Zum 01.01.2009 sind mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) zwei neue Gesetze zum Recht der Erneuerbaren Energien in Kraft getreten. Im Mittelpunkt dieses Werkes steht die Bewertung der wesentlichen Neuerungen der beiden Gesetze. Die Betrachtung des EEG und des KWKG erfolgt im Kontext der politischen Entwicklungen, der gesetzlichen Vorgängerreglungen und einzelner gemeinschafts- und verfassungsrechtlichen Aspekte. Dabei wird die unterschiedliche Förderwirkung und Entwicklung der Gesetze aufgezeigt. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, dass die novellierten Gesetze wichtige Wegmarken für die Zielsetzungen der Erhöhung der Energieeffizienz und der weiteren CO2-Reduzierung darstellen. Trotz der Novellierungen offenbaren sich ein Bedarf und die Notwenigkeit weiterer gesetzlicher Anpassungen des EEG und insbesondere des KWKG. Der Autor fordert daher, dass der Gesetzgeber in den Novellierungen nicht den Abschluss seines Bemühens sehen sollte, den Anteil der Erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromversorgung zu fördern.
Gliederung
A. Einleitung
B. EEG
I. Entwicklung des Regelwerkes: Der Weg vom StrEG zum EEG 2009
1. Stromeinspeisungsgesetz
2. EEG 2000
3. EEG
II. Anlass für eine Novellierung
III. Allgemeiner Überblick : Grundkonzept und Funktionsweise
1. Stufe: Anlagenbetreiber Netzbetreiber
2. Stufe: Netzbetreiber Übertragungsnetzbetreiber
3. Stufe: Ausgleich unter Übertragungsnetzbetreibern
4. Stufe: Übertragungsnetzbetreiber Elektrizitätsversorgungsunternehmen
5. Stufe: Elektrizitätsversorgungsunternehmen Letztverbraucher
IV. Wesentliche Änderungen des EEG 2009 gegenüber der bisherigen Rechtslage
1. Begrifflichkeiten
a) DerBegriffder Anlage
b) Der Begriff der Inbetriebnahme
2. Vergütungssätze und Boni
a) Allgemeiner Vergütungsanspruch, § 16 EEG
b) Besondere Vergütungsansprüche: Die Boni
(1) TechnologieBonus
(2) NawaroBonus
(3) KWKBonus
(4) WärmenutzungsBonus
(5) SystemdienstleistungsBonus
3. Direktvermarktung
4. Einspeisemanagement
V. Vertiefung einzelner Regelungen
1. Netzanschluss
2. Netzausbau
3. Kostentragung
VI. Verfassungs und gemeinschaftsrechtliche Fragen
1. Verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz: Inbetriebnahme
2. Eingriff in die Warenverkehrsfreiheit: Abnahme und Vergütungspflicht
VII. Fazit
C. KWKG 2009
I. Ausgangslage: KWK ein Grunddilemma?
II. Die Entwicklung des Regelwerkes
1. KWKG 2000
2. KWKG 2002
III. Allgemeiner Überblick und Systematik des KWKG 2009
IV. Wesentliche Änderungen des KWKG 2009 gegenüber der bisherigen Rechtslage
1. Kriterium der Hocheffizienz
2. Förderung des Neu und Ausbau der Wärmenetze
3. Erweiterter Adressatenkreis der KWKFörderung
4. DeckelungderFörderung 35
V. Vertiefung einzelner Regelungen
1. Vergütungssätze 362. Begriff der kleinen Anlage: Gefahr eines „KWKAnlagensplittings"?
3. Modernisierung von Anlagen
VI. Verfassungsrechtliche Vereinbarkeit: Berufsausübungsfreiheit der Netzbetreiber
VII. Fazit
D. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorwort
Zum 01.01.2009 sind mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)[1]und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG)[2]zwei neue Gesetze zum Recht der Erneuerbaren Energien in Kraft getreten. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Bewertung der wesentlichen Neuerungen der beiden Gesetze. Dabei sollen das EEG und das KWKG nicht isoliert ihres politischen Umfeldes und ihrer gesetzlichen Vorgängerreglungen betrachtet werden. Eine Bewertung untergemeinschafts- und verfassungsrechtlichen Aspekten kann nicht abschließend, dafür jedoch in ausgewählten Schwerpunkten erfolgen. Der Dauerstreit um die Netzanschluss- und Netzausbaupflichten nach EEG soll nicht vertieft, sondern ausschließlich aus der Perspektive der Novellierung betrachtet werden.
A. Einleitung
Der Klimawandel gilt als eine der größten Herausforderungen für die Menschheit im 21. Jahrhundert. Wenn es nicht gelingt, die globale Temperaturerhöhung zu begrenzen, drohen wirtschaftliche, politische und soziale Konsequenzen, die möglicherweise nicht mehr beherrschbar sind.[3]Daher sind Maßnahmen zum Klimaschutz in aller Munde. Auch die Debatte um die Energieversorgung der Zukunft steht dabei im Fokus der Öffentlichkeit. Eine Antwort auf die Herausforderungen soll „Erneuerbare Energien" heißen, denn Erneuerbare Energien sind nachhaltig, versiegen nicht und vermindern die Belastung natürlicher Ressourcen.[4]Die Einleitung soll darum die zunehmende Bedeutung des Klimaschutzes auf der gesamtpolitischen Agenda beleuchten und deutlich machen, wie diese Bemühungen in den Regelungen des Erneuerbaren-Energien Gesetzes und des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes münden.
Der Auftakt internationaler politischer Intervention mit dem Ziel, verbindliche Klimaziele zu setzen, stellt das Kyoto-Protokoll der Klimarahmenkonferenz der Vereinten Nationen dar.[5]Das am 16.02.2005 in Kraft getretene und 2012 auslaufende völkerrechtliche Abkommen sieht die rechtsverbindliche Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Reduzierung ihrer Treibhausgasimmissionen um mindestens 5 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 vor. Die 13. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonferenz auf Bali vom 03.-15.12.2007 sollte neue Zielvorgaben für den Zeitraum nach dem Auslaufen des Kyoto-Protokolls festlegen.
Die Vertragsstaaten vereinbarten eine Halbierung des weltweiten C02- Ausstoßes bis zum Jahr 2050.[6]
Auf europäischer Ebene hat der Europäische Rat am 09.03.2007 im Rahmen eines Energie-Aktionsplans Vorschläge zum Klimaschutz vorgestellt, nach denen einerseits eine Senkung der Treibhausgase um 20 Prozent bis zum Jahr 2020 und anderseits ein Anteil der Erneuerbaren Energien am Energieverbrauch von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 erreicht werden solle.[7] Dieser „20-20-20-Beschluss" wird durch die Europäische Kommission forciert mit dem Paket zur Versorgungssicherheit und Energieeffizienz, dessen Hauptbestandteil der „EU Energy Security and Solidarity Action Plan: Second Strategic Energy Review"[8] bildet. Der Aktionsplan soll die Grundlage für die künftige Energiepolitik in Europa darstellen. Die Schwerpunkte sind neben einer Verbesserung der Energieinfrastruktur und Energieeffizienz, die bestmögliche Nutzung heimischer Energieträger sowie eine Intensivierung der Energieaußenbeziehungen und der Installation von Krisenreaktionsmechanismen.[9]
Zur Umsetzung der internationalen Beschlüsse legte die Bundesregierung nach ihrer Kabinettsklausur am 23. und 24. 08.2007 in Meseberg ein Integriertes Energie- und Klimaprogramm vor.[10] Dieses umfangreiche Maßnahmenpaket umfasste 14 Gesetze und Verordnungen mit den zentralen Zielen der Erhöhung der Energieeffizienz und der weiteren C02-Reduzierung durch die Förderung Erneuerbarer Energien.[11] Zur Umsetzung des Integrierten Energie- und Klimapakets beschloss der Bundestag am 06.06.2008[12] im Klimaschutzprogramm I als Kernbausteine die Einführung eines neuen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2009) (unter B.) und die Novellierung des Kraft-WärmeKopplungsgesetzes (unter C.).
B. EEG 2009
I. Entwicklung des Regelwerkes: Der Weg vom StrEG zum EEG 2009
Das EEG 2009 besitzt mehrere Vorläuferregelungen. Die gesetzesübergreifenden Zielsetzungen dieser Regelwerke waren die Förderung der Erneuerbaren Energien sowie die Erhöhung ihres Anteils an der Stromversorgung.[13]
1. Stromeinspeisungsgesetz
Die ersten expliziten Regelungen zur Vergütung von Strom aus Erneuerbaren Energien enthielt das Stromeinspeisungsgesetz (StrEG) vom 07.12.1990[14]. Das StrEG besaß mit seinen vier Paragraphen zwar eine geringe Normdichte, bewirkte aber in den 10 Jahren seines Bestehens einen bemerkenswerten Aufbau der Windenergie in Deutschland. So stieg die Leistung aus Windenergieanlagen von 56 Megawatt im Jahre 1990 auf 4400 Megawatt im Jahre 1999[15]. In den Anwendungsbereich des § 1 StrEG fiel Strom, der ausschließlich aus Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie, Deponiegas, Klärgas oder aus Produkten oder biologischen Rest- und Abfallstoffen der Land- und Forstwirtschaft oder der gewerblichen Be- und Verarbeitung von Holz gewonnen wurde. Ausgenommen waren jedoch Anlagen mit einer Größe über 5 Megawatt sowie Anlagen, die zu über 25 Prozent im staatlichen Eigentum standen. Bereits das StrEG sah als Kernelemente in den §§ 2 und 3 StrEG eine Abnahme- und Vergütungspflicht vor.
2. EEG 2000
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 29.03.2000 (EEG 2000)[16] löste am 01.04.2000 das Stromeinspeisungsgesetz ab. Das zentrale Motiv dieser Gesetzesnovellierung war der politische Wunsch, die Nutzung der Erneuerbaren Energien auf eine breite technologische Basis zu stellen und damit die Förderung der Entwicklung der verschiedenen Technologien zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu intensivieren.[17] Die Notwendigkeit des EEG 2000 begründete sich in einem mit der Windkraft[18] nicht vergleichbaren Ausbau des Potenzials aller weiteren Erneuerbaren Energien. Insbesondere im Bereich der fotovoltaischen Stromerzeugung und der Stromerzeugung aus Biomasse waren die Vergütungssätze nicht ausreichend. Das, was mit dem StrEG nicht erreicht werden konnte, sollte nun mit dem EEG 2000 erreicht werden: eine derartige Veränderung der Vergütungssätze, die für eine breite Markteinführung aller Erneuerbaren Energien ausreichend ist[19]. Das Kernelement des StrEG, die Abnahme- und Vergütungsverpflichtung, wurde im EEG 2000 übernommen. Mit den §§ 4ff. EEG 2000 wurde indes eine Differenzierung der Vergütung nach den jeweiligen Energieträgern vorgenommen. Regionale Förderunterschiede sollten nach der bundesweiten Ausgleichsregelung des § 11 EEG 2000 gemindert werden.
Das EEG 2000 formulierte erstmals konkrete Zielvorgaben. So sollte nach § 1 EEG 2000 der Anteil der Erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch bis zum Jahr 2010 mindestens verdoppelt werden. Auf dieser Grundlage kam es bereits nach vier Jahren zu einer Verdoppelung des Anteils auf etwa 9 Prozent.[20]
3. EEG 2004
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 21.07.2004 (EEG 2004)[21] löste am 01.08.2004 das EEG 2000 ab. Die Gründe für eine Novellierung des EEG 2000 waren im Wesentlichen die Umsetzung der Richtlinie 2001/77/EG[22] des Europäischen Parlaments, die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung[23] sowie der Erfahrungsbericht zum EEG 2000[24]. Der Gesetzgeber behielt das Grundkonzept der Förderung bei: die Pflicht zum Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien, zur Abnahme des in diesen Anlagen erzeugten Stromes sowie zur Vergütung dieses ausschließlich aus Erneuerbaren Energien gewonnenen Stromes[25]. Die Zielvorgabe des Anteils der Erneuerbaren Energien wurden in § 1II EEG 2004 deutlich erhöht auf mindestens 12,5 Prozent im Jahr 2010 und mindesten 20 Prozent im Jahr 2020. Die Normdichte des Regelwerkes erhöhte sich auf 21 Paragraphen. Diese Ausweitung diente einerseits der begrifflichen Klarstellung.[26] Anderseits werden mit den veränderten Vergütungsregelungen und der verbesserten Systemintegration von EEG-Anlagen auch materielle Neuregelungen getroffen.[27] Bis zum In-Kraft-Treten des EEG 2009 führten die Regelungen des EEG 2004 zu einem Wachstum des Anteils der Erneuerbaren Energien auf über 14 Prozent.[28]
II. Anlass für eine Novellierung
In den vergangenen Jahren ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien schneller voranschritten, als allgemein erwartet wurde und wie es diverse Zielvorgaben vorausgesetzt haben.[29] Mit den Zielen des EEG 2009, der Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien auf 30 Prozent der Stromversorgung, gilt es diese Entwicklung fortzusetzten.[30] Die bestehenden Regelungen sollen in ihrer Effektivität und Effizienz durch die Anreizfunktion neuer Vergütungssätze und Boni erhöht werden.[31] Flankiert werden diese Beweggründe durch wirtschaftliche Erwägungen. So sollen die neuen Regelugen des EEG 2009 einen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Weiterentwicklung des Energiesystems und einer Marktintegration der Erneuerbaren Energien leisten.[32]
III. Allgemeiner Überblick : Grundkonzept und Funktionsweise
Mit dem EEG 2009 soll die Stromversorgung in Deutschland nachhaltig verändert werden. Der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung beträgt heute etwa 16 Prozent.[33] Mit den Zielvorgaben des EEG 2009 soll dieser Anteil bis zum Jahr 2020 auf 30 Prozent erhöht werden. Um diese Ziele zu erreichen, bedürfen die Investoren und Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien Planungs- und Investitionssicherheit. Die Regelungen des EEG 2009 sehen ein mehrstufiges System[34] aus Anschluss-, Abnahme,- Vergütungs-, Übertragungs- und Ausgleichspflichten vor. Als zentrales Instrumentarium bedient sich der Gesetzgeber dabei des gesetzlichen Schuldverhältnisses (§ 4 I EEG 2009), kraft dessen eine Indienstnahme Privater erfolgt.
1. Stufe: Anlagenbetreiber - Netzbetreiber
Die Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien erhalten durch § 5 I EEG 2009 das Recht, dass die Netzbetreiber ihre Anlagen an das Stromnetz anschließen. Dabei gilt der Grundsatz des Vorrangs Erneuerbarer Energien im Hinblick auf Zeit und Rangfolge. So muss der Netzbetreiber den Strom aus Erneuerbaren Energien gemäß §§ 5 I, 8 I 1 EEG 2009 unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern[35], und gegenüber Strom aus fossilen und nuklearen Energieträgern prioritär anschließen und abnehmen. Die Anschlusspflicht besteht nach § 5 IV EEG 2009 unbeschadet der Notwendigkeit einer technischen Netzanpassung. Dem Netzbetreiber obliegt nach § 8 I EEG 2009 die Pflicht zur vollständigen Abnahme des ihm angebotenen Stromes. Mit der Aufnahme des Stromes in das Stromnetz entsteht für den Netzbetreiber nach § 16 EEG 2009 zugleich ein gesetzlicher Vergütungsanspruch gegenüber dem Anlagenbetreiber. Die Höhe des Vergütung richtet sich gemäß §§ 23ff. EEG 2009 nach der eingesetzten Technologie sowie dem zugrundeliegenden Energieträger.
2. Stufe: Netzbetreiber - Übertragungsnetzbetreiber
Die Pflicht zur Übertragung des Stromes nach § 8 I EEG 2009 konkretisiert sich im Verhältnis zwischen dem aufnehmenden Netzbetreibers und dem Übertragungsnetzbetreiber. Das System der Abnahme- und Vergütungsverpflichtung tritt auch hier zu Tage. Der Netzbetreiber, der den Strom aus Erneuerbaren Energien in sein Netz aufgenommen hat, ist nach § 34 EEG 2009 zur Weitergabe an den Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet. Hierdurch entsteht auch für den Übertragungsnetzbetreiber eine gesetzliche Vergütungspflicht (§ 35 EEG 2009). Die Vergütungspflicht des Übertragungsnetzbetreiber richtet sich ebenfalls nach den §§ 23ff. EEG 2009, sodass der aufnehmende Netzbetreiber in exakt jenem Umfang entschädigt wird, den er gegenüber dem Anlagenbetreiber aufbringen muss.
3. Stufe: Ausgleich unter Übertragungsnetzbetreibern
Dem System der Anschluss-, Abnahme- und Vergütungsverpflichtung steht auf der Ebene der Übertragungsnetzbetreiber ein bundesweiter Ausgleichsmechanismus gegenüber. Die Ausgleichsregelungen des § 36 EEG 2009 sehen im Ergebnis vor, dass jeder Übertragungsnetzbetreiber so stehen solle, als habe er Strom aus Erneuerbaren Energien entsprechend dem bundesweiten Durchschnitt abgenommen und vergütet.[36]Die Übertragungsnetzbetreiber, die aufgrund regionaler geographischer Gegebenheiten den aufnehmenden Netzbetreibern überdurchschnittlich viel Strom aus Erneuerbaren Energien abgenommen und vergütet haben, haben nach § 36 III EEG 2009 einen Anspruch auf Abnahme und Vergütung gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern, die entsprechend unterdurchschnittlich viel Strom aus Erneuerbaren Energien abgenommen und vergütet haben.
4. Stufe: Übertragungsnetzbetreiber - Elektrizitätsversorgungsunternehmen
Nach dem bundesweiten Ausgleich sind die Übertragungsnetzbetreiber nach § 36 IV EEG 2009 zur Durchleitung des Stroms aus Erneuerbare Energien an die Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet. Die Durchleitung dieses Stromes korrespondiert die Pflicht der Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Vergütung. Die Vergütung entspricht gemäß § 37 I iVm §§ 8 I, 16 EEG 2009 dem Umfang der Vergütung, den die Übertragungsnetzbetreiber an die abnehmenden Netzbetreiber geleistet haben.
5. Stufe: Elektrizitätsversorgungsunternehmen - Letztverbraucher
Das Verhältnis zwischen dem Elektrizitätsversorgungsunternehmen und dem Letztverbraucher ist mit den gesetzlichen Vorgaben des EEG 2009 nicht umfassend geregelt, sondern bedarf zudem einer vertraglichen Grundlage.[37] Für die Elektrizitätsversorgungsunternehmen stellen die Vergütungskosten für den Strom aus Erneuerbaren Energien einen Teil ihrer Kalkulation dar.[38] Diese Differenzkosten können über den Strompreis an die Letztverbraucher weitergegeben werden, müssen aber bei der Abrechnung entsprechend angezeigt werden (§§ 53, 54 EEG 2009). Im Übrigen bleibt die Vermarktung des Stromes gesetzlicher Regelungen unberührt.
IV. Wesentliche Änderungen des EEG 2009 gegenüber der bisherigen Rechtslage
Die Normdichte des EEG ist durch Novellierung zum 01.01.2009 deutlich angestiegen. Umfasste das EEG 2004 noch 21 Paragraphen, enthält das EEG 2009 nunmehr 66 Paragraphen nebst fünf Anlagen. Zurückzuführen ist diese Ausweitung auf die Intension des Gesetzgebers, an unterschiedlichen Stellen für eine Klarstellung einer bislang nicht zweifelsfreien Rechtslage sorgen.[39] Daneben werden Inhalte regelungsintensiver Paragraphen des EEG 2004 auf mehrere Paragraphen des EEG 2009 erstreckt.[40]
Die grundlegenden Strukturprinzipien des EEG werden im Wesentlichen fortgeführt. So bleiben das System der Anschluss-, Abnahme- und Vergütungsverpflichtungen mit dem korrespondierenden bundesweiten Ausgleichmechanismus ebenso durch die Novellierung erhalten wie das zentrale Instrumentarium des gesetzlichen Schuldverhältnisses.
Die wesentlichen Veränderungen der Gesetzesnovelle finden sich vor allem im Bereich der Vergütungsregelungen und der Ausgestaltung der Boni. Materielle Neuregelungen stellen die Bestimmungen zum Einspeisemanagement dar, die eine bessere Steuerung von Netzengpässe ermöglichen sollen. Dem Ziel des Gesetzgebers, Anlagenbetreiber an den Markt heranzuführen, tragen die Neuregelungen zur Direktvermarktung und Eigenverbrauch Rechnung.
1. Begrifflichkeiten
a) DerBegriff der Anlage
Nach dem bisherigen Anlagenbegriff gemäß § 3 II 1 EEG 2004 war unter einer Anlage jede selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien oder aus Grubengas zu verstehen. Es war umstritten, ob diese Legaldefinition im Sinne eines engen oder weiten Anlagenbegriffes zu deuten war.[41]Von dem engen Anlagenbegriff sollte nur die eigentliche Stromerzeugungseinheit umfasst sein. Dem gegenüber sollten unter dem weiten Anlagenbegriff auch technische und bauliche Einrichtungen zu verstehen sein, die nur mittelbar der Stromerzeugung dienen.[42]Dieser Streit war vor dem Hintergrund des § 3 IV EEG 2004 von praktischer Bedeutung. Hiernach wurde eine Neuinbetriebnahme angenommen, wenn die Kosten für die Erneuerung einer Anlage mindestens 50 Prozent der Kosten einer Neuherstellung erreichen sollte.
Der neue Anlagenbegriff definiert in § 3 Nr.1 EEG Anlage als jede Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien. Diese Legaldefinition solle nun ein weiter Anlagenbegriff zugrunde gelegt werden.[43]Fragwürdig erscheint allerdings, ob die bestehenden Auslegungsprobleme des Anlagenbegriffs lediglich durch den Verzicht auf das Wort „technische" als gelöst angesehen werden können. Dass der Gesetzgeber auf das Wort „technische" verzichtet, lässt von der Bedeutung des Wortes ausgehend darauf schließen, als könnten technische Indizien wie das Material, die Technologie oder die Ausrüstung eine Differenzierung zwischen dem engen und weiten Anlagenbegriff konkretisieren. Die Problematik der Auslegung macht aber deutlich, dass die Art einer tech- nischen Einrichtung nicht im Fokus der Auslegung steht, sondern vielmehr das Ausmaß einer Einrichtung und das Verhältnis von Einrichtungen zueinander maßgeblich ist. Auf diese Kriterien hätte der Gesetzgeber Bezug nehmen müssen, um den weiten Anlagenbegriff-außer durch Erwähnung in der Gesetzesbegründung- in das EEG zu implementieren. Mit dem EEG 2009 entfällt die bisherige Regelung, wonach eine Neuinbetriebnahme vorliegt, wenn die Investitionskosten mindestens 50 Prozent einer Neuherstellung betragen. Damit dürfte auch die Auslegungsproblematik des Anlagenbegriffs an praktischer Bedeutung verlieren.[44]
Zwischen den Regelungen des EEG 2004 und des EEG 2009 muss auch hinsichtlich der Zusammenfassung von Anlagen differenziert werden. Die Zusammenfassung von Anlagen hat enorme finanzielle Bedeutung: aufgrund der Differenzierung nach Leistungsklassen kommt es zu unterschiedlichen Vergütungen von kleinen und großen Anlagen. Eine Zusammenfassung zu einer Anlage war nach § 3 II 2 EEG 2004 dann gegeben, wenn mehrere Anlagen zur Erzeugung von Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien, die mit gemeinsamen für den Betrieb technisch erforderlichen Einrichtungen oder baulichen Anlagen unmittelbar verbunden sind. Die Zusammenfassung von Anlagen richtet sich nach der Novellierung nach § 19 I EEG 2009. Diese Vorschrift solle mit der bisherigen Vorschrift inhaltlich identisch sein.[45] Nach § 19 I EEG 2009 gelten mehrere Anlagen als zusammengefasst, wenn sich diese auf demselben Grundstück oder sonst in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden, wenn diese Strom aus gleichartigen Erneuerbaren Energien erzeugen, wenn der Strom in Abhängigkeit der Leistung der Anlage vergütet wird und wenn diese innerhalb von zwölf aufeinanderfolgenden Kalendermonaten in Betrieb gesetzt worden ist. Bemerkenswert in Bezug auf die vermeintliche Identität der Vorschriften ist, dass bereits der Wortlaut nicht unerheblich divergiert.
[...]
[1] BGBl.2008, I 2074.
[2] BGBl.2008, I 2101.
[3] Vgl. Stern Review, Zusammenfassung (abrufbar unter http://www.hm-treasury.gov. uk/ d/ stern_shortsummary_german.pdf).
[4] BMU, Gründe für eine Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA), S.4 (abrufbar unter http://www.irena.org/downloads/Prep-Con/Case_for%20IRENA DE.pdf).
[5] United Nations Framework Convention on Climate Change, Das Protokoll von Kyoto (abrufbar unter http://unfccc.int/resource/docs/convkp/kpger.pdf).
[6] United Nations Framework Convention on Climate Change, Report of the Conference of th Parties on its thirteenth session, S.22 (abrufbar unter http://unfccc.int/resource/docs/2007/ cop13/eng/06.pdf).
[7] Schlussfolgerungen des Vorsitzes -Brüssel, 8./9. März 2007 7224/1/07 REV 1
[8] Vgl. Commission press release MEM0/08/703 (abrufbar unter http://europa.eu/rapid/press ReleasesAction.do?reference=MEM0/08/703&type=HTML).
[9] Vgl. European Commission, Second Strategic Energy Review - Securing our Energy Future (abrufbar unter http://ec.europa.eu/energy/strategies/2008/2008_11_ser2_en.htm).
[10] Vgl. Bundesregierung, Integriertes Energie- und Klimapaket, S.1 (abrufbar unter http:// www.bmu.de/klimaschutz/downloads/doc/40515.php).
[11] BMU, Gesamtbericht IEKP, S.2 (abrufbar unter http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/ application/pdf/gesamtbericht_iekp.pdf).
[12] BT-Drs. 16/9477.
[13] § StrEG, § EEG 2000, § EEG 2004, § 1 EEG 2009.
[14] BGBl I 1990,2633.
[15] BT-Plenarprotokoll 14/91, 8455.
[16] BGBl I 2000, 305.
[17] BT-Drs. 14/2776, S.1.
[18] Im Bereich der Windkraft war die Anzahl der netzgekoppelten Anlagen von 1990 bis 1999 von 502 auf 7210 gestiegen. Vgl. Böhmer, in: Böhmer (Hrsg.), Erneuerbare Energien, S.25.
[19] BT-Drs. 14/2776, S.19.
[20] Vgl. BMU, Erneuerbare Energien in Zahlen, Stand Dezember 2008, S.10 (abrufbar unter http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ee_zahlen_update.pdf).
[21] BGBl 2004 I, 1918.
[22] Abl.EG L 283, 27/10/2001, S.33.
[23] BT-Drs. 15/2327, S.16.
[24] BMU, Erfahrungsbericht der Bundesregierung zum EEG (abrufbar unter http://www.umweltministerium.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/eeg_erfahrungsber icht.pdf).
[25] Oschmann, NVwZ 2004, 911.
[26] So war nun hinsichtlich des § 3 EEG 2000 zwischen der Verpflichtung zum Netzanschluss und zur Abnahme und Übertragung des Stromes nach § 4 EEG 2004 und der Verpflichtung zur Vergütung nach § 5 EEG 2004 zu differenzieren.
[27] Vgl. Oschmann, NVwZ 2004, 911ff..
[28] Vgl. BMU, Erneuerbare Energien in Zahlen, Stand Dezember 2008, S.10 (abrufbar unter http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/ee_zahlen_update.pdf).
[29] Vgl. BMU, Erfahrungsbericht 2007 zum Erneuerbare Energien Gesetz, S.164 (abrufbar unter http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/erfahrungsbericht_eeg_2007.pdf).
[30] BT-Drs. 16/8148, S.26.
[31] BT-Drs. 16/8148, S.29.
[32] BT-Drs. 16/8148, S. 29.
[33] Stand: 12.02.2009, Pressemitteilung Eurosolar (abrufbar unter http://www.eurosolar.de/de/ index2.php?option=com_content&do_pdf=1&id=996).
[34] Oschmann, NJW 2009, 264.
[35] Im Sinne einer Einheit der Rechtsordnung sei auf die Legaldefinition in § 121 BGB verwiesen.
[36] koenig/kühling/rasbach,energierecht, S.216.
[37] Salje, EEG, Einführung, Rdn.86.
[38] Schumacher, ZUR 2008,122.
[39] BT-Drs. 16/8148, S.39, 43, 45,64.
[40] Vgl. § 4 EEG 2004 zu §§5-8EEG 2009
[41] altrock/Oschmann/theobald,EFG, § 3 Rdn.37.
[42] Ebenda.
[43] BT-Drs. 16/8148, S.38.
[44] Vgl. Altrock/Lehnert, ZNER 2008,119.
[45] BT-Drs. 16/8148, S.50.
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