Im Mittelpunkt des Aufsatzes steht das ambivalente Verhältnis des Kaisers Lucius Septimius Severus zum römischen Senat. Dabei wird zum einen die Unterstützung des Kaisers und seiner Rivalen durch den Senat während des Bürgerkriegs untersucht, zum anderen wird vor dem Hintergrund der afrikanischen Herkunft von Septimius Severus aus Lepcis Magna die Zusammensetzung des Senats beleuchtet, um sich damit auseinander zusetzen, ob es während der Regierungszeit des Kaisers zu einer verstärkten Provinzialisierung des Senats insbesondere durch Bürger aus der Provinz Africa proconsularis kam und ob es in gleichem Maße eine Bevorzugung seiner Heimatprovinz vor anderen gab. Des weiteren will diese Arbeit auch auf andere Problemstellungen eingehen, die die Beziehungen zwischen Kaiser und Senat beeinflußt haben, wie auf die Rolle des Militärs oder auf die Stellung der römischen Ritter.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Kaiser und Senat im Bürgerkrieg von 193-197
3. Die Zusammensetzung des Senats unter Septimius Severus
4. Abschließende Betrachtungen zum Verhältnis Kaiser-Senat
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Herrschaft des Lucius Septimius Severus, römischer Kaiser an der Wende vom zweiten zum dritten nachchristlichen Jahrhundert, gehört sicherlich zu den kontroverseren Themen der Geschichtswissenschaft. Von den in den Provinzen Pannonia superior stationierten römischen Legionen, denen er damals als Statthalter vorstand, als Gegenkaiser zu dem in Rom regierenden Didius Iulianus erhoben, sichert er sich mit einem schnellen Marsch seiner Truppen nach Rom die Macht in der Hauptstadt. Die Festigung seiner Herrschaft im gesamten Römischen Reich aber gelingt erst im Verlauf eines vier Jahre währenden Bürgerkrieges mit den beinahe zeitgleich von ihren Truppen ebenfalls zu Kaisern ausgerufenen Statthaltern der Provinzen Syrien und Britannien. Mit seinem Sieg erst über Pescennius Niger, dann über Clodius Albinus begründet Septimius Severus nicht nur eine eigene neunzehn Jahre währende Regierungszeit, sondern entwirft damit gleichzeitig das Grundgerüst für die sogenannte severische Dynastie, die mit Kaiser Alexander Severus als letztem regierendem Mitglied bis ins Jahr 235 andauern soll.
Im Mittelpunkt dieses Aufsatzes soll das ambivalente Verhältnis des Kaisers zum römischen Senat stehen. Dabei soll zum einen die Unterstützung des Kaisers und seiner Rivalen durch den Senat während des Bürgerkriegs untersucht werden, zum anderen soll vor dem Hintergrund der afrikanischen Herkunft von Septimius Severus aus Lepcis Magna die Zusammensetzung des Senats beleuchtet werden, um sich damit auseinander zusetzen, ob es während der Regierungszeit des Kaisers zu einer verstärkten Provinzialisierung des Senats insbesondere durch Bürger aus der Provinz Africa proconsularis kam und ob es in gleichem Maße eine Bevorzugung seiner Heimatprovinz vor anderen gab. Des weiteren will diese Arbeit auch auf andere Problemstellungen eingehen, die die Beziehungen zwischen Kaiser und Senat beeinflußt haben, wie auf die Rolle des Militärs oder auf die Stellung der römischen Ritter unter Septimius Severus.
Die aufgeworfenen Fragestellungen erscheinen deshalb interessant, weil durch sie auf verschiedene Konflikte der älteren und neueren Geschichtsschreibung mit der Person und Politik des Kaisers Septimius Severus eingegangen werden kann. Quellengrundlage aller Darstellungen bilden vor allem das Geschichtswerk von Cassius Dio, „ Römische Geschichte “[1], der als Senator in Rom die Herrschaft des Kaisers Septimius Severus unmittelbar miterlebt hat und somit als direkter Gewährsmann für die Einstellung des Senats dem Kaiser gegenüber gelten kann, des weiteren die Vita Severi des Aelius Spartianus in der Historia Augusta[2] sowie die Darstellungen des Historiographen Herodianus in „ Die Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel “[3].
2. Kaiser und Senat im Bürgerkrieg von 193-197
Die Ereignisse des Bürgerkrieges waren für das Verhältnis zwischen Kaiser und Senat auch im Hinblick auf die Phase der Regierungszeit des Septimius Severus nach dem Krieg in jeder Hinsicht prägend. Nach der Ermordung des allgemein angesehenen Kaisers Pertinax schafft es der Senat nicht, die Ruder der Macht zu ergreifen und den Staat sicher durch schwieriges Fahrwasser zu geleiten. Vielmehr geht die Initiative des Handelns auf Didius Iulianus und die in Rom stationierte Prätorianergarde über, mit deren Unterstützung dieser die Kaiserwürde ergreift. Die meisten der Senatoren stören sich an den Umständen seines Machtantritts[4], trotzdem legitimierte der Senat dessen Herrschaft durch einen Senatsbeschluß. Scheinbar widerstandslos wurden alle Verfügungen des neuen Kaisers ausgeführt, so auch als Septimius Severus in Richtung Rom marschierte, nachdem er von den Legionen Pannonia superiors, die Didius Iulianus nicht als Imperator akzeptieren wollten, zum Gegenkaiser ausgerufen wurde: „ [...] per idem tempus auctore Iuliano Septimius Severus a senatu hostis est appellatus [...]“[5] . Doch kann man die Haltung des Senats zu dieser Zeit keinesfalls als einstimmig bezeichnen, geht doch eine von ihm zu Severus geschickte Gesandtschaft in dessen Reihen über.[6] Unter dem Eindruck der severischen Streitmacht vor den Toren Roms erlebte die Herrschaft des Didius Iulianus ein schnelles und gewaltsames Ende, der Senat aber schickte eine Bittgesandtschaft zu Septimius Severus[7], worauf dieser in der, wie Cassius Dio meint, „allerglänzendsten Schau“, der er jemals beigewohnt hätte[8], in Rom einzog und vom Senat offiziell die Kaiserwürde übertragen bekam. Damit aber begann der eigentliche Kampf um die Herrschaft erst, denn mit Clodius Albinus in Britannien und Pescennius Niger in Syrien gab es zwei weitere Mitstreiter um die Macht im Römischen Reich.
Bevor sich Septimius Severus seinen Rivalen aber direkt zuwenden konnte, mußte er zuerst die eigene Herrschaft in Rom sichern. Er installierte alte Freunde und Bekannte, denen er besonderes Vertrauen schenkte, in für den weiteren Verlauf der Ereignisse wichtigen Positionen: C. Domitius Dexter, ehemaliger Statthalter in Syrien, wurde zum praefectus urbi ernannt, einen Posten, den er noch bis zum Ende des Bürgerkrieges innehaben sollte.[9] Praefectus praetorio wurde D. Veturius Macrinus. Seinen Konkurrenten Clodius Albinus konnte er durch die Verleihung des Cäsarentitels und den damit verbundenen Privilegien und Zukunftsaussichten wenn schon nicht auf seine Seite ziehen, dann doch wenigstens „ruhigstellen“. L. Fabius Cilo, den Septimius Severus wahrscheinlich während seiner Statthalterschaft in Gallia Lugdunensis kennengelernt hatte, wurde der Befehlshaber der severischen Truppen im beginnenden Kampf gegen Pescennius Niger. Unterstützt wurde Fabius Cilo von P. Cornelius Anullinus, der bis 193 Prokonsul in Africa gewesen war und nun als Feldherr eingesetzt wurde. Auch die Statthalterschaften der zu ihm stehenden Provinzen wurden engen Vertrauten des Kaisers überlassen. Beispiel dafür ist dessen Bruder P. Septimius Geta, der wohl weiterhin die Leitung der Provinz Moesia inferior innehatte. Im Westen nach allen Richtungen hin abgesichert konnte er sich nun dem anderen Thronprätendenten im Osten zuwenden.
Zuvor aber unterstützte er im Senat einen Beschluß, nach welchem es dem Kaiser untersagt war, einen Senator ohne Befragen des Senats hinrichten zu lassen.[10] Damit wollte er scheinbar die Vorurteile, welche unter dem Eindruck des Einmarsches seiner Truppen in Italia und Rom entstanden sind (dies hatte es seit dem Bürgerkrieg 69/70 nicht mehr gegeben), unter den ihm gegenüber skeptisch eingestellten Senatoren beseitigen. Doch sollten viele in der Angst um ihr eigenes Leben bald bestätigt werden.
Den Kampf gegen Pescennius Niger konnte Septimius Severus nach seinem Sieg bei Issos 194 ziemlich schnell für sich entscheiden. Herodian schreibt, daß „nach Nigers Beseitigung Severus sich schonungslos an allen seinen Parteigängern rächte“.[11] Ähnlich äußert sich der Autor der Severusvita: „ [...] in multos [homines] saeve animadvertit [...] eos senatores occidit, qui cum Nigro militaverant ducum vel tribunorum nomine [...] “.[12] Hieran lassen sich mehrere Feststellungen treffen. Es zeigt sich zum einen, daß der Senat in Gruppierungen aufgespalten schien, welche hinter jedem der einzelnen Prätendenten in unterschiedlicher Ausprägung standen und, offen oder verdeckt, für den einen oder den anderen sympathisierten. Es hat demnach keine einheitliche Haltung des gesamten Senats gegeben. Zum anderen läßt sich in der harten Strafverfolgung, die wohl auch abschreckende Wirkung verbreiten sollte, auch der zukünftige Umgang mit den Gegnern des Septimius Severus erahnen.
Nach seinem Sieg im Osten besetzte er wie schon zuvor auch dort alle wichtigen Ämter mit eigenen Vertrauensleuten, um sich wieder Rom und den bevorstehenden Kämpfen mit Clodius Albinus zuwenden zu können. Obwohl dieser von befreundeten Senatoren aufgefordert wurde, nach Rom zu kommen und die Regentschaft dem in Kämpfe verwickelten Septimius Severus zu entreißen, nutzte er die sich ihm bietende Gelegenheit nicht.[13]
Zu Beginn des zweiten Teils des Bürgerkrieges konnte der nach Gallien übergesetzte Albinus einige militärische Erfolge aufweisen, mußte sich aber den severischen Truppen bei Lugdunum 197 endgültig geschlagen geben.
[...]
[1] Cassius Dio, Römische Geschichte, übers. v. Otto Veh, Bd. 4-5 München 1986-87.
[2] Editionen: Historia Augusta. Römische Herrschergestalten, übers. v. Ernst Hohl, hrsg. v. J. Straub, Zürich-München 1976.; Scriptores Historiae Augustae, ed. Ernst Hohl, Bd. 1, 5. Auflage, hrsg. v. Ch. Samberger u. W. Seyfarth, Leipzig 1971.
[3] Herodian, Geschichte des römischen Kaisertums nach Marc Aurel, gr.-dt. v. F. L. Müller, Stuttgart 1996.
[4] Vgl. Dio LXXIII 12, 1.
[5] SHA Sev 5, 5.
[6] Vgl. SHA Sev 5, 6.
[7] Vgl. SHA Sev 6, 1.
[8] Dio LXXV 1, 4.
[9] Vgl. SHA Sev 8, 8.
[10] Vgl. SHA Sev 7, 5; Dio LXXV 2, 1.
[11] Herodian III 4, 7.
[12] SHA 9, 6-8.; Vgl. Dio LXXV 8, 4.
[13] Vgl. Herodian III 5, 2.
- Quote paper
- Sebastian Rosche (Author), 2000, Das Verhältnis des Kaisers L. Septimius Severus zum Senat von Rom, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147656
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