienerziehung ist von jedem anderen Schulfach in gewisser Weise zu tragen. Sie kann jedoch ohne angemessene informatische Bildung in Form von systematischem Informatikunterricht ihre Ziele nicht verfolgen (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 64).
Zu 2) Schulung von Bedienerfertigkeiten:
Die Bedienerfertigkeit an konkreten Informatiksystemen ist die zweite Schwerpunktsetzung, die vor allem in der Weiterbildung eine Rolle spielt. Klassisches Beispiel sind Seminare oder Kurse, in der die Handhabungen von Programmen wie zum Beispiel Textverarbeitungs- oder Tabellenkalkulationssoftware (Word, Excel etc.) in Form von speziellen Kenntnissen und Fertigkeiten gelehrt wird (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 46). Dabei sollte optimalerweise die Aufgabenstellung und nicht die Softwarestruktur im Vordergrund stehen, damit Wissen leichter transferiert werden kann, wenn neue Softwarereleases oder Softwarewechsel durchgeführt werden. Nichtsdestotrotz erfüllen Bedienung und Umgang mit konkreten Systemen, die auch als Werkzeuge dienen, eine grundlegende Aufgabe. Es werden Wirkungsweisen und Funktionsumfänge, die innerhalb des Gesamtkonzeptes der informatischen Bildung stehen, geschult und somit die Voraussetzung geschaffen, dass der Schüler oder Auszubildende komplexe Informatiksysteme bedienen kann und in der Lage ist, seine theoretischen Grundlagen bezüglich Kenntnissen, Wissen und Fähigkeiten operativ umzusetzen (vgl. Schubert, S. und Schwill, A. (2004), S. 56).
Zu 3) Beherrschung grundlegender Konzepte:
Eine Thematisierung von Prinzipien, Konzepten und Strategien zur Planung, Konstruktion, Beschreibung und Bewertung abstrakter Informatiksysteme ist der dritte Bereich der informatischen Bildung und stellt zugleich das Hauptziel des Informatikunterrichts dar (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 48). Diese Beherrschung reicht von Programmierung über Bedienung und Anwendung von Tabellenkalkulationsprogrammen bis hin zu Lerninhalten ohne jegliche Beteiligung von elektronischen Rechenanlagen, wie zum Beispiel Prozessmodellierung für Geschäftsprozesse, Berechnung von Prozesswarteschlangen oder Entwicklung von Enity-Releationship-Diagrammen[2]. Folglich stellt das Erkennen übergeordneter Strukturen oder Strategien ein Lernziel dar, welches nicht das Erlernen der Feinheiten einer bestimmten Programmiersprache oder das perfekte Beherrschen eines Softwareprogramms zum Ziel hat. Dies ist lediglich Mittel zum Zweck und sollte auch verbalisiert werden, damit den Schülern Exaktheit und innere Konsequenz informatischer Arbeitsweisen vermittelt werden können (vgl. Zentralstelle für Computer im Unterricht (2000), S. 24).
Zwischen diesen 3 Bereichen liegt ein interdependenter Zusammenhang vor, da sie Kenntnisse und Fertigkeiten aus den anderen Bereichen nutzen (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 48). Ein effektiver und auch effizienter Einsatz von Informatiksystemen als Medium oder als Lernhilfe benötigt einen Überblick über grundlegende Konzepte, als auch eine gewisse Bedienerfertigkeit, die eine Voraussetzung darstellt, um den Lernprozess sinnvoll zu unterstützen. Eine Bedienerschulung, in der wie bereits erwähnt die Aufgabenstellung im Mittelpunkt steht, beinhaltet die wesentlichen Prinzipien, Konzepte und Strategien und ermöglicht so den Anwendungsbereich, in dem die Bedienerfertigkeit trainiert wird, als Unterrichtshilfe einzusetzen. Das primäre Ziel des Informatikunterrichts, die fundamentalen Strukturen zu erschließen, wird in der Praxis handlungsorientiert vermittelt, um eine Veranschaulichung der Lerninhalte und Motivationsgenerierung zu erreichen. Folglich ist auch hier Bedienerfertigkeit notwendig und die Konzepte werden an Informatiksystemen ausgerichtet, die als Medium dienen.
So kann die informatische Bildung verstanden werden, als „das Ergebnis von Lernprozessen, in denen Grundlagen, Methoden, Anwendungen, Arbeitsweisen und die gesellschaftliche Bedeutung von Informations- und Kommunikationssystemen erschlossen werden“ (Hauf-Tulodziecki, A. (1999), S. 120).
Innerhalb dieser informatischen Bildung beschreibt R. Baumann (1996, S. 120), dass es drei didaktische Leitlinien mit den dazugehörigen Leitfragen gibt, die es im Informatikunterricht betreffend jeglicher Thematik aufzugreifen gilt. Zum einen das Problemlösen und zum anderen die Wirkungsprinzipien von Informatiksystemen. Das heißt wie und welche Probleme in der Berufs- und Lebenswelt können mit Hilfe von Informatiksystemen und deren Entwicklung, Gestaltung und Anwendung gelöst werden? Welche Prinzipien der Funktionalität sind vorhanden und in welchen Kategorien oder Zusammenhänge lassen sie sich einordnen? Als dritte Leitlinie sind Grundlagen, aber auch Grenzen technischer Wissensverarbeitung aufzuzeigen. Was lässt sich mit welcher Programmiermethodik verwirklichen und welche Alternativen bestehen? Die so aufgebaute bzw. vervollständigte informatische Bildung rechtfertigt Lernziel und Lerninhalte des Schulfaches Informatik und das Schulfach an sich (Baumann, R. (1996), S. 115).
Der allgemeinbildende Wert informatischer Bildung kann anhand des Kriterienkatalogs von H. Bussmann und H.-W. Heymann (1987) belegt werden, der im Folgenden nicht detailliert dargestellt, sondern bezüglich der Vollständigkeit knapp umrissen wird.
Der Informatikunterricht bereitet auf zukünftige Lebenssituationen vor und gibt Anleitung zum kritischen Vernunftsgebrauch. Zudem ist der Aufbau eines Weltbildes durch den Umgang mit Informationen und Informationssystemen sowie Stiftung kultureller Kohärenz (Aneignung rezeptiver und tradierter Kulturgüter) gegeben (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 63). Das letzte Kriterium, die Stärkung des Schüler-Ichs, zeigt sich darin, dass Schüler und Auszubildende innerhalb des Schulfaches Informatik und später in der Berufswelt in der Lage sind, Hard- und Software selbstsicher anzuwenden.
Darüber hinaus sind in der fachgerechten Informatikausbildung an wirtschaftsberuflichen Schulen Kosten, Alternativen und Auswirkungen der Verarbeitung von Informationen durch Informatiksysteme eingehend zu behandeln (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 65).
2.1.3 Didaktische Ansätze der Schulinformatik
Es gibt jede Menge mögliche Zugänge zur Informatik, die aus ihren Unterrichtszielen und den didaktischen Ansätzen resultieren (vgl. Schubert, S. und Schwill, A. (2004), S. 19-20). Dabei hat die Informatik in der Schule schon einige didaktische Ansätze verfolgt und dadurch mehrere „Paradigmenwechsel“ ausgelöst. R. Baumann (1996, S. 112) betont, dass keine strikte Ablösung zwischen den Ansätzen stattgefunden hat, sondern eine in sich homogene Entwicklung, die zu dem heutigen Bild von Informatik führte. In den nächsten Abschnitten wird diese Entwicklung des Informatikunterrichts prägnant dargelegt.
Die Hardwareorientierung setzt die Hardware als Ausgangspunkt. Seit 1970 wurde diese praktisch technische Informatikausrichtung, die auch als „Rechnerkunde“ bezeichnet werden kann, umgesetzt (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 50). Dabei spielt das Verständnis der Hardware realer Datenverarbeitungsanlagen die zentrale Rolle, indem sich die Lernziele nach logischen Grundlagen der Datenverarbeitung und ihrer technischen Realisierung ausrichteten (vgl. Baumann, R. (1996), S. 112). Anwendungen lagen hauptsächlich auf numerischem Gebiet und kennzeichneten die enge Verbindung zur Mathematik. Algorithmen wurden anhand von Flussdiagrammen dargestellt und meist in Maschinen- und Assembler-Sprachen[3] modelliert. Höhere Programmiersprachen fanden nur vereinzelt Anwendung (vgl. Schuber, S. und Schwill, A. (2004), S. 23).
Die Algorithmusorientierung stellt den Algorithmus in den Vordergrund. Die Informatik beinhaltet den fachwissenschaftspropädeutischer Anspruch, dass sie „die Methoden zum Entwurf und zur Spezifikation von Algorithmen bereitstellt, die Programmierung unterstützt und Techniken zur Darstellung und Realisierung von Problemlösungen sowie zur Analyse und Verifikation von Programmen erarbeitet“ (Schuber, S. und Schwill, A. (2004), S. 23). Die Zielsetzungen des Informatikunterrichts laut Empfehlung der Gesellschaft für Informatik seit 1976 nennt R. Baumann (1996, S. 113):
1) Die Fähigkeit, algorithmische Lösungen von Problemen systematisch zu finden,
2) algorithmische Lösungen als Programm zu formulieren,
3) das Gelernte durch Anwendung auf praxisorientierte Probleme zu vertiefen,
4) die Auswirkungen der Datenverarbeitung auf die Gesellschaft zu erkennen,
5) das Gelernte möglicherweise durch Erarbeitung theoretischer und technischer Grundlagen der Informatik zu vertiefen.
Die Anwenderorientierung hat als Ziel neben der Lösung praktischer Probleme auch die gesellschaftliche, kulturelle, psychologische Dimension dieser Lösungsfindung miteinzubeziehen (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 52). Hiebei wird vor allem auf die Bedeutung der oben genannten Zielsetzungen 3) und 4) hingewiesen. Zum einen werden durch die Anwendung das Wissen vertieft und geht in Routinen über. Zum anderen können Auswirkungen auf die Gesellschaft erkannt werden, da die Anwender als Nutzer der Applikationen die Gesellschaft repräsentieren. Dieser didaktische Ansatz orientierte sich stark an professionellem Software Engineering, da in kleineren Maßstäben realitätsnahe Softwareproduktion imitiert werden soll (vgl. Baumann, R. (1996), S. 113-114).
Bei der Benutzerorientierung steht der Benutzer im Mittelpunkt. Die BLK (1987) leitete aus dem gesellschaftlichen Wandel, der sich durch Verbreitung von Mikroelektronik in Freizeit und Familienleben äußert, die Verpflichtung zur sogenannten informatischen Grundbildung ab. Der Ansatz beruht auf Verzicht der Programmierung und Vermittlung einer lebenspraktischen Orientierung durch Benutzung von Anwendersystemen. P. Hubwieser (2004, S. 52) betont: „Primäre Zielsetzungen sind informationstechnische Allgemeinbildung, Qualifizierung zum rationalen Umgang mit den Kommunikations- und Informationstechnologien, Steigerung der Beurteilungsfähigkeit ihrer Anwendungen und Auswirkungen sowie die Vermittlung der Fähigkeit durch Ausbreitung und Weiterentwicklung der Technologien entstehende Probleme zu bewältigen“.
Die Systemorientierung, die sich auch in der heutigen informatischen Bildung widerspiegelt, stellt eine didaktische Weiterentwicklung dar, die zum systemorientierten bzw. synergetischen Denken auffordert (vgl. Baumann, R. (1996), S. 114). Der Ansatz wird beeinflusst von der Bestimmung der Informatik als Wissenschaft und vom Entwurf und der Gestaltung von Informatiksystemen. Dabei äußert sich die Synergetik darin, dass nicht losgekoppelte Programme[4] entwickelt werden, sondern Komponenten, die geeignet innerhalb eines Systems zusammenwirken. Es werden verschiedene Wissensformen (mathematisch, sprachlich etc.) benötigt und Auftraggeber und Auftragnehmer agieren in der Systementwicklung gemeinsam. Der Unterricht und dessen Aktionen werden deshalb optimalerweise in kooperativen Projekten geplant und durchgeführt. W. Brauer (1993, S. 3) bemerkt: „Dies setzt ein Behandeln von Problemlösungs- und Gestaltungsmethoden sowie deren kritische Beurteilung, eine Förderung des Denkens in Abläufen und Zusammenhängen, eine Förderung der Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit sowie eine Darstellung der Probleme und der Methoden, komplexe Systeme zu überschauen, im Informatikunterricht voraus“.
Aus diesem Zitat von W. Brauer können die Orientierungen abgleitet werden, die dieses Konzept des Informatikunterrichts besitzt. Da wären die Problemorientierung, die Handlungsorientierung (siehe Kapitel 2.1.4) und die Projektorientierung, beschrieben als Projektmethode in Kapitel 2.2. Die Problemorientierung stellt eine konstruktivistische Auffassung des Lernens dar, weil Probleme, die im Mittelpunkt des Unterrichts stehen, zu gemeinsamem Lösen und Diskutieren auffordern (vgl. Humbert, L. (2005), S. 40). Dabei muss das ausgewählte Problem zwei Voraussetzungen erfüllen, die H. Roth (1976, S. 208-209) in seinem Stufenschema entwickelt hat. Zum einem muss das Problem in einer realen Problemsituation stehen und zum anderen eine selbsttätige und selbstständige Lösung möglich sein. Um komplexe Problemstellungen in der Informatik zu bearbeiten, werden Strategien wie die Top-Down-[5] oder Bottom-Up-Strategie[6] verwendet, die anhand von Schemata die Problemlösung strukturieren. Dabei sind die Schemata als Werkzeug zu verstehen, die einzelne Schritte bei der Problemlösung abgrenzen (vgl. Pólya, G. (1995), S. 18-19). Aus dem problemorientierten Unterricht resultiert die erste didaktische Leitlinie nach R. Baumann, die als Problemlösen mit Informatiksystemen gekennzeichnet wird (siehe Kapitel 2.1.2). Bezüglich dieser Leitlinie muss der Schüler in die Lage versetzt werden, eine problemadäquate Auswahl von Werkzeugen zur Lösung von Problemen zu treffen und diese Auswahl zu begründen (vgl. Baumann, R. (1996), S. 171). Des Weiteren müssen Probleme hinsichtlich ihrer Komplexität beurteilt werden (vgl. Baumann, R. (1996), S. 172).
Eine weitere Komponente des systemorientierten Ansatzes sind fundamentale Ideen der Informatik. Fundamentale Ideen stellen ein Instrument dar, welches langlebige Inhalte auf ihre Bedeutsamkeit hinsichtlich eines Themas oder Sachverhaltes überprüft (vgl. Hartmann, W. (2006), S. 34). Nach S. Schubert und A. Schwill (2004, S. 85) ist eine fundamentale Idee der Informatik ein Denk-, Handlungs-, Beschreibungs- oder Erklärungsschema, das vier bzw. nach W. Hartmann (2006, S. 32) fünf Kriterien erfüllt [Horizontal-, Vertikal- Zeit-, Sinn- und Repräsentationskriterium]. Hierzu muss der Sachverhalt bezogen auf das laut Lehrplan vorgeschriebene Lernthema und verschiedene Bereiche anwendbar sein. Der Inhalt muss des Weiteren auf jedem intellektuellen Niveau vermittelt werden können. Eine historische Entwicklung und langfristige Relevanz muss erkennbar sein und es muss einen allgemeingültigen Bezug besitzen. Zuletzt muss der Sachverhalt sich auf verschiedene kognitive Repräsentationsstufen (enaktiv, ikonisch, symbolisch) abbilden lassen (vgl. Hartmann, W. (2006), S. 32). Beispiele für fundamentale Ideen sind: Boole’sche Aussagenlogik, Genetische Algorithmen oder Filtertechniken.
2.1.4 Berufliche Handlungskompetenz als normatives Ziel
Im Berufsbildungsgesetz Teil 1 §1 Absatz 2, 3 und 4 wird als Ziel die berufliche Handlungskompetenz ausgerufen, indem berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt werden sollen, um eine qualifizierte berufliche Tätigkeit auszuüben (vgl. BMBF (2005), S. 4). Auch im Fach Informatik an beruflichen Gymnasien sollen die Schüler laut Lehrplan Handlungskompetenzen mittels ausgewählter Informatikinhalte aufbauen (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg (2008), S. 29). Um diese Ziele zu realisieren, ist jedoch eine Handlungsorientierung in der Berufsbildung vonnöten (vgl. Bonz, B. (1999), S. 115). Der handlungsorientierte Unterricht ebnet somit den Weg zur beruflichen Handlungskompetenz. In den nächsten Abschnitten werden die Handlungsorientierung und deren Unterricht, die berufliche Handlungskompetenz und das Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz skizziert.
Die Bezeichnung Handlungsorientierung taucht in unterschiedlichen didaktischen Zusammenhängen auf und lässt sich so durch die verschiedenen Bedeutungsvarianten vielfältig betrachten (vgl. Ebner, H. G. (1992), S. 33-36). Handlungsorientierung liegt nach R. Dubs (1995, S. 173) vor, wenn „die Lernenden durch eigene Lernaktivitäten an komplexen Lernsituationen praktisches Handeln und Denken in einem Dreischritt vereinen: Handeln (aktiver, gestaltender Umgang mit der konkreten und abstrakten Umwelt) – Denken (ordnendes Tun) – Handeln (Anwendung in neuen Situationen)“. Dabei ist mit Handeln die vollständige Handlung gemeint, die vor der ausführenden Tätigkeit auch Überlegungen zur Zielsetzung und zur Planung sowie abschließend zur Beurteilung des Handlungsproduktes umfasst (vgl. Bonz, B. (2001), S. 104). Das Modell der vollständigen Handlung nach zum Beispiel W. Hacker (1986) oder W. Volpert (1992) beinhaltet sechs Schritte (1. Information, 2. Planung, 3. Entscheidung, 4. Ausführung, 5. Kontrolle, 6. Auswertung) (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 37). Nach H. Meyer (2005, S. 214) ist handlungsorientierter Unterricht „ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Organisation des Unterrichtsprozesses leiten, sodass Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenen Verhältnis zueinander gebracht werden können“. Folglich werden die Aspekte der ganzheitlichen Schüleraktivität und die hohe Lernsituationskomplexität, als Konfrontation mit der realen Umwelt, für wesentlich erachtet (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 109 und Vogt, C. (2002), S. 52). Dies führt zur Definition, wie sie S. Metzlaff (2005, S. 185) beschreibt:
Definition
Handlungsorientierter Unterricht ist ein umfassendes Konzept, welches das Handeln des Lernenden in den Mittelpunkt stellt. Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher, schüleraktiver Unterricht, der kognitive, affektive und psychomotorische Lernprozesse anregt. Zentral ist das selbstständige Planen, Durchführen und Kontrollieren einer komplexen, an der realen Umwelt orientierten Aufgabe durch den Lernenden.
Demzufolge geht Handlungsorientierung über die praktische Ausführung von Verrichtungen hinaus, da die angestrebten Handlungen aufgrund von Überlegungen erfolgen, die Orientierungsfähigkeit, Urteilsfähigkeit und kommunikative Kompetenz voraussetzen. Ziel ist die Überwindung von Defiziten, die besonders im traditionellen Unterricht entstehen, wie „träges Wissen“ und die Trennung von Denken und Handeln (vgl. Neef, C. (2005), S. 153). Hierbei sind das Abhandenkommen der Transferfähigkeit auf andere Kontexte (vgl. Jungkunz, D. (2004), S. 195) zu nennen und die unzureichende Auseinandersetzung mit komplexen Alltagssituationen sowie der fehlende Erwerb dringend benötigter, flexibel einsetzbarer Kompetenzen (vgl. Czycholl, R. und Ebner, H. G. (1995), S. 40). Durch den handlungsorientierten Unterricht werden diese Ziele erreicht, indem die berufliche Handlungskompetenz, die im folgenden Abschnitt ausgeführt wird, im Vordergrund steht. Seit 1996 ist die Handlungsorientierung als didaktisches Prinzip für alle Fächer, somit auch für den Informatikunterricht an den berufsbildenden Schulen Pflicht und lässt sich durch unterschiedliche Unterrichtsmethoden verwirklichen (vgl. Özdemir, O. (2004), S. 63). Dabei muss der Unterricht an einer spezifischen Pädagogik ausgerichtet werden, die die Handlungsorientierung betont (vgl. BIBB (1997), S. 1). Der Projektunterricht (siehe Kapitel 2.2) als handlungsorientierte Methode verschränkt dabei fach- und handlungssystematische Strukturen. Die didaktische Leitlinie Problemlösen mit Informatiksystemen nach R. Baumann (1996, S. 120) und die damit verbundene Problemorientierung als methodisches Prinzip korrespondiert in besonderem Maße mit dem handlungsorientiertem Unterricht, der in Form der Projektmethode durchgeführt werden kann (vgl. Hubwieser, P. (2004), S. 68-69).
Um die berufliche Handlungskompetenz zu beschreiben und für diese Arbeit zu definieren, bedarf es zuerst der Klärung der beiden Elemente Handlung und Kompetenz, die durch ihre Synthese Handlungskompetenz erzeugen (vgl. Schwadorf, H. (2003), S. 69). H. Aebli (2001, S. 182-183) definiert Handlungen als „zielgerichtete, in ihrem inneren Aufbau verstandene Vollzüge, die ein fassbares Ergebnis erzeugen“, wobei die Handlung nicht unmittelbares praktisches Tun voraussetzt, sondern auch als gedankliches Nachkonstruieren erfolgen kann. Im schulischen Kontext spielt, wie bereits erwähnt, die vollständige Handlung eine tragende Rolle, da die wesentlichen Merkmale einer Arbeitsaufgabe im Unterricht diese aufweisen soll (vgl. Ebner, H. G. (2001), S. 9). Nach den KMK Handreichungen von 1999 definiert der deutsche Bildungsrat aus pädagogischer Sicht Kompetenz wie folgt: „Kompetenz bezeichnet den Lernerfolg in Bezug auf den einzelnen Lernenden und seine Befähigung zu eigenverantwortlichem Handeln in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen“. Nach der Konzeptionierung von beruflicher Kompetenz, wie sie L. Reetz (1990) mit Bezug auf H. Roth in der wirtschaftspädagogischen Diskussion verankert hat, soll Handlungskompetenz sachgerecht, sozial- und selbstverantwortlich ausgeführt werden. Aus diesem Grunde wird berufliche Handlungskompetenz in Anlehnung an R. Bader (2000, S. 39) definiert als „Fähigkeit und Bereitschaft, in beruflichen Situationen sachgerecht, gruppen- und beziehungsorientiert sowie verantwortlich reflektiert zu handeln (Schwadorf, H. (2003), S. 70 und vgl. BIBB (1997), S. 1). Wie der Definition schon zu entnehmen ist, wird die berufliche Handlungskompetenz kompetenzanalytisch in verschiedene Bereiche aufgeteilt. So verweist sie auf die drei zentralen Dimensionen Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz, die nun einzeln ausgeführt werden.
Die Sach- oder auch Fachkompetenz (vgl. Bader, R. (2001), S. 39), bezeichnet laut BIBB (1997, S. 1) „die Bereitschaft und Fähigkeit, auf der Grundlage fachlichen Wissens und Könnens Aufgaben und Probleme zielorientiert, sachgerecht, methodengeleitet und selbstständig zu lösen sowie das Ergebnis zu beurteilen“. Dies beinhaltet deklaratives Wissen (Aneignung von Wissen über Sachverhalte, im Sinne von Kenntnis und Verständnis der zu behandelnden Begriffe, Aussagen und Zusammenhänge), prozedurales Wissen (Fertigkeiten, die durch wiederholte Anwendung auf verschiedene Zusammenhänge gebildet und mit Wenn-dann-Regeln auf bestimmte Situationen konkretisiert werden (vgl. Reetz, L. (1996), S. 176) sowie Problemlösefähigkeit und -bereitschaft (Erfassung und Lösung von Problemsituationen unter Hinzuziehung sinnvoller Hilfsmittel) (vgl. Schwadorf, H. (2003), S. 79-80).
Die Sozialkompetenz ist definiert als die Fähigkeit und Bereitschaft zu zielgerichtetem gruppen- und beziehungsorientiertem Handeln innerhalb des Arbeitsprozesses (vgl. Schwadorf, H. (2003), S. 81). Sie trägt dazu bei, zwischenmenschliche Situationen besser zu bewältigen (vgl. Greif, S. (1987), S. 317) und zeigt sich im interpersonalen Handeln (vgl. Schuler, H. (1995), S. 81). Hierzu gehört insbesondere auch die Entwicklung sozialer Verantwortung und Solidarität, die Teile einer sozialen Beziehung darstellen (vgl. BIBB (1997), S. 2). Dabei sind mindestens zwei Komponenten zu differenzieren. „Die Teamkompetenz als Fähigkeit und Bereitschaft zur hilfsbereiten, kollegialen Einordnung in eine Gruppe bzw. ein Team zur gemeinsamen Aufgabenbewältigung“ (Schwadorf, H. (2005), S. 68). Dazu zählt ebenfalls die Fähigkeit und Bereitschaft zu überzeugendem Auftreten des Einzelnen gegenüber einer oder mehreren Personen, bei zum Beispiel Verkaufs- oder Präsentationsgesprächen (vgl. Schwadorf, H. (2003), S. 82). Situationsgerechtes Auftreten ist auch dadurch gekennzeichnet, dass Zuwendungen und Spannungen erfasst werden und dementsprechend reagiert wird (vgl. Simon, M. (2005), S. 12).
Bei der Selbstkompetenz wird die Persönlichkeitsentwicklung des Einzelnen angesprochen, die als Fähigkeit und Bereitschaft zum berufs- und familienorientierten Umgang mit sich selbst beschrieben werden kann (vgl. Czycholl, R. (2001), S. 172). Berufliche Ziele, berufliches Selbstkonzept, persönlicher Stellenwert von Arbeits- und Lebensplänen gilt es zu entwickeln und zu entfalten. Sie umfasst personale Eigenschaften wie Selbstständigkeit, Entwicklungs-, Reflexionsfähigkeit, Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein (vgl. BIBB (1997), S. 2). Drei wesentliche Komponenten innerhalb der Dimension der Selbstkompetenz können unterschieden werden (vgl. Schwadorf, H. (2003), S. 85). Die Fähigkeit und Bereitschaft zur Äußerung konstruktiver Kritik, das heißt sich eine eigene Meinung zu bilden und diese zu vertreten. Die zweite Komponente ist die Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstreflexion, die als Voraussetzung der eigenen Entwicklung dient und Wertevorstellungen mit der selbstbestimmten Bindung der Werte vergleicht. Nicht zuletzt zählt dazu Offenheit gegenüber Kritik durch Aufnahme und Reflexion von Kritik anderer Personen und Realisierung als Chance für die eigene Entwicklung. Die Konkretisierung der beruflichen Handlungskompetenz wird in Abbildung 3 verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Konkretisierung beruflicher Handlungskompetenz (selbst erstellt)
Das Selbstkonzept der beruflichen Handlungskompetenz beschreibt die subjektive Selbstwahrnehmung bezogen auf die drei zentralen Dimensionen Fach-, Sozial- und Selbstkompetenz und deren Komponenten. Unter dem Selbstkonzept wird die kognitive, vorrangig deskriptive Repräsentation der eigenen Person nach H. Schwadorf (2003, S. 115-116) verstanden. Der Begriff Selbstwahrnehmung wird in dieser Arbeit als Synonym verwendet. Das Selbstkonzept beinhaltet drei Komponenten, die sich in deskriptives „Selbstbild“, affektives „Selbstwertgefühl“ und normatives „Idealselbst“ differenzieren lassen (vgl. Verstege, R. (2005), S. 97). Die beschreibende Einschätzung der eigenen Person, das Selbstbild, ist jene Komponente, die für die Steuerung von Handlung und die Bewertung beruflicher Handlungskompetenz vermutlich am bedeutsamsten ist (vgl. Schwadorf, H. (2003), S. 115). Darüber hinaus schreibt H. Schwadorf (2003, S. 116), dass „in Anlehnung an die Definition beruflicher Handlungskompetenz als dreidimensionales Konstrukt aus Sach-, Sozial- und Selbstkompetenz auch beim Selbstkonzept beruflicher Handlungskompetenz die einzelnen Dimensionen und ihre Komponenten berücksichtigt“ werden.
Bestimmte fähigkeitsbezogene Selbstkonzepte werden auch unter dem Begriff der Selbstwirksamkeit verwendet, die auf die subjektive Überzeugung verweist, schwierige Aufgaben und Herausforderungen aufgrund eigener Kompetenzen erfolgreich bewältigen zu können (vgl. Prandini, M. (2001), S. 223 und Schwarzer, R. (2002), S. 35). Die Selbstwirksamkeit als Kompetenzerwartung lässt sich auf die sozial-kognitive Lerntheorie nach A. Bandura (1997) zurückführen. Tendenziell wird die Selbstwirksamkeit eher zur bereichsspezifischen und generalisierten Überzeugung erhoben und schließt somit teilweise die Betrachtung von spezifischen Kompetenzen in konkreten Situationen, wie die Projektsituation eine darstellt, aus. Daher beschränkt sich diese Studie auf das Selbstkonzept hinsichtlich der beruflichen Handlungskompetenz und untersucht ausschließlich diese. Dennoch besteht eine enge Verwandtschaft beider Konstrukte (vgl. Schwadorf, H. (2003), S. 117).
2.2 Projektmethode
2.2.1 Begriffserklärung
Für Projektmethode finden sich in der Literatur, aber auch im täglichen Gebrauch zahlreiche Begriffe, die als Synonym verwendet werden. Innerhalb der vorliegenden Arbeit herrscht eine Sinnverwandtschaft bei den Worten Projektmethode, -unterricht und -arbeit. Laut K. Frey lässt sich Projektmethode nicht in einer präzisen Definition beschreiben (vgl. Eyerer, P. (2000), S. 65); jedoch ist es möglich, sich einer Begriffserklärung anzunähern. Nach G. Pätzold (2003, S. 40) ist der Grundgedanke der Projektmethode, dass „Lernende eine komplexe Aufgabe, die aus einer Problemstellung der Lebens- oder Arbeitswelt entwickelt wird, selbstständig und arbeitsteilig bearbeiten“. Die Projektarbeit ist dabei eine nicht alltägliche Aufgabenstellung, die sich in verschiedene ergänzende Teilaufgaben gliedert und die zur Lösung der höher geordneten Aufgabe, dem Projektziel, dient. Die Lösung der Aufgabe wird anhand von vorher definierten Ressourcen, wie zum Beispiel Medien und einer befristeten Bearbeitungszeit, vorgenommen. Charakteristische Merkmale einer Projektarbeit sind in erster Linie feste Start- und Abgabetermine, die Bearbeitung der Projektarbeit in einer Projektgruppe und nahezu selbstständige Organisation mit Blick auf das Projektziel.
Der Projektunterricht stellt eine „offene Lernform“ dar, die innerhalb des Unterrichts durchgeführt wird und in dem die Schüler bzw. Auszubildenden ein Projekt realisieren. H. Meyer ordnet die Projektarbeit den methodischen Großformen zu und nennt neben der Projektmethode unter anderem lehrgangsförderlichen Unterricht und Freiarbeit. Für ihn zählt die Projektarbeit zum „kooperativen Unterricht“ (vgl. Meyer, H. (2005), S. 113). In der Berufsbildung spielen solche problemorientierte Methoden für die schulische Ausbildung und berufliche Weiterbildung eine herausragende Rolle (vgl. Eyerer, P. (2000), S. 91). Und laut R. Baumann (1996, S. 191) eignet sich durch die wissenschaftliche Verankerung (vgl. Schubert, S. und Schwill, A. (2004), S. 300) kein Schulfach so gut für diese Unterrichtsform wie die Informatik. Dabei soll die Projektmethode ein fester Bestandteil und Kulminationspunkt jeder längeren Unterrichtseinheit des Informatikunterrichts sein.
Bei einer Projektarbeit sind vier Faktoren bzw. Voraussetzungen bei Planung und Durchführung von Projekten zu berücksichtigen, die laut K. Frey für das Gelingen eines Projektes mitverantwortlich sind. Die Projektzeit muss klar dispositioniert sein, damit der Schüler sein Handeln selbst organisieren kann und definierte Zeitlimits berücksichtigt (vgl. Frey, K (1995), S. 171). Die Projektumgebung muss gestaltet werden, da diese Einfluss auf das Verhalten und somit auch auf das Lerngeschehen hat (vgl. Frey, K (1995), S. 179). Die Räumlichkeiten, Sitzordnungen und die Ausstattung der Klassenzimmer muss an die Projektbedürfnisse angepasst werden. Zum Beispiel ist während der Projektarbeit eine frontale Sitzordnung bezüglich der Kommunikation hinderlich. Als weitere Voraussetzung werden das Abstimmen mit Externen und das Agieren als Hintergrundlehrer deklariert. Die Abstimmung sollte mit allen direkten und indirekten Beteiligungen, wie Betriebe, Lehrerkollegen etc., erfolgen. Der Begriff „Hintergrundlehrer“ beschreibt das allmähliche Zurückziehen vom Geschehen bei gleichzeitigem Leisten von Hilfestellung, wenn vom Schüler benötigt und gefordert (vgl. Frey, K. (1995), S. 193-194).
Das nächste Kapitel befasst sich mit den Merkmalen des Projektunterrichts, die weiteren Aufschluss darüber geben, was unter dieser Methode zu verstehen ist. Diese einkreisende Umschreibung kann als pragmatische Definition von H. Gudjons gewertet werden.
2.2.2 Ausgestaltung und Merkmale
In der heutigen Berufswelt werden Projekte immer bedeutsamer. Im Anforderungsprofil von Stellenausschreibungen wird beispielsweise oft Projekterfahrung erwartet, wie eine Studie von P. Bott (2009, S. 27-37)[7] zeigt. Die Projektkoordination übernimmt dabei ein Projektmanager oder bei kleineren Vorhaben die Teilnehmer durch Selbstabstimmung (vgl. Kieser, A. (2003), S. 148). Um die Schüler auf diese Herausforderung vorzubereiten werden die Merkmale von Projekten nach Gudjons in bestimmten Ausprägungen im Unterricht ausgebildet, auf die nachfolgend eingegangen wird. Die Merkmale werden in vier Projektschritte zusammengefasst und konkretisieren die Projektmethode (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 134-142). Dabei muss der Projektunterricht nicht alle zehn Merkmale erfüllen (vgl. Eyerer, P. (2000), S. 65).
Projektschritt 1: Eine geeignete, problemhaltige Sachlage auswählen
Merkmal 1: Situationsbezug
„Situationen“ stellen umfassende Probleme dar, wie sie in der Realität vorkommen. Die Lösung der Problemsituation erfolgt durch die Projektarbeit im Unterricht. Bei der Auswahl der Projekte muss der Lehrer im Vorfeld beachten, ob die Bearbeitung des Projektes, mit den bisherigen Kenntnissen und Erfahrungen, zu bewältigen ist. Trotzdem soll das Projekt eine Herausforderung darstellen. Während der Projektarbeit ist es dem Lehrer bzw. den Lehrkräften gestattet die hierarchische Ordnung der Schule zu entschärfen und je nach Projekt mitzuarbeiten (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 134-135 und (2001), S. 81 und Eyerer, P. (2000), S. 65).
Merkmal 2: Orientierung an den Interessen der Beteiligten
Während der ganzen Projektarbeit müssen die Interessen der Beteiligten integriert werden, vor allem bei der Projektthemenwahl. Durch aktiv und passiv erlebte Handlungserfahrungen werden Interessen geweckt (vgl. Eyerer, P. (2000), S. 65). Somit ist es wichtig, dass eine permanente Kommunikation zwischen Lehrer und Schülern stattfindet. Nur so lässt sich herausfinden, ob die Interessen der Beteiligten befriedigt werden und der Projektprozess voranschreitet (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 135 und (2001), S. 82).
Merkmal 3: Gesellschaftliche Praxisrelevanz
Um Projektarbeit sinnvoll zu gestalten, muss der Gegenstandsbereich eine gewisse gesellschaftliche Relevanz besitzen. Durch Projekte sollen Veränderungen praktisch zu erkennen sein und sie sollten „Ernstcharakter“ besitzen (vgl. Schubert, S. und Schwill, A. (2004), S. 298). Dies wäre zum Beispiel der Fall bei Aufbau eines Schul-WLANs oder Erstellung eine Internetpräsenz der Schule. Diese Projekteigenschaft steht oftmals in einem Spannungsverhältnis zur Orientierung an den Interessen der Lernenden. Unterricht dient der Vorbereitung auf das Berufsleben, sodass Freizeitmotivationen ignoriert werden. Damit kennzeichnet der Projektgegenstand den gesellschaftlichen Bezug des schulischen Lernens (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 135-136 und (2001), S. 83-84).
Projektschritt 2: Gemeinsam einen Plan zur Projektlösung entwickeln
Merkmal 4: Zielgerichtete Projektplanung
Hierbei soll eine Problemlösung durch und mit Hilfe eines Planungsentwurfes betrieben werden. Dabei stellt gemeinschaftliches Planen ein Grundgerüst für demokratisches Handeln dar. Die Erziehung zur Demokratie sieht J. Dewey als wesentlichen Punkt des Projektunterrichts (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 133). Es ist nicht jeder Schritt des Projektes planbar, jedoch manifestiert sich der konsequente Wille und die Motivation das Ziel zu erreichen (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 133 und (2001), S. 85). Darüber hinaus beruhen manche Projektziele auf Lernzielen des Lehrers die mittels der Projektdurchführung erreicht werden (vgl. Eyerer, P. (2000), S. 66).
Merkmal 5: Selbstorganisation und Selbstverantwortung
Die Schüler haben auch die Aufgabe, in eigenverantwortlicher Arbeit die Planung des Projektes vorzubereiten, wohingegen der Lehrer diese Planung im Vorfeld bereits überblicken muss. Er greift dementsprechend bei Fehlentwicklungen ein und macht Verbesserungsvorschläge. Innerhalb dieser Reflexionsphasen, die von K. Frey (1995, S. 147) auch als „Fixpunkte“ beschrieben werden, geben die Schüler Auskunft über den aktuellen Status und weitere Vorgehensweisen (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 136 und (2001), S. 85). Die Fähigkeit der Selbstorganisation, aber auch die anzuwendenden Arbeitstechniken sowie Planungs- und Entscheidungstechniken (siehe Merkmal 4) können nicht vorausgesetzt werden. Die sukzessive Entwicklung ist ein Aufgabenbestandteil der Projektmethode (vgl. Kaiser, F.-J. (1999), S. 283).
Projektschritt 3: Handlungsorientierte Auseinandersetzung mit dem Problem
Merkmal 6: Einbeziehen vieler Sinne und Medien
Nach Beendigung der Planung und Vorbereitung geht es in diesem Schritt um die Realisation des Projektes. Hierbei soll eine möglichst große Anzahl verschiedener Sinne integriert werden, um so den Schülern einen Themenbereich praktisch näher zu bringen. Theorie und Praxis werden gemeinsam erfahren (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 136-138 und (2001), S. 86-87). Hierbei sind nach W. Emer (2002, S. 116) kreatives, rezeptives, produktives und affektives Handeln zu verbinden. Der Einsatz der zu verwendenden Medien ist frei und sollte wenn möglich nicht beschränkt werden.
Merkmal 7: Soziales Lernen
Um ein Projekt erfolgreich zu beenden, bedarf es ständiger Kommunikation und Austausches unter den Schülern. Gemeinsam getroffene Entscheidungen stärken den Zusammenhalt untereinander und entlasten von der alleinigen Verantwortung. Rückschläge, Konflikte und Teilerfolge werden in der Gruppe erlebt und ausgestanden. Die Schüler erlernen durch Projektarbeit implizit demokratische Tugenden (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 140 und (2001), S. 87-88).
Projektschritt 4: Kontrolle der Problemlösung in der Realität
Merkmal 8: Produktorientierung
Das Produkt des Projektunterrichtes ist vom traditionellen Unterricht zu unterscheiden. Die Resultate, die durch die Projektarbeit erlangt wurden, sind meistens greifbar, nützlich und wichtig für den Einzelnen und die Gruppe (vgl. Schubert, S. und Schwill, A. (2004), S. 298-299). Sie werden auf verschiedene Weise dokumentiert und publiziert (Broschüren, Ausstellungen, Podiumsdiskussionen etc.). Das Produkt hat meist einen Gebrauchs- oder Mitteilungswert, indem zum Beispiel das Schul-WLAN von den Schülern benutzt werden kann (vgl. Emer, W. (2002), S. 116). Die Projektteilnehmer reflektieren und beurteilen in Folge ihren eigenen Lernprozess und hinterfragen, ob sie die Ausgangsfragestellung tatsächlich erfüllt haben. Allerdings ist der Fokus auf die Qualität des Prozesses, der zum Endprodukt geführt hat, zu legen (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 141 und (2001), S. 88-91).
Merkmal 9: Interdisziplinarität
Mit dem Begriff der Interdisziplinarität ist gemeint, dass Schnittpunkte aus verschiedenen Fachbereichen gemeinsam bearbeitet werden. Ob Fachbereiche dabei verstärkt betrachtet werden, ist vorerst unwesentlich, primär geht es um die Frage, inwieweit können einzelnen Fachdisziplinen zur Lösung des Problems beitragen (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 141 und (2001), S. 91-92). Dabei können Methoden, Perspektiven und Inhalte verschiedener Fächer integriert werden (vgl. Emer, W. (2002), S. 65).
Merkmal 10: Grenzen des Projektunterrichts
Ein weiteres Merkmal des Projektunterrichts sind seine Grenzen, d. h. wenn durch Lernen an realen „Produkten“ keine weiteren oder tieferen Erkenntnisse mehr oder noch nicht zu generieren sind. Der Projektunterricht muss einen Wissenstransfer auf eine bzw. mehrere Fachdisziplinen erlauben, die die Schüler im traditionellen Unterricht erlernen. Denn trotz der Sinnhaftigkeit des Projektunterrichts liegt die Dominanz des schulischen Lernens im lehrgangsorientierten Lernen (vgl. Gudjons, H. (1998), S. 141-142 und (2001), S. 92-94). Im Optimalfall werden Lehrgangselemente integriert, bei denen die Projektteilnehmer Wissensbedarf feststellen (vgl. Eyerer, P. (2000), S. 66).
Damit kann festgehalten werden, dass der Projektunterricht eine Methode des handlungsorientierten Unterrichts darstellt, der alle sieben didaktischen Prinzipien nach T. Grammes (vgl. Scholz, L. (1998), S. 187 und Jank, W. (2002), S. 316-319) beinhaltet.
2.2.3 Phasen und Ablauf
Der Projektunterricht lässt sich in fünf Schritte unterteilen, in denen unterschiedliche Tätigkeiten von den Beteiligten, Schüler wie Lehrer, vollzogen werden. Diesen fünf Schritten kann man sieben Phasen zuordnen (vgl. Emer, W. (2002), S. 120). Im Folgenden wird der idealtypische Ablauf des Projektes und jede Phase im Einzelnen vorgestellt und anhand von Methoden konkretisiert. Abbildung 4 stellt einen Überblick über die Projektmethode und ihre einzelnen Schritten und Phasen dar und kennzeichnet mit unterschiedlichen Farbschattierungen die Aktivität der Schüler und Lehrer.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Phasen und Schritte der Projektmethode (selbst erstellt)
1. Schritt: Projektinitiierung (Projektidee finden und initiieren [1. Phase])
Am Anfang eines jeden Projektes steht eine Idee oder eine Ideensammlung (vgl. Frey, K. (1995), S. 73). Das Projekt zu initiieren und folglich ein Projektthema zu finden, ist hauptsächlich die Aufgabe des Lehrers. Jedoch kann hier schon aktiv der Schüler mit eingebunden werden, um zum Beispiel seine Wünsche und Vorstellungen bezüglich des Projekt zu äußern (vgl. Hoffmann, B. (2001), S. 138). Methoden, die zur Themenfindung und auch genaueren Beschreibung führen, wären Brainstorming in Gruppen oder Projektbäume, in denen die Klasse ihre Ideen einfließen lassen können (vgl. Emer, W. (2002), S. 121). Der Lehrer kann sich nun mit den gesammelten Informationen zur Projektinitiative auseinandersetzen. Die anschließende Anfertigung einer Projektskizze mit Interessen und Betätigungswünschen von Schülerinnen und Schülern dient hierbei der Übersichtlichkeit (vgl. Hoffmann, B. (2001), S. 138 und Kaiser, F.-J. (1999), S. 286).
2. Schritt: Projekteinstieg (Projektunterricht einleiten und planen [2. und 3. Phase])
Nun wird das eigentliche Projekt mit seinen Eckpunkten von der Lehrperson vorbereitet. Einzelne Punkte, wie Fragestellungen, Start- und Endtermin, Materialbedarf und der Ablauf der einzelnen Gruppenarbeit, sind zu detaillieren (vgl. Gudjons, H. (2001), S. 97 und Frey, K. (1995), S. 88). Schülergruppen sind einzuteilen und ein Projektziel, sei es mit einer konkreten Aufgabe oder einer offenen Problemstellung schriftlich anzufertigen. Hierbei sind den Schülern wichtige Informationen zu liefern, die die Abschlusspräsentation und die Dokumentationsanfertigungen in Umfang, Gestaltung etc. beschreiben.
Anschließend beginnt die Einleitung in den Projektunterricht. Das Thema wird den einzelnen Gruppen vom Lehrer vorgestellt. Dies sollte in Form einer Kompaktinformation, wie zum Beispiel einer kurzen Einführung und einer schriftlich ausgearbeiteten Aufgabendefinition, geschehen (vgl. Emer, W. (2002), S. 123). Bei Softwareprojekten im Informatikunterricht verfolgt jede Gruppe ein Teilziel zur Entwicklung eines Moduls (vgl. Baumann, R. (1996), S. 192). Danach haben die Schüler als Erstes die Aufgabe sich mit dem Thema und der Problemstellung auseinanderzusetzen und die Projektarbeit selbstständig zu organisieren. Hierzu sollten Sie sich eines Projektplans bedienen, bei dem der Lehrer eine Beraterfunktion übernimmt. Der Projektplan beinhaltet einen Projektstrukturplan und einen Projektablaufplan (vgl. Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung an Schulen). Der Projektstrukturplan ist ein Netzplan, der alle in einem Projekt anfallenden Tätigkeiten darstellt und diese in Haupt- und Teilaufgaben gliedert (vgl. Brugger, R. (2003), S. 424-427). Diese Vorgehensweise beugt Missverständnissen inhaltlicher und thematischer Natur vor. Der sich anschließende Projektablaufplan ordnet die Arbeitsaufgaben in eine Zeitschiene ein (vgl. Hoffmann, B. (2001), S. 138). Bei der Diskussion um die zeitliche Abfolge der Arbeitsschritte werden Abhängigkeiten deutlich. Es wird festgelegt, was nacheinander erledigt werden muss. Weiterhin werden eine genauere Betrachtung des Arbeitsumfangs, der Teilaufgaben in Bezug auf Material, Zeit und Personal vorgenommen. Zum Beispiel stellt jedes Team-Mitglied eine oder mehrere Dienstleistungen zur Verfügung und übernimmt Funktionen, wie Rechnerbeauftragter, Projektüberwacher, Schnittstellenbeauftragter oder Tester (vgl. Schubert, S. und Schwill, A. (2004), S. 307-308). Somit sind die Punkte wer was wann und womit erledigt geklärt. Jedoch sollten die Aspekte wie und warum etwas getan wird auch in den Projektablaufplan integriert werden (vgl. Kaiser, F.-J. (1999), S. 286). Die Bearbeitungsweise sollte vorab in der Gruppe diskutiert und einheitlich Standards, zum Beispiel bei der Dokumentation der Arbeitsabläufe, definiert werden (vgl. Hoffmann, B. (2001), S. 138).
3. Schritt: Projektdurchführung (Projekte durchführen und begleiten [4. Phase])
Der in Schritt 2 angefertigte Projektablaufplan wird nun von den Schülerinnen und Schülern ausgeführt. Hierbei muss zuerst Material beschafft bzw. müssen Voraussetzungen geschaffen werden (vgl. Klippert, H. (1994), S. 34). Der Lehrer kann dies durch Bereitstellung von Medien vereinfachen. Beim Schüler kommt bei diesem Projektschritt die Methode des „entdeckenden Lernens“ zur Anwendung (vgl. Emer, W. (2002), S. 125). Anschließend werden die Informationen ausgewertet und dienen zur Bearbeitung der jeweiligen thematischen Schwerpunkte. Während der Durchführung müssen weiterhin alle Tätigkeiten koordiniert und Zwischenergebnisse innerhalb der Gruppe zur Diskussion und Sicherung eingebracht werden (vgl. Hoffmann, B. (2001), S. 138). Die Schülerinnen und Schüler sollten dies in der Regel eigenständig bewältigen können, aber jederzeit bei Problemen die Hilfestellung des Lehrers erwarten.
In festen Abständen sollte über die erarbeiteten Sachprobleme, aber auch Koordinierungs- und Beziehungskonflikte in der Gruppe berichtet werden (vgl. Dunker, L. (1998), S. 80). Diese Reflexion hat zum Ziel, dass sich alle Beteiligten auf dem aktuellen Wissensstand befinden und Probleme schneller aufgearbeitet werden. Am Ende dieser Phasen sollten von den Schülern alle Punkte des Projektablaufplanes bearbeitet worden sein, sodass sie ein vollständiges Ergebnis bezüglich des Projektzieles vorweisen können (vgl. Emer, W. (2002), S. 125).
Auch wenn der Lehrer in dieser Phase nicht aktiv in den Projektunterricht eingreift, sondern wie bereits erwähnt Funktionen der Beratung, Koordinierung und Bereitstellung von Materialien übernimmt, hat er wichtige Aspekte zu berücksichtigen. Wie zum Beispiel die rechtzeitige Verfügbarkeit von Hilfsmitteln, das Kontrollieren der Einhaltung von Zeitplänen sowie die zeitnahe Projektablaufdokumentation der Schüler bzw. Auszubildenden.
4. Schritt: Projektpräsentation (Projekte präsentieren [5. Phase])
Der Abschluss der Projektarbeit beginnt mit der Präsentation und Vorstellung von Zwischenergebnissen sowie dem Endergebnis. Durch Vortragen der selbst erarbeiteten Ergebnisse werden Methoden des Designs und der Werbesprache eingesetzt, da die Schülerinnen und Schüler für Ihr Produkt im Idealfall werben (vgl. Emer, W. (2002), S. 126). Das Erfahrungs- und Prozesswissen, das im Laufe der Projektarbeit erarbeitet wurde, kann nun präsentiert werden. Hierzu gibt es unterschiedliche Medien, die zur Auswahl stehen, wie zum Beispiel Powerpoint, Plakate, Handouts etc.
Über die Präsentation findet des Weiteren eine Rückkopplung mit der Projektinitiative statt, da anhand der Präsentation offengelegt wird, ob das Projektziel und die entsprechende dahinter stehende Idee realisiert worden sind (vgl. Hoffmann, B. (2001), S. 138 und Frey, K. (1995), S. 142-143). Auch diese Phase ist ein stark schülerorientierter Aufgabenabschnitt, in dem der Lehrer lediglich Hilfestellungen geben kann, jedoch sich selbst auf Schritt 5 vorbereitet bzw. sich indirekt in diesem befindet. Da die Präsentation ein wichtiger Bestandteil neben Projektablaufdokumentation und dem Endergebnis ist, wird diese genauso wie alle anderen Bestandteile in dem fünften Schritt vom Lehrer bewertet.
5. Schritt: Projektauswertung (Projekte auswerten und weiterführen [6. und 7 Phase])
Die Reflexion über die geleistete Arbeit beginnt vor allem beim Schüler selbst. Dieser kann anhand eines Projektberichtes abschließend seine Arbeit und das zugrunde liegende Projekt bewerten (vgl. Emer, W. (2002), S. 127-128). Aus diesem Grund dient der Projektbericht dem Schüler als Selbstbewertung bezüglich der Ergebnisse, die er und seine Gruppe produziert haben. Darüber hinaus können Probleme und die daraus folgenden Konsequenzen beschrieben, Verbesserungsvorschläge artikuliert werden, um im späteren Projektunterricht Fehler zu vermeiden (vgl. Hoffmann, B. (2002), S. 138).
Die Aufgabe des Lehrers ist es nun, dass Geleistete fair zu beurteilen und zu bewerten. Die oben beschrieben Selbstbewertung der Schüler sollte in die Notengebung tendenziell mit einfließen (vgl. Kaiser, F.-J. (1999), S. 284, 289). Des Weiteren sind Merkmale für projektnahe Leistungsnachweise, wie Ergebnisdokumentation, Gruppenleistung und Arbeitsprozessgestaltung, zu beurteilen. Die Ergebnisdokumentation wird hauptsächlich von der Projektpräsentation, dem erarbeiteten Produkt und dem Erreichen des Projektzieles abgedeckt. Die Gruppenleistung und Arbeitsprozessgestaltung kann anhand der Projektablaufdokumentation oder durch Gruppenreflexion erfolgen (vgl. Emer, W. (2002), S. 127). Die Projektpräsentation kann mit Hilfe von Bewertungsbögen bepunktet und somit recht leicht bewertet werden. Die Projektablaufdokumentation beinhaltet wesentliche Informationen zum Kriterium des Relevanzfilters für die Leistungsbewertung. Hier können Problembewusstsein sowie Umfang der Aufarbeitung eingeschätzt und abgelesen werden. Auch das Kriterium der Prozessbedeutung mit der Bewertung von Prozesslernen kann durch die Dokumentation, aber vor allem durch den prozessbegleitenden Dialog seitens des Lehrers in der Projektdurchführung vorgenommen werden. Hierzu gehören Aspekte wie Organisation, Planung und Teamarbeit (vgl. Emer, W. (2002), S. 56).
Das Weiterführen eines Projektes stellt nach W. Emer (2002, S. 127) keine notwendige Phase dar. Dabei kann das Projekt innerhalb oder außerhalb der Schule fortgesetzt werden, indem Teilgruppen bestimmte Aspekte weiterführen oder aber Folgeprojekte vorbereitet werden.
2.2.4 Ziele der Projektmethode
Die Projektmethode verfolgt, wie alle handlungsorientierte Methoden, die berufliche Handlungskompetenz. Dennoch muss eine eindeutigere Bestimmung vorgenommen werden. In der Literatur finden sich unter Zielen und Auswirkungen des Projektunterrichts vielfältige Beschreibungen. Nach E. Lehmann (1995, S. 13) gibt es im Kontext des Informatikunterrichts Ziele, die sich auf die Computeranwendung und Softwareerstellung beziehen. Hier wären zum Beispiel zu nennen, das Erkennen komplexer, realer Problemstellungen und die unterschiedlichen Auswirkungen von Designentscheidungen. Durch die Projektmethode können außerdem wichtige Phasen und Aspekte von typischen Informatikprojekten aufgezeigt werden (vgl. Hartmann, W. (2006), S. 99-101). Dies vermittelt ein Bewusstsein für den Umgang mit komplexen Informatiksystemen.
Angestrebt werden auch allgemeine Ziele bezüglich des Arbeitsverhaltens und der inhaltlichen Struktur. Dabei spiegeln diese Ziele die Sach- und Fachkompetenz wider, wie in Kapitel 2.1.4 beschrieben, da hier neue Inhalte behandelt, Sorgfältigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Zuverlässigkeit verfolgt werden. Problemlöseprozesse sollen geplant, durchgeführt, präsentiert und ausgewertet werden. Auch Sozial- und Selbstkompetenz können als Zielkategorie angegeben werden (vgl. Petri, G. (1991), S. 46). Eine Auflistung möglicher Ziele bezogen auf die Sozialkompetenz sind: Team-, Kontakt-, Konfliktlöse-, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit (vgl. Hoppe, J. R. (2000), S. 32, 61 und Müller, F. (2002), S. 10 und Hofmann, F. (2002), S. 16, 39). Kritikfähigkeit, Motivation, Selbstständigkeit, Verantwortung, Offenheit und das Kennenlernen der eigenen Stärken und Schwächen (vgl. Hoppe, J. R. (2000), S. 32, 61 und Bauer, R. (2003), S. 53, 55 und Hofmann, F. (2002), S. 16, 39) können der Kategorie der Selbstkompetenz zugeordnet werden. Der berufliche Kontext der Handlungskompetenz bezieht sich jeweils auf die zukünftige berufliche Tätigkeit. Die Projektmethode entspricht hiermit der Professionalisierung in der Berufsausbildung, da den Schülern bzw. Auszubildenden ermöglicht wird, ihre erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten selbstständig auf Situationen zukünftiger und gegenwärtiger beruflicher Praxis anzuwenden (vgl. Humbert, L. (2005), S. 41).
2.3 Empirische Befunde als Überblick
Für die drei vorhandenen Konstrukte dieser Studie, das Fach Informatik, die Unterrichtsmethode Projektunterricht und die Auswirkung auf die berufliche Handlungskompetenz liegen keine empirischen Befunde vor. Jedoch gibt es empirische Ergebnisse in Bezug auf die einzelnen Konstrukte, die im folgenden Abschnitt zusammengefasst und geordnet werden.
Im Fach Informatik wurde von C. Eggerth (2003) an einem allgemeinbildenden Gymnasium eine Online-Befragung zu den Vorkenntnissen und Erwartungen bezogen auf den Informatikunterricht durchgeführt. Hierzu wurden 8 Kurse (Grund- und Leistungskurse) mit insgesamt 91 Schülern, deren Alter zwischen 16-19 Jahren lag, befragt. Sie gaben Auskunft über ihre Vorkenntnisse anhand von Selbsteinschätzung und mussten Verständnisfragen in Bezug auf die Informatik, die nicht Inhalt des Unterrichts waren, schriftlich beantworten. Die empirische Untersuchung zeigte, dass die Schüler besonders in den Leistungskursen einschätzen, über Vorkenntnisse in den Bereichen Internet, Hardware, Webseiten und Netzwerke zu verfügen. Auch im Hinblick auf die Programmiersprachen bewerteten die Schüler ihre allgemeinen Kenntnisse als vorhanden. Dies wird durch die Verständnisfragen bestätigt, da diese von den Leistungskursteilnehmern zu 52,2% richtig beantwortet wurden (vgl. Eggerth, C. (2003), S. 39). Die Vorkenntnisse und Interessen eines Schülers korrelieren mit den Erwartungen, die dieser an den Informatikunterricht hat. Dies belegt eine Studie von J. Magenheim (2005), indem er Befragungen mit dem Instrument INCOBI[8] an 22 Schulen in der Jahrgangsstufe 11 mit insgesamt 573 Schülern vornahm. Dabei wurden sechs unterschiedliche Interessengruppen mit Vorwissen typisiert und vier verschiedene Erwartungstypen anhand einer Faktorenanalyse ermittelt. Schüler, die ein stark ausgebildetes informatikbezogenes Interesse besitzen, äußern ihre Erwartungen dahingehend, dass sie Programmiersprachen erlernen und Softwareentwicklung in kooperativer Arbeit auf diversen neuen Anwendungsgebieten betreiben möchten, zum Beispiel in Form von Gruppen- oder Projektarbeit, in der informatische Probleme zu lösen sind. Diese Interessentypen verfügen über ein qualitativ höherwertiges Vorwissen als jene Novizen mit Interesse an Handhabung und Anwendung, die ihre Erwartungen an den Informatikunterricht als Einführungskurs beschreiben (vgl. Magenheim, J. (2005), S. 115-117). Durch Anwendung von x²-Test und t-Test wurden signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede innerhalb der bipolaren Struktur festgestellt. Jungen waren signifikant häufiger den an Software und Programmierung Interessierten zuzuordnen und schnitten hinsichtlich des Computerwissens besser ab. Wobei Mädchen das Fach Informatik eher als Einführungskurs ansahen (vgl. Magenheim (2005), S. 118). J. Magenheim (2005, S. 121) folgert daraus, dass die Schulinformatik mit einer heterogenen Schülerschaft bezüglich Vorkenntnisse und Erwartungsmotive konfrontiert ist.
Eine Evaluation des Informatikunterrichts in Verbindung mit der Projektarbeit hat B. Figgen (2005) mit Hilfe von Leitfrageninterviews vorgenommen. Elf Schüler und Schülerinnen eines allgemeinbildenden Gymnasiums der Jahrgangsstufe 11 nahmen an dieser Projektarbeit teil. Das Projekt beinhaltete die Softwareentwicklung eines Auswertungsprogrammes für die Wettkampfdaten bei den Bundesjugendspielen. Hierzu wurden die Schüler in drei Gruppen mit unterschiedlichen Aufgaben gegliedert und Einzelinterviews mit drei Schülern, die zuvor anhand einer mehrstufigen Klumpenstichprobe bestimmt worden waren, wurden durchgeführt. Die drei aufgestellten Hypothesen[9] ließen sich anhand vordefinierter Merkmale und den Schüleraussagen bestätigen. Die Schüler beschreiben das Projekt als realitätsnah und praxisbezogen und ihr Interesse wurde durch die Problemkomplexität sowie die Produktorientierung geweckt (vgl. Figgen, B. (2005, S.19-20). Aufgrund dessen stellt die Projektarbeit eine sinnvolle Methode dar, um dem wissenschaftspropädeutischen Anspruch des Faches gerecht zu werden, da so die Komplexität des Faches Informatik erfahrbar wird. Durch den Einsatz des Projektunterrichts wird des Weiteren der Grad der Schülerselbständigkeit sowie die Schüleraktivität erhöht (Hypothese2 und 3). Dabei geben die Schüler an, dass sie eine erhöhte Motivation und Einsatzbereitschaft besaßen (vgl. Figgen, B. (2005), S. 25). Gründe, die genannt wurden, waren Herausforderung, realitäts- und lebensweltlicher Bezug und freies Arbeiten. Bezug nehmend auf die Selbständigkeit wurde auf konstruktive Zusammenarbeit, Mitbestimmung und Gestaltung des Projektablaufes, Teamfähigkeit und gemeinsames, kooperatives Problemlösen verwiesen (vgl. Figgen, B. (2005, S. 21, 23, 29). Von den Schülern wurde auch verdeutlicht, dass sie Strategien zur Problemlösung endlich anwenden konnten. Die Untersuchung zeigte aber auch Grenzen und Probleme des Projektunterrichts auf. Dabei ist die Projektmethode keine rein vom Lehrer angewandte Unterrichtsmethode, sondern ein Unterricht, in dem Arbeitsprozeduren bzw. Techniken wie Projektdokumentation und -strukturierung im Vorfeld von den Schülern eingeübt werden müssen (vgl. Figgen, B. (2005), S. 29).
Das Bildungs-Delphi 1997/1998 prognostiziert, dass der Projektunterricht bis 2020 den klassischen Berufsschulunterricht nicht ablöst (vgl. Kuwan, H. (1998), S. 5). Die anonyme Expertenbefragung ergab, dass 97% der Befragten dies so einschätzen, jedoch 39% eine Ablösung für sehr wünschenswert erachten. Es wird deutlich, dass Realität und Anspruch weit auseinander liegen. Um zu einem detaillierten Einblick zu gelangen, muss auf die deskriptiv orientierte Lehr-Lern-Methodenforschung zurückgegriffen werden (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 18). Die nun folgenden vier Studien liefern eine Bestandsaufnahme der realen Schulwelt in Bezug auf die Projektmethode. Zuerst werden die Strukturdaten und der Studienaufbau der jeweiligen Untersuchungen beschrieben. H. Ryhn (2003) befragte 364 Lehrpersonen in Basel an unterschiedlichen Schultypen mit Hilfe eines Fragebogens bezüglich der Projektmethode. Die von A. W. Petersen (2001) zusammengestellten Ergebnisse einer Evaluation der neuen IT-Berufe wurden aufgrund einer Befragung von Auszubildenden und Ausbildungsverantwortliche an ca. 500 Betrieben und Institutionen unterschiedlicher Branchen durchgeführt. Unterrichtsmethoden in der kaufmännischen Unterrichtspraxis erforschte J. Seifried (2006), indem er durch eine Online-Erhebung 240 Handelslehrer (in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Thüringen und Niedersachsen) zu den Fächern Rechnungswesen und Allgemeine Wirtschaftslehre befragte und Studierende ca. 1000 Unterrichtsstunden an 23 kaufmännischen Schulen (in Bayern, Sachsen und Brandenburg) innerhalb des SPS mit Hilfe eines standardisierten Beobachtungsrasters hospitieren ließ. Die meisten Erkenntnisse können jedoch aus der Umfrage von G. Pätzold (2003) generiert werden, der Daten an 74 Schulen in Baden-Würtemberg, Hamburg, Niedersachsen Sachsen und Sachsen-Anhalt mit insgesamt 3435 Schülern und 399 Lehrern mit einem standardisierten Fragebogen erhob. An kaufmännischen Schulen wurden 1420 Schüler und 177 Lehrer befragt und bezogen auf die neuen IT-Berufe wurden 614 Auszubildende (davon 37,3% [224] IT-Systemkfm. und Informatikkfm.) berücksichtigt. Bei den folgenden vorgestellten Ergebnissen handelt es sich um Resultate bei Auszubildenden der neuen IT-Berufe, die sich auch in unterschiedlichen Ausbildungsjahren befanden.
Erste Quintessenz aller Studien in Bezug auf die Einsatzhäufigkeit von Lehr-Lern-Methoden ist, dass der Frontalunterricht in allen Fächern präferiert wird (vgl. Pätzold, G (2003), S. 187-188 und Petersen, A. W. (2001), S. 136). Nach G. Pätzold und den Lehrereinschätzungen besteht eine Rangfolge hinsichtlich der Einsatzhäufigkeit, die sich wie folgt äußert: 1. Frontalunterricht, 2. Lernen mit dem Computer und 3. Projektarbeit. Dabei hat der Frontalunterricht in den neuen IT-Berufen keine vorherrschende Stellung, wie es bei den rein kaufmännischen Schulen bzw. Ausbildungsberufen der Fall ist. Jedoch herrscht zwischen Schülern und Lehrern eine differenzierte Wahrnehmung, da Schüler die Häufigkeit des Frontalunterrichts stärker einschätzen (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 188). In Bezug auf die Projektmethode bestätigen die Schüler die Aussage der Lehrer, dass 92,3% Projektarbeit in ihrem Unterricht schon einmal durchgeführt haben (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 207). Laut Petersen schätzen 20% der Auszubildenden eine häufige Anwendung der Projektmethode und ca. 30% keinerlei Anwendung im Schulunterricht. Des Weiteren gibt es keine bzw. kaum länderspezifische Unterschiede auf Bundeslandebene bei der Verwendung der Projektmethode (vgl. Petersen, A. W. (2001), S. 137). Im Unterschied zu nicht informatischen Fächern wird der Informatikunterricht nicht vom Frontalunterricht dominiert (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 189). Wohingegen zum Beispiel in der Allgemeinen Wirtschaftslehre 36% Frontalunterricht und nur 7% Projektunterricht durchgeführt werden. Dies wird aus der Online-Befragung und auch den Unterrichtsbeobachtungen nach J. Seifried (2006, S. 238-239) deutlich. Ein Exkurs in das betriebliche Umfeld zeigt, dass zum Beispiel in IT-Betrieben zu 40,3% (in kfm. Betrieben zu 7,7%) jeden Tag bis mehrmals im Monat Projektunterricht angewendet wird (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 168, 221). Dies korrespondiert mit der IW-Frühjahrsumfrage 1999, bei der branchenübergreifend 907 ausgewertete Betriebe angaben, zu 37,4% regelmäßig Projektarbeit durchzuführen (vgl. Lenske, W. (1999), S. 41). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Faktoren den schulischen Einsatz der Projektmethode und damit einhergehend handlungsorientiertem Unterricht verhindern. Die Studien von G. Pätzold (2003, S. 226, prozentuale Angaben) und J. Seifried (2006, S. 238-239, Skalenwerte) geben Auskunft über die vorgetragenen Gründe der Lehrer. Die beiden meistgenannten Gründe waren die Zeitaufwendigkeit bei der Vorbereitung (62,7%) und Umsetzung (60,8%). Des Weiteren würden übervolle Lehrpläne (Skalenwert 4,6 bei 6-stufiger Skala) und eine schwierige Gestaltung der Lernkontrolle (56,9%) genannt. 48,1% der Lehrer gaben an, dass sie mehr Übung bzw. Erfahrung mit den Methoden benötigen und nach H. Ryhn (2003, S. 111) nur 55,7% mit der Projektarbeit genügend bis gut vertraut sind. Dies widerspricht jedoch der Aussage, dass 90,4% umfangreiche, solide Kenntnisse bezogen auf den Projektunterricht besitzen (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 229). Bei der Unterrichtserfahrung der Lehrpersonen und dem Einsatz der Projektmethode ergibt sich nachstehendes Bild: „Je größer die Unterrichtserfahrung und somit in der Regel auch das Alter der Lehrpersonen ist, desto häufiger wird die Projektmethode angewendet“ (Ryhn, H. (2003), S. 112). Dies scheint darin begründet zu sein, dass die Projektmethode sehr anspruchsvoll ist und ein gewisses Maß an Unterrichtsroutine voraussetzt.
Zu den ein- und umgesetzten Ausbildungs- und Unterrichtskonzepten in den Berufsschulen und der betrieblichen Ausbildung ist letztlich unter Evaluationsaspekten entscheidend, ob und inwieweit sie jeweils unter Berücksichtigung der Zielsetzungen und Ausbildungsergebnisse als erfolgreich zu bewerten sind. Dabei bewerten Auszubildende den Projektunterricht zu ca. 40% als sehr geeignet und zu ca. 25% den Frontalunterricht als kaum geeignet (vgl. Petersen, A. W. (2001), S. 153-154). Dies wird auch vor allem durch höhere Motivationseffekte und Lerneffekte begründet (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 207). Auch im betrieblichen Umfeld geben die Auszubildenden an, dass 82,4% sehr viel bis viel Spaß haben und durch den Projektunterricht 85,2% sehr viel bzw. gutes Lernen ermöglicht wird (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 223). So ist aus Schülersicht eine didaktisch-methodische Orientierung an betrieblichen Arbeits- und Aufgabenbereichen bzw. Kundenaufträgen erwünscht. Auch die Lehrpersonen schätzen dies in der Tendenz gleichermaßen ein, da sie die Projektarbeit mit zahlreichen Zielsetzungen primär in Verbindung bringen (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 191-193). Sie stufen die Projektmethode als besonders geeignet ein, um …
- Zusammenhangswissen zu erarbeiten und Schüler zu motivieren;
- zu lernen, wie man Wissen anwendet und Selbstständigkeit steigert;
- Teamfähigkeit, Kreativität, Problembewusstsein und Problemlösefähigkeit der Schüler zu fördern;
- die Kommunikationsfähigkeit und Konfliktfähigkeit der Schüler zu verbessern;
- Präsentations- und Moderationstechniken sowie Techniken der Informationsbeschaffung zu erlernen.
Die Zielperspektive umfasst demnach die Förderung umfassender beruflicher Handlungskompetenz, die mit handlungsorientiertem Unterricht, insbesondere dem Projektunterricht, erreicht werden kann (vgl. Pätzold, G. (2003), S. 194). Jedoch ist nach F.-J. Kaiser die Entwicklung zum Beispiel der beruflichen Sozialkompetenz abhängig davon, wie häufig handlungsorientierte Lehr-Lern-Methoden durchgeführt werden (vgl. Sieger-Hanus, B. (2001), S. 115).
[...]
[1] Beinhaltet die Planung und das Management der Lieferketten von Lieferantenauswahl, Beschaffung, Produktion und Absatzlogistik über die Unternehmensgrenzen hinweg.
[2] Klassische Form der Datenmodellierung, indem Daten und ihre Beziehungen visualisiert werden.
[3] Repräsentiert die Maschinensprache (Darstellung in binärer Schreibweise) eines Computers in eine für den Menschen lesbare Form.
[4] Sind Applikationen, die nur eine oder wenige Funktionen anbieten und nicht in einem System mit anderen Programmen über virtuelle Schnittstellen kommunizieren.
[5] Schrittweise Verfeinerung des Gesamtproblems durch Sequenzierung in Teilprobleme.
[6] Experimentelle Verknüpfung von Teillösungen in der Erwartung, Teilprobleme zu lösen, für die noch keine Standardlösungen vorhanden sind.
[7] Auswertung über 20.000 Stellenanzeigen mit den zehn wichtigsten Qualifikationen aus Sicht der befragten Unternehmen.
[8] Das Inventar zur Computerbildung (INCOBI) beinhaltet unter anderem Fragebögen zum theoretischen Computerwissen (TECOWI), praktischen Computerwissen (PRACOWI) und zur Sicherheit im Umgang mit Computern und Computeranwendungen (SUCA).
[9] H1: Wird Unterricht maßgeblich in Form von Projektarbeit realisiert, so wird die Komplexität des Fachs Informatik – hinsichtlich der wissenschaftspropädeutischen Verpflichtung des Unterrichts – für Schülerinnen und Schüler erfahrbar. H2: Wenn Schülerinnen und Schüler den Unterrichtsprozess eigenständig planen und organisieren können, dann wird unter anderem der Grad der Schülerselbständigkeit hinsichtlich Fragen der Problemlösung erhöht. H3: Die persönliche Motivation beziehungsweise Einsatzbereitschaft wird gegenüber dem konventionellen Unterricht erhöht, wenn Schülerinnen und Schüler im Informatikunterricht ein real einsetzbares Informatiksystem entwickeln.
- Citation du texte
- Dipl. Handelslehrer Julian Fiedler (Auteur), 2009, Die Projektmethode im Informatikunterricht an wirtschaftsberuflichen Schulen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148033
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