“Vor allem macht die Union mit dem Vertrag von Lissabon den Schritt vom Europäischen Staatenbund zum "Europäischen Bundesstaat", also eine Art EU USA. Letztlich verlieren die Mitgliedsländer ihre Staatlichkeit und werden zu einer Art regionaler Selbstverwaltungskörper.” (Dr. Peter Gauweiler, Vorsitzender des
Unterausschusses "Auswärtige Kultur und Bildungspolitik") In der Politikwissenschaft beschäftigt man sich seit einiger Zeit immer intensiver mit der Frage inwieweit die Globalisierung, im expliziten Bezug auf die Europäische Gemeinschaft, Auswirkungen auf die Souveränität der einzelnen Staaten hat und welche unintendierten oder auch intendierten Konsequenzen die Machtdelegation der EU zur
Folge hat. Vor allem auch der Lissaboner Vertrag, gab erneut Anlass zu Diskussionen. Die wissenschaftlichen Debatten, die für die Auseinandersetzung mit der Fragestellung in dieser Arbeit, relevant sind, drehen sich im wesentlichen um die Fragen: In welcher Art und Weise und in welchem Umfang beeinflusst die EU die nationale Politik?
Hat die Politikverflechtung im Mehrebenensystem der EU eher positive oder negative Auswirkungen? Ist ein Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten zu beobachten? Welche bewussten aber auch unbewussten Auswirkungen hat die EU auf die einzelnen Staaten? Mit Sicherheit lässt sich bereits im Vorraus dieser Arbeit sagen, dass die Globalisierung, insbesondere die EU, einen Staatswandel hervorgerufen hat. Wie genau der Wandel zu definieren ist, werde ich im Verlauf versuchen zu analysieren. Ich werde zu Beginn dieser Arbeit die Europäisierung genauer analysieren und in den Unterpunkten dieses Kapitels auch die Politikverflechtungen sowie die Konsequenzen der transnationalen Politikverflechtung herausarbeiten. Im nächsten Schritt widme ich mich dann der Frage ob ein Souveränitätsverlust der einzelnen Mitgliedstaaten auszumachen ist und vor allem wie groß dieser ist. Im Zusammenhang damit werde ich auch auf die Zerfaserung der Staatlichkeit zu sprechen kommen. Im letzten Schritt fasse ich dann die wichtigsten Erkenntnisse zu einer Schlussfolgerung zusammen.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Europäisierung
2.1 Politikverflechtung im Mehrebenensystem der EU
2.2 Konsequenzen der transnationalen Politikverflechtung
3. Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten?
3.1 Zerfaserung der Staatlichkeit
4. Schlussfolgerung
5. Literaturverzeichnis
1. Vorwort
“Vor allem macht die Union mit dem Vertrag von Lissabon den Schritt vom Europäischen Staatenbund zum "Europäischen Bundesstaat", also eine Art EU- USA. Letztlich verlieren die Mitgliedsländer ihre Staatlichkeit und werden zu einer Art regionaler Selbstverwaltungskörper.” (Dr. Peter Gauweiler, Vorsitzender des Unterausschusses "Auswärtige Kultur und Bildungspolitik")
In der Politikwissenschaft beschäftigt man sich seit einiger Zeit immer intensiver mit der Frage inwieweit die Globalisierung, im expliziten Bezug auf die Europäische Gemeinschaft, Auswirkungen auf die Souveränität der einzelnen Staaten hat und welche unintendierten oder auch intendierten Konsequenzen die Machtdelegation der EU zur Folge hat. Vor allem auch der Lissaboner Vertrag, gab erneut Anlass zu Diskussionen. Die wissenschaftlichen Debatten, die für die Auseinandersetzung mit der Fragestellung in dieser Arbeit, relevant sind, drehen sich im wesentlichen um die Fragen:
In welcher Art und Weise und in welchem Umfang beeinflusst die EU die nationale Politik? Hat die Politikverflechtung im Mehrebenensystem der EU eher positive oder negative Auswirkungen? Ist ein Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten zu beobachten? Welche bewussten aberauch unbewussten Auswirkungen hat die EU aufdie einzelnen Staaten?
Mit Sicherheit lässt sich bereits im Vorraus dieser Arbeit sagen, dass die Globalisierung, insbesondere die EU, einen Staatswandel hervorgerufen hat. Wie genau der Wandel zu definieren ist, werde ich im Verlauf versuchen zu analysieren.
Ich werde zu Beginn dieser Arbeit die Europäisierung genauer analysieren und in den Unterpunkten dieses Kapitels auch die Politikverflechtungen sowie die Konsequenzen der transnationalen Politikverflechtung herausarbeiten. Im nächsten Schritt widme ich mich dann der Frage ob ein Souveränitätsverlust der einzelnen Mitgliedstaaten auszumachen ist und vor allem wie groß dieser ist. Im Zusammenhang damit werde ich auch auf die Zerfaserung der Staatlichkeit zu sprechen kommen. Im letzten Schritt fasse ich dann die wichtigsten Erkenntnisse zu einer Schlussfolgerung zusammen.
2. Europäisierung
Wenn man sich deutlich macht, dass der europäische Staatenbund, die EU, eine politische und wirtschaftliche Einheit bestehend aus 27 demokratischen europäischen Ländern ist, so scheint es nicht verwunderlich, dass im Bezug auf den Versuch einer Einheitsbildung der differenten Meinungen verschiedenster Nationen, ein Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten immer und generell unumgehbar ist. Die Frage ist nur, wie ausgedehnt dieser Verlust sein kann, muss oder vielleicht auch sollte. Zumindest scheint es nur logisch, dass die EU bei einer großen Zulassung der Autonomie der Macht der einzelnen Nationen, keine adäquaten und schnellen politischen Prozesse vollziehen kann. Wenn die EU sich aber zu einem Bündnis entwickelt, das die Qualität eines Staates aufweisen würde, sehe es schon anders aus. Dies würde aber einen Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten nach sich ziehen. Die Abgabe von Souveränität ist für einen Mitgliedstaat auch ein nicht zu unterschätzender Schritt, denn das bedeutet eine Minimierung der eigenen Interessen, sozusagen einen Kompetenz-, sowie Kontrollverlust (Grasnick, 2007). Der Entwicklungsprozess der EU, bezogen auf die Delegation von Macht, verlief auch keineswegs geradlinig. Die Mitgliedstaaten gaben ihre Autonomie, im Bezug auf internationale Verhandlungen, im historischen Rückblick, ab. Dadurch entwickelte sich eine hybride Form der Entscheidungstreffung (Meunier & Kalypso, 1999). Es scheinte sich danach aber wieder eine Zurückerkämpfung der Souveränität durch die Mitgliedstaaten abzuzeichnen, die Staaten verlangten größere nationale Kontrolle. Meunier & Kalypso zum Beispiel verweisen in diesem Zusammenhang auf den Amsterdamer Kompromiss, der den 1992 beschlossenen Vertrag von Maastricht revisionierte. Dadurch hatte das nationale Vetorecht weiter Bestand. Durch den Lissabonner Vertrag, änderte sich der Schritt, in die Richtung zu mehr Kontrolle der einzelnen Staaten, aber wieder. Und zwar hin zu einem Europäischen Bundesstaat (Grasnick, 2007). Sollte die Eu, als ein internationales System, aber nicht ein dezentralisiertes System darstellen (Knapp & Krell, 2004)?
2.1 Politikverflechtung im Mehrebenensystem der EU
Die Veränderung und Zunahme des Policy Making im Bereich der europäischen Politik, explizit das politische System EU, besser noch, die EU als Akteur des Policy-Makings, versteht sich nicht als ein Bündnis, welches Staatsqualität besitzt. Wohl denn übt es Staatsfunktionen aus und wirkt so auf die nationalen Tätigkeiten, beziehungsweise Arbeitsbereiche, der Mitgliedstaaten, erheblich ein (Tömmel, 2008). Internationale Institutionen wie die EU, nehmen an Bedeutung bei der Herrschaftsausübung, die bis weit in die Aufgabenbereiche der Staaten reicht, mehrund mehrzu.
“Die EU beschränkt sich längst nicht mehr darauf, Handelshindernisse zwischen Staaten abzubauen, sondern regiert bis weit ins "Kapillarsystem" der mitgliedstaatlichen Gesellschaften hinein. Verbrecher werden per europäischem Haftbefehl gesucht. Deutschen Frauen wird mit europäischem Gerichtsbeschluss der Zugang zur Bundeswehr eröffnet. Das italienische Glückspiel, der belgische Mehrwertsteuersatz auf Fahrradreparaturen, die Wasserqualität von deutschen Badeseen, das Rauchverhalten in bayrischen Bierzelten - all diese und ähnliche Sachverhalte werden von der EU beobachtet, reguliert undbeeinflusst.” (Genschel, P. undZangel, B., 2007)
Das Zitat oben zeigt, dass sich sowohl auf der regionalen, nationalen und supranationalen Ebene die Zuständigkeitsbereiche verflechten. Dies birgt zum einen Chancen, zum anderen aber auch Problematiken. Generell lässt sich sagen, dass die EU-Politik ein polyzentrisches System mit differenten Entscheidungszentren ist, in dem funktionale Netzwerke ein hierarchisches Zentrum ergänzen (Grasnick, J. 2007).
2.2 Konsequenzen der transnationalen Politikverflechtung
Von den Entscheidungen, welche die EU trifft, sind hundert Millionen europäische Bürger betroffen. Die Frage nach der demokratischen Legitimation ist daher unabdingbar (Skuballa, M., 2001). Welchen Grundgedanken, beziehungsweise welche intendierten Konsequenzen, sollte die EU-Gründung zu Beginn und im Laufe der Einführungen verschiedenster Reformen, bewirken?
Und im Gegensatz dazu, welche unbedachten, beziehungsweise unintendierten Konsequenzen sind auszumachen?
Intendierte Konsequenzen, also der Grundgedanke, der bei der Gründung der EU und ihrer Reformen auszumachen ist, beruht vor allem auf dem Sinn der gemeinsamen Politik, zuerst im Bereich der Wirtschaft, mittlerweile aber in jeglichen Teilbereichen der Politik. Die EU, hat sich jedoch dahingehend entwickelt, transnationale politische Prozesse schneller durchführen zu können. So liegen immer mehr Entscheidungskompetenzen in den Händen der EU. Das wiederum führt zu einem Demokratiedefizit, welches in der transnationalen Politik beinahe immer der Fall zu sein scheint.
“Das Problem entsteht dadurch, daß die transnationale Politik fast immer aus komplexen, multilateralen Verhandlungen hervorgeht, deren Ergebnisse von keinem einzelnen Verhandlungspartner einseitig bestimmt werden können - mit der Folge, daß auch kein einzelner Verhandlungspartner für diese Ergebnisse zur politischen Verantwortung gezogenwerdenkönnte.” (Streek, W., 1998)
Wahrscheinlich gehört dieses Argument in die Kategorie unintendierte Konsequenzen, obwohl man der EU sowie den Mitgliedstaaten unterstellen könnte, dass dies Beabsichtigung war, um somit die Politikverantwortlichen nicht so leicht ausfindig machen zu können und sie somit zu verurteilen. Des Weiteren besteht das Problem, dass divergierende Interessen unter den Mitgliedstaaten, durch die Politikverflechtung, also durch das Mehrebenensystem, nicht einfach majorisiert werden können (Streek, W., 1998).
Insgesamt betrachtet, lässt sich glaube ich sagen, dass die EU die Absicht hat, eine gemeinschaftliche Politik zu bestreiten, die durch ihre Reformen, Verbesserungen herstellen möchte um transnationale Politikprozesse zu vereinfachen. Dies scheint aber nicht so einfach zu sein. Die Konsequenzen, egal ob unintendierte oder intendierte, der transnationalen Politikverflechtung, die sich die EU vorwerfen lassen muss, sind zum Beispiel das Demokratiedefizit, Anpassungszwänge, Souveränitätsverlust der Mitgliedstaaten sowie Zerfaserung von Staatlichkeit. Auf die letzten beiden genannten Vorwürfe, beziehungsweise Thematik, komme ich im folgenden zu sprechen.
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- Quote paper
- Carsten Duif (Author), 2010, Die Machtdelegation innerhalb der EU – eine Defiziterscheinung? , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147860
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